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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal.

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trnppen (Infanterie, Fnßcirtillcrie, Pioniere) die zweijährige Dienstzeit einzuführen,
und da unsre Geldmittel nicht einmal soweit reichen, um alle Wehrpflichtigen
zwei volle Jahre dienen zu lassen, so werden umfangreiche Beurlaubungen gut
ausgebildeter Mannschaften des zweiten Dienstjahres während der Wintermonate
eintreten müssen.

Diese zweijährige (für eine Anzahl Leute nur anderthalbjährige) Dienstzeit
wird ganz gewiß nicht geringere Geldmittel in Anspruch nehmen als unsre gegen¬
wärtige dreijährige; wir glauben vielmehr, daß sie noch etwas mehr kosten wird
als diese, denn wir halten es für nötig, daß einschließlich der Mindertauglichen
alljährlich mindestens 90 Rekruten (gegenwärtig nur 47) bei jeder Kompagnie
eingestellt werden. Dies würde eine wesentliche Vermehrung des Ausbildungs¬
personals erheischen, und diese wiederum würde eine bedeutende Erhöhung der
Gehalte nach sich ziehen.

Schon gegenwärtig fehlen uns viele Hunderte von Sekondelcutnants an
der bestimmungsmäßigen Zahl. Selbst in Preußen sind viele Lücken vorhanden;
noch mehr in den kleineren Kontingenten, namentlich in Sachsen und Württem¬
berg, die nicht in der glücklichen Lage sind, einen Militäradel zu besitzen, dessen
jahrhundertalte Ueberlieferung die Söhne ins Heer führt. Woran liegt der
Offiziersmangel? Wahrhaftig nicht daran, daß es unsrer Jugend an Lust zum
militärischen Berufe gebricht. Er liegt vielmehr daran, daß die Eltern ihre Söhne
mit allen Mitteln der Beredsamkeit von dem Eintritt in den kostspieligen Stand
abhalten. In jedem andern Berufe hat ein junger Mann mit 28--30 Jahren
einen so hohen Gehalt, daß er den Eltern nicht mehr zur Last zu fallen braucht.
Der Offizier bedarf bis zu seinem 33. oder selbst 35. Jahre bei langsamen
Friedcnsavancements der Zuschüsse. Wollen wir zahlreichere Offizierkorps haben,
müßten für einige Chargen die Gehalte bedeutend erhöht werden. Die Gehalte
der Sekondeleutuants ebenso wie die der Staatsoffiziere und Generale sind
ausreichend, keineswegs aber die der Premierlentnants und jüngeren Hauptleute.
Man gebe allen Hauptleuten das Gehalt erster Klasse und den Premierleutnants
den jetzigen Hauptmaunsgehalt zweiter Klasse. Den Offizierkorps wird ein ge¬
eigneter Nachwuchs nicht fehlen, wenn für jede Kompagnie vier zum praktischen
Dienst wirklich verwendbare Subalteruoffizierc gefordert werden.

In ähnlichem Verhältniß müßten die Gehalte der älteren Unteroffiziere, der
Feldwebel und Sergeanten erhöht werden, um wirklich gebildete und intelligente
Elemente zu gewinnen. Man kann fordern, daß nur solche zur Bewerbung um
ein höheres Staatsamt zugelassen werden, welche das Befähigungszeugniß zum
Reserveoffizier besitzen; für den niederen Staatsdienst aber müßte jeder Bewerber
mindestens ein Jahr lang als Unteroffizier gedient haben.

Die Ausbildung der Reserveoffiziere denken wir uns in folgender Weise.
Jeder Abiturient wird nach beendeten ersten Dienstjahre, wenn er sich dazu
eignet, zum Unteroffizier ernannt, besucht während des Winters sechs Monate


trnppen (Infanterie, Fnßcirtillcrie, Pioniere) die zweijährige Dienstzeit einzuführen,
und da unsre Geldmittel nicht einmal soweit reichen, um alle Wehrpflichtigen
zwei volle Jahre dienen zu lassen, so werden umfangreiche Beurlaubungen gut
ausgebildeter Mannschaften des zweiten Dienstjahres während der Wintermonate
eintreten müssen.

Diese zweijährige (für eine Anzahl Leute nur anderthalbjährige) Dienstzeit
wird ganz gewiß nicht geringere Geldmittel in Anspruch nehmen als unsre gegen¬
wärtige dreijährige; wir glauben vielmehr, daß sie noch etwas mehr kosten wird
als diese, denn wir halten es für nötig, daß einschließlich der Mindertauglichen
alljährlich mindestens 90 Rekruten (gegenwärtig nur 47) bei jeder Kompagnie
eingestellt werden. Dies würde eine wesentliche Vermehrung des Ausbildungs¬
personals erheischen, und diese wiederum würde eine bedeutende Erhöhung der
Gehalte nach sich ziehen.

Schon gegenwärtig fehlen uns viele Hunderte von Sekondelcutnants an
der bestimmungsmäßigen Zahl. Selbst in Preußen sind viele Lücken vorhanden;
noch mehr in den kleineren Kontingenten, namentlich in Sachsen und Württem¬
berg, die nicht in der glücklichen Lage sind, einen Militäradel zu besitzen, dessen
jahrhundertalte Ueberlieferung die Söhne ins Heer führt. Woran liegt der
Offiziersmangel? Wahrhaftig nicht daran, daß es unsrer Jugend an Lust zum
militärischen Berufe gebricht. Er liegt vielmehr daran, daß die Eltern ihre Söhne
mit allen Mitteln der Beredsamkeit von dem Eintritt in den kostspieligen Stand
abhalten. In jedem andern Berufe hat ein junger Mann mit 28—30 Jahren
einen so hohen Gehalt, daß er den Eltern nicht mehr zur Last zu fallen braucht.
Der Offizier bedarf bis zu seinem 33. oder selbst 35. Jahre bei langsamen
Friedcnsavancements der Zuschüsse. Wollen wir zahlreichere Offizierkorps haben,
müßten für einige Chargen die Gehalte bedeutend erhöht werden. Die Gehalte
der Sekondeleutuants ebenso wie die der Staatsoffiziere und Generale sind
ausreichend, keineswegs aber die der Premierlentnants und jüngeren Hauptleute.
Man gebe allen Hauptleuten das Gehalt erster Klasse und den Premierleutnants
den jetzigen Hauptmaunsgehalt zweiter Klasse. Den Offizierkorps wird ein ge¬
eigneter Nachwuchs nicht fehlen, wenn für jede Kompagnie vier zum praktischen
Dienst wirklich verwendbare Subalteruoffizierc gefordert werden.

In ähnlichem Verhältniß müßten die Gehalte der älteren Unteroffiziere, der
Feldwebel und Sergeanten erhöht werden, um wirklich gebildete und intelligente
Elemente zu gewinnen. Man kann fordern, daß nur solche zur Bewerbung um
ein höheres Staatsamt zugelassen werden, welche das Befähigungszeugniß zum
Reserveoffizier besitzen; für den niederen Staatsdienst aber müßte jeder Bewerber
mindestens ein Jahr lang als Unteroffizier gedient haben.

Die Ausbildung der Reserveoffiziere denken wir uns in folgender Weise.
Jeder Abiturient wird nach beendeten ersten Dienstjahre, wenn er sich dazu
eignet, zum Unteroffizier ernannt, besucht während des Winters sechs Monate


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89804/77>, abgerufen am 01.07.2024.