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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal.

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Die Fortschritte in der antiken Kunstgeschichte während des letzten Jahrzehnts.

bilden dabei die wesentlichsten Elemente. Dazu kommt dann bei den Goldsachen
namentlich als beliebtes Motiv der Schmetterling in stilisirtcr Manier, aber
sehr geschickt verwendet, und ferner der ebenfalls mehr ornamental als natura¬
listisch behandelte Tintenfisch 8sM oder derPapieriiautilus(^.rA0NMtc>.), welchem
man auch auf den Vasen begegnet. Letztere zeigen daneben auch noch verschiedene
andere Ornamente, teils von Pflanzen entlehnt, teils von allerlei Tieren, nament¬
lich Vögeln (Schwäne), und vereinzelt selbst menschliche Figuren. Ich verweise
auf die schöne Publikation von A. Furtwciugler und G. Löschcke: "Mykeuischc
Thongefäße. Festschrift zur Feier des funfzigjährigen Bestehens des deutschen
archäologischen Instituts in Rom, im Auftrage des Instituts in Athen heraus¬
gegeben" (Berlin, Ascher, 1879).

Neben diesen einen ganz bestimmt ausgeprägten Stil verratenden Arbeiten
stehen, aber nur in geringer Zahl, einzelne Objekte, welche von durchaus ab¬
weichender Art find und mit großer Wahrscheinlichkeit als ausländisch, vom
Orient überkommen gelten dürfen; ob von Kleinasien, von Phönizien, von
Ägypten stammend, läßt sich mit Bestimmtheit nicht sagen. Aber schwieriger
noch ist die Frage zu beantworten, welcher Zeit und welchem Volke man jene
andern Objekte zuschreiben solle. Die Meinungen hierüber gehen außerordent¬
lich auseinander. Während Schliemann selbst, seinen enthusiastischen und in naiver
Weise an Homer anknüpfenden Ideen folgend, direkt wieder homerische Zeit an¬
nahm und seinem "Schatz des Prinmus" ein Pendant in einem "Schatz des
Agamemnon" gab, wurden von anderer Seite (besonders von L. Stephani in
Petersburg) selbst Zweifel an dem hohen Altertum der Funde überhaupt ge¬
äußert. Diese Bedenken, auf welche näher einzugehen uns hier Zeit und Ort
verbieten, sind nun freilich gänzlich ungerechtfertigt; als unwiderleglicher Beweis
des hohen Alters ist vielmehr anzuführen, daß seither an einer beträchtlichen
Anzahl andrer Orte Griechenlands, vornehmlich an einigen Punkten von Attika
(Spata, Menidi), in Argos (Nauplia, Heräon), auf Rhodus (Jalhsus), Funde
von ganz entsprechender Art gemacht worden sind. Ich verweise hier nament¬
lich auf den Aufsatz vou A. Milchhöfer in den Mitteilungen des Deutschem
archäologischen Instituts zu Athen (Bd. II, S. 26l ff.) und auf eine Publikation
desselben Instituts: "Das Kuppelgrab bei Menidi," mit Text von H. G.
Lolling, R. Bohn, A. Furtwängler und U. Köhler (Athen, Wilberg,
1880). Es ist bedeutsam, daß die Gräber, i" denen man diese Funde gemacht
hat, teilweise ebenfalls derartige Kuppelbauten sind, wie man sie in Mykenä
antrifft, wenn auch in ihrer Anlage und namentlich in der Ausstattung von
sehr verschiedenem Werte; die mykenischcn Gräber übertreffen darin alle andern
bei weitem und rühren zweifellos von einem reichen und angesehenen Fürsten¬
geschlecht her.

Diese Vermehrung der mit dem oben besprochenen Dekorationsstil ausge¬
statteten Objekte hat nun zwar das hohe Altertum derselben hinlänglich darge-


Die Fortschritte in der antiken Kunstgeschichte während des letzten Jahrzehnts.

bilden dabei die wesentlichsten Elemente. Dazu kommt dann bei den Goldsachen
namentlich als beliebtes Motiv der Schmetterling in stilisirtcr Manier, aber
sehr geschickt verwendet, und ferner der ebenfalls mehr ornamental als natura¬
listisch behandelte Tintenfisch 8sM oder derPapieriiautilus(^.rA0NMtc>.), welchem
man auch auf den Vasen begegnet. Letztere zeigen daneben auch noch verschiedene
andere Ornamente, teils von Pflanzen entlehnt, teils von allerlei Tieren, nament¬
lich Vögeln (Schwäne), und vereinzelt selbst menschliche Figuren. Ich verweise
auf die schöne Publikation von A. Furtwciugler und G. Löschcke: „Mykeuischc
Thongefäße. Festschrift zur Feier des funfzigjährigen Bestehens des deutschen
archäologischen Instituts in Rom, im Auftrage des Instituts in Athen heraus¬
gegeben" (Berlin, Ascher, 1879).

