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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal.

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Da jeder Mensch konsumirt, so ist auch jeder el" Konsument, mithin auch
der Landwirt mit seinen Arbeitern, der Industrielle mit seinen Arbeitern, der
Gewerbsmann mit seineu Arbeitern, der Kaufmann mit seinem Personale, alle
Produzenten sind zugleich Konsumenten, Wenn sich nun der Produzent
zum Schaden des Konsumenten bereichert, so bereichert er sich doch faktisch zu
seinem eigne" Schaden, und wen" der Konsument zum Vorteil der Produ¬
zenten benachteiligt wird, so wird er faktisch zu seinem eignen Vorteile benach¬
teiligt.

Wenn wir vou Konsumenten sprechen, so müssen wir darunter unter
allen Umständen die große Masse der Produzenten verstehen. Die Re-
sultate der Berufsstatistik werden ergeben, daß man nicht von Konsumenten rede"
kann, ohne damit die Produzenten genannt zu haben. Auch der Soldat ist
Produzent, uicht nur insofern er irgend einem Gewerbe angehört, sondern anch
noch insofern er sein Leben zum Schutze des Vaterlandes und dessen Wohl¬
standes in die Schanze schlüge. So ist es doch wahrhaftig nicht, daß hier eine
Fraktion Konsumenten und dort eine Fraktion Produzenten sich feindlich gegen¬
überstünden. Konsumenten und Produzenten sind keine Gegensätze. Allerdings
sind ein kleiner Bruchteil der Bevölkerung scheinbar nur Konsumenten, die Be¬
amten, allein es wird einem vernünftigen Menschen ebensowenig einfallen, die
Beamtengehalte den durch ein Schutzzollsystem erhöhten Werten der Lebensbe¬
dürfnisse nicht anzupassen, als er daran denken kann, dieses kleinen Bruchteils
wegen ein Wirtschaftssystem, welches geeignet ist, die Nation wohlhabend und
reich zu machen, nicht einzuführen, und überdies sind die Beamten, wenn sie
Landwirtschaft, Industrie und Gewerbe hoch halten und nach Kräften fördern,
Produzenten in eminenten Sinne.

Nun sagt man aber, zu Gunsten einzelner würden die Konsumenten be¬
nachteiligt. Es ist in der That uicht abzusehen, wer diese einzelnen sind, wenn
man nicht die Fabrikdirektoren darunter verstehen will, denn die Gutsbesitzer,
Gewerbsmeister sind doch nicht einzelne, und Fabrikdirektoren erscheinen nur
deshalb einzelne, weil Deutschland leider wenig Fabriken hat. Aber wie steht
es denn mit der Bereicherung dieser einzelnen? Das kann man mit Sicher¬
heit annehmen, daß jede Aktiengesellschaft ihren Direktor so billig als möglich
zu bekommen sucht, und hat ein solcher einen relativ hohen Gehalt, so kann man
mit derselben Sicherheit annehmen, daß man einen billigeren eben nicht hat habe"
können.

Nun ist es aber doch ganz und gar unwesentlich, was der Besitzer oder
der Direktor eiuer Fabrik verdient oder verliert, ob er reich oder arm wird,
denn wenn er reich wird, so kann er doch immerhin nicht mehr verbrauchen als
ein Mensch oder eine Familie; aber die meisten werden nicht reich, sie werde"
höchstens wohlhabend, wenn sie sparsam sind, und im andern Falle werden sie
nicht einmal das, und wie viele Fabrikbesitzer sind schon arm geworden! Wesent-


Da jeder Mensch konsumirt, so ist auch jeder el» Konsument, mithin auch
der Landwirt mit seinen Arbeitern, der Industrielle mit seinen Arbeitern, der
Gewerbsmann mit seineu Arbeitern, der Kaufmann mit seinem Personale, alle
Produzenten sind zugleich Konsumenten, Wenn sich nun der Produzent
zum Schaden des Konsumenten bereichert, so bereichert er sich doch faktisch zu
seinem eigne» Schaden, und wen» der Konsument zum Vorteil der Produ¬
zenten benachteiligt wird, so wird er faktisch zu seinem eignen Vorteile benach¬
teiligt.

Wenn wir vou Konsumenten sprechen, so müssen wir darunter unter
allen Umständen die große Masse der Produzenten verstehen. Die Re-
sultate der Berufsstatistik werden ergeben, daß man nicht von Konsumenten rede»
kann, ohne damit die Produzenten genannt zu haben. Auch der Soldat ist
Produzent, uicht nur insofern er irgend einem Gewerbe angehört, sondern anch
noch insofern er sein Leben zum Schutze des Vaterlandes und dessen Wohl¬
standes in die Schanze schlüge. So ist es doch wahrhaftig nicht, daß hier eine
Fraktion Konsumenten und dort eine Fraktion Produzenten sich feindlich gegen¬
überstünden. Konsumenten und Produzenten sind keine Gegensätze. Allerdings
sind ein kleiner Bruchteil der Bevölkerung scheinbar nur Konsumenten, die Be¬
amten, allein es wird einem vernünftigen Menschen ebensowenig einfallen, die
Beamtengehalte den durch ein Schutzzollsystem erhöhten Werten der Lebensbe¬
dürfnisse nicht anzupassen, als er daran denken kann, dieses kleinen Bruchteils
wegen ein Wirtschaftssystem, welches geeignet ist, die Nation wohlhabend und
reich zu machen, nicht einzuführen, und überdies sind die Beamten, wenn sie
Landwirtschaft, Industrie und Gewerbe hoch halten und nach Kräften fördern,
Produzenten in eminenten Sinne.

