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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal.

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Die Kriegsmacht der österreichisch-ungarischen Monarchie.

Dem Reichskriegsministerium untergeordnet sind gewisse Zentralstellen, welche
als Generalinspektoren die Gleichmäßigkeit von Ausbildung und Dienstbetrieb in
den ihnen unterstellten Branchen überwachen und fördern sollen. Solche Zentral¬
stellen erstrecken sich anßer über die einzelnen Waffengattungen auch über das
Remontirungs- und Fuhrwesen der Armee, über das militärärztliche Offizierkorps,
lind sie begreifen in sich auch das apostolische Feldvikariat und das Militär¬
appellationsgericht.

Bisher stand auch der Generalstab unter dem Kriegsministerium; seit dem
vorigen Jahre ist aber mit der Ernennung des bisherigen zweiten Generalad¬
jutanten des Kaisers, Feldmarschallleutnant Freiherrn v. Beck, eines in Krieg und
Frieden erprobten Offiziers, zum Chef des Generalstabes der Armee, in ähnlicher
Weife, wie sich dies in Preußen seit langer Zeit schon bewährthat, ein Koordinations¬
verhältnis hergestellt. Der Generalstab hat verschiedene Umformungen durchge¬
macht, bis im Jahre 1875 seine Organisation vorläufig zum Abschlüsse gebracht
wurde. Im Gegensatze zu den preußischen Generalstabsoffizieren, welche aus
der Truppe in diese Stellungen abwechselnd'.ein- und wieder austreten, und
welche grundsätzlich alle verschiedenen Rangstufen auch in der Truppe praktisch
durchgemacht haben sollen, bildet der österreichische Generalstab ein in sich ge¬
schlossenes und gegliedertes Korps, dessen 410 Mitglieder unter sich nach
dem Ausfall von Prüfungen avanciren, denen sich selbst Stabsoffiziere unter¬
werfen müssen, und wohl in den verschiedenen Chargen als Abkommcm-
dirte Dienst in der Truppe thun, doch ohne dabei in den Etat derselben zu
treten.

Neben dem Kriegsminister und direkt unter dem Kaiser steht der General¬
inspektor des Heeres, dein die Jnspizirung der Truppen in Bezug auf Aus¬
bildung und Manövrirfähigkeit und die Leitung der größeren Truppenübungen
übertragen ist. Seit dem Jahre 1873 steht Feldmarschall Erzherzog Albrecht,
der erstgeborene Sohn des Siegers von Aspern, an dieser Stelle, ein siegreicher
Feldherr und ein wissenschaftlich wie praktisch hochgebildeter Soldat, der mit
ernstem Pflichteifer zum Wohle des Vaterlandes diese Stelle ausfüllt. Durch
schweres Fanüliennnglück hart darniedergebeugt und vereinsamt, erscheint der am
3. August 1817 geborene Erzherzog vor der Zeit gealtert und ergraut, der ge¬
meine Mann aber verehrt in diesem jedenfalls hervorragendsten General der
österreichischen Armee, in gleicher Weise wie der Offizier den wohlwollenden
Vorgesetzten, den treuen Helfer in der Not und den umsichtigen Führer, und der
Erzherzog selbst, dem es vergönnt war, die Lorbeern des Feldherrn auf einem
andern Schauplatze zu ernten, als die große österreichische Armee von schwerem
Mißgeschicke heimgesucht war, hat sich als Soldat wohl auch mit voller Über¬
zeugung der Politik seines kaiserlichen Neffen angeschlossen und betrachtet das
Deutsche Reich und dessen Armee nicht länger als Rivalen, sondern als natür¬
lichen und zuverlässigen Bundesgenossen.


Die Kriegsmacht der österreichisch-ungarischen Monarchie.

Dem Reichskriegsministerium untergeordnet sind gewisse Zentralstellen, welche
als Generalinspektoren die Gleichmäßigkeit von Ausbildung und Dienstbetrieb in
den ihnen unterstellten Branchen überwachen und fördern sollen. Solche Zentral¬
stellen erstrecken sich anßer über die einzelnen Waffengattungen auch über das
Remontirungs- und Fuhrwesen der Armee, über das militärärztliche Offizierkorps,
lind sie begreifen in sich auch das apostolische Feldvikariat und das Militär¬
appellationsgericht.

Bisher stand auch der Generalstab unter dem Kriegsministerium; seit dem
vorigen Jahre ist aber mit der Ernennung des bisherigen zweiten Generalad¬
jutanten des Kaisers, Feldmarschallleutnant Freiherrn v. Beck, eines in Krieg und
Frieden erprobten Offiziers, zum Chef des Generalstabes der Armee, in ähnlicher
Weife, wie sich dies in Preußen seit langer Zeit schon bewährthat, ein Koordinations¬
verhältnis hergestellt. Der Generalstab hat verschiedene Umformungen durchge¬
macht, bis im Jahre 1875 seine Organisation vorläufig zum Abschlüsse gebracht
wurde. Im Gegensatze zu den preußischen Generalstabsoffizieren, welche aus
der Truppe in diese Stellungen abwechselnd'.ein- und wieder austreten, und
welche grundsätzlich alle verschiedenen Rangstufen auch in der Truppe praktisch
durchgemacht haben sollen, bildet der österreichische Generalstab ein in sich ge¬
schlossenes und gegliedertes Korps, dessen 410 Mitglieder unter sich nach
dem Ausfall von Prüfungen avanciren, denen sich selbst Stabsoffiziere unter¬
werfen müssen, und wohl in den verschiedenen Chargen als Abkommcm-
dirte Dienst in der Truppe thun, doch ohne dabei in den Etat derselben zu
treten.

