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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal.

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Die Fortschritte in der antiken Kunstgeschichte wahrend des letzten Jahrzehnts.

Wohl nirgends machen sich die Einflüsse der verschiedensten Kunststilc so be¬
merklich, wie in diesen Funden. Ein großer Teil der Objekte besteht offenbar aus
importirte" Produkten assyrischer, phönizischer, ägyptischer Technik; daneben aber
bemerkt man, daß diese mannigfaltigen Importartikel nicht ohne Einfluß auf die
heimische Kunst geblieben sind, an der man fast alle diese verschiedenen Elemente,
zu denen dann noch das hellenische tritt, bald vereinzelt, bald untereinander
vermischt beobachten kann. Die Kunstentwicklung, welcher die Skulpturen und
sonstigen Denkmäler Cyperns angehören, umfassen offenbar einen sehr langen
Zeitraum; indessen ist es im einzelnen, eben jener eigentümlichen Stilvcrmischnng
wegen, oft nicht leicht, dieser Kunstentwicklung historisch nachzugehen. Der
Übersetzer hat diesen Versuch gemacht; er nimmt fünf Perioden in der Ent¬
wicklung Cyperns an: 1) eine eyprisch-phönizische Periode, welche bis ins nennte
Jahrhundert v. Chr. zurückreicht; 2) eine Periode erst assyrischen und dann
ägyptischen Einflusses; 3) den Höhepunkt der cyprischen Kunst, indem zu dem
cyprischen und phönizischen Elemente sich entschiedener das griechische gesellt;
4) die Herrschaft der Ptolemäer, unter der sich der ägyptische Einfluß erneuert,
daneben aber die griechische Kunst sich noch reiner und vielseitiger entfaltet;
und 5) die Periode der römischen Ännst, während welcher asiatischer und ägyp¬
tischer Einfluß zurücktreten.

Ein wichtiges Material bieten auch hier wieder die zahlreichen Vasenfunde
(behandelt in einen: Exkurs zu CcSnolas Buch von A. S. Murray, S. 365 ff.),
welche in mehr als einer Beziehung beachtenswert und singulär sind. Ganz be¬
sonders ausfallend ist die hier sehr häufig beobachtete Vermischung orientalischer
und ägyptischer Elemente, eine Vermischung, welche man jetzt, zumal da sie in
ähnlicher Weise an Funden in Italien und Sardinien bemerkt worden ist, als
charakteristisch für die bisher noch so wenig bekannte phönizisch-karthagische Kunst
betrachtet (vgl. Helbig in den ^.rrnali acti' In8tit>. Mensol. f. 1876, S. 1 ff.).
Mit diesen Anklängen oder direkten Entlehnungen assyrischer und ägyptischer Motive
ist aber vielfach zugleich jene geometrische Dekoration verbunden, von welcher
schon oben die Rede war: konzentrische, der Metalltechnik entlehnte Kreis¬
ornamente, mit besondrer Vorliebe aber geradlinige, rautenförmige, schachbrett¬
artige Muster und dergl.; selbst die hiermit verbundenen Tiere, meist Vögel
(namentlich Schwäne), sind vielfach ganz nach diesem Schema behandelt; bis¬
weilen tritt auch noch die menschliche Figur hinzu. Das ist im wesentlichen
der Typus der cyprischen Vasen, welche jetzt in den meisten größeren Vasensamm-
lungcn vertreten zu sein Pflegen und in der Geschichte der Vasenmalerei von
hervorragender Bedeutung sind, obgleich es ihnen eigentümlicher Weise an
Merkmalen fehlt, aus denen man ihr Zeitalter bestimmen konnte, da sie, für
sich betrachtet, nur wenige aufeinanderfolgende Stufen bieten, auch Analogien
mit den verschiedenen Stadien der griechischen Vasenmalerei sich nicht nachweisen
lassen.


