Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal.Die Fortschritte in der antiken Kunstgeschichte während des letzten Jahrzehnts. Wenn Wir nunmehr die großenteils noch dunkeln Pfade der prähistorischen Dafür sind eine Anzahl schon früher bekannter und kunsthistvrisch wichtiger Die Fortschritte in der antiken Kunstgeschichte während des letzten Jahrzehnts. Wenn Wir nunmehr die großenteils noch dunkeln Pfade der prähistorischen Dafür sind eine Anzahl schon früher bekannter und kunsthistvrisch wichtiger <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0458" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/86579"/> <fw type="header" place="top"> Die Fortschritte in der antiken Kunstgeschichte während des letzten Jahrzehnts.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1898"> Wenn Wir nunmehr die großenteils noch dunkeln Pfade der prähistorischen<lb/> Kunst und die verschlungenen der gräko-orientalischen verlassen und uns der Ent¬<lb/> wicklung der national-hellenischen Kunst zuwenden, so haben wir zunächst zu<lb/> bemerken, daß die archaische Skulptur zwar nach manchen Richtungen hin in<lb/> dem uns beschäftigenden Zeitraum vermehrt und daß namentlich unsre Kenntnis<lb/> der archaischen Denkmäler außerhalb Attikas gefördert worden ist, daß aber so¬<lb/> wohl die Entwicklung der archaischen Kunst im allgemeinen, als die charakteristischen<lb/> Kennzeichen der verschiedenen nationalen Stammeseigentümlichkeiten in den Kunst¬<lb/> werken und der Zusammenhang dieser nationalen Knnstübungen unter einander<lb/> noch vielfach näherer Aufklärung bedürfen. Namentlich ist es bisher noch immer<lb/> nur in vereinzelten Fällen gelungen, unsre zahlreichen schriftlichen Notizen über<lb/> die Anfänge der Kunst und die großen, meist eine durchgehende Tradition auf¬<lb/> weisenden Künstlerschulen mit »och vorhandenen Denkmälern in Einklang und<lb/> dadurch dem Verständnis näher zu bringen. Als ein besondrer Gewinn für<lb/> unsre Kenntnis der ersten Skulptnranfänge muß die Bekanntmachung einer Reihe<lb/> spartanischer Reliefs betrachtet werden, welche in der in unserm ersten Artikel<lb/> genannten Arbeit von Dressel und Milchhöfer publizirt und besprochen, zum<lb/> Teil jetzt auch in Abgüssen verbreitet sind. Wir lernen hier in der deutlichsten<lb/> Weise, wie wenigstens in Lakedämon die Steinskulptur sich direkt aus der Holz¬<lb/> schnitzerei entwickelt und im Anfang noch ganz deren Eigentümlichkeiten bewahrt<lb/> hat. Da wir zudem hier in in der glücklichen Lage sind, denselben Typus, näm¬<lb/> lich die Reliefs eines thronenden Götterpaares, in einer historisch zusammen¬<lb/> hängenden Reihe von Exemplaren zu besitzen, so ist damit die allmähliche Ent¬<lb/> wicklung der technischen wie stilistischen Eigentümlichkeiten zu beobachten möglich,<lb/> — besser noch als an den bekannten sogenannten Apollonfiguren von Orchomenos,<lb/> Thera, Tenea u. s. w., da dort Werke des gleichen Typus, aber verschiedener<lb/> Schulen vorliegen, an denen wir daher besser die Entwicklung des Typus als<lb/> die des Stiles verfolgen können. Ebenso haben die in Attika neu aufgefundenen<lb/> Werke, vornehmlich wiederum Reliefs, doch auch eine Anzahl statuarischer Werke,<lb/> die Kenntnis der Entwicklung des Archaismus in Attika beträchtlich gefördert.<lb/> Hingegell sind die verschiedenen Funde aus Nordgriechenland, Böotien und den<lb/> Juselu (ausgenommen Ägina) immer noch so vereinzelt, bieten zum Teil auch so<lb/> schwer zu erklärende stilistische Eigentümlichkeiten dar, daß man vorläufig noch<lb/> darauf verzichten muß, sich von der Kunstentwicklung und dem Kunstcharakter<lb/> dieser Gegenden eine bestimmte Vorstellung zu machen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1899" next="#ID_1900"> Dafür sind eine Anzahl schon früher bekannter und kunsthistvrisch wichtiger<lb/> Denkmäler teils durch gute Publikationen besser bekannt, teils durch erneute<lb/> wissenschaftliche Untersuchungen in ihrer Erkenntnis bedeutend vorwärts gebracht<lb/> worden. Ich verweise hier zunächst auf die ebenso durch vortreffliche Aus¬<lb/> führung der Tafeln, wie durch die streng methodische und besonnene Forschung<lb/> sich auszeichnende Publikation von O. Benndvrf: „Die Metopen von Selinunt.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0458]
Die Fortschritte in der antiken Kunstgeschichte während des letzten Jahrzehnts.
