Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Tripelallianz.

der Erklärung Maneinis hervor, die er nach seiner Rede in der Deputirten-
kammer im italienischen Senate abgab. Er stand hier außer Freunden seiner
Politik auch Gegnern derselben, Anhängern Frankreichs, wie dem Senator
Alfieri, gegenüber. Seine Äußerungen wurden von dem Berichterstatter Carra-
ciolo vorbereitet, der den Wunsch aussprach, daß die jetzt zwischen Italien und
Frankreich obwaltenden Meinungsverschiedenheiten beseitigt werden möchten, wobei
er in Bezug auf Tunis auf die Möglichkeit einer Verständigung betreffs der
Kapitulationen hinwies und unter Betonung des Umstandes, daß die Regierung
von keinerlei feindseligen Gesinnungen gegen Frankreich beseelt sei, die Erwartung
aussprach, die guten Beziehungen Italiens zu Deutschland und Österreich-Ungarn
würden viel zum Erfolge einer konservativen und friedlichen Politik beitragen.
Mancini dankte ihm für die Anerkennung seiner Bemühungen um Hebung des
Ansehens Italiens beim Auslande und insbesondre für die Billigung seines Be¬
strebens, die Beziehungen des letztern zu den beiden verbündeten Mächten Mittel¬
europas besser und intimer zu gestalten. Der Erfolg dieses Bestrebens habe
sich bereits in dem Einverständnis der drei Regierungen über wichtige Fragen,
sowie in dem Wachsen des Einflusses Italiens im europäische" Areopag kund¬
gegeben. Weitere Erklärungen über dieses Thema, so fuhr er fort, müsse er,
ablehnen, da Vorsicht geboten sei. In der Depntirtenknmmer habe er nnr die
in der Delegation zu Pest abgegebenen Äußerungen des österreichisch-ungarischen
Ministers des Auswärtigen wiederholt, welcher (am 31. Oktober v. I.) dort
gesagt hatte: "Des Königs ^Humbert> Besuch > in Wienj wurde durch zwei
Beweggründe veranlaßt. Es sollte erstens der freundschaftlichen Gesinnung des
königlichen Paares gegen unser kaiserliches Haus Ausdruck gegeben werden, und
die Welt sollte zweitens wissen, daß Italien sich der konservativen und fried¬
fertigen Politik des österreichisch-ungarischen Kabinets anzuschließen wünsche."
Etwas später (am 9. November) fügte Graf Kalnoky dem hinzu: "Die aus¬
wärtigen Beziehungen der Monarchie sind höchst befriedigend. Das innige Ver¬
hältnis zwischen den beiden Kaisermächten bildet eine von den andern Mächten
anerkannte Bürgschaft für den Frieden. Auch der Kaiser von Rußland giebt
trotz mancher Vorfälle sein Verlangen nach Frieden kund. Italien hat im letzt¬
verflossenen Jahre den Wunsch ausgesprochen, sich unsrer Politik anzuschließen.
Unsre freundschaftlichen Beziehungen zu England sind durch Ereignisse im Osten
gestärkt worden. Soweit menschliche Voraussicht die Zukunft erraten kann, ist
der Friede gesichert."

Mancini fuhr darauf fort, er bleibe bei dem, was er in der Deputirten-
kammer erklärt habe, sage aber auch nicht mehr. Italien sei nicht mehr isolirt,
es arbeite in Übereinstimmung mit den andern Mächten auf die Ruhe Europas
und das friedliche Fortschreiten der Zivilisation hin, wobei es seine eigne Un¬
abhängigkeit, seine Initiative und seine Würde wahre. Das Einvernehmen mit
jenen Mächten werde den großen Vorteil haben, daß es jede aggressive Politik


Die Tripelallianz.

