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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal.

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Die deutsche Flotte.

Arminius in dieser Klasse über 11 Panzerkanonenboote, 1 weiteres im Bau,
1 Kanonenboot zweiter Klasse und die 15 Torpedoboote, welche sämtlich vor¬
zugsweise zur Verteidigung der Eid-, Weser- und Jahdemünduugen bestimmt sind.
Für den Nachrichten- und Rekognoszirungsdienst besitzt die Marine 8 Avisos,
darunter die kaiserliche Jacht Hohenzollern, ferner zwei Transportfahrzeuge,
12 Schulschiffe der verschiedensten Art, 11 Schleppdampfer zum Hafendienst und
eine Anzahl von Lotsenfahrzeugen und Feuerschiffen. Im ganzen verfügt die
Admiralität einschließlich der im Bau befindlichen über 116 verschiedne Schiffe
und Fahrzeuge mit 590 Geschützen. Die fertigen Schiffe führen 528 Geschütze.

Unter der Admiralität gliedert sich die Marine in die beiden Stationen
der Ostsee und der Nordsee, an deren Spitze je ein Admiral als Stationschef
mit dem Sitze in Kiel und Wilhelmshaven gestellt ist. Sämtliche Schiffe und
auch die Mannschaften sind auf diese beiden Stationen verteilt. Letztere werden
auf jeder zu einer Matrosen- und einer Werftdivision vereinigt, welche die Aus¬
bildung des seemännischen und andrerseits des Maschinen- und Handwerker¬
personals leiten und dasselbe uach Bedarf auf die Schiffe stellen. Die Schiffe
stehen uuter den Befehlen des Stationschefs, solange sie sich im Hasen oder den
heimischen Gewässern befinden. Verlassen sie diese zu längerer Reise, so er¬
halten sie ihre Befehle direkt von der Admiralität. In gleicher Weise führen
die Stationschefs als Inspizienten die obere Aufsicht über den sonst unter den
direkten Befehl andrer hohen Offiziere gestellten vielgegliederten Betrieb der drei
Werften.

Eine gedeihliche Fortentwicklung der kriegerischen Macht zur See ist nicht
möglich ohne gegen Wind und Wetter und gegen feindliche Angriffe geschützte
Kriegshafen, wo der Neubau und die Ausbesserung feeuntüchtig gewor¬
dener Schiffe ungestört vor sich gehen kann, wo Material aller Art gefahrlos
aufgestapelt liegt, wo die Artilleriedepots die Munition fertigen und die Torpedo¬
depots ihre verderbenbringenden Geschosse aufbewahren. Die deutsche Marine
besitzt zwei solche "warme Nester," wie Feldmarschall Moltke sie gelegentlich in
einer Tischrede genannt hat. Unter ihnen bildet die seit 1864 als Kriegshafen
dem Gebrauch überwiesen Kieler Föhrde eiuen vortreffliche", natürlichen, ge¬
räumigen und sichern Ankerplatz; er bietet den dort befindlichen maritimen
Etablissements und den Schiffen, welche sich in diese Deckung zurückziehen, umso
sicherern Schutz, als die zu beiden Seiten der schmalen Einfahrt bei Friedrichs¬
ort gelegenen Verteidigungswerke in Verbindung mit der vorhandenen Wasser¬
sperre den Hafen von der Seeseite fast uneinnehmbar machen und ebenso einem
etwa in der Bucht vou Eckernförde gekanteten Feinde den Zugang nach der
Stadt verlegen. Bassins, Trockendocks und alle Bedingungen zur Ausrüstung
einer Flotte sind vorhanden, und neuerdings scheint sogar der Plan seiner Aus¬
führung entgegenzureifen, nach welchem Kiel mit einem Gürtel detachirter Forts
umzogen werden und damit zu einer gewaltigen Festung im Sinne der heutigen


Die deutsche Flotte.

Arminius in dieser Klasse über 11 Panzerkanonenboote, 1 weiteres im Bau,
1 Kanonenboot zweiter Klasse und die 15 Torpedoboote, welche sämtlich vor¬
zugsweise zur Verteidigung der Eid-, Weser- und Jahdemünduugen bestimmt sind.
Für den Nachrichten- und Rekognoszirungsdienst besitzt die Marine 8 Avisos,
darunter die kaiserliche Jacht Hohenzollern, ferner zwei Transportfahrzeuge,
12 Schulschiffe der verschiedensten Art, 11 Schleppdampfer zum Hafendienst und
eine Anzahl von Lotsenfahrzeugen und Feuerschiffen. Im ganzen verfügt die
Admiralität einschließlich der im Bau befindlichen über 116 verschiedne Schiffe
und Fahrzeuge mit 590 Geschützen. Die fertigen Schiffe führen 528 Geschütze.

Unter der Admiralität gliedert sich die Marine in die beiden Stationen
der Ostsee und der Nordsee, an deren Spitze je ein Admiral als Stationschef
mit dem Sitze in Kiel und Wilhelmshaven gestellt ist. Sämtliche Schiffe und
auch die Mannschaften sind auf diese beiden Stationen verteilt. Letztere werden
auf jeder zu einer Matrosen- und einer Werftdivision vereinigt, welche die Aus¬
bildung des seemännischen und andrerseits des Maschinen- und Handwerker¬
personals leiten und dasselbe uach Bedarf auf die Schiffe stellen. Die Schiffe
stehen uuter den Befehlen des Stationschefs, solange sie sich im Hasen oder den
heimischen Gewässern befinden. Verlassen sie diese zu längerer Reise, so er¬
halten sie ihre Befehle direkt von der Admiralität. In gleicher Weise führen
die Stationschefs als Inspizienten die obere Aufsicht über den sonst unter den
direkten Befehl andrer hohen Offiziere gestellten vielgegliederten Betrieb der drei
Werften.

