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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal.

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Haben wir oben darauf hingewiesen, daß eine der deutschen Akademien
fördernd eingreifen könne, so halten wir an dieser Stelle dafür, daß das Reich
selbst eine Goethcausgabe unterstützen sollte. Und wie die von Suphan besorgte
Aufgabe der Werke Herders erst durch die Munifizenz des preußischen Kultus¬
ministeriums ermöglicht worden ist, so würde auch gewiß einer Goethcausgabe
die thätige Beihilfe der Reichsregierung nicht abgehen.

Sind diese beiden Vorarbeiten, ein Verzeichnis der Briefe und eine kritische
Ausgabe der Werke erst durchgeführt, dann wird auch die Zeit kommen, an ein
Leben Goethes zu gehen. Es wird die schwerste aller Aufgaben sein, denn das
Quellenmaterial, das zu verwerten ist, ist ein ungeheures. Die feinsten Fragen
sind zu lösen, der Bearbeiter muß die Technik des historischen Handwerks bis
ans den Grund verstehen, er hat sich aber stets den großen, vorurteilsfreien
Blick zu wahren, der sich auf das Gciuze richtet und nicht in Kleinigkeitskrämerei
und Anckdotensucht aufgeht. Er muß selbst etwas vom Dichter in sich spüren,
wenn er dem Dichter gerecht werden will. Wenn je eine große Aufgabe der
Zukunft gestellt wird, so ist es ein Leben Goethes. Wir, die voller Zuversicht,
in dem Glauben an die unversiegbare geistige Lebenskraft, welche in unserem
Volke liegt, des Kommenden harren, wir sind auch überzeugt, daß einst ein solches
mouuinouwin s.Li-6 porvunins dem größten Dichter, den Deutschland je gesehen,
errichtet werden wird.

Uns aber ist Goethe nicht gestorben, sondern nur entrückt. Und wie wir
am heutigen Tage dankbaren Herzens des uralten Kaisertraumes herrliche Ge¬
währung begehen, so gedenken wir mich des Lichtes, das uns durch Goethe ge¬
kommen, und das seine wärmenden Strahlen fort und fort in das deutsche Herz
ergießen wird.




Die Provinz Posen und die Wiener Verträge.

le uns ans guter Quelle berichtet wird, hat die polnische Fraktion
des preußischen Abgeordnetenhauses die Absicht gehabt, einen
"Generalantrag" wegen Gewährung der den Polen im Posen-
schen angeblich durch die Wiener Verträge verbürgten Rechte ein¬
zubringen, die Ausführung des Planes aber vertagt, obwohl die
Ultramontanen von der Richtung Windthorsts sich der Sache günstig gezeigt
hatten. Wenn dieselbe wieder aufs Tapet gebracht wird, so werden wir ver¬
mutlich das alte Lied in neuer Variation zu hören bekommen, vielleicht auch
nur ein Stück von dieser oft widerlegten, aber von Zeit zu Zeit wieder laut


Haben wir oben darauf hingewiesen, daß eine der deutschen Akademien
fördernd eingreifen könne, so halten wir an dieser Stelle dafür, daß das Reich
selbst eine Goethcausgabe unterstützen sollte. Und wie die von Suphan besorgte
Aufgabe der Werke Herders erst durch die Munifizenz des preußischen Kultus¬
ministeriums ermöglicht worden ist, so würde auch gewiß einer Goethcausgabe
die thätige Beihilfe der Reichsregierung nicht abgehen.

Sind diese beiden Vorarbeiten, ein Verzeichnis der Briefe und eine kritische
Ausgabe der Werke erst durchgeführt, dann wird auch die Zeit kommen, an ein
Leben Goethes zu gehen. Es wird die schwerste aller Aufgaben sein, denn das
Quellenmaterial, das zu verwerten ist, ist ein ungeheures. Die feinsten Fragen
sind zu lösen, der Bearbeiter muß die Technik des historischen Handwerks bis
ans den Grund verstehen, er hat sich aber stets den großen, vorurteilsfreien
Blick zu wahren, der sich auf das Gciuze richtet und nicht in Kleinigkeitskrämerei
und Anckdotensucht aufgeht. Er muß selbst etwas vom Dichter in sich spüren,
wenn er dem Dichter gerecht werden will. Wenn je eine große Aufgabe der
Zukunft gestellt wird, so ist es ein Leben Goethes. Wir, die voller Zuversicht,
in dem Glauben an die unversiegbare geistige Lebenskraft, welche in unserem
Volke liegt, des Kommenden harren, wir sind auch überzeugt, daß einst ein solches
mouuinouwin s.Li-6 porvunins dem größten Dichter, den Deutschland je gesehen,
errichtet werden wird.