der Erklärung Maneinis hervor, die er nach seiner Rede in der Deputirten-
kammer im italienischen Senate abgab. Er stand hier außer Freunden seiner
Politik auch Gegnern derselben, Anhängern Frankreichs, wie dem Senator
Alfieri, gegenüber. Seine Äußerungen wurden von dem Berichterstatter Carra-
ciolo vorbereitet, der den Wunsch aussprach, daß die jetzt zwischen Italien und
Frankreich obwaltenden Meinungsverschiedenheiten beseitigt werden möchten, wobei
er in Bezug auf Tunis auf die Möglichkeit einer Verständigung betreffs der
Kapitulationen hinwies und unter Betonung des Umstandes, daß die Regierung
von keinerlei feindseligen Gesinnungen gegen Frankreich beseelt sei, die Erwartung
aussprach, die guten Beziehungen Italiens zu Deutschland und Österreich-Ungarn
würden viel zum Erfolge einer konservativen und friedlichen Politik beitragen.
Mancini dankte ihm für die Anerkennung seiner Bemühungen um Hebung des
Ansehens Italiens beim Auslande und insbesondre für die Billigung seines Be¬
strebens, die Beziehungen des letztern zu den beiden verbündeten Mächten Mittel¬
europas besser und intimer zu gestalten. Der Erfolg dieses Bestrebens habe
sich bereits in dem Einverständnis der drei Regierungen über wichtige Fragen,
sowie in dem Wachsen des Einflusses Italiens im europäische» Areopag kund¬
gegeben. Weitere Erklärungen über dieses Thema, so fuhr er fort, müsse er,
ablehnen, da Vorsicht geboten sei. In der Depntirtenknmmer habe er nnr die
in der Delegation zu Pest abgegebenen Äußerungen des österreichisch-ungarischen
Ministers des Auswärtigen wiederholt, welcher (am 31. Oktober v. I.) dort
gesagt hatte: „Des Königs ^Humbert> Besuch > in Wienj wurde durch zwei
Beweggründe veranlaßt. Es sollte erstens der freundschaftlichen Gesinnung des
königlichen Paares gegen unser kaiserliches Haus Ausdruck gegeben werden, und
die Welt sollte zweitens wissen, daß Italien sich der konservativen und fried¬
fertigen Politik des österreichisch-ungarischen Kabinets anzuschließen wünsche."
Etwas später (am 9. November) fügte Graf Kalnoky dem hinzu: „Die aus¬
wärtigen Beziehungen der Monarchie sind höchst befriedigend. Das innige Ver¬
hältnis zwischen den beiden Kaisermächten bildet eine von den andern Mächten
anerkannte Bürgschaft für den Frieden. Auch der Kaiser von Rußland giebt
trotz mancher Vorfälle sein Verlangen nach Frieden kund. Italien hat im letzt¬
verflossenen Jahre den Wunsch ausgesprochen, sich unsrer Politik anzuschließen.
Unsre freundschaftlichen Beziehungen zu England sind durch Ereignisse im Osten
gestärkt worden. Soweit menschliche Voraussicht die Zukunft erraten kann, ist
der Friede gesichert."

Mancini fuhr darauf fort, er bleibe bei dem, was er in der Deputirten-
kammer erklärt habe, sage aber auch nicht mehr. Italien sei nicht mehr isolirt,
es arbeite in Übereinstimmung mit den andern Mächten auf die Ruhe Europas
und das friedliche Fortschreiten der Zivilisation hin, wobei es seine eigne Un¬
abhängigkeit, seine Initiative und seine Würde wahre. Das Einvernehmen mit
jenen Mächten werde den großen Vorteil haben, daß es jede aggressive Politik


