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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal.

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Die Revision der Lutherischen Bibelübersetzung.

veröffentlicht wurden, das eine, über die theologisch-kritische Seite der Auf¬
gabe, von v. Monckeberg, das andre über die sprachliche und orthographische
Seite von dem gründlichen Germanisten und Kenner der Lnthersprache Dr.
Frommann in Nürnberg, unter Beirat von Rudolf von Raumer verfaßt. Nach¬
dem das erstere von der Cansteinschen Bibelanstalt dem preußischen Oberkirchenrat
zur Prüfung vorgelegt worden war, übergab dieser die Angelegenheit mit einem
eingehenden Gutachten an die aller zwei Jahre in Eisenach tagende Konferenz
der deutschen evangelischen Kirchenregimente, welche im Jahre 1861 davon
Kenntnis nahm und nach weiterer Orientirung darüber im Jahre 1863 die Be¬
schlüsse faßte, infolge deren das Revisiouswerk wirklich ins Leben trat. Diese
Beschlüsse waren vor allem auf die Erstrebung einer einheitlichen Textgestalt
gerichtet, und zwar sollte die revidirte Ausgabe der Übersetzung Luthers den
gereiften Ertrag des Schriftverständnisses der Gegenwart zum Gemeingut machen;
die weitern Beschlüsse betreffen nur das Verfahren, das für die Erlangung eines
solchen revidirten und einheitlichen Textes einzuschlagen sei. Die Durchführung
dieser Beschlüsse aber wurde in die Hände des preußischen Oberkirchenrath ge¬
legt, welcher sich mit der Cansteinschen Bibelgesellschaft und mit den Kirchen¬
regimentern andrer protestantischen Länder in Verbindung setzte.

So wurde denn das Unternehmen begonnen und zunächst eine theologische
Kommission für das neue Testament gebildet, welche aus folgenden Mitgliedern
bestand: für Preußen aus den Professoren Nitzsch, Tochter, Beyschlag lind
Riesen, später an Nitzsch' Stelle I. Kostim; für Hannover aus den Oberkon-
sistorialräten Niemann und Meyer (dem bekannten Erklärer des neuen Testa¬
ments); für Sachsen aus Pastor Ahlfeld und Professor Bruckner; für Würtem-
berg aus den Pfarrern Fronmüller und Schröder. Die Kommissionssitznngen
wurden in den Franckischen Stiftungen in Halle in den Jahren 1865 und 1366
gehalten. Darauf wurde der revidirte Text des neuen Testaments als Probe¬
trunk veröffentlicht, schließlich im Jahre 1868 endgiltig festgestellt und in dieser
Gestalt von der Eisenacher Konferenz im wesentlichen und mit Dank gegen die
Bearbeiter gebilligt. Alle deutschen Bibelgesellschaften sowie die britische und
die große evangelische in Rußland nahmen ihn an. Er wird bis jetzt nur erst
in Einzelausgaben des neuen Testaments, noch nicht in den Ausgaben der
ganzen Bibel gedruckt.

Nachdem so das neue Testament revidirt war, beschlossen die Bibelgesell¬
schaften ini Jahre 1869 auch das alte in Angriff zu nehmen. Diesem Be¬
schlusse stimmte die Eisenacher Konferenz 1870 zu, indem dabei der um die
Förderung des Werkes hochverdiente Referent, Oberkonsistorialrat v. Dörner,
betonte, daß beim alten Testament keineswegs von verhältnismäßig wenig zu
berichtigenden Stellen, wie beim neuen, die Rede sein könne. So ward auch
für die Revision des alten Testaments eine Kommission gebildet, welche aus
solgenden Mitgliedern bestand: für Preußen aus den Professoren Dittmann


Die Revision der Lutherischen Bibelübersetzung.

veröffentlicht wurden, das eine, über die theologisch-kritische Seite der Auf¬
gabe, von v. Monckeberg, das andre über die sprachliche und orthographische
Seite von dem gründlichen Germanisten und Kenner der Lnthersprache Dr.
Frommann in Nürnberg, unter Beirat von Rudolf von Raumer verfaßt. Nach¬
dem das erstere von der Cansteinschen Bibelanstalt dem preußischen Oberkirchenrat
zur Prüfung vorgelegt worden war, übergab dieser die Angelegenheit mit einem
eingehenden Gutachten an die aller zwei Jahre in Eisenach tagende Konferenz
der deutschen evangelischen Kirchenregimente, welche im Jahre 1861 davon
Kenntnis nahm und nach weiterer Orientirung darüber im Jahre 1863 die Be¬
schlüsse faßte, infolge deren das Revisiouswerk wirklich ins Leben trat. Diese
Beschlüsse waren vor allem auf die Erstrebung einer einheitlichen Textgestalt
gerichtet, und zwar sollte die revidirte Ausgabe der Übersetzung Luthers den
gereiften Ertrag des Schriftverständnisses der Gegenwart zum Gemeingut machen;
die weitern Beschlüsse betreffen nur das Verfahren, das für die Erlangung eines
solchen revidirten und einheitlichen Textes einzuschlagen sei. Die Durchführung
dieser Beschlüsse aber wurde in die Hände des preußischen Oberkirchenrath ge¬
legt, welcher sich mit der Cansteinschen Bibelgesellschaft und mit den Kirchen¬
regimentern andrer protestantischen Länder in Verbindung setzte.

