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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal.

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Die Kriegsmacht der österreichisch-ungarischen Monarchie.

Gegen den östlichen Ncichbar findet Österreich in dem großen Waffeuplatzc
Krakau seinen hauptsächlichsten Stützpunkt. Mit Brückenköpfen an beiden Ufern
der Weichsel, welche das Hinüberwechseln der Armee nach hüben und drüben er¬
leichtern, umspannt die Festung, als der geeignetste Ausgangspunkt für einen
Offensivstvß gegen Rußland, mit ihren weit vorgeschobenen detnschirten Forts
ein ausgedehntes Terrain, dem die Befestigungen auf dem Wawelbcrge, die "alte
Burg," als Citadelle dienen. Die während des Orientkrieges in Angriff ge¬
nommene Befestigung von Przemysl in Galizien, am rechten Ufer der San, ist
aus finanziellen Gründen unvollendet geblieben.

Alte Sperrforts in den meisten Pässen der transhlvanischcn Alpen und
dahinter in einer zweiten Linie in Siebenbürgen -- darunter Kronstäbe in dem
von Sachse" bewohnten Burzenlande, von dem nur noch die Citadelle auf dem
Schlvßberge erhalten ist, und das als HauptmontirungSdepvt benutzte Karls¬
burg -- send zum Schutze der rumänischen Grenze bestimmt, während gegen¬
über von Serbien und Bosnien neben den unbedeutenden Werken vou Klein-
Brod, Alt Gradiska und Klein-Karlstadt an der Kulpa uur Petcrwardein in
der ehemaligen Militärgrenze erhöhte Beachtung verdient, weil dasselbe beide
hier durch eine 257 Meter lange Schiffbrücke verbundene Ufer der Donau be¬
herrscht, während Essek mit seinem Brückenköpfe an der Donau nur als Zeug¬
haus von Bedeutung ist.

An der dalmatinischen Küste wird daS in jetziger Zeit vielfach genannte
Cattaro durch verschiedene Werke auf den umliegenden Höhen und entsprechende
fortifikatorische Anlagen zum Schutze des Hafens der Bocche die Cattaro ver¬
teidigt, Ragusa mit seinem vortrefflichen und geräumigen Hafen ist durch eine
geschlossene Euceiute und detaschirte Forts zu einer starken Festung gemacht,
und das auf schmaler Landzunge am Meere gelegene Zara beherrscht mit der
Mündung seiner Geschütze die Hafeneinfahrt. Während mehrfache andre Be¬
festigungen im Innern Dalmatiens in neuerer Zeit ausgelassen wurde", soll
Krim zu einen: Wasserplatze erweitert werden, innerhalb von dessen Mauern eine
größere Truppenabteilung sich sammeln kann. Eine eigenartige, dem Charakter
im Innern des Landes entsprechende Art von kleine", primitiven Befestigungen
bilden die jetzt in den Berichten der Zeitungen vielfach erwähnten Karenles oder
Knies, aus Steinen erbaute, meist runde und mit Schießscharten versehene
Thürme, von deren Besitz bei dem engpaßcirtigen Charakter der dortigen Ver¬
kehrswege oft die Behauptung einer wichtigen Verbindung abhängig ist. Im
Frieden zum Schutze der Reisenden gegen Räubereien mit einigen Gendarme"
belegt, geben sie einer Besatzung von 50--100 Mann Raum und Unterkunft
und beiden für die Kriegführung immerhin eine gewisse Bedeutung.

Während Triest außer einem alten Kastell nur einige Strandbattericn zum
unmittelbaren Schutze aufzuweisen hat, ist Pola, welches in seiner geschlitzten
Lage den größten Flotten sicheren Ankergrund bietet und mit den großen


Die Kriegsmacht der österreichisch-ungarischen Monarchie.

Gegen den östlichen Ncichbar findet Österreich in dem großen Waffeuplatzc
Krakau seinen hauptsächlichsten Stützpunkt. Mit Brückenköpfen an beiden Ufern
der Weichsel, welche das Hinüberwechseln der Armee nach hüben und drüben er¬
leichtern, umspannt die Festung, als der geeignetste Ausgangspunkt für einen
Offensivstvß gegen Rußland, mit ihren weit vorgeschobenen detnschirten Forts
ein ausgedehntes Terrain, dem die Befestigungen auf dem Wawelbcrge, die „alte
Burg," als Citadelle dienen. Die während des Orientkrieges in Angriff ge¬
nommene Befestigung von Przemysl in Galizien, am rechten Ufer der San, ist
aus finanziellen Gründen unvollendet geblieben.

Alte Sperrforts in den meisten Pässen der transhlvanischcn Alpen und
dahinter in einer zweiten Linie in Siebenbürgen — darunter Kronstäbe in dem
von Sachse» bewohnten Burzenlande, von dem nur noch die Citadelle auf dem
Schlvßberge erhalten ist, und das als HauptmontirungSdepvt benutzte Karls¬
burg — send zum Schutze der rumänischen Grenze bestimmt, während gegen¬
über von Serbien und Bosnien neben den unbedeutenden Werken vou Klein-
Brod, Alt Gradiska und Klein-Karlstadt an der Kulpa uur Petcrwardein in
der ehemaligen Militärgrenze erhöhte Beachtung verdient, weil dasselbe beide
hier durch eine 257 Meter lange Schiffbrücke verbundene Ufer der Donau be¬
herrscht, während Essek mit seinem Brückenköpfe an der Donau nur als Zeug¬
haus von Bedeutung ist.

An der dalmatinischen Küste wird daS in jetziger Zeit vielfach genannte
Cattaro durch verschiedene Werke auf den umliegenden Höhen und entsprechende
fortifikatorische Anlagen zum Schutze des Hafens der Bocche die Cattaro ver¬
teidigt, Ragusa mit seinem vortrefflichen und geräumigen Hafen ist durch eine
geschlossene Euceiute und detaschirte Forts zu einer starken Festung gemacht,
und das auf schmaler Landzunge am Meere gelegene Zara beherrscht mit der
Mündung seiner Geschütze die Hafeneinfahrt. Während mehrfache andre Be¬
festigungen im Innern Dalmatiens in neuerer Zeit ausgelassen wurde», soll
Krim zu einen: Wasserplatze erweitert werden, innerhalb von dessen Mauern eine
größere Truppenabteilung sich sammeln kann. Eine eigenartige, dem Charakter
im Innern des Landes entsprechende Art von kleine», primitiven Befestigungen
bilden die jetzt in den Berichten der Zeitungen vielfach erwähnten Karenles oder
Knies, aus Steinen erbaute, meist runde und mit Schießscharten versehene
Thürme, von deren Besitz bei dem engpaßcirtigen Charakter der dortigen Ver¬
kehrswege oft die Behauptung einer wichtigen Verbindung abhängig ist. Im
Frieden zum Schutze der Reisenden gegen Räubereien mit einigen Gendarme»
belegt, geben sie einer Besatzung von 50—100 Mann Raum und Unterkunft
und beiden für die Kriegführung immerhin eine gewisse Bedeutung.

Während Triest außer einem alten Kastell nur einige Strandbattericn zum
unmittelbaren Schutze aufzuweisen hat, ist Pola, welches in seiner geschlitzten
Lage den größten Flotten sicheren Ankergrund bietet und mit den großen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89804/500>, abgerufen am 26.06.2024.