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0176" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/152925"/>
          <fw type="header" place="top"> Die Tripelallianz.</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_713" prev="#ID_712"> der Erklärung Maneinis hervor, die er nach seiner Rede in der Deputirten-<lb/>
kammer im italienischen Senate abgab. Er stand hier außer Freunden seiner<lb/>
Politik auch Gegnern derselben, Anhängern Frankreichs, wie dem Senator<lb/>
Alfieri, gegenüber. Seine Äußerungen wurden von dem Berichterstatter Carra-<lb/>
ciolo vorbereitet, der den Wunsch aussprach, daß die jetzt zwischen Italien und<lb/>
Frankreich obwaltenden Meinungsverschiedenheiten beseitigt werden möchten, wobei<lb/>
er in Bezug auf Tunis auf die Möglichkeit einer Verständigung betreffs der<lb/>
Kapitulationen hinwies und unter Betonung des Umstandes, daß die Regierung<lb/>
von keinerlei feindseligen Gesinnungen gegen Frankreich beseelt sei, die Erwartung<lb/>
aussprach, die guten Beziehungen Italiens zu Deutschland und Österreich-Ungarn<lb/>
würden viel zum Erfolge einer konservativen und friedlichen Politik beitragen.<lb/>
Mancini dankte ihm für die Anerkennung seiner Bemühungen um Hebung des<lb/>
Ansehens Italiens beim Auslande und insbesondre für die Billigung seines Be¬<lb/>
strebens, die Beziehungen des letztern zu den beiden verbündeten Mächten Mittel¬<lb/>
europas besser und intimer zu gestalten. Der Erfolg dieses Bestrebens habe<lb/>
sich bereits in dem Einverständnis der drei Regierungen über wichtige Fragen,<lb/>
sowie in dem Wachsen des Einflusses Italiens im europäische» Areopag kund¬<lb/>
gegeben. Weitere Erklärungen über dieses Thema, so fuhr er fort, müsse er,<lb/>
ablehnen, da Vorsicht geboten sei. In der Depntirtenknmmer habe er nnr die<lb/>
in der Delegation zu Pest abgegebenen Äußerungen des österreichisch-ungarischen<lb/>
Ministers des Auswärtigen wiederholt, welcher (am 31. Oktober v. I.) dort<lb/>
gesagt hatte: &#x201E;Des Königs ^Humbert&gt; Besuch &gt; in Wienj wurde durch zwei<lb/>
Beweggründe veranlaßt. Es sollte erstens der freundschaftlichen Gesinnung des<lb/>
königlichen Paares gegen unser kaiserliches Haus Ausdruck gegeben werden, und<lb/>
die Welt sollte zweitens wissen, daß Italien sich der konservativen und fried¬<lb/>
fertigen Politik des österreichisch-ungarischen Kabinets anzuschließen wünsche."<lb/>
Etwas später (am 9. November) fügte Graf Kalnoky dem hinzu: &#x201E;Die aus¬<lb/>
wärtigen Beziehungen der Monarchie sind höchst befriedigend. Das innige Ver¬<lb/>
hältnis zwischen den beiden Kaisermächten bildet eine von den andern Mächten<lb/>
anerkannte Bürgschaft für den Frieden. Auch der Kaiser von Rußland giebt<lb/>
trotz mancher Vorfälle sein Verlangen nach Frieden kund. Italien hat im letzt¬<lb/>
verflossenen Jahre den Wunsch ausgesprochen, sich unsrer Politik anzuschließen.<lb/>
Unsre freundschaftlichen Beziehungen zu England sind durch Ereignisse im Osten<lb/>
gestärkt worden. Soweit menschliche Voraussicht die Zukunft erraten kann, ist<lb/>
der Friede gesichert."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_714" next="#ID_715"> Mancini fuhr darauf fort, er bleibe bei dem, was er in der Deputirten-<lb/>
kammer erklärt habe, sage aber auch nicht mehr. Italien sei nicht mehr isolirt,<lb/>
es arbeite in Übereinstimmung mit den andern Mächten auf die Ruhe Europas<lb/>
und das friedliche Fortschreiten der Zivilisation hin, wobei es seine eigne Un¬<lb/>
