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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal.

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Der Ban dos Reichstagsgcbäudes.

el" ungemein glänzendes Talent entfaltet. Sie sind die einzigen unter den Ber¬
liner Architekten, die den Stil der deutschen Hochrenaissance in einer großen
Aufgabe, dem Prachtbau für die Vcrsichernngsgesellschaft "Germania" in Berlin,
>me bewunderungswürdigem Geschick durchgeführt und ans monumentale Wirkung
"ut entschiedenem Erfolg erprobt haben. Und gerade an diesen Stil denken
wir zuerst, wenn von einem deutscheu Reichstagsgebäude die Rede ist. Ebenso
h"ben Mylius und Bluntschli in Frankfurt an, Main durch öffentliche und
Pnvatgebände ihre eminente Befähigung für monumentale Aufgaben nachge¬
wiesen, und aus einer beträchtlichen Zahl von Konkurrenzen sind sie als Sieger
hervorgegangen.

Alle Garantien sind also vorhanden, um das Ergebnis einer engeren Kon¬
kurrenz zu einem besonders günstigen zu gestalten, während die beiden anderen
Eventualitäten, die wir ins Auge gefaßt haben, die Möglichkeit eines Mißerfolges
wvvlviren. Aber selbst wenn man, was wir nicht hoffen wollen, sich dennoch
für eine derselben entschiede, so wäre dieses Übel bei weitem leichter zu er¬
tragen, als wenn die Absicht, die hie und da vorhanden sein soll, nämlich die
ipnze Angelegenheit lmreankratisch zu erledigen, die Oberhand gewänne.

Diese vierte Eventualität wäre die allerschlimmste. Gerade am Königsplatz,
an dessen Ostseite sich das neue Reichstagsgebände erheben soll, steht das General¬
slabsgebäude als warnendes Beispiel der Dinge, die am grünen Tische verarbeitet
werden. Den Herren, welche ohne künstlerischen Beruf ihre Hand auf Ange¬
legenheiten legen wollen, die vollständig außerhalb ihrer Sphäre liegen, muß bei
Zeiten ein energisches Beto zugerufen werden. Es handelt sich hier nicht um
den Bau einer Eisenbahnbrücke oder eines Krankenhauses, die jeder beliebige Ano-
"sinus zustande bringen lau", ohne daß ein Hahn danach kräht, sondern um das
"monumentale Zeichen deutscher Einheit", mit welchem das Volk den Namen einer
scharf ausgeprägten künstlerischen Persönlichkeit verbunden wissen will, nicht den
irrationeller Begriff eines Baubureaus.

Es ist zu hoffen, daß die wichtige Angelegenheit nicht iibcrs Knie gebrochen
werde, um zu jedem Preise eine schnelle Erledigung herbeizuführen. Die höchsten
künstlerischen Interessen der Nation stehen hier auf dem Spiele. Denn der Archi-
tektur, welcher die Mission zugefallen ist, von allen Künsten am unmittelbarsten
und nachhaltigsten ans das Volk zu wirken, ist hier zum erstenmale seit langer
Zeit eine Aufgabe gestellt worden, die dem Genius gestattet, den kühnsten Flug
Zu nehmen.




Der Ban dos Reichstagsgcbäudes.

el» ungemein glänzendes Talent entfaltet. Sie sind die einzigen unter den Ber¬
liner Architekten, die den Stil der deutschen Hochrenaissance in einer großen
Aufgabe, dem Prachtbau für die Vcrsichernngsgesellschaft „Germania" in Berlin,
>me bewunderungswürdigem Geschick durchgeführt und ans monumentale Wirkung
»ut entschiedenem Erfolg erprobt haben. Und gerade an diesen Stil denken
wir zuerst, wenn von einem deutscheu Reichstagsgebäude die Rede ist. Ebenso
h"ben Mylius und Bluntschli in Frankfurt an, Main durch öffentliche und
Pnvatgebände ihre eminente Befähigung für monumentale Aufgaben nachge¬
wiesen, und aus einer beträchtlichen Zahl von Konkurrenzen sind sie als Sieger
hervorgegangen.

Alle Garantien sind also vorhanden, um das Ergebnis einer engeren Kon¬
kurrenz zu einem besonders günstigen zu gestalten, während die beiden anderen
Eventualitäten, die wir ins Auge gefaßt haben, die Möglichkeit eines Mißerfolges
wvvlviren. Aber selbst wenn man, was wir nicht hoffen wollen, sich dennoch
für eine derselben entschiede, so wäre dieses Übel bei weitem leichter zu er¬
tragen, als wenn die Absicht, die hie und da vorhanden sein soll, nämlich die
ipnze Angelegenheit lmreankratisch zu erledigen, die Oberhand gewänne.