Eine gedeihliche Fortentwicklung der kriegerischen Macht zur See ist nicht
möglich ohne gegen Wind und Wetter und gegen feindliche Angriffe geschützte
Kriegshafen, wo der Neubau und die Ausbesserung feeuntüchtig gewor¬
dener Schiffe ungestört vor sich gehen kann, wo Material aller Art gefahrlos
aufgestapelt liegt, wo die Artilleriedepots die Munition fertigen und die Torpedo¬
depots ihre verderbenbringenden Geschosse aufbewahren. Die deutsche Marine
besitzt zwei solche „warme Nester," wie Feldmarschall Moltke sie gelegentlich in
einer Tischrede genannt hat. Unter ihnen bildet die seit 1864 als Kriegshafen
dem Gebrauch überwiesen Kieler Föhrde eiuen vortreffliche», natürlichen, ge¬
räumigen und sichern Ankerplatz; er bietet den dort befindlichen maritimen
Etablissements und den Schiffen, welche sich in diese Deckung zurückziehen, umso
sicherern Schutz, als die zu beiden Seiten der schmalen Einfahrt bei Friedrichs¬
ort gelegenen Verteidigungswerke in Verbindung mit der vorhandenen Wasser¬
sperre den Hafen von der Seeseite fast uneinnehmbar machen und ebenso einem
etwa in der Bucht vou Eckernförde gekanteten Feinde den Zugang nach der
Stadt verlegen. Bassins, Trockendocks und alle Bedingungen zur Ausrüstung
einer Flotte sind vorhanden, und neuerdings scheint sogar der Plan seiner Aus¬
führung entgegenzureifen, nach welchem Kiel mit einem Gürtel detachirter Forts
umzogen werden und damit zu einer gewaltigen Festung im Sinne der heutigen


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[0464] Die deutsche Flotte. Arminius in dieser Klasse über 11 Panzerkanonenboote, 1 weiteres im Bau, 1 Kanonenboot zweiter Klasse und die 15 Torpedoboote, welche sämtlich vor¬ zugsweise zur Verteidigung der Eid-, Weser- und Jahdemünduugen bestimmt sind. Für den Nachrichten- und Rekognoszirungsdienst besitzt die Marine 8 Avisos, darunter die kaiserliche Jacht Hohenzollern, ferner zwei Transportfahrzeuge, 12 Schulschiffe der verschiedensten Art, 11 Schleppdampfer zum Hafendienst und eine Anzahl von Lotsenfahrzeugen und Feuerschiffen. Im ganzen verfügt die Admiralität einschließlich der im Bau befindlichen über 116 verschiedne Schiffe und Fahrzeuge mit 590 Geschützen. Die fertigen Schiffe führen 528 Geschütze. Unter der Admiralität gliedert sich die Marine in die beiden Stationen der Ostsee und der Nordsee, an deren Spitze je ein Admiral als Stationschef mit dem Sitze in Kiel und Wilhelmshaven gestellt ist. Sämtliche Schiffe und auch die Mannschaften sind auf diese beiden Stationen verteilt. Letztere werden auf jeder zu einer Matrosen- und einer Werftdivision vereinigt, welche die Aus¬ bildung des seemännischen und andrerseits des Maschinen- und Handwerker¬ personals leiten und dasselbe uach Bedarf auf die Schiffe stellen. Die Schiffe stehen uuter den Befehlen des Stationschefs, solange sie sich im Hasen oder den heimischen Gewässern befinden. Verlassen sie diese zu längerer Reise, so er¬ halten sie ihre Befehle direkt von der Admiralität. In gleicher Weise führen die Stationschefs als Inspizienten die obere Aufsicht über den sonst unter den direkten Befehl andrer hohen Offiziere gestellten vielgegliederten Betrieb der drei Werften. Eine gedeihliche Fortentwicklung der kriegerischen Macht zur See ist nicht möglich ohne gegen Wind und Wetter und gegen feindliche Angriffe geschützte Kriegshafen, wo der Neubau und die Ausbesserung feeuntüchtig gewor¬ dener Schiffe ungestört vor sich gehen kann, wo Material aller Art gefahrlos aufgestapelt liegt, wo die Artilleriedepots die Munition fertigen und die Torpedo¬ depots ihre verderbenbringenden Geschosse aufbewahren. Die deutsche Marine besitzt zwei solche „warme Nester," wie Feldmarschall Moltke sie gelegentlich in einer Tischrede genannt hat. Unter ihnen bildet die seit 1864 als Kriegshafen dem Gebrauch überwiesen Kieler Föhrde eiuen vortreffliche», natürlichen, ge¬ räumigen und sichern Ankerplatz; er bietet den dort befindlichen maritimen Etablissements und den Schiffen, welche sich in diese Deckung zurückziehen, umso sicherern Schutz, als die zu beiden Seiten der schmalen Einfahrt bei Friedrichs¬ ort gelegenen Verteidigungswerke in Verbindung mit der vorhandenen Wasser¬ sperre den Hafen von der Seeseite fast uneinnehmbar machen und ebenso einem etwa in der Bucht vou Eckernförde gekanteten Feinde den Zugang nach der Stadt verlegen. Bassins, Trockendocks und alle Bedingungen zur Ausrüstung einer Flotte sind vorhanden, und neuerdings scheint sogar der Plan seiner Aus¬ führung entgegenzureifen, nach welchem Kiel mit einem Gürtel detachirter Forts umzogen werden und damit zu einer gewaltigen Festung im Sinne der heutigen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_151310/464>, abgerufen am 23.07.2024.