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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal.

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Der Abschluß des Generalstabswerkes.

selbe gilt vom Amtsvorsteher, obschon er lediglich Träger von Staatshoheits¬
rechten ist, weil sich seine Wirksamkeit nicht über den Nachbarverband hinaus
erstreckt. Seine Polizeiverwaltung ist besser als die ehemalige gutsherrliche
Polizei, die bei der Kleinheit des Bezirks zwerghaft verkrüppeln oder sich
zu einem Nichts verflüchtigen müßte, denn die Größe des Bezirks gestattet
die wirkliche Entfaltung einer obrigkeitlichen Thätigkeit. Sie ist derjenigen der
alten Rentämter überlegen, weil der Amtsvorsteher die Dinge aus größerer
Nähe sieht, Personen und Verhältnisse genauer kennt und außerdem das Ge¬
wicht seiner eignen sozialen Stellung in die Wagschale wirft. Der diätetische
Wert der Selbstverwaltung kommt hier zu einer vortrefflichen Wirkung, wenn
man will, selbst in der Rückwirkung auf das private Geschäftsleben der sonst
kaufmännischer Präzision und Pünktlichkeit vielfach sehr abholden Großgrund¬
besitzer. Freilich wo es an der sozialen Voraussetzung eines angesehenen, wohl¬
habenden und gebildeten Großgrundbesitzerstandes fehlt, da bleiben auch die
Segnungen dieses Instituts aus.

Denn das darf bei aller Verschiedenheit der Ansichten über Aufgaben und
Ziele der Verwaltungsreform niemals vergessen werden, daß die beste Form
nichts ist, wo der Geist fehlt.




Der Abschluß des Generalstabswerkes.

it der vor kurzem erschienenen umfänglichen zwanzigsten Lieferung
liegt das große Werk unsers Generalstabes über den deutsch¬
französischen Krieg nunmehr vollendet vor/') Zehn Jahre mühe¬
voller Arbeit haben viele auserlesene Männer desselben und sein
hoher Chef daran gewendet, um darzustellen, was in weniger als
zehn Monaten geschehen ist. Diese Thatsache allein beweist, wie schwer es ge¬
wesen sein mag, aus den tausend verschiedenen Einzelheiten, aus denen die Er¬
eignisse bestehen, aus den unzähligen verschiedenen subjektiven Auffassungen der¬
selben ein Ganzes zusammenzustellen, welches durch Übersicht und Objektivität
würdig ist, als authentisch der Nachwelt überliefert zu werden. Die großen
Vorzüge der bedeutungsvollen Arbeit nach diesen Richtungen hin sind denn auch



*) Der deutsch-französische Krieg 1870--71. Redigirt von der kriegsgcschicht-
lichen Abteilung des Großen Generalstabcs. Zweiter Teil. Geschichte des Krieges gegen
die Republik. Heft 18--20. Mit Karte", Plänen und Skizzen im Text. Berlin, Mittler
und Sohn, 1831.
Der Abschluß des Generalstabswerkes.

selbe gilt vom Amtsvorsteher, obschon er lediglich Träger von Staatshoheits¬
rechten ist, weil sich seine Wirksamkeit nicht über den Nachbarverband hinaus
erstreckt. Seine Polizeiverwaltung ist besser als die ehemalige gutsherrliche
Polizei, die bei der Kleinheit des Bezirks zwerghaft verkrüppeln oder sich
zu einem Nichts verflüchtigen müßte, denn die Größe des Bezirks gestattet
die wirkliche Entfaltung einer obrigkeitlichen Thätigkeit. Sie ist derjenigen der
alten Rentämter überlegen, weil der Amtsvorsteher die Dinge aus größerer
Nähe sieht, Personen und Verhältnisse genauer kennt und außerdem das Ge¬
wicht seiner eignen sozialen Stellung in die Wagschale wirft. Der diätetische
Wert der Selbstverwaltung kommt hier zu einer vortrefflichen Wirkung, wenn
man will, selbst in der Rückwirkung auf das private Geschäftsleben der sonst
kaufmännischer Präzision und Pünktlichkeit vielfach sehr abholden Großgrund¬
besitzer. Freilich wo es an der sozialen Voraussetzung eines angesehenen, wohl¬
habenden und gebildeten Großgrundbesitzerstandes fehlt, da bleiben auch die
Segnungen dieses Instituts aus.

