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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal.

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sein wird, worden wir ja seiner Zeit erfahren; einen großen Eindruck wird er
mit den ihm zur Verfügung gestellten Mitteln auf Westafrika nicht macheu,
aber wenn ihm nicht Hindernisse in den Weg gelegt werden oder gar ein Verbot
seiner Bestrebungen erfolgt, so kann sich aus demselben ein Verkehr mit Märkten
entwickeln, welcher den seefahrenden und handeltreibenden Nationen ziemlich
dankenswerte Vorteile gewährt. Stanley, der Reisende und Entdecker, wird
allerhand gegen ein Verfahren einzuwenden haben, das ihn eines Teils seines
Ruhmes zu berauben sucht. Es würde aber unerfreulich sein, wenn ans der
großen Wasserstraße im Innern Südafrikas, welche kühne Reisende der Welt
erschlossen oder enthüllt haben, Eifersüchteleien, Streitigkeiten und Zusammen¬
stöße ausbrechen sollten. Wir meinen, es sei dort Raum für viele unternehmungs¬
lustige Leute.

In einer andern Weltgegend, im Osten Afrikas, darf man wohl ein ent¬
schiedenes Vorgehen der Franzosen erwarten. Wir halten die Pariser Nachricht
des LtÄnäN'ä, daß die französische Negierung nur im äußersten Notfalle Schiffe
und Truppen in größerer Menge nach Madagaskar entsenden werde, für
nicht recht glaubwürdig. Mit andern Worten: wir bezweifeln, daß eine Expe¬
dition nach jener Insel nur in dem Falle abgehen werde, daß die Hovas den
Frankreich freundlich gesinnten Stamm der Sakalavcis angreifen lind vertreiben
sollten, in welchem Falle die Franzosen entweder die Angreifer durch ein Bom¬
bardement zurückwerfen oder die von ihnen gegenwärtig mit nur 18 Soldaten
besetzte Insel Rossi Bö räumen würden. Auch die Behauptung andrer eng¬
lischen Blätter, zwischen Frankreich und der Regierung in Antanarivv bereite
sich ein Abkommen vor, nach welchem letztere den Anspruch des erstem auf deu
Besitz gewisser Inseln und Küstenstriche, wo es bereits Fuß gefaßt hat, that¬
sächlich anerkennen werde, ist nach dem Verhalten der nmdagassischen Gesandten,
die in Paris und in London waren, schwerlich begründet. Richtiger scheint uns
die Meinung des v^it^ lölegraxli, welcher sagt: "Gegenwärtig wird zwar von
Madagaskar und dem französischen Protektorat über diese ungeheure Insel wenig
gesprochen, aber es ist höchst unwahrscheinlich, daß man den großen Plan auf¬
geben werde. Wird er ins Werk gesetzt, so wird eine seiner Folgen vermutlich
ein Wiederaufleben des Sklavenhandels zu Gunsten der französischen Insel
Rouillon sein; wenigstens erwarten das die dortigen Kolonisten. Die Sklaven¬
händler haben sich lange Zeit der Flagge Frankreichs bedient, und dieser Mi߬
brauch erschwert die Unterdrückung des abscheulichen Gewerbes. Ein britisches
Kriegsschiff nahm erst vor kurzem bei den Komoroinscln, nicht weit von Ma¬
dagaskar, mehrere Daus mit Sklaven weg, und sollte ein französisches Protek¬
torat zustande kommen, so werden unsre Kreuzer unter lästigeren Bedingungen
größere Wachsamkeit zu üben haben."

Tunis, die wichtigste der neuen Erwerbungen Frankreichs, wird demselben
in der nächsten Zeit jährlich ein gutes Stück Geld kosten. Die Regierung ver-


sein wird, worden wir ja seiner Zeit erfahren; einen großen Eindruck wird er
mit den ihm zur Verfügung gestellten Mitteln auf Westafrika nicht macheu,
aber wenn ihm nicht Hindernisse in den Weg gelegt werden oder gar ein Verbot
seiner Bestrebungen erfolgt, so kann sich aus demselben ein Verkehr mit Märkten
entwickeln, welcher den seefahrenden und handeltreibenden Nationen ziemlich
dankenswerte Vorteile gewährt. Stanley, der Reisende und Entdecker, wird
allerhand gegen ein Verfahren einzuwenden haben, das ihn eines Teils seines
Ruhmes zu berauben sucht. Es würde aber unerfreulich sein, wenn ans der
großen Wasserstraße im Innern Südafrikas, welche kühne Reisende der Welt
erschlossen oder enthüllt haben, Eifersüchteleien, Streitigkeiten und Zusammen¬
stöße ausbrechen sollten. Wir meinen, es sei dort Raum für viele unternehmungs¬
lustige Leute.

In einer andern Weltgegend, im Osten Afrikas, darf man wohl ein ent¬
schiedenes Vorgehen der Franzosen erwarten. Wir halten die Pariser Nachricht
des LtÄnäN'ä, daß die französische Negierung nur im äußersten Notfalle Schiffe
und Truppen in größerer Menge nach Madagaskar entsenden werde, für
nicht recht glaubwürdig. Mit andern Worten: wir bezweifeln, daß eine Expe¬
dition nach jener Insel nur in dem Falle abgehen werde, daß die Hovas den
Frankreich freundlich gesinnten Stamm der Sakalavcis angreifen lind vertreiben
sollten, in welchem Falle die Franzosen entweder die Angreifer durch ein Bom¬
bardement zurückwerfen oder die von ihnen gegenwärtig mit nur 18 Soldaten
besetzte Insel Rossi Bö räumen würden. Auch die Behauptung andrer eng¬
lischen Blätter, zwischen Frankreich und der Regierung in Antanarivv bereite
sich ein Abkommen vor, nach welchem letztere den Anspruch des erstem auf deu
Besitz gewisser Inseln und Küstenstriche, wo es bereits Fuß gefaßt hat, that¬
sächlich anerkennen werde, ist nach dem Verhalten der nmdagassischen Gesandten,
die in Paris und in London waren, schwerlich begründet. Richtiger scheint uns
die Meinung des v^it^ lölegraxli, welcher sagt: „Gegenwärtig wird zwar von
Madagaskar und dem französischen Protektorat über diese ungeheure Insel wenig
gesprochen, aber es ist höchst unwahrscheinlich, daß man den großen Plan auf¬
geben werde. Wird er ins Werk gesetzt, so wird eine seiner Folgen vermutlich
ein Wiederaufleben des Sklavenhandels zu Gunsten der französischen Insel
Rouillon sein; wenigstens erwarten das die dortigen Kolonisten. Die Sklaven¬
händler haben sich lange Zeit der Flagge Frankreichs bedient, und dieser Mi߬
brauch erschwert die Unterdrückung des abscheulichen Gewerbes. Ein britisches
Kriegsschiff nahm erst vor kurzem bei den Komoroinscln, nicht weit von Ma¬
dagaskar, mehrere Daus mit Sklaven weg, und sollte ein französisches Protek¬
torat zustande kommen, so werden unsre Kreuzer unter lästigeren Bedingungen
größere Wachsamkeit zu üben haben."

Tunis, die wichtigste der neuen Erwerbungen Frankreichs, wird demselben
in der nächsten Zeit jährlich ein gutes Stück Geld kosten. Die Regierung ver-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_151310/294>, abgerufen am 23.07.2024.