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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal.

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Der Abschluß des Gonercilstabswcrkes.

sie wurde nach dem Kampfe unter einem Haufen deutscher Leichen von den
Franzosen gefunden, aber diese Kühnheit "zwang dem General Garibaldi die
Ansicht auf, daß ein bedeutender Teil der deutschen Südnrmee ihm gegenüber¬
stehe und daß er sich auf eine vorsichtige Verteidigung seiner Stellung beschränken
müsse, Sie hatte den Erfolg, daß ein ganzer französischer Heeresteil dort ge¬
bannt und dem General von Manteuffel die Freiheit seiner Bewegung gegen
Störung von jener Seite her gewahrt blieb,"

Als Bonrbaki in einem Kriegsrat am 24, Januar seinen Generalen die eruste
Lage seines Heeres auseinandersetzte, äußerten sich diese dahin, daß ihre Truppe"
auf die Hälfte reduzirt seien und bei einem Zusammenstoß mit dem Feinde
fliehen würden, anstatt zu fechten. Als er, um sich Luft zu schaffen, dem Ge¬
neral Bressvlles direkt befahl, Baume les Dames wiederzugewinnen, wartete
dieser auf die allerdings zugesagte Unterstützung, seine Unterführer warnten ein¬
stimmig vor einem Angrisfsversuch, welcher unfehlbar zur Auflösung der Truppen
führen müsse. Die Unterstützung blieb aus, und keinerlei Angriff erfolgte. Unter
solchen Verhältnissen konnte auch General Cliuchaut nichts mehr ändern. Beim
Vormarsch des siebenten Armeekorps auf Pontarlicr am 29. Januar fielen dem
Major von Brederlow, welcher von der Avantgarde mit 1 Bataillon Infanterie
und 1 Zug Husaren gegen das Dorf Sombcicvurt detachirt worden war, unter
Verlust von 2 Toten und 5 Verwundeten, 50 französische Offiziere (darunter
zwei Generale), 2700 Mann, 10 Geschütze, 7 Mitrailleusen, 48 Fahrzeuge,
319 Pferde und 3500 Gewehre in die Hände. Zu diesen trostlosen Zuständen
bei der französischen Armee kam noch, daß sie ihre Bewegungen am 29. Januar
einstellen zu müssen glaubte, weil das Kriegsministerium in der amtlichen Mit¬
teilung des am 28. Januar abgeschlossenen Waffenstillstandes an den General
Clinchant die Bestimmung nicht erwähnt hatte, daß er und seine Armee davon
ausgeschlossen sei! Nur als den Franzosen selbst der Übertritt auf Schweizer Gebiet
streitig gemacht wurde, hielten sie noch einmal -- allerdings in einer vorzüglichen
Stellung bei La Cluse -- Stand und fügten unsern unaufhaltsam vorstürmende"
Truppen noch empfindliche, unter den obwaltenden Umständen besonders beklagens¬
werte Verluste zu. 80 000 Mann legten darauf in der Schweiz die Waffen nieder,

General von Manteuffel aber ruhte jetzt keineswegs. Es wurde zur Ab¬
rechnung mit Dijon geschritten, der sich freilich die tapfern Garibaldianer nach
wiederholten Unterhandlungsversuchen des Herrn Bordone lebhaft entzogen. Die
Departements Jura und Code d'Or wurde" besetzt, und Belfort mußte fallen.
Hier waren die Belagernngstrnppe" auf 17 602 Mann Infanterie, 707 Pferde
und 34 Feldgeschütze gebracht worden. 1166 Festungspivuierc bauten die Parallele",
und 4699 Festnngsartillersten bedienten nach und nach gegen 200 FestnngSge-
schütze. Verteidigt wurde der Platz durch Oberst Deufert-Rochcreau, und seiner
heldenmütigen Zähigkeit haben es die Franzose" zu danken, daß die große Kricgs-
schilderung mit einer für sie rühmlichen Episode endet. Denn wenn auch nach