abhängigkeit, seine Initiative und seine Würde wahre. Das Einvernehmen mit<lb/>
jenen Mächten werde den großen Vorteil haben, daß es jede aggressive Politik</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0176] Die Tripelallianz. der Erklärung Maneinis hervor, die er nach seiner Rede in der Deputirten- kammer im italienischen Senate abgab. Er stand hier außer Freunden seiner Politik auch Gegnern derselben, Anhängern Frankreichs, wie dem Senator Alfieri, gegenüber. Seine Äußerungen wurden von dem Berichterstatter Carra- ciolo vorbereitet, der den Wunsch aussprach, daß die jetzt zwischen Italien und Frankreich obwaltenden Meinungsverschiedenheiten beseitigt werden möchten, wobei er in Bezug auf Tunis auf die Möglichkeit einer Verständigung betreffs der Kapitulationen hinwies und unter Betonung des Umstandes, daß die Regierung von keinerlei feindseligen Gesinnungen gegen Frankreich beseelt sei, die Erwartung aussprach, die guten Beziehungen Italiens zu Deutschland und Österreich-Ungarn würden viel zum Erfolge einer konservativen und friedlichen Politik beitragen. Mancini dankte ihm für die Anerkennung seiner Bemühungen um Hebung des Ansehens Italiens beim Auslande und insbesondre für die Billigung seines Be¬ strebens, die Beziehungen des letztern zu den beiden verbündeten Mächten Mittel¬ europas besser und intimer zu gestalten. Der Erfolg dieses Bestrebens habe sich bereits in dem Einverständnis der drei Regierungen über wichtige Fragen, sowie in dem Wachsen des Einflusses Italiens im europäische» Areopag kund¬ gegeben. Weitere Erklärungen über dieses Thema, so fuhr er fort, müsse er, ablehnen, da Vorsicht geboten sei. In der Depntirtenknmmer habe er nnr die in der Delegation zu Pest abgegebenen Äußerungen des österreichisch-ungarischen Ministers des Auswärtigen wiederholt, welcher (am 31. Oktober v. I.) dort gesagt hatte: „Des Königs ^Humbert> Besuch > in Wienj wurde durch zwei Beweggründe veranlaßt. Es sollte erstens der freundschaftlichen Gesinnung des königlichen Paares gegen unser kaiserliches Haus Ausdruck gegeben werden, und die Welt sollte zweitens wissen, daß Italien sich der konservativen und fried¬ fertigen Politik des österreichisch-ungarischen Kabinets anzuschließen wünsche." Etwas später (am 9. November) fügte Graf Kalnoky dem hinzu: „Die aus¬ wärtigen Beziehungen der Monarchie sind höchst befriedigend. Das innige Ver¬ hältnis zwischen den beiden Kaisermächten bildet eine von den andern Mächten anerkannte Bürgschaft für den Frieden. Auch der Kaiser von Rußland giebt trotz mancher Vorfälle sein Verlangen nach Frieden kund. Italien hat im letzt¬ verflossenen Jahre den Wunsch ausgesprochen, sich unsrer Politik anzuschließen. Unsre freundschaftlichen Beziehungen zu England sind durch Ereignisse im Osten gestärkt worden. Soweit menschliche Voraussicht die Zukunft erraten kann, ist der Friede gesichert." Mancini fuhr darauf fort, er bleibe bei dem, was er in der Deputirten- kammer erklärt habe, sage aber auch nicht mehr. Italien sei nicht mehr isolirt, es arbeite in Übereinstimmung mit den andern Mächten auf die Ruhe Europas und das friedliche Fortschreiten der Zivilisation hin, wobei es seine eigne Un¬ abhängigkeit, seine Initiative und seine Würde wahre. Das Einvernehmen mit jenen Mächten werde den großen Vorteil haben, daß es jede aggressive Politik

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_152756
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_152756/176
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_152756/176>, abgerufen am 03.07.2024.