Diese vierte Eventualität wäre die allerschlimmste. Gerade am Königsplatz,
an dessen Ostseite sich das neue Reichstagsgebände erheben soll, steht das General¬
slabsgebäude als warnendes Beispiel der Dinge, die am grünen Tische verarbeitet
werden. Den Herren, welche ohne künstlerischen Beruf ihre Hand auf Ange¬
legenheiten legen wollen, die vollständig außerhalb ihrer Sphäre liegen, muß bei
Zeiten ein energisches Beto zugerufen werden. Es handelt sich hier nicht um
den Bau einer Eisenbahnbrücke oder eines Krankenhauses, die jeder beliebige Ano-
»sinus zustande bringen lau», ohne daß ein Hahn danach kräht, sondern um das
„monumentale Zeichen deutscher Einheit", mit welchem das Volk den Namen einer
scharf ausgeprägten künstlerischen Persönlichkeit verbunden wissen will, nicht den
irrationeller Begriff eines Baubureaus.

Es ist zu hoffen, daß die wichtige Angelegenheit nicht iibcrs Knie gebrochen
werde, um zu jedem Preise eine schnelle Erledigung herbeizuführen. Die höchsten
künstlerischen Interessen der Nation stehen hier auf dem Spiele. Denn der Archi-
tektur, welcher die Mission zugefallen ist, von allen Künsten am unmittelbarsten
und nachhaltigsten ans das Volk zu wirken, ist hier zum erstenmale seit langer
Zeit eine Aufgabe gestellt worden, die dem Genius gestattet, den kühnsten Flug
Zu nehmen.




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[0099] Der Ban dos Reichstagsgcbäudes. el» ungemein glänzendes Talent entfaltet. Sie sind die einzigen unter den Ber¬ liner Architekten, die den Stil der deutschen Hochrenaissance in einer großen Aufgabe, dem Prachtbau für die Vcrsichernngsgesellschaft „Germania" in Berlin, >me bewunderungswürdigem Geschick durchgeführt und ans monumentale Wirkung »ut entschiedenem Erfolg erprobt haben. Und gerade an diesen Stil denken wir zuerst, wenn von einem deutscheu Reichstagsgebäude die Rede ist. Ebenso h"ben Mylius und Bluntschli in Frankfurt an, Main durch öffentliche und Pnvatgebände ihre eminente Befähigung für monumentale Aufgaben nachge¬ wiesen, und aus einer beträchtlichen Zahl von Konkurrenzen sind sie als Sieger hervorgegangen. Alle Garantien sind also vorhanden, um das Ergebnis einer engeren Kon¬ kurrenz zu einem besonders günstigen zu gestalten, während die beiden anderen Eventualitäten, die wir ins Auge gefaßt haben, die Möglichkeit eines Mißerfolges wvvlviren. Aber selbst wenn man, was wir nicht hoffen wollen, sich dennoch für eine derselben entschiede, so wäre dieses Übel bei weitem leichter zu er¬ tragen, als wenn die Absicht, die hie und da vorhanden sein soll, nämlich die ipnze Angelegenheit lmreankratisch zu erledigen, die Oberhand gewänne. Diese vierte Eventualität wäre die allerschlimmste. Gerade am Königsplatz, an dessen Ostseite sich das neue Reichstagsgebände erheben soll, steht das General¬ slabsgebäude als warnendes Beispiel der Dinge, die am grünen Tische verarbeitet werden. Den Herren, welche ohne künstlerischen Beruf ihre Hand auf Ange¬ legenheiten legen wollen, die vollständig außerhalb ihrer Sphäre liegen, muß bei Zeiten ein energisches Beto zugerufen werden. Es handelt sich hier nicht um den Bau einer Eisenbahnbrücke oder eines Krankenhauses, die jeder beliebige Ano- »sinus zustande bringen lau», ohne daß ein Hahn danach kräht, sondern um das „monumentale Zeichen deutscher Einheit", mit welchem das Volk den Namen einer scharf ausgeprägten künstlerischen Persönlichkeit verbunden wissen will, nicht den irrationeller Begriff eines Baubureaus. Es ist zu hoffen, daß die wichtige Angelegenheit nicht iibcrs Knie gebrochen werde, um zu jedem Preise eine schnelle Erledigung herbeizuführen. Die höchsten künstlerischen Interessen der Nation stehen hier auf dem Spiele. Denn der Archi- tektur, welcher die Mission zugefallen ist, von allen Künsten am unmittelbarsten und nachhaltigsten ans das Volk zu wirken, ist hier zum erstenmale seit langer Zeit eine Aufgabe gestellt worden, die dem Genius gestattet, den kühnsten Flug Zu nehmen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89804/99>, abgerufen am 01.07.2024.