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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal.

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Die Kehrseite der Madagciskarfrage.

unterzeichnet hat, und daß neuerdings zwei amerikanische Bürger auf der Insel
ermordet wurden, ist von den Engländern angerührt und zur Krisis gebracht
worden. Das (ücmwinxorar^ Uvvwv, das Hanptmundstück der Hovas und der
Briten, sagt selbst: "Wir, die Engländer, sind in hohem Grade zur Unter-
stützung der Hovasregiernng verpflichtet, und zwar durch die Worte, die unser
Spezialgesandter letztes Jahr zur Königin Rciuovalo gesprochen hat. Vize¬
admiral Gore-Jones wiederholte damals die Versicherung in Betreff des oben
erwähnten Abkommens ^hinsichtlich der Unabhängigkeit der Jnselj und ermutigte
die Hovasregiernng, ihr Ansehen auf der Westküste zu befestige", und in der
That, seine Sprache regte sie um zu dem Verfahren, welches die Franzosen zum
Vorwand ihrer jetzigen Einmischung genommen haben," Die Insel war seit der
Thronbesteigung der jetzigen Königin ruhig. Um fremde Ansiedler für die Nicht-
ausführung des Vertrages, der 1862 unter Radama II. mit den französischen
Agenten Lambert und Laborde abgeschlossen worden, zu entschädigen, unterzeich¬
nete sie snach dein Obigen nicht sie, sondern ihre Vorgängerin Rasoherinc^ zwei
andre Verträge, welche die limss am 27. Dezember 1882 erwähnte. Es heißt
da: "Der Vertrag zwischen England und Madagaskar, datirt Antananarivo,
den 29. Juni 1865 und ratifizirt ebendaselbst, den 5. Juli 1866, enthält den
folgenden Artikel: Artikel 6. Britische Unterthanen sollen die Erlaubnis haben,
auf jede gesetzliche Weise in allen Teilen des Gebiets Ihrer Majestät der Kö¬
nigin von Madagaskar Land, Hänser, Magazine und andre Arten von Grund¬
besitz zu kaufen oder zu mieten. Miet-, Kauf- und Verkaufsverträge in Bezug
auf Häuser und Ländereien und die Dingung von Arbeitern tonnen durch Do¬
kumente vollzogen werden, welche vor dem britischen Konsul und den Obrig¬
keiten unterzeichnet werden." An den Vertrag, der am 8. August 1868 zu
Antananarivo zwischen Frankreich und Madagaskar abgeschlossen wurde, ist
folgende Klausel angehängt: "Die Franzosen in Madagaskar werden vollstän¬
digen Schutz ihrer Personen und ihres Eigentums genießen. Sie werden sich
wie die Angehörigen der meistbegünstigten Nation, indem sie sich den Gesetzen
und Anordnungen des Landes fügen, überall niederlassen können, wo sie es
passend finden, sie werden Pachtungen übernehmen, jede Art unbewegliches Eigen¬
tum erwerben und alle kommerziellen und industriellen Gewerbe betreiben können,
die nicht durch innere Gesetzgebung untersagt sind. Die Miet-, Kauf- und Ver-
kausvcrträge, sowie die, welche die Dingung von Arbeitern betreffen, werden
durch Unterzeichnung von dem Konsul Frankreichs und den lokalen Behörden
vollzogen,""

"Trotz dieser Verträge haben die Hovas, so fährt die Willis" in jenein Ar¬
tikel fort, die Niederlassung von Fremden entmutigt, und so lange man ihnen
gestattet, den Pacht von Ländereien auf kurze Zeit zu beschränken, wird diese
schöne und reiche Insel so unproduktiv bleiben, wie sie unter ihrer Herrschaft
immer gewesen ist, und die armen, unglücklichen Stämme, welche die ganze Ost-


Die Kehrseite der Madagciskarfrage.

unterzeichnet hat, und daß neuerdings zwei amerikanische Bürger auf der Insel
ermordet wurden, ist von den Engländern angerührt und zur Krisis gebracht
worden. Das (ücmwinxorar^ Uvvwv, das Hanptmundstück der Hovas und der
Briten, sagt selbst: »Wir, die Engländer, sind in hohem Grade zur Unter-
stützung der Hovasregiernng verpflichtet, und zwar durch die Worte, die unser
Spezialgesandter letztes Jahr zur Königin Rciuovalo gesprochen hat. Vize¬
admiral Gore-Jones wiederholte damals die Versicherung in Betreff des oben
erwähnten Abkommens ^hinsichtlich der Unabhängigkeit der Jnselj und ermutigte
die Hovasregiernng, ihr Ansehen auf der Westküste zu befestige», und in der
That, seine Sprache regte sie um zu dem Verfahren, welches die Franzosen zum
Vorwand ihrer jetzigen Einmischung genommen haben,« Die Insel war seit der
Thronbesteigung der jetzigen Königin ruhig. Um fremde Ansiedler für die Nicht-
ausführung des Vertrages, der 1862 unter Radama II. mit den französischen
Agenten Lambert und Laborde abgeschlossen worden, zu entschädigen, unterzeich¬
nete sie snach dein Obigen nicht sie, sondern ihre Vorgängerin Rasoherinc^ zwei
andre Verträge, welche die limss am 27. Dezember 1882 erwähnte. Es heißt
da: »Der Vertrag zwischen England und Madagaskar, datirt Antananarivo,
den 29. Juni 1865 und ratifizirt ebendaselbst, den 5. Juli 1866, enthält den
folgenden Artikel: Artikel 6. Britische Unterthanen sollen die Erlaubnis haben,
auf jede gesetzliche Weise in allen Teilen des Gebiets Ihrer Majestät der Kö¬
nigin von Madagaskar Land, Hänser, Magazine und andre Arten von Grund¬
besitz zu kaufen oder zu mieten. Miet-, Kauf- und Verkaufsverträge in Bezug
auf Häuser und Ländereien und die Dingung von Arbeitern tonnen durch Do¬
kumente vollzogen werden, welche vor dem britischen Konsul und den Obrig¬
keiten unterzeichnet werden.« An den Vertrag, der am 8. August 1868 zu
Antananarivo zwischen Frankreich und Madagaskar abgeschlossen wurde, ist
folgende Klausel angehängt: »Die Franzosen in Madagaskar werden vollstän¬
digen Schutz ihrer Personen und ihres Eigentums genießen. Sie werden sich
wie die Angehörigen der meistbegünstigten Nation, indem sie sich den Gesetzen
und Anordnungen des Landes fügen, überall niederlassen können, wo sie es
passend finden, sie werden Pachtungen übernehmen, jede Art unbewegliches Eigen¬
tum erwerben und alle kommerziellen und industriellen Gewerbe betreiben können,
die nicht durch innere Gesetzgebung untersagt sind. Die Miet-, Kauf- und Ver-
kausvcrträge, sowie die, welche die Dingung von Arbeitern betreffen, werden
durch Unterzeichnung von dem Konsul Frankreichs und den lokalen Behörden
vollzogen,«"