Wenn Wir nunmehr die großenteils noch dunkeln Pfade der prähistorischen
Kunst und die verschlungenen der gräko-orientalischen verlassen und uns der Ent¬
wicklung der national-hellenischen Kunst zuwenden, so haben wir zunächst zu
bemerken, daß die archaische Skulptur zwar nach manchen Richtungen hin in
dem uns beschäftigenden Zeitraum vermehrt und daß namentlich unsre Kenntnis
der archaischen Denkmäler außerhalb Attikas gefördert worden ist, daß aber so¬
wohl die Entwicklung der archaischen Kunst im allgemeinen, als die charakteristischen
Kennzeichen der verschiedenen nationalen Stammeseigentümlichkeiten in den Kunst¬
werken und der Zusammenhang dieser nationalen Knnstübungen unter einander
noch vielfach näherer Aufklärung bedürfen. Namentlich ist es bisher noch immer
nur in vereinzelten Fällen gelungen, unsre zahlreichen schriftlichen Notizen über
die Anfänge der Kunst und die großen, meist eine durchgehende Tradition auf¬
weisenden Künstlerschulen mit »och vorhandenen Denkmälern in Einklang und
dadurch dem Verständnis näher zu bringen. Als ein besondrer Gewinn für
unsre Kenntnis der ersten Skulptnranfänge muß die Bekanntmachung einer Reihe
spartanischer Reliefs betrachtet werden, welche in der in unserm ersten Artikel
genannten Arbeit von Dressel und Milchhöfer publizirt und besprochen, zum
Teil jetzt auch in Abgüssen verbreitet sind. Wir lernen hier in der deutlichsten
Weise, wie wenigstens in Lakedämon die Steinskulptur sich direkt aus der Holz¬
schnitzerei entwickelt und im Anfang noch ganz deren Eigentümlichkeiten bewahrt
hat. Da wir zudem hier in in der glücklichen Lage sind, denselben Typus, näm¬
lich die Reliefs eines thronenden Götterpaares, in einer historisch zusammen¬
hängenden Reihe von Exemplaren zu besitzen, so ist damit die allmähliche Ent¬
wicklung der technischen wie stilistischen Eigentümlichkeiten zu beobachten möglich,
— besser noch als an den bekannten sogenannten Apollonfiguren von Orchomenos,
Thera, Tenea u. s. w., da dort Werke des gleichen Typus, aber verschiedener
Schulen vorliegen, an denen wir daher besser die Entwicklung des Typus als
die des Stiles verfolgen können. Ebenso haben die in Attika neu aufgefundenen
Werke, vornehmlich wiederum Reliefs, doch auch eine Anzahl statuarischer Werke,
die Kenntnis der Entwicklung des Archaismus in Attika beträchtlich gefördert.
Hingegell sind die verschiedenen Funde aus Nordgriechenland, Böotien und den
Juselu (ausgenommen Ägina) immer noch so vereinzelt, bieten zum Teil auch so
schwer zu erklärende stilistische Eigentümlichkeiten dar, daß man vorläufig noch
darauf verzichten muß, sich von der Kunstentwicklung und dem Kunstcharakter
dieser Gegenden eine bestimmte Vorstellung zu machen.
Dafür sind eine Anzahl schon früher bekannter und kunsthistvrisch wichtiger
Denkmäler teils durch gute Publikationen besser bekannt, teils durch erneute
wissenschaftliche Untersuchungen in ihrer Erkenntnis bedeutend vorwärts gebracht
worden. Ich verweise hier zunächst auf die ebenso durch vortreffliche Aus¬
führung der Tafeln, wie durch die streng methodische und besonnene Forschung
sich auszeichnende Publikation von O. Benndvrf: „Die Metopen von Selinunt.
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