Denn das darf bei aller Verschiedenheit der Ansichten über Aufgaben und
Ziele der Verwaltungsreform niemals vergessen werden, daß die beste Form
nichts ist, wo der Geist fehlt.




Der Abschluß des Generalstabswerkes.

it der vor kurzem erschienenen umfänglichen zwanzigsten Lieferung
liegt das große Werk unsers Generalstabes über den deutsch¬
französischen Krieg nunmehr vollendet vor/') Zehn Jahre mühe¬
voller Arbeit haben viele auserlesene Männer desselben und sein
hoher Chef daran gewendet, um darzustellen, was in weniger als
zehn Monaten geschehen ist. Diese Thatsache allein beweist, wie schwer es ge¬
wesen sein mag, aus den tausend verschiedenen Einzelheiten, aus denen die Er¬
eignisse bestehen, aus den unzähligen verschiedenen subjektiven Auffassungen der¬
selben ein Ganzes zusammenzustellen, welches durch Übersicht und Objektivität
würdig ist, als authentisch der Nachwelt überliefert zu werden. Die großen
Vorzüge der bedeutungsvollen Arbeit nach diesen Richtungen hin sind denn auch



*) Der deutsch-französische Krieg 1870—71. Redigirt von der kriegsgcschicht-
lichen Abteilung des Großen Generalstabcs. Zweiter Teil. Geschichte des Krieges gegen
die Republik. Heft 18—20. Mit Karte», Plänen und Skizzen im Text. Berlin, Mittler
und Sohn, 1831.
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[0599] Der Abschluß des Generalstabswerkes. selbe gilt vom Amtsvorsteher, obschon er lediglich Träger von Staatshoheits¬ rechten ist, weil sich seine Wirksamkeit nicht über den Nachbarverband hinaus erstreckt. Seine Polizeiverwaltung ist besser als die ehemalige gutsherrliche Polizei, die bei der Kleinheit des Bezirks zwerghaft verkrüppeln oder sich zu einem Nichts verflüchtigen müßte, denn die Größe des Bezirks gestattet die wirkliche Entfaltung einer obrigkeitlichen Thätigkeit. Sie ist derjenigen der alten Rentämter überlegen, weil der Amtsvorsteher die Dinge aus größerer Nähe sieht, Personen und Verhältnisse genauer kennt und außerdem das Ge¬ wicht seiner eignen sozialen Stellung in die Wagschale wirft. Der diätetische Wert der Selbstverwaltung kommt hier zu einer vortrefflichen Wirkung, wenn man will, selbst in der Rückwirkung auf das private Geschäftsleben der sonst kaufmännischer Präzision und Pünktlichkeit vielfach sehr abholden Großgrund¬ besitzer. Freilich wo es an der sozialen Voraussetzung eines angesehenen, wohl¬ habenden und gebildeten Großgrundbesitzerstandes fehlt, da bleiben auch die Segnungen dieses Instituts aus. Denn das darf bei aller Verschiedenheit der Ansichten über Aufgaben und Ziele der Verwaltungsreform niemals vergessen werden, daß die beste Form nichts ist, wo der Geist fehlt. Der Abschluß des Generalstabswerkes. it der vor kurzem erschienenen umfänglichen zwanzigsten Lieferung liegt das große Werk unsers Generalstabes über den deutsch¬ französischen Krieg nunmehr vollendet vor/') Zehn Jahre mühe¬ voller Arbeit haben viele auserlesene Männer desselben und sein hoher Chef daran gewendet, um darzustellen, was in weniger als zehn Monaten geschehen ist. Diese Thatsache allein beweist, wie schwer es ge¬ wesen sein mag, aus den tausend verschiedenen Einzelheiten, aus denen die Er¬ eignisse bestehen, aus den unzähligen verschiedenen subjektiven Auffassungen der¬ selben ein Ganzes zusammenzustellen, welches durch Übersicht und Objektivität würdig ist, als authentisch der Nachwelt überliefert zu werden. Die großen Vorzüge der bedeutungsvollen Arbeit nach diesen Richtungen hin sind denn auch *) Der deutsch-französische Krieg 1870—71. Redigirt von der kriegsgcschicht- lichen Abteilung des Großen Generalstabcs. Zweiter Teil. Geschichte des Krieges gegen die Republik. Heft 18—20. Mit Karte», Plänen und Skizzen im Text. Berlin, Mittler und Sohn, 1831.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89804/599>, abgerufen am 26.06.2024.