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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal.

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Der Abschluß des Generalstabswerkos,

auf Belfort, sodaß Werber Zeit fand, sich nach kühnem, unbehelligten Flankeu-
mnrsch vor der Front seines Gegners zwischen diesem und der Festung an der
Lisaine aufzustellen. Hier verteidigte er sich von Montbvliard bis Frahier in
einer Ausdehnung von 2^ Meilen gegen einen mehr als dreifach überlegenen
Feind drei Tage lang (15.--17. Januar) bei strenger Kälte, mangelnder Ver¬
pflegung und sehr erschwerten Muuitionsersatz. Durch die Umsicht und Aus¬
dauer des Geuernls von Werber war Bourbaki schließlich genötigt, mit seinen
ermatteten und erfrorenen Truppen den Rückzug anzutreten. Jede Gefahr für
die Belagerung von Belfort und für die rückwärtigen Verbindungen der deut¬
schen Armeen war somit beseitigt, und die spätere Katastrophe des Bourbakischcu
Heeres war dadurch vorbereitet.

Die Ereignisse vor der feindlichen Hauptstadt waren bis zum Ende des
Jahres 1870 im fünfzehnten Hefte geschildert. Hier reiht sich um die Eröff¬
nung des artilleristischen Angriffs auf die Südfront von Paris an, wo selbst
die diesseitigen Hanptstellnngen täglich von den schweren Geschossen des Gegners
erreicht wurden. , Nur mit der gleichen Waffe konnte den Belagerten begegnet
werden. Es wurden daher 17 Batterien gegen die Forts Jssy und Vauvcs
armirt, welche am 4. Januar aus 150 Geschützen das Bombardement eröffneten
und sehr bald eine solche Überlegenheit erlangten, daß die Einschließungstruppen
auf der ganzen Südfront von dein vernichtenden Feuer des Feindes befreit
waren. Nachdem auch im Osten des ungeheuren Platzes die dortigen 76 Be¬
lagerungsgeschütze über die sehr viel zahlreichere Artillerie des Gegners die
Oberhand gewonnen hatten, und als sich in der Stadt der Mangel an Lebens¬
mitteln und Heizungsmatcrialien immer fühlbarer machte, wurde dort am 15. Ja¬
nuar der Entschluß gefaßt, als letztes Rettungsmittel einen Massenausfall gegen
die deutschen Linien bei Montretout, Garches und Buzanvcil zu unternehmen,
welcher am 19. Januar zu der Schlacht am Mont Valvrien führte. "Während
dieser Bedrängnis in Paris wurde im Schlosse zu Versailles an dein für Preußen
erinnerungsreichen 18. Januar die Einheit der deutschen Nation unter Kaiser
Wilhelm feierlich verkündet."

Auf die Kaiserproklamation folgt die Schilderung des letzten Ausfalls der
Franzosen, den sie mit 90 000 Mann unternahmen. Das fünfte Armeekorps
(General von Kirchbach), welches infolge dichten Nebels darauf nicht vorbereitet
sein konnte, hatte trotzdem gegen ein Uhr 36 Geschütze in Thätigkeit, sodaß es
ihm mit nur geringer seitlicher Unterstützung gelang, seine Stellungen gegen
einen viermal so starken Feind zu behaupten. Nach diesem Erfolge wurde am
21. Januar endlich noch der artilleristische Angriff gegen die Nordfront von
Paris aus 52 schweren Geschützen eröffnet und am 23. und 24. Januar durch
81 Geschütze fortgesetzt. Das Vorterrain wurde von den Franzosen geräumt.
Die Unsrigen schoben sich bis auf 1200 Meter an die feindlichen Hauptwerke
von Se. Denis heran und richteten durch eine sechstägige Beschießung eine solche


Ärmzbvten 1. 18LL, 75
Der Abschluß des Generalstabswerkos,

auf Belfort, sodaß Werber Zeit fand, sich nach kühnem, unbehelligten Flankeu-
mnrsch vor der Front seines Gegners zwischen diesem und der Festung an der
Lisaine aufzustellen. Hier verteidigte er sich von Montbvliard bis Frahier in
einer Ausdehnung von 2^ Meilen gegen einen mehr als dreifach überlegenen
Feind drei Tage lang (15.—17. Januar) bei strenger Kälte, mangelnder Ver¬
pflegung und sehr erschwerten Muuitionsersatz. Durch die Umsicht und Aus¬
dauer des Geuernls von Werber war Bourbaki schließlich genötigt, mit seinen
ermatteten und erfrorenen Truppen den Rückzug anzutreten. Jede Gefahr für
die Belagerung von Belfort und für die rückwärtigen Verbindungen der deut¬
schen Armeen war somit beseitigt, und die spätere Katastrophe des Bourbakischcu
Heeres war dadurch vorbereitet.