„Trotz dieser Verträge haben die Hovas, so fährt die Willis» in jenein Ar¬
tikel fort, die Niederlassung von Fremden entmutigt, und so lange man ihnen
gestattet, den Pacht von Ländereien auf kurze Zeit zu beschränken, wird diese
schöne und reiche Insel so unproduktiv bleiben, wie sie unter ihrer Herrschaft
immer gewesen ist, und die armen, unglücklichen Stämme, welche die ganze Ost-


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[0230] Die Kehrseite der Madagciskarfrage. unterzeichnet hat, und daß neuerdings zwei amerikanische Bürger auf der Insel ermordet wurden, ist von den Engländern angerührt und zur Krisis gebracht worden. Das (ücmwinxorar^ Uvvwv, das Hanptmundstück der Hovas und der Briten, sagt selbst: »Wir, die Engländer, sind in hohem Grade zur Unter- stützung der Hovasregiernng verpflichtet, und zwar durch die Worte, die unser Spezialgesandter letztes Jahr zur Königin Rciuovalo gesprochen hat. Vize¬ admiral Gore-Jones wiederholte damals die Versicherung in Betreff des oben erwähnten Abkommens ^hinsichtlich der Unabhängigkeit der Jnselj und ermutigte die Hovasregiernng, ihr Ansehen auf der Westküste zu befestige», und in der That, seine Sprache regte sie um zu dem Verfahren, welches die Franzosen zum Vorwand ihrer jetzigen Einmischung genommen haben,« Die Insel war seit der Thronbesteigung der jetzigen Königin ruhig. Um fremde Ansiedler für die Nicht- ausführung des Vertrages, der 1862 unter Radama II. mit den französischen Agenten Lambert und Laborde abgeschlossen worden, zu entschädigen, unterzeich¬ nete sie snach dein Obigen nicht sie, sondern ihre Vorgängerin Rasoherinc^ zwei andre Verträge, welche die limss am 27. Dezember 1882 erwähnte. Es heißt da: »Der Vertrag zwischen England und Madagaskar, datirt Antananarivo, den 29. Juni 1865 und ratifizirt ebendaselbst, den 5. Juli 1866, enthält den folgenden Artikel: Artikel 6. Britische Unterthanen sollen die Erlaubnis haben, auf jede gesetzliche Weise in allen Teilen des Gebiets Ihrer Majestät der Kö¬ nigin von Madagaskar Land, Hänser, Magazine und andre Arten von Grund¬ besitz zu kaufen oder zu mieten. Miet-, Kauf- und Verkaufsverträge in Bezug auf Häuser und Ländereien und die Dingung von Arbeitern tonnen durch Do¬ kumente vollzogen werden, welche vor dem britischen Konsul und den Obrig¬ keiten unterzeichnet werden.« An den Vertrag, der am 8. August 1868 zu Antananarivo zwischen Frankreich und Madagaskar abgeschlossen wurde, ist folgende Klausel angehängt: »Die Franzosen in Madagaskar werden vollstän¬ digen Schutz ihrer Personen und ihres Eigentums genießen. Sie werden sich wie die Angehörigen der meistbegünstigten Nation, indem sie sich den Gesetzen und Anordnungen des Landes fügen, überall niederlassen können, wo sie es passend finden, sie werden Pachtungen übernehmen, jede Art unbewegliches Eigen¬ tum erwerben und alle kommerziellen und industriellen Gewerbe betreiben können, die nicht durch innere Gesetzgebung untersagt sind. Die Miet-, Kauf- und Ver- kausvcrträge, sowie die, welche die Dingung von Arbeitern betreffen, werden durch Unterzeichnung von dem Konsul Frankreichs und den lokalen Behörden vollzogen,«" „Trotz dieser Verträge haben die Hovas, so fährt die Willis» in jenein Ar¬ tikel fort, die Niederlassung von Fremden entmutigt, und so lange man ihnen gestattet, den Pacht von Ländereien auf kurze Zeit zu beschränken, wird diese schöne und reiche Insel so unproduktiv bleiben, wie sie unter ihrer Herrschaft immer gewesen ist, und die armen, unglücklichen Stämme, welche die ganze Ost-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_152756/230>, abgerufen am 03.07.2024.