Neben dem Kriegsminister und direkt unter dem Kaiser steht der General¬
inspektor des Heeres, dein die Jnspizirung der Truppen in Bezug auf Aus¬
bildung und Manövrirfähigkeit und die Leitung der größeren Truppenübungen
übertragen ist. Seit dem Jahre 1873 steht Feldmarschall Erzherzog Albrecht,
der erstgeborene Sohn des Siegers von Aspern, an dieser Stelle, ein siegreicher
Feldherr und ein wissenschaftlich wie praktisch hochgebildeter Soldat, der mit
ernstem Pflichteifer zum Wohle des Vaterlandes diese Stelle ausfüllt. Durch
schweres Fanüliennnglück hart darniedergebeugt und vereinsamt, erscheint der am
3. August 1817 geborene Erzherzog vor der Zeit gealtert und ergraut, der ge¬
meine Mann aber verehrt in diesem jedenfalls hervorragendsten General der
österreichischen Armee, in gleicher Weise wie der Offizier den wohlwollenden
Vorgesetzten, den treuen Helfer in der Not und den umsichtigen Führer, und der
Erzherzog selbst, dem es vergönnt war, die Lorbeern des Feldherrn auf einem
andern Schauplatze zu ernten, als die große österreichische Armee von schwerem
Mißgeschicke heimgesucht war, hat sich als Soldat wohl auch mit voller Über¬
zeugung der Politik seines kaiserlichen Neffen angeschlossen und betrachtet das
Deutsche Reich und dessen Armee nicht länger als Rivalen, sondern als natür¬
lichen und zuverlässigen Bundesgenossen.


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[0435] Die Kriegsmacht der österreichisch-ungarischen Monarchie. Dem Reichskriegsministerium untergeordnet sind gewisse Zentralstellen, welche als Generalinspektoren die Gleichmäßigkeit von Ausbildung und Dienstbetrieb in den ihnen unterstellten Branchen überwachen und fördern sollen. Solche Zentral¬ stellen erstrecken sich anßer über die einzelnen Waffengattungen auch über das Remontirungs- und Fuhrwesen der Armee, über das militärärztliche Offizierkorps, lind sie begreifen in sich auch das apostolische Feldvikariat und das Militär¬ appellationsgericht. Bisher stand auch der Generalstab unter dem Kriegsministerium; seit dem vorigen Jahre ist aber mit der Ernennung des bisherigen zweiten Generalad¬ jutanten des Kaisers, Feldmarschallleutnant Freiherrn v. Beck, eines in Krieg und Frieden erprobten Offiziers, zum Chef des Generalstabes der Armee, in ähnlicher Weife, wie sich dies in Preußen seit langer Zeit schon bewährthat, ein Koordinations¬ verhältnis hergestellt. Der Generalstab hat verschiedene Umformungen durchge¬ macht, bis im Jahre 1875 seine Organisation vorläufig zum Abschlüsse gebracht wurde. Im Gegensatze zu den preußischen Generalstabsoffizieren, welche aus der Truppe in diese Stellungen abwechselnd'.ein- und wieder austreten, und welche grundsätzlich alle verschiedenen Rangstufen auch in der Truppe praktisch durchgemacht haben sollen, bildet der österreichische Generalstab ein in sich ge¬ schlossenes und gegliedertes Korps, dessen 410 Mitglieder unter sich nach dem Ausfall von Prüfungen avanciren, denen sich selbst Stabsoffiziere unter¬ werfen müssen, und wohl in den verschiedenen Chargen als Abkommcm- dirte Dienst in der Truppe thun, doch ohne dabei in den Etat derselben zu treten. Neben dem Kriegsminister und direkt unter dem Kaiser steht der General¬ inspektor des Heeres, dein die Jnspizirung der Truppen in Bezug auf Aus¬ bildung und Manövrirfähigkeit und die Leitung der größeren Truppenübungen übertragen ist. Seit dem Jahre 1873 steht Feldmarschall Erzherzog Albrecht, der erstgeborene Sohn des Siegers von Aspern, an dieser Stelle, ein siegreicher Feldherr und ein wissenschaftlich wie praktisch hochgebildeter Soldat, der mit ernstem Pflichteifer zum Wohle des Vaterlandes diese Stelle ausfüllt. Durch schweres Fanüliennnglück hart darniedergebeugt und vereinsamt, erscheint der am 3. August 1817 geborene Erzherzog vor der Zeit gealtert und ergraut, der ge¬ meine Mann aber verehrt in diesem jedenfalls hervorragendsten General der österreichischen Armee, in gleicher Weise wie der Offizier den wohlwollenden Vorgesetzten, den treuen Helfer in der Not und den umsichtigen Führer, und der Erzherzog selbst, dem es vergönnt war, die Lorbeern des Feldherrn auf einem andern Schauplatze zu ernten, als die große österreichische Armee von schwerem Mißgeschicke heimgesucht war, hat sich als Soldat wohl auch mit voller Über¬ zeugung der Politik seines kaiserlichen Neffen angeschlossen und betrachtet das Deutsche Reich und dessen Armee nicht länger als Rivalen, sondern als natür¬ lichen und zuverlässigen Bundesgenossen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89804/435>, abgerufen am 29.06.2024.