Uns aber ist Goethe nicht gestorben, sondern nur entrückt. Und wie wir
am heutigen Tage dankbaren Herzens des uralten Kaisertraumes herrliche Ge¬
währung begehen, so gedenken wir mich des Lichtes, das uns durch Goethe ge¬
kommen, und das seine wärmenden Strahlen fort und fort in das deutsche Herz
ergießen wird.




Die Provinz Posen und die Wiener Verträge.

le uns ans guter Quelle berichtet wird, hat die polnische Fraktion
des preußischen Abgeordnetenhauses die Absicht gehabt, einen
„Generalantrag" wegen Gewährung der den Polen im Posen-
schen angeblich durch die Wiener Verträge verbürgten Rechte ein¬
zubringen, die Ausführung des Planes aber vertagt, obwohl die
Ultramontanen von der Richtung Windthorsts sich der Sache günstig gezeigt
hatten. Wenn dieselbe wieder aufs Tapet gebracht wird, so werden wir ver¬
mutlich das alte Lied in neuer Variation zu hören bekommen, vielleicht auch
nur ein Stück von dieser oft widerlegten, aber von Zeit zu Zeit wieder laut


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[0644] Haben wir oben darauf hingewiesen, daß eine der deutschen Akademien fördernd eingreifen könne, so halten wir an dieser Stelle dafür, daß das Reich selbst eine Goethcausgabe unterstützen sollte. Und wie die von Suphan besorgte Aufgabe der Werke Herders erst durch die Munifizenz des preußischen Kultus¬ ministeriums ermöglicht worden ist, so würde auch gewiß einer Goethcausgabe die thätige Beihilfe der Reichsregierung nicht abgehen. Sind diese beiden Vorarbeiten, ein Verzeichnis der Briefe und eine kritische Ausgabe der Werke erst durchgeführt, dann wird auch die Zeit kommen, an ein Leben Goethes zu gehen. Es wird die schwerste aller Aufgaben sein, denn das Quellenmaterial, das zu verwerten ist, ist ein ungeheures. Die feinsten Fragen sind zu lösen, der Bearbeiter muß die Technik des historischen Handwerks bis ans den Grund verstehen, er hat sich aber stets den großen, vorurteilsfreien Blick zu wahren, der sich auf das Gciuze richtet und nicht in Kleinigkeitskrämerei und Anckdotensucht aufgeht. Er muß selbst etwas vom Dichter in sich spüren, wenn er dem Dichter gerecht werden will. Wenn je eine große Aufgabe der Zukunft gestellt wird, so ist es ein Leben Goethes. Wir, die voller Zuversicht, in dem Glauben an die unversiegbare geistige Lebenskraft, welche in unserem Volke liegt, des Kommenden harren, wir sind auch überzeugt, daß einst ein solches mouuinouwin s.Li-6 porvunins dem größten Dichter, den Deutschland je gesehen, errichtet werden wird. Uns aber ist Goethe nicht gestorben, sondern nur entrückt. Und wie wir am heutigen Tage dankbaren Herzens des uralten Kaisertraumes herrliche Ge¬ währung begehen, so gedenken wir mich des Lichtes, das uns durch Goethe ge¬ kommen, und das seine wärmenden Strahlen fort und fort in das deutsche Herz ergießen wird. Die Provinz Posen und die Wiener Verträge. le uns ans guter Quelle berichtet wird, hat die polnische Fraktion des preußischen Abgeordnetenhauses die Absicht gehabt, einen „Generalantrag" wegen Gewährung der den Polen im Posen- schen angeblich durch die Wiener Verträge verbürgten Rechte ein¬ zubringen, die Ausführung des Planes aber vertagt, obwohl die Ultramontanen von der Richtung Windthorsts sich der Sache günstig gezeigt hatten. Wenn dieselbe wieder aufs Tapet gebracht wird, so werden wir ver¬ mutlich das alte Lied in neuer Variation zu hören bekommen, vielleicht auch nur ein Stück von dieser oft widerlegten, aber von Zeit zu Zeit wieder laut

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89804/644>, abgerufen am 26.06.2024.