Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal.Die Grafen von Altonschwerdt. Ein scharfer, bitterer Zug zeigte sich HIN die Lippen der Gräfin, und ihre Da sehe ich ganzdeinen Vater vor mir stehen, sagte sie, das ist dieselbe Der Sohn antwortete nicht, drehte die Spitzen seines Schnnrrbartes und Es thut mir leid, fuhr die Gräfin fort, daß ich dich so selten in der Aber beste Mama, wenn ich nur ein Wort gesagt habe, was dich zu Er näherte sich mit diesen Worten der Mutter, strich ihr mit schmeichelnder Sie lächelte, schüttelte den Kopf und sagte seufzend: Ein Kind bist dn, Der junge Graf ging, als er allein war, unruhigen Schrittes hin und Was alles auf mich einstürmt! dachte er. Ich weiß kaum "och, was ich Die Grafen von Altonschwerdt. Ein scharfer, bitterer Zug zeigte sich HIN die Lippen der Gräfin, und ihre Da sehe ich ganzdeinen Vater vor mir stehen, sagte sie, das ist dieselbe Der Sohn antwortete nicht, drehte die Spitzen seines Schnnrrbartes und Es thut mir leid, fuhr die Gräfin fort, daß ich dich so selten in der Aber beste Mama, wenn ich nur ein Wort gesagt habe, was dich zu Er näherte sich mit diesen Worten der Mutter, strich ihr mit schmeichelnder Sie lächelte, schüttelte den Kopf und sagte seufzend: Ein Kind bist dn, Der junge Graf ging, als er allein war, unruhigen Schrittes hin und Was alles auf mich einstürmt! dachte er. Ich weiß kaum »och, was ich <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0391" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/152092"/> <fw type="header" place="top"> Die Grafen von Altonschwerdt.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1454"> Ein scharfer, bitterer Zug zeigte sich HIN die Lippen der Gräfin, und ihre<lb/> weißen Zähne wurden sichtbar, als sie verächtlich lächelte.<lb/> '</p><lb/> <p xml:id="ID_1455"> Da sehe ich ganzdeinen Vater vor mir stehen, sagte sie, das ist dieselbe<lb/> Schwäche und derselbe ziellose Eigensinn, die ihn zu Grunde gerichtet haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1456"> Der Sohn antwortete nicht, drehte die Spitzen seines Schnnrrbartes und<lb/> blickte vor sich nieder.</p><lb/> <p xml:id="ID_1457"> Es thut mir leid, fuhr die Gräfin fort, daß ich dich so selten in der<lb/> Laune finde, der Vernunft Gehör zu geben. Seit einem halben Jahre habe»<lb/> wir uns nicht gesehen, ich habe mich so gefreut, dich wieder in meine Arme<lb/> schließen zu können, und die sechs Wochen des einsame» Aufenthalts hier habe<lb/> ich mir als eine Festzeit ausgemalt. Nun sind wir noch keine Woche wieder<lb/> zusammen, und schon bist du meiner überdrüssig.</p><lb/> <p xml:id="ID_1458"> Aber beste Mama, wenn ich nur ein Wort gesagt habe, was dich zu<lb/> diesem Vorwurf berechtige» könnte, so will ich mir die Zunge abbeißen. Du<lb/> übertreibst furchtbar. Ich habe nur meine Vorliebe für mein jetziges un-<lb/> gebuudnes Leben ausgesprochen. Und das lag doch wohl nahe genug angesichts<lb/> des Projekts einer gemachten Heirat. Denn gemacht im eigentlichen Sinne des<lb/> Wortes wäre doch diese Partie. Weder hat die Dame die geringste Neigung<lb/> für mich, noch ich für sie. Wir kennen uns garnicht, haben uns nicht mit<lb/> Angen gesehen. Daß ich da erschreckt bin, daß ich zandre, daß ich Bedenken<lb/> habe, ist doch wohl natürlich. Ich bitte dich, beste Mama, nicht diese finstre<lb/> Miene! Ich mag das nicht sehen. Komm, mach ein andres Gesicht. Dn<lb/> weißt, mit welcher Zärtlichkeit ich an dir hänge.</p><lb/> <p xml:id="ID_1459"> Er näherte sich mit diesen Worten der Mutter, strich ihr mit schmeichelnder<lb/> Hand die Stirn glatt und sah sie bittend an.</p><lb/> <p xml:id="ID_1460"> Sie lächelte, schüttelte den Kopf und sagte seufzend: Ein Kind bist dn,<lb/> Dietrich, ein Kind. Überlege, was ich dir gesagt habe, und teile mir deine<lb/> Meinung mit, wenn du in einer vernünftigen und ernsthaften Stimmung bist.<lb/> Ich habe noch einige Briefe zu schreiben und überlasse dich jetzt deinem Nach¬<lb/> denken.</p><lb/> <p xml:id="ID_1461"> Der junge Graf ging, als er allein war, unruhigen Schrittes hin und<lb/> her und seufzte mehrfach.</p><lb/> <p xml:id="ID_1462"> Was alles auf mich einstürmt! dachte er. Ich weiß kaum »och, was ich<lb/> zuerst anfange», was ich zuerst bedeuten soll! Diese gute Mutter! Sie ist<lb/> so besorgt um mich, sie will immer das beste, sie ist wie eine lebendige Vor¬<lb/> sehung, aber wahrhaftig, ich bin wie ihr Staatsgefangner, ich bin wie el»e<lb/> Drahtpuppe in ihrer Hand! Nun will sie mich verheiraten, und ich sehe es<lb/> schon voraus, mir hilft kein Gott. Wenn sie es sich in den Kopf gesetzt hat,<lb/> so wird sie es auch durchführen. Es ist ganz »uausstehlich! Und was sie<lb/> mir alles erzählt hat! Mein Vater! Das Vermögen! Großer Gott, mir<lb/> wirbelt der Kopf.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0391]
Die Grafen von Altonschwerdt.
