Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal.Die Grafen voll Altenschwerdt. Sehen Sie, gnädiger Herr, sagte er, ich behaupte immer, es ist nichts als Eberhardt hörte nur mit geteilter Aufmerksamkeit zu und sagte dann, den Der Alte geriet in einige Verlegenheit und bemühte sich, seine Gedanken Ich meine, sagte er eifrig, was die Bataille selbst anbetrifft, das, meine Es kam über Eberhardt, während er der Unterhaltung des Alten mit Die Grafen voll Altenschwerdt. Sehen Sie, gnädiger Herr, sagte er, ich behaupte immer, es ist nichts als Eberhardt hörte nur mit geteilter Aufmerksamkeit zu und sagte dann, den Der Alte geriet in einige Verlegenheit und bemühte sich, seine Gedanken Ich meine, sagte er eifrig, was die Bataille selbst anbetrifft, das, meine Es kam über Eberhardt, während er der Unterhaltung des Alten mit <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0542" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/152394"/> <fw type="header" place="top"> Die Grafen voll Altenschwerdt.</fw><lb/> <p xml:id="ID_2039"> Sehen Sie, gnädiger Herr, sagte er, ich behaupte immer, es ist nichts als<lb/> Lug und Trug gewesen mit den Franzosen, und wir waren ihnen immer über.<lb/> Ich Streite mich darüber oft mit meinem Sohne, der behauptet, wir wären<lb/> dazumal richtig besiegt worden. Aber es ist nicht wahr. Wo unsre preußischen<lb/> Truppen mit dem Feinde zusammenkamen, haben sie immer gesiegt.</p><lb/> <p xml:id="ID_2040"> Eberhardt hörte nur mit geteilter Aufmerksamkeit zu und sagte dann, den<lb/> ehrwürdige» Patrioten und Krieger zerstreut ansehend: Aber, mein Freund, die<lb/> Niederlage von Jena läßt sich doch nicht wegleugne».</p><lb/> <p xml:id="ID_2041"> Der Alte geriet in einige Verlegenheit und bemühte sich, seine Gedanken<lb/> in solche Worte zu bringen, wie sie dem schwierigen Falle angemessen<lb/> wären.</p><lb/> <p xml:id="ID_2042"> Ich meine, sagte er eifrig, was die Bataille selbst anbetrifft, das, meine<lb/> ich, war es, worin wir ihnen über waren. Denn was Hinterlist und irrtümliche<lb/> Ordres und solches Mißgeschick betrifft, so steht das in Gottes Hand, und kein<lb/> General kann so etwas vermeiden, wenn es Gottes Wille ist. Aber was das<lb/> Kämpfen anbetrifft, da ist es eine große Lüge von den Leuten, die behaupten<lb/> wollen, unsre Armee wäre jemals geschlagen worden, und ich will hier auf der Stelle<lb/> mitsamt dem alten Thurme in den Boden versinken, wenn wir nicht auch bei<lb/> Jena diese Springinsfelde in kleine Krautstücke zerhackt hätten, wenn man uns<lb/> nur richtig hätte drauf losgehen lassen. Das sagte mir auch oft der selige<lb/> Herr Graf, und auch damals, als ich ihn nach Sömmerda in einem Bauernwagen<lb/> hineinfuhr, wo er im blutigen Stroh lag. Da hatten sich Henckel-Kürassiere,<lb/> Geldleute-Husaren und Bila-Husaren und noch einige Regimenter sächsischer<lb/> Chevauxlegers zusammengefunden, und Seine Durchlaucht der Fürst Hohenlohe<lb/> kam dicht an unserm Wagen vorbei. Degenhard, sagte der Herr Graf zu mir<lb/> und hob sein blasses Gesicht in die Höhe. Er soll den Wagen hier stehen<lb/> lassen und sich ein Pferd verschaffen. Die Armee ist nicht besiegt.</p><lb/> <p xml:id="ID_2043" next="#ID_2044"> Es kam über Eberhardt, während er der Unterhaltung des Alten mit<lb/> halbem Ohre lauschte und dabei den Blick über die Umgebung des Thurmes<lb/> schweifen ließ, eine sehnsüchtige Stimmung, der er sich nachdenklich überließ.<lb/> War es die Erzählung von längst vergangenen Geschehnissen, an Trauer und<lb/> Freude des Heimatlandes und seiner vornehmen Geschlechter mahnend, die seine<lb/> Vaterlandsliebe aufregte und ihm Wünsche besondrer Art einflößte, denen doch<lb/> große Bedenken entgegenstanden? Er suchte mit innerm Auge den Schleier der<lb/> Zukunft zu durchdringen, wie äußerlich den wallenden Nebel. Aber hier in<lb/> der Natur bot sich nur der schweigende Kampf der Elemente des Wassers und<lb/> der Luft, ohne daß bis jetzt die Sonne durchzudringen vermochte, und auch in<lb/> seiner Brust wogten wonnige Sehnsucht und schmerzliche Sorge, ohne daß es<lb/> zur Klarheit kam. Nur wollte das hoffende Element die Oberhand behalten,<lb/> Und immer mehr nahmen die jugendlich energischen Gedanken eine deutliche Gestalt<lb/> an, gleichwie es um die Buchten auf der Grenze zwischen Land und Meer</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0542]
Die Grafen voll Altenschwerdt.
