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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal.

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Gambettris militärisches Programm und das deutsche Heer,

lang eine der Neservekriegsschulen (die wnffenweise getrennt AU errichten sind)
unterwirft sich dem Offiziersexamen und leistet vom 1. April bis Ende Sep¬
tember des zweiten Dienstjahres Dienst als Unteroffizier. Lauten dann seine
Zeugnisse betreffs der Dienstkenntniß günstig, so kann er dem Offizierkorps des
Regiments zur Wahl als Reserveoffizier vorgeschlagen werden; ist seine Dienst¬
kenntnis ungenügend, so wird ihm gestattet, noch ein volles drittes Jahr als
Unteroffizier Dienst zu leisten. Jeder andre Unteroffizier, welcher die nötige
allgemein-wissenschaftliche Ailduug durch eine Prüfung darlegt, kann die Neserve-
kricgsschule ebenfalls besuchen und unter gleichen Bedingungen das Bcfähigungs-
zeugniß als Reserveoffizier erwerben. Einberufungen zur Dienstleistung von
Reserve- und Landwehroffizieren, welche bei nachgewiesener Befähigung bis zum
Bataillonskomnlandeur avanciren können, erfolgen mindestens alle 2 Jahre auf
die Dauer vou 4--10 Wochen.

Durch diese Maßregeln würden wir Linien-, Reserve- und Lnndwchroffi-
zierlorps erhalten, welche ausreichend zahlreich sein und zugleich in militärischer
Ausbildung den Anforderungen heutiger Kriegführung entsprechen würden, nicht
minder ein gebildetes und intelligentes Untervffizicrkorps. Würd'e dann noch
den schon so oft laut gewordenen Wünschen nach vereinfachten Ausbildungsvor¬
schriften für die Infanterie Gehör gegeben, so würde es auch möglich sein, unser ^
deutsches Fußvolk mit zweijähriger Dienstzeit zu einem ebenso schneidigen Werk¬
zeug in der Hand der Heeresleitung zu erziehen, wie es die deutsche Infanterie
1870--71 gewesen ist.

Auf ungefähr 90 Mann bezifferten wir die alljährlich bei jeder Kompagnie
einzustellenden Rekruten. Im Kriegsfalle würden sich durch Einberufung der
Reserven die Kompagnien, Bataillone, Regimenter u. s. w. der Linienfnßtruppen
einfach verdoppeln. Wir erhielten dann eine Feldarmee, die an Zahl und Güte anch
der Anforderung genügen würde, zugleich um den West- und an den Ostgrenzen
Deutschlands einen erfolgreichen Verteidigungskrieg zu führen. Wir erhielten auch
einen unerschöpflichen Stamm an gut und durchweg gleichmäßig atisgebildeten
Landwehrmannschaften, könnten aber doch diese ältern, meist verheirateten Soldaten
mehr schonen, als dies unsre jetzige Organisation im Falle eines Krieges gegen
zwei verbündete Großmächte erlauben würde.

Mit Ausnahme der Winterbenrlaubungen im zweiten Dienstjahre könnten
alle im vorstehenden entwickelten Grundsätze auch auf die Feldartillcrie An¬
wendung finden. Anders steht es freilich mit Reiterei und der reitenden Ar¬
tillerie. Für diese scheint Beibehaltung der dreijährigen Dienstzeit durchaus
notwendig, doch könnte man den Mannschaften dieser Waffengattungen durch
Verkürzung der Landwehrdienstzeit um zwei Jahre eine Entschädigung gewähren.

Diese Änderungen würde" von den Feinden Deutschlands uicht so leicht
überboten werden können; sie würden uns auf lange Zeit hinaus den Frieden
sichern.


Gambettris militärisches Programm und das deutsche Heer,

lang eine der Neservekriegsschulen (die wnffenweise getrennt AU errichten sind)
unterwirft sich dem Offiziersexamen und leistet vom 1. April bis Ende Sep¬
tember des zweiten Dienstjahres Dienst als Unteroffizier. Lauten dann seine
Zeugnisse betreffs der Dienstkenntniß günstig, so kann er dem Offizierkorps des
Regiments zur Wahl als Reserveoffizier vorgeschlagen werden; ist seine Dienst¬
kenntnis ungenügend, so wird ihm gestattet, noch ein volles drittes Jahr als
Unteroffizier Dienst zu leisten. Jeder andre Unteroffizier, welcher die nötige
allgemein-wissenschaftliche Ailduug durch eine Prüfung darlegt, kann die Neserve-
kricgsschule ebenfalls besuchen und unter gleichen Bedingungen das Bcfähigungs-
zeugniß als Reserveoffizier erwerben. Einberufungen zur Dienstleistung von
Reserve- und Landwehroffizieren, welche bei nachgewiesener Befähigung bis zum
Bataillonskomnlandeur avanciren können, erfolgen mindestens alle 2 Jahre auf
die Dauer vou 4—10 Wochen.

Durch diese Maßregeln würden wir Linien-, Reserve- und Lnndwchroffi-
zierlorps erhalten, welche ausreichend zahlreich sein und zugleich in militärischer
Ausbildung den Anforderungen heutiger Kriegführung entsprechen würden, nicht
minder ein gebildetes und intelligentes Untervffizicrkorps. Würd'e dann noch
den schon so oft laut gewordenen Wünschen nach vereinfachten Ausbildungsvor¬
schriften für die Infanterie Gehör gegeben, so würde es auch möglich sein, unser ^
deutsches Fußvolk mit zweijähriger Dienstzeit zu einem ebenso schneidigen Werk¬
zeug in der Hand der Heeresleitung zu erziehen, wie es die deutsche Infanterie
1870—71 gewesen ist.

Auf ungefähr 90 Mann bezifferten wir die alljährlich bei jeder Kompagnie
einzustellenden Rekruten. Im Kriegsfalle würden sich durch Einberufung der
Reserven die Kompagnien, Bataillone, Regimenter u. s. w. der Linienfnßtruppen
einfach verdoppeln. Wir erhielten dann eine Feldarmee, die an Zahl und Güte anch
der Anforderung genügen würde, zugleich um den West- und an den Ostgrenzen
Deutschlands einen erfolgreichen Verteidigungskrieg zu führen. Wir erhielten auch
einen unerschöpflichen Stamm an gut und durchweg gleichmäßig atisgebildeten
Landwehrmannschaften, könnten aber doch diese ältern, meist verheirateten Soldaten
mehr schonen, als dies unsre jetzige Organisation im Falle eines Krieges gegen
zwei verbündete Großmächte erlauben würde.

Mit Ausnahme der Winterbenrlaubungen im zweiten Dienstjahre könnten
alle im vorstehenden entwickelten Grundsätze auch auf die Feldartillcrie An¬
wendung finden. Anders steht es freilich mit Reiterei und der reitenden Ar¬
tillerie. Für diese scheint Beibehaltung der dreijährigen Dienstzeit durchaus
notwendig, doch könnte man den Mannschaften dieser Waffengattungen durch
Verkürzung der Landwehrdienstzeit um zwei Jahre eine Entschädigung gewähren.

Diese Änderungen würde» von den Feinden Deutschlands uicht so leicht
überboten werden können; sie würden uns auf lange Zeit hinaus den Frieden
sichern.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89804/78>, abgerufen am 01.07.2024.