So wurde denn das Unternehmen begonnen und zunächst eine theologische
Kommission für das neue Testament gebildet, welche aus folgenden Mitgliedern
bestand: für Preußen aus den Professoren Nitzsch, Tochter, Beyschlag lind
Riesen, später an Nitzsch' Stelle I. Kostim; für Hannover aus den Oberkon-
sistorialräten Niemann und Meyer (dem bekannten Erklärer des neuen Testa¬
ments); für Sachsen aus Pastor Ahlfeld und Professor Bruckner; für Würtem-
berg aus den Pfarrern Fronmüller und Schröder. Die Kommissionssitznngen
wurden in den Franckischen Stiftungen in Halle in den Jahren 1865 und 1366
gehalten. Darauf wurde der revidirte Text des neuen Testaments als Probe¬
trunk veröffentlicht, schließlich im Jahre 1868 endgiltig festgestellt und in dieser
Gestalt von der Eisenacher Konferenz im wesentlichen und mit Dank gegen die
Bearbeiter gebilligt. Alle deutschen Bibelgesellschaften sowie die britische und
die große evangelische in Rußland nahmen ihn an. Er wird bis jetzt nur erst
in Einzelausgaben des neuen Testaments, noch nicht in den Ausgaben der
ganzen Bibel gedruckt.

Nachdem so das neue Testament revidirt war, beschlossen die Bibelgesell¬
schaften ini Jahre 1869 auch das alte in Angriff zu nehmen. Diesem Be¬
schlusse stimmte die Eisenacher Konferenz 1870 zu, indem dabei der um die
Förderung des Werkes hochverdiente Referent, Oberkonsistorialrat v. Dörner,
betonte, daß beim alten Testament keineswegs von verhältnismäßig wenig zu
berichtigenden Stellen, wie beim neuen, die Rede sein könne. So ward auch
für die Revision des alten Testaments eine Kommission gebildet, welche aus
solgenden Mitgliedern bestand: für Preußen aus den Professoren Dittmann


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[0136] Die Revision der Lutherischen Bibelübersetzung. veröffentlicht wurden, das eine, über die theologisch-kritische Seite der Auf¬ gabe, von v. Monckeberg, das andre über die sprachliche und orthographische Seite von dem gründlichen Germanisten und Kenner der Lnthersprache Dr. Frommann in Nürnberg, unter Beirat von Rudolf von Raumer verfaßt. Nach¬ dem das erstere von der Cansteinschen Bibelanstalt dem preußischen Oberkirchenrat zur Prüfung vorgelegt worden war, übergab dieser die Angelegenheit mit einem eingehenden Gutachten an die aller zwei Jahre in Eisenach tagende Konferenz der deutschen evangelischen Kirchenregimente, welche im Jahre 1861 davon Kenntnis nahm und nach weiterer Orientirung darüber im Jahre 1863 die Be¬ schlüsse faßte, infolge deren das Revisiouswerk wirklich ins Leben trat. Diese Beschlüsse waren vor allem auf die Erstrebung einer einheitlichen Textgestalt gerichtet, und zwar sollte die revidirte Ausgabe der Übersetzung Luthers den gereiften Ertrag des Schriftverständnisses der Gegenwart zum Gemeingut machen; die weitern Beschlüsse betreffen nur das Verfahren, das für die Erlangung eines solchen revidirten und einheitlichen Textes einzuschlagen sei. Die Durchführung dieser Beschlüsse aber wurde in die Hände des preußischen Oberkirchenrath ge¬ legt, welcher sich mit der Cansteinschen Bibelgesellschaft und mit den Kirchen¬ regimentern andrer protestantischen Länder in Verbindung setzte. So wurde denn das Unternehmen begonnen und zunächst eine theologische Kommission für das neue Testament gebildet, welche aus folgenden Mitgliedern bestand: für Preußen aus den Professoren Nitzsch, Tochter, Beyschlag lind Riesen, später an Nitzsch' Stelle I. Kostim; für Hannover aus den Oberkon- sistorialräten Niemann und Meyer (dem bekannten Erklärer des neuen Testa¬ ments); für Sachsen aus Pastor Ahlfeld und Professor Bruckner; für Würtem- berg aus den Pfarrern Fronmüller und Schröder. Die Kommissionssitznngen wurden in den Franckischen Stiftungen in Halle in den Jahren 1865 und 1366 gehalten. Darauf wurde der revidirte Text des neuen Testaments als Probe¬ trunk veröffentlicht, schließlich im Jahre 1868 endgiltig festgestellt und in dieser Gestalt von der Eisenacher Konferenz im wesentlichen und mit Dank gegen die Bearbeiter gebilligt. Alle deutschen Bibelgesellschaften sowie die britische und die große evangelische in Rußland nahmen ihn an. Er wird bis jetzt nur erst in Einzelausgaben des neuen Testaments, noch nicht in den Ausgaben der ganzen Bibel gedruckt. Nachdem so das neue Testament revidirt war, beschlossen die Bibelgesell¬ schaften ini Jahre 1869 auch das alte in Angriff zu nehmen. Diesem Be¬ schlusse stimmte die Eisenacher Konferenz 1870 zu, indem dabei der um die Förderung des Werkes hochverdiente Referent, Oberkonsistorialrat v. Dörner, betonte, daß beim alten Testament keineswegs von verhältnismäßig wenig zu berichtigenden Stellen, wie beim neuen, die Rede sein könne. So ward auch für die Revision des alten Testaments eine Kommission gebildet, welche aus solgenden Mitgliedern bestand: für Preußen aus den Professoren Dittmann

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_152756/136>, abgerufen am 03.07.2024.