Sehen Sie, gnädiger Herr, sagte er, ich behaupte immer, es ist nichts als
Lug und Trug gewesen mit den Franzosen, und wir waren ihnen immer über.
Ich Streite mich darüber oft mit meinem Sohne, der behauptet, wir wären
dazumal richtig besiegt worden. Aber es ist nicht wahr. Wo unsre preußischen
Truppen mit dem Feinde zusammenkamen, haben sie immer gesiegt.
Eberhardt hörte nur mit geteilter Aufmerksamkeit zu und sagte dann, den
ehrwürdige» Patrioten und Krieger zerstreut ansehend: Aber, mein Freund, die
Niederlage von Jena läßt sich doch nicht wegleugne».
Der Alte geriet in einige Verlegenheit und bemühte sich, seine Gedanken
in solche Worte zu bringen, wie sie dem schwierigen Falle angemessen
wären.
Ich meine, sagte er eifrig, was die Bataille selbst anbetrifft, das, meine
ich, war es, worin wir ihnen über waren. Denn was Hinterlist und irrtümliche
Ordres und solches Mißgeschick betrifft, so steht das in Gottes Hand, und kein
General kann so etwas vermeiden, wenn es Gottes Wille ist. Aber was das
Kämpfen anbetrifft, da ist es eine große Lüge von den Leuten, die behaupten
wollen, unsre Armee wäre jemals geschlagen worden, und ich will hier auf der Stelle
mitsamt dem alten Thurme in den Boden versinken, wenn wir nicht auch bei
Jena diese Springinsfelde in kleine Krautstücke zerhackt hätten, wenn man uns
nur richtig hätte drauf losgehen lassen. Das sagte mir auch oft der selige
Herr Graf, und auch damals, als ich ihn nach Sömmerda in einem Bauernwagen
hineinfuhr, wo er im blutigen Stroh lag. Da hatten sich Henckel-Kürassiere,
Geldleute-Husaren und Bila-Husaren und noch einige Regimenter sächsischer
Chevauxlegers zusammengefunden, und Seine Durchlaucht der Fürst Hohenlohe
kam dicht an unserm Wagen vorbei. Degenhard, sagte der Herr Graf zu mir
und hob sein blasses Gesicht in die Höhe. Er soll den Wagen hier stehen
lassen und sich ein Pferd verschaffen. Die Armee ist nicht besiegt.
Es kam über Eberhardt, während er der Unterhaltung des Alten mit
halbem Ohre lauschte und dabei den Blick über die Umgebung des Thurmes
schweifen ließ, eine sehnsüchtige Stimmung, der er sich nachdenklich überließ.
War es die Erzählung von längst vergangenen Geschehnissen, an Trauer und
Freude des Heimatlandes und seiner vornehmen Geschlechter mahnend, die seine
Vaterlandsliebe aufregte und ihm Wünsche besondrer Art einflößte, denen doch
große Bedenken entgegenstanden? Er suchte mit innerm Auge den Schleier der
Zukunft zu durchdringen, wie äußerlich den wallenden Nebel. Aber hier in
der Natur bot sich nur der schweigende Kampf der Elemente des Wassers und
der Luft, ohne daß bis jetzt die Sonne durchzudringen vermochte, und auch in
seiner Brust wogten wonnige Sehnsucht und schmerzliche Sorge, ohne daß es
zur Klarheit kam. Nur wollte das hoffende Element die Oberhand behalten,
Und immer mehr nahmen die jugendlich energischen Gedanken eine deutliche Gestalt
an, gleichwie es um die Buchten auf der Grenze zwischen Land und Meer
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