Neben diesen einen ganz bestimmt ausgeprägten Stil verratenden Arbeiten
stehen, aber nur in geringer Zahl, einzelne Objekte, welche von durchaus ab¬
weichender Art find und mit großer Wahrscheinlichkeit als ausländisch, vom
Orient überkommen gelten dürfen; ob von Kleinasien, von Phönizien, von
Ägypten stammend, läßt sich mit Bestimmtheit nicht sagen. Aber schwieriger
noch ist die Frage zu beantworten, welcher Zeit und welchem Volke man jene
andern Objekte zuschreiben solle. Die Meinungen hierüber gehen außerordent¬
lich auseinander. Während Schliemann selbst, seinen enthusiastischen und in naiver
Weise an Homer anknüpfenden Ideen folgend, direkt wieder homerische Zeit an¬
nahm und seinem „Schatz des Prinmus" ein Pendant in einem „Schatz des
Agamemnon" gab, wurden von anderer Seite (besonders von L. Stephani in
Petersburg) selbst Zweifel an dem hohen Altertum der Funde überhaupt ge¬
äußert. Diese Bedenken, auf welche näher einzugehen uns hier Zeit und Ort
verbieten, sind nun freilich gänzlich ungerechtfertigt; als unwiderleglicher Beweis
des hohen Alters ist vielmehr anzuführen, daß seither an einer beträchtlichen
Anzahl andrer Orte Griechenlands, vornehmlich an einigen Punkten von Attika
(Spata, Menidi), in Argos (Nauplia, Heräon), auf Rhodus (Jalhsus), Funde
von ganz entsprechender Art gemacht worden sind. Ich verweise hier nament¬
lich auf den Aufsatz vou A. Milchhöfer in den Mitteilungen des Deutschem
archäologischen Instituts zu Athen (Bd. II, S. 26l ff.) und auf eine Publikation
desselben Instituts: „Das Kuppelgrab bei Menidi," mit Text von H. G.
Lolling, R. Bohn, A. Furtwängler und U. Köhler (Athen, Wilberg,
1880). Es ist bedeutsam, daß die Gräber, i» denen man diese Funde gemacht
hat, teilweise ebenfalls derartige Kuppelbauten sind, wie man sie in Mykenä
antrifft, wenn auch in ihrer Anlage und namentlich in der Ausstattung von
sehr verschiedenem Werte; die mykenischcn Gräber übertreffen darin alle andern
bei weitem und rühren zweifellos von einem reichen und angesehenen Fürsten¬
geschlecht her.

Diese Vermehrung der mit dem oben besprochenen Dekorationsstil ausge¬
statteten Objekte hat nun zwar das hohe Altertum derselben hinlänglich darge-


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[0455] Die Fortschritte in der antiken Kunstgeschichte während des letzten Jahrzehnts. bilden dabei die wesentlichsten Elemente. Dazu kommt dann bei den Goldsachen namentlich als beliebtes Motiv der Schmetterling in stilisirtcr Manier, aber sehr geschickt verwendet, und ferner der ebenfalls mehr ornamental als natura¬ listisch behandelte Tintenfisch 8sM oder derPapieriiautilus(^.rA0NMtc>.), welchem man auch auf den Vasen begegnet. Letztere zeigen daneben auch noch verschiedene andere Ornamente, teils von Pflanzen entlehnt, teils von allerlei Tieren, nament¬ lich Vögeln (Schwäne), und vereinzelt selbst menschliche Figuren. Ich verweise auf die schöne Publikation von A. Furtwciugler und G. Löschcke: „Mykeuischc Thongefäße. Festschrift zur Feier des funfzigjährigen Bestehens des deutschen archäologischen Instituts in Rom, im Auftrage des Instituts in Athen heraus¬ gegeben" (Berlin, Ascher, 1879). Neben diesen einen ganz bestimmt ausgeprägten Stil verratenden Arbeiten stehen, aber nur in geringer Zahl, einzelne Objekte, welche von durchaus ab¬ weichender Art find und mit großer Wahrscheinlichkeit als ausländisch, vom Orient überkommen gelten dürfen; ob von Kleinasien, von Phönizien, von Ägypten stammend, läßt sich mit Bestimmtheit nicht sagen. Aber schwieriger noch ist die Frage zu beantworten, welcher Zeit und welchem Volke man jene andern Objekte zuschreiben solle. Die Meinungen hierüber gehen außerordent¬ lich auseinander. Während Schliemann selbst, seinen enthusiastischen und in naiver Weise an Homer anknüpfenden Ideen folgend, direkt wieder homerische Zeit an¬ nahm und seinem „Schatz des Prinmus" ein Pendant in einem „Schatz des Agamemnon" gab, wurden von anderer Seite (besonders von L. Stephani in Petersburg) selbst Zweifel an dem hohen Altertum der Funde überhaupt ge¬ äußert. Diese Bedenken, auf welche näher einzugehen uns hier Zeit und Ort verbieten, sind nun freilich gänzlich ungerechtfertigt; als unwiderleglicher Beweis des hohen Alters ist vielmehr anzuführen, daß seither an einer beträchtlichen Anzahl andrer Orte Griechenlands, vornehmlich an einigen Punkten von Attika (Spata, Menidi), in Argos (Nauplia, Heräon), auf Rhodus (Jalhsus), Funde von ganz entsprechender Art gemacht worden sind. Ich verweise hier nament¬ lich auf den Aufsatz vou A. Milchhöfer in den Mitteilungen des Deutschem archäologischen Instituts zu Athen (Bd. II, S. 26l ff.) und auf eine Publikation desselben Instituts: „Das Kuppelgrab bei Menidi," mit Text von H. G. Lolling, R. Bohn, A. Furtwängler und U. Köhler (Athen, Wilberg, 1880). Es ist bedeutsam, daß die Gräber, i» denen man diese Funde gemacht hat, teilweise ebenfalls derartige Kuppelbauten sind, wie man sie in Mykenä antrifft, wenn auch in ihrer Anlage und namentlich in der Ausstattung von sehr verschiedenem Werte; die mykenischcn Gräber übertreffen darin alle andern bei weitem und rühren zweifellos von einem reichen und angesehenen Fürsten¬ geschlecht her. Diese Vermehrung der mit dem oben besprochenen Dekorationsstil ausge¬ statteten Objekte hat nun zwar das hohe Altertum derselben hinlänglich darge-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89804/455>, abgerufen am 26.06.2024.