Der Abschluß des Gonercilstabswcrkes.

sie wurde nach dem Kampfe unter einem Haufen deutscher Leichen von den
Franzosen gefunden, aber diese Kühnheit „zwang dem General Garibaldi die
Ansicht auf, daß ein bedeutender Teil der deutschen Südnrmee ihm gegenüber¬
stehe und daß er sich auf eine vorsichtige Verteidigung seiner Stellung beschränken
müsse, Sie hatte den Erfolg, daß ein ganzer französischer Heeresteil dort ge¬
bannt und dem General von Manteuffel die Freiheit seiner Bewegung gegen
Störung von jener Seite her gewahrt blieb,"

Als Bonrbaki in einem Kriegsrat am 24, Januar seinen Generalen die eruste
Lage seines Heeres auseinandersetzte, äußerten sich diese dahin, daß ihre Truppe»
auf die Hälfte reduzirt seien und bei einem Zusammenstoß mit dem Feinde
fliehen würden, anstatt zu fechten. Als er, um sich Luft zu schaffen, dem Ge¬
neral Bressvlles direkt befahl, Baume les Dames wiederzugewinnen, wartete
dieser auf die allerdings zugesagte Unterstützung, seine Unterführer warnten ein¬
stimmig vor einem Angrisfsversuch, welcher unfehlbar zur Auflösung der Truppen
führen müsse. Die Unterstützung blieb aus, und keinerlei Angriff erfolgte. Unter
solchen Verhältnissen konnte auch General Cliuchaut nichts mehr ändern. Beim
Vormarsch des siebenten Armeekorps auf Pontarlicr am 29. Januar fielen dem
Major von Brederlow, welcher von der Avantgarde mit 1 Bataillon Infanterie
und 1 Zug Husaren gegen das Dorf Sombcicvurt detachirt worden war, unter
Verlust von 2 Toten und 5 Verwundeten, 50 französische Offiziere (darunter
zwei Generale), 2700 Mann, 10 Geschütze, 7 Mitrailleusen, 48 Fahrzeuge,
319 Pferde und 3500 Gewehre in die Hände. Zu diesen trostlosen Zuständen
bei der französischen Armee kam noch, daß sie ihre Bewegungen am 29. Januar
einstellen zu müssen glaubte, weil das Kriegsministerium in der amtlichen Mit¬
teilung des am 28. Januar abgeschlossenen Waffenstillstandes an den General
Clinchant die Bestimmung nicht erwähnt hatte, daß er und seine Armee davon
ausgeschlossen sei! Nur als den Franzosen selbst der Übertritt auf Schweizer Gebiet
streitig gemacht wurde, hielten sie noch einmal — allerdings in einer vorzüglichen
Stellung bei La Cluse — Stand und fügten unsern unaufhaltsam vorstürmende»
Truppen noch empfindliche, unter den obwaltenden Umständen besonders beklagens¬
werte Verluste zu. 80 000 Mann legten darauf in der Schweiz die Waffen nieder,

General von Manteuffel aber ruhte jetzt keineswegs. Es wurde zur Ab¬
rechnung mit Dijon geschritten, der sich freilich die tapfern Garibaldianer nach
wiederholten Unterhandlungsversuchen des Herrn Bordone lebhaft entzogen. Die
Departements Jura und Code d'Or wurde» besetzt, und Belfort mußte fallen.
Hier waren die Belagernngstrnppe» auf 17 602 Mann Infanterie, 707 Pferde
und 34 Feldgeschütze gebracht worden. 1166 Festungspivuierc bauten die Parallele»,
und 4699 Festnngsartillersten bedienten nach und nach gegen 200 FestnngSge-
schütze. Verteidigt wurde der Platz durch Oberst Deufert-Rochcreau, und seiner
heldenmütigen Zähigkeit haben es die Franzose» zu danken, daß die große Kricgs-
schilderung mit einer für sie rühmlichen Episode endet. Denn wenn auch nach