Nun sagt man aber, zu Gunsten einzelner würden die Konsumenten be¬
nachteiligt. Es ist in der That uicht abzusehen, wer diese einzelnen sind, wenn
man nicht die Fabrikdirektoren darunter verstehen will, denn die Gutsbesitzer,
Gewerbsmeister sind doch nicht einzelne, und Fabrikdirektoren erscheinen nur
deshalb einzelne, weil Deutschland leider wenig Fabriken hat. Aber wie steht
es denn mit der Bereicherung dieser einzelnen? Das kann man mit Sicher¬
heit annehmen, daß jede Aktiengesellschaft ihren Direktor so billig als möglich
zu bekommen sucht, und hat ein solcher einen relativ hohen Gehalt, so kann man
mit derselben Sicherheit annehmen, daß man einen billigeren eben nicht hat habe»
können.

Nun ist es aber doch ganz und gar unwesentlich, was der Besitzer oder
der Direktor eiuer Fabrik verdient oder verliert, ob er reich oder arm wird,
denn wenn er reich wird, so kann er doch immerhin nicht mehr verbrauchen als
ein Mensch oder eine Familie; aber die meisten werden nicht reich, sie werde»
höchstens wohlhabend, wenn sie sparsam sind, und im andern Falle werden sie
nicht einmal das, und wie viele Fabrikbesitzer sind schon arm geworden! Wesent-


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[0351] Da jeder Mensch konsumirt, so ist auch jeder el» Konsument, mithin auch der Landwirt mit seinen Arbeitern, der Industrielle mit seinen Arbeitern, der Gewerbsmann mit seineu Arbeitern, der Kaufmann mit seinem Personale, alle Produzenten sind zugleich Konsumenten, Wenn sich nun der Produzent zum Schaden des Konsumenten bereichert, so bereichert er sich doch faktisch zu seinem eigne» Schaden, und wen» der Konsument zum Vorteil der Produ¬ zenten benachteiligt wird, so wird er faktisch zu seinem eignen Vorteile benach¬ teiligt. Wenn wir vou Konsumenten sprechen, so müssen wir darunter unter allen Umständen die große Masse der Produzenten verstehen. Die Re- sultate der Berufsstatistik werden ergeben, daß man nicht von Konsumenten rede» kann, ohne damit die Produzenten genannt zu haben. Auch der Soldat ist Produzent, uicht nur insofern er irgend einem Gewerbe angehört, sondern anch noch insofern er sein Leben zum Schutze des Vaterlandes und dessen Wohl¬ standes in die Schanze schlüge. So ist es doch wahrhaftig nicht, daß hier eine Fraktion Konsumenten und dort eine Fraktion Produzenten sich feindlich gegen¬ überstünden. Konsumenten und Produzenten sind keine Gegensätze. Allerdings sind ein kleiner Bruchteil der Bevölkerung scheinbar nur Konsumenten, die Be¬ amten, allein es wird einem vernünftigen Menschen ebensowenig einfallen, die Beamtengehalte den durch ein Schutzzollsystem erhöhten Werten der Lebensbe¬ dürfnisse nicht anzupassen, als er daran denken kann, dieses kleinen Bruchteils wegen ein Wirtschaftssystem, welches geeignet ist, die Nation wohlhabend und reich zu machen, nicht einzuführen, und überdies sind die Beamten, wenn sie Landwirtschaft, Industrie und Gewerbe hoch halten und nach Kräften fördern, Produzenten in eminenten Sinne. Nun sagt man aber, zu Gunsten einzelner würden die Konsumenten be¬ nachteiligt. Es ist in der That uicht abzusehen, wer diese einzelnen sind, wenn man nicht die Fabrikdirektoren darunter verstehen will, denn die Gutsbesitzer, Gewerbsmeister sind doch nicht einzelne, und Fabrikdirektoren erscheinen nur deshalb einzelne, weil Deutschland leider wenig Fabriken hat. Aber wie steht es denn mit der Bereicherung dieser einzelnen? Das kann man mit Sicher¬ heit annehmen, daß jede Aktiengesellschaft ihren Direktor so billig als möglich zu bekommen sucht, und hat ein solcher einen relativ hohen Gehalt, so kann man mit derselben Sicherheit annehmen, daß man einen billigeren eben nicht hat habe» können. Nun ist es aber doch ganz und gar unwesentlich, was der Besitzer oder der Direktor eiuer Fabrik verdient oder verliert, ob er reich oder arm wird, denn wenn er reich wird, so kann er doch immerhin nicht mehr verbrauchen als ein Mensch oder eine Familie; aber die meisten werden nicht reich, sie werde» höchstens wohlhabend, wenn sie sparsam sind, und im andern Falle werden sie nicht einmal das, und wie viele Fabrikbesitzer sind schon arm geworden! Wesent-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_151310/351>, abgerufen am 23.07.2024.