Ein scharfer, bitterer Zug zeigte sich HIN die Lippen der Gräfin, und ihre
weißen Zähne wurden sichtbar, als sie verächtlich lächelte.
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Da sehe ich ganzdeinen Vater vor mir stehen, sagte sie, das ist dieselbe
Schwäche und derselbe ziellose Eigensinn, die ihn zu Grunde gerichtet haben.
Der Sohn antwortete nicht, drehte die Spitzen seines Schnnrrbartes und
blickte vor sich nieder.
Es thut mir leid, fuhr die Gräfin fort, daß ich dich so selten in der
Laune finde, der Vernunft Gehör zu geben. Seit einem halben Jahre habe»
wir uns nicht gesehen, ich habe mich so gefreut, dich wieder in meine Arme
schließen zu können, und die sechs Wochen des einsame» Aufenthalts hier habe
ich mir als eine Festzeit ausgemalt. Nun sind wir noch keine Woche wieder
zusammen, und schon bist du meiner überdrüssig.
Aber beste Mama, wenn ich nur ein Wort gesagt habe, was dich zu
diesem Vorwurf berechtige» könnte, so will ich mir die Zunge abbeißen. Du
übertreibst furchtbar. Ich habe nur meine Vorliebe für mein jetziges un-
gebuudnes Leben ausgesprochen. Und das lag doch wohl nahe genug angesichts
des Projekts einer gemachten Heirat. Denn gemacht im eigentlichen Sinne des
Wortes wäre doch diese Partie. Weder hat die Dame die geringste Neigung
für mich, noch ich für sie. Wir kennen uns garnicht, haben uns nicht mit
Angen gesehen. Daß ich da erschreckt bin, daß ich zandre, daß ich Bedenken
habe, ist doch wohl natürlich. Ich bitte dich, beste Mama, nicht diese finstre
Miene! Ich mag das nicht sehen. Komm, mach ein andres Gesicht. Dn
weißt, mit welcher Zärtlichkeit ich an dir hänge.
Er näherte sich mit diesen Worten der Mutter, strich ihr mit schmeichelnder
Hand die Stirn glatt und sah sie bittend an.
Sie lächelte, schüttelte den Kopf und sagte seufzend: Ein Kind bist dn,
Dietrich, ein Kind. Überlege, was ich dir gesagt habe, und teile mir deine
Meinung mit, wenn du in einer vernünftigen und ernsthaften Stimmung bist.
Ich habe noch einige Briefe zu schreiben und überlasse dich jetzt deinem Nach¬
denken.
Der junge Graf ging, als er allein war, unruhigen Schrittes hin und
her und seufzte mehrfach.
Was alles auf mich einstürmt! dachte er. Ich weiß kaum »och, was ich
zuerst anfange», was ich zuerst bedeuten soll! Diese gute Mutter! Sie ist
so besorgt um mich, sie will immer das beste, sie ist wie eine lebendige Vor¬
sehung, aber wahrhaftig, ich bin wie ihr Staatsgefangner, ich bin wie el»e
Drahtpuppe in ihrer Hand! Nun will sie mich verheiraten, und ich sehe es
schon voraus, mir hilft kein Gott. Wenn sie es sich in den Kopf gesetzt hat,
so wird sie es auch durchführen. Es ist ganz »uausstehlich! Und was sie
mir alles erzählt hat! Mein Vater! Das Vermögen! Großer Gott, mir
wirbelt der Kopf.
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