Mtmzbvwn I. 1882. 57
Die Fortschritte in der antiken Kunstgeschichte wahrend des letzten Jahrzehnts.

Wohl nirgends machen sich die Einflüsse der verschiedensten Kunststilc so be¬
merklich, wie in diesen Funden. Ein großer Teil der Objekte besteht offenbar aus
importirte» Produkten assyrischer, phönizischer, ägyptischer Technik; daneben aber
bemerkt man, daß diese mannigfaltigen Importartikel nicht ohne Einfluß auf die
heimische Kunst geblieben sind, an der man fast alle diese verschiedenen Elemente,
zu denen dann noch das hellenische tritt, bald vereinzelt, bald untereinander
vermischt beobachten kann. Die Kunstentwicklung, welcher die Skulpturen und
sonstigen Denkmäler Cyperns angehören, umfassen offenbar einen sehr langen
Zeitraum; indessen ist es im einzelnen, eben jener eigentümlichen Stilvcrmischnng
wegen, oft nicht leicht, dieser Kunstentwicklung historisch nachzugehen. Der
Übersetzer hat diesen Versuch gemacht; er nimmt fünf Perioden in der Ent¬
wicklung Cyperns an: 1) eine eyprisch-phönizische Periode, welche bis ins nennte
Jahrhundert v. Chr. zurückreicht; 2) eine Periode erst assyrischen und dann
ägyptischen Einflusses; 3) den Höhepunkt der cyprischen Kunst, indem zu dem
cyprischen und phönizischen Elemente sich entschiedener das griechische gesellt;
4) die Herrschaft der Ptolemäer, unter der sich der ägyptische Einfluß erneuert,
daneben aber die griechische Kunst sich noch reiner und vielseitiger entfaltet;
und 5) die Periode der römischen Ännst, während welcher asiatischer und ägyp¬
tischer Einfluß zurücktreten.

Ein wichtiges Material bieten auch hier wieder die zahlreichen Vasenfunde
(behandelt in einen: Exkurs zu CcSnolas Buch von A. S. Murray, S. 365 ff.),
welche in mehr als einer Beziehung beachtenswert und singulär sind. Ganz be¬
sonders ausfallend ist die hier sehr häufig beobachtete Vermischung orientalischer
und ägyptischer Elemente, eine Vermischung, welche man jetzt, zumal da sie in
ähnlicher Weise an Funden in Italien und Sardinien bemerkt worden ist, als
charakteristisch für die bisher noch so wenig bekannte phönizisch-karthagische Kunst
betrachtet (vgl. Helbig in den ^.rrnali acti' In8tit>. Mensol. f. 1876, S. 1 ff.).
Mit diesen Anklängen oder direkten Entlehnungen assyrischer und ägyptischer Motive
ist aber vielfach zugleich jene geometrische Dekoration verbunden, von welcher
schon oben die Rede war: konzentrische, der Metalltechnik entlehnte Kreis¬
ornamente, mit besondrer Vorliebe aber geradlinige, rautenförmige, schachbrett¬
artige Muster und dergl.; selbst die hiermit verbundenen Tiere, meist Vögel
(namentlich Schwäne), sind vielfach ganz nach diesem Schema behandelt; bis¬
weilen tritt auch noch die menschliche Figur hinzu. Das ist im wesentlichen
der Typus der cyprischen Vasen, welche jetzt in den meisten größeren Vasensamm-
lungcn vertreten zu sein Pflegen und in der Geschichte der Vasenmalerei von
hervorragender Bedeutung sind, obgleich es ihnen eigentümlicher Weise an
Merkmalen fehlt, aus denen man ihr Zeitalter bestimmen konnte, da sie, für
sich betrachtet, nur wenige aufeinanderfolgende Stufen bieten, auch Analogien
mit den verschiedenen Stadien der griechischen Vasenmalerei sich nicht nachweisen
lassen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89804/457>, abgerufen am 26.06.2024.