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[0604] Der Abschluß des Gonercilstabswcrkes. sie wurde nach dem Kampfe unter einem Haufen deutscher Leichen von den Franzosen gefunden, aber diese Kühnheit „zwang dem General Garibaldi die Ansicht auf, daß ein bedeutender Teil der deutschen Südnrmee ihm gegenüber¬ stehe und daß er sich auf eine vorsichtige Verteidigung seiner Stellung beschränken müsse, Sie hatte den Erfolg, daß ein ganzer französischer Heeresteil dort ge¬ bannt und dem General von Manteuffel die Freiheit seiner Bewegung gegen Störung von jener Seite her gewahrt blieb," Als Bonrbaki in einem Kriegsrat am 24, Januar seinen Generalen die eruste Lage seines Heeres auseinandersetzte, äußerten sich diese dahin, daß ihre Truppe» auf die Hälfte reduzirt seien und bei einem Zusammenstoß mit dem Feinde fliehen würden, anstatt zu fechten. Als er, um sich Luft zu schaffen, dem Ge¬ neral Bressvlles direkt befahl, Baume les Dames wiederzugewinnen, wartete dieser auf die allerdings zugesagte Unterstützung, seine Unterführer warnten ein¬ stimmig vor einem Angrisfsversuch, welcher unfehlbar zur Auflösung der Truppen führen müsse. Die Unterstützung blieb aus, und keinerlei Angriff erfolgte. Unter solchen Verhältnissen konnte auch General Cliuchaut nichts mehr ändern. Beim Vormarsch des siebenten Armeekorps auf Pontarlicr am 29. Januar fielen dem Major von Brederlow, welcher von der Avantgarde mit 1 Bataillon Infanterie und 1 Zug Husaren gegen das Dorf Sombcicvurt detachirt worden war, unter Verlust von 2 Toten und 5 Verwundeten, 50 französische Offiziere (darunter zwei Generale), 2700 Mann, 10 Geschütze, 7 Mitrailleusen, 48 Fahrzeuge, 319 Pferde und 3500 Gewehre in die Hände. Zu diesen trostlosen Zuständen bei der französischen Armee kam noch, daß sie ihre Bewegungen am 29. Januar einstellen zu müssen glaubte, weil das Kriegsministerium in der amtlichen Mit¬ teilung des am 28. Januar abgeschlossenen Waffenstillstandes an den General Clinchant die Bestimmung nicht erwähnt hatte, daß er und seine Armee davon ausgeschlossen sei! Nur als den Franzosen selbst der Übertritt auf Schweizer Gebiet streitig gemacht wurde, hielten sie noch einmal — allerdings in einer vorzüglichen Stellung bei La Cluse — Stand und fügten unsern unaufhaltsam vorstürmende» Truppen noch empfindliche, unter den obwaltenden Umständen besonders beklagens¬ werte Verluste zu. 80 000 Mann legten darauf in der Schweiz die Waffen nieder, General von Manteuffel aber ruhte jetzt keineswegs. Es wurde zur Ab¬ rechnung mit Dijon geschritten, der sich freilich die tapfern Garibaldianer nach wiederholten Unterhandlungsversuchen des Herrn Bordone lebhaft entzogen. Die Departements Jura und Code d'Or wurde» besetzt, und Belfort mußte fallen. Hier waren die Belagernngstrnppe» auf 17 602 Mann Infanterie, 707 Pferde und 34 Feldgeschütze gebracht worden. 1166 Festungspivuierc bauten die Parallele», und 4699 Festnngsartillersten bedienten nach und nach gegen 200 FestnngSge- schütze. Verteidigt wurde der Platz durch Oberst Deufert-Rochcreau, und seiner heldenmütigen Zähigkeit haben es die Franzose» zu danken, daß die große Kricgs- schilderung mit einer für sie rühmlichen Episode endet. Denn wenn auch nach

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89804/604>, abgerufen am 26.06.2024.