Die Ereignisse vor der feindlichen Hauptstadt waren bis zum Ende des
Jahres 1870 im fünfzehnten Hefte geschildert. Hier reiht sich um die Eröff¬
nung des artilleristischen Angriffs auf die Südfront von Paris an, wo selbst
die diesseitigen Hanptstellnngen täglich von den schweren Geschossen des Gegners
erreicht wurden. , Nur mit der gleichen Waffe konnte den Belagerten begegnet
werden. Es wurden daher 17 Batterien gegen die Forts Jssy und Vauvcs
armirt, welche am 4. Januar aus 150 Geschützen das Bombardement eröffneten
und sehr bald eine solche Überlegenheit erlangten, daß die Einschließungstruppen
auf der ganzen Südfront von dein vernichtenden Feuer des Feindes befreit
waren. Nachdem auch im Osten des ungeheuren Platzes die dortigen 76 Be¬
lagerungsgeschütze über die sehr viel zahlreichere Artillerie des Gegners die
Oberhand gewonnen hatten, und als sich in der Stadt der Mangel an Lebens¬
mitteln und Heizungsmatcrialien immer fühlbarer machte, wurde dort am 15. Ja¬
nuar der Entschluß gefaßt, als letztes Rettungsmittel einen Massenausfall gegen
die deutschen Linien bei Montretout, Garches und Buzanvcil zu unternehmen,
welcher am 19. Januar zu der Schlacht am Mont Valvrien führte. „Während
dieser Bedrängnis in Paris wurde im Schlosse zu Versailles an dein für Preußen
erinnerungsreichen 18. Januar die Einheit der deutschen Nation unter Kaiser
Wilhelm feierlich verkündet."

Auf die Kaiserproklamation folgt die Schilderung des letzten Ausfalls der
Franzosen, den sie mit 90 000 Mann unternahmen. Das fünfte Armeekorps
(General von Kirchbach), welches infolge dichten Nebels darauf nicht vorbereitet
sein konnte, hatte trotzdem gegen ein Uhr 36 Geschütze in Thätigkeit, sodaß es
ihm mit nur geringer seitlicher Unterstützung gelang, seine Stellungen gegen
einen viermal so starken Feind zu behaupten. Nach diesem Erfolge wurde am
21. Januar endlich noch der artilleristische Angriff gegen die Nordfront von
Paris aus 52 schweren Geschützen eröffnet und am 23. und 24. Januar durch
81 Geschütze fortgesetzt. Das Vorterrain wurde von den Franzosen geräumt.
Die Unsrigen schoben sich bis auf 1200 Meter an die feindlichen Hauptwerke
von Se. Denis heran und richteten durch eine sechstägige Beschießung eine solche


Ärmzbvten 1. 18LL, 75
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[0601] Der Abschluß des Generalstabswerkos, auf Belfort, sodaß Werber Zeit fand, sich nach kühnem, unbehelligten Flankeu- mnrsch vor der Front seines Gegners zwischen diesem und der Festung an der Lisaine aufzustellen. Hier verteidigte er sich von Montbvliard bis Frahier in einer Ausdehnung von 2^ Meilen gegen einen mehr als dreifach überlegenen Feind drei Tage lang (15.—17. Januar) bei strenger Kälte, mangelnder Ver¬ pflegung und sehr erschwerten Muuitionsersatz. Durch die Umsicht und Aus¬ dauer des Geuernls von Werber war Bourbaki schließlich genötigt, mit seinen ermatteten und erfrorenen Truppen den Rückzug anzutreten. Jede Gefahr für die Belagerung von Belfort und für die rückwärtigen Verbindungen der deut¬ schen Armeen war somit beseitigt, und die spätere Katastrophe des Bourbakischcu Heeres war dadurch vorbereitet. Die Ereignisse vor der feindlichen Hauptstadt waren bis zum Ende des Jahres 1870 im fünfzehnten Hefte geschildert. Hier reiht sich um die Eröff¬ nung des artilleristischen Angriffs auf die Südfront von Paris an, wo selbst die diesseitigen Hanptstellnngen täglich von den schweren Geschossen des Gegners erreicht wurden. , Nur mit der gleichen Waffe konnte den Belagerten begegnet werden. Es wurden daher 17 Batterien gegen die Forts Jssy und Vauvcs armirt, welche am 4. Januar aus 150 Geschützen das Bombardement eröffneten und sehr bald eine solche Überlegenheit erlangten, daß die Einschließungstruppen auf der ganzen Südfront von dein vernichtenden Feuer des Feindes befreit waren. Nachdem auch im Osten des ungeheuren Platzes die dortigen 76 Be¬ lagerungsgeschütze über die sehr viel zahlreichere Artillerie des Gegners die Oberhand gewonnen hatten, und als sich in der Stadt der Mangel an Lebens¬ mitteln und Heizungsmatcrialien immer fühlbarer machte, wurde dort am 15. Ja¬ nuar der Entschluß gefaßt, als letztes Rettungsmittel einen Massenausfall gegen die deutschen Linien bei Montretout, Garches und Buzanvcil zu unternehmen, welcher am 19. Januar zu der Schlacht am Mont Valvrien führte. „Während dieser Bedrängnis in Paris wurde im Schlosse zu Versailles an dein für Preußen erinnerungsreichen 18. Januar die Einheit der deutschen Nation unter Kaiser Wilhelm feierlich verkündet." Auf die Kaiserproklamation folgt die Schilderung des letzten Ausfalls der Franzosen, den sie mit 90 000 Mann unternahmen. Das fünfte Armeekorps (General von Kirchbach), welches infolge dichten Nebels darauf nicht vorbereitet sein konnte, hatte trotzdem gegen ein Uhr 36 Geschütze in Thätigkeit, sodaß es ihm mit nur geringer seitlicher Unterstützung gelang, seine Stellungen gegen einen viermal so starken Feind zu behaupten. Nach diesem Erfolge wurde am 21. Januar endlich noch der artilleristische Angriff gegen die Nordfront von Paris aus 52 schweren Geschützen eröffnet und am 23. und 24. Januar durch 81 Geschütze fortgesetzt. Das Vorterrain wurde von den Franzosen geräumt. Die Unsrigen schoben sich bis auf 1200 Meter an die feindlichen Hauptwerke von Se. Denis heran und richteten durch eine sechstägige Beschießung eine solche Ärmzbvten 1. 18LL, 75

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89804/601>, abgerufen am 26.06.2024.