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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal.

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Die Fortschritte i" der antiken Kunstgeschichte während des letzten Jahrzehnts.

nicht am Orte der Sammlung selbst Meilen, die Autopsie bis auf einen gemissen
Grad zu ersetzen bestimmt ist. An Katalogen, welche dieser Aufgabe gerecht
werden, war bisher kein Reichtum; namentlich die großen Museen Italiens boten
hierfür, mit Ausnahme des von Beundorf und Schöne beschriebenen Laterau-
museums, so gut wie gar nichts. Inzwischen hat man in Italien von offizieller,
d. h. Verwaltungsseite bei dem Nusso im2iormlL den Anfang mit einem große",
gründlichen Kataloge gemacht, welcher freilich sehr langsam vorschreitet und
meines Wissens noch nicht bis zu deu Skulpturen des Museums gediehen ist. (Auf
Hclbigs Verzeichnis der Wandgemälde kommen wir an andrer Stelle zu sprechen.)
Hingegen ist man für Rom immer noch gar übel daran: in den päpstlichen
Sammlungen des Vatikans wie in den städtischen des Kapitals ist man entweder
immer noch auf die alten, unbrauchbaren Verzeichnisse oder ganz ans sich selbst
angewiesen; es scheint da auch vorläufig noch wenig Aussicht auf Besserung
zu sein, zumal da weder Kurie noch Municipalität es gestatten, daß die von
ihrer Seite zwar beabsichtigte, aber auf die lauge Bank geschobene Ausführung
sorgfältiger Kataloge von andrer Seite, etwa vom archäologischen Institut, in
die Hand genommen werde. Ähnlich steht es mit den großen Privatsammlungen
der Villa Albani und der Villa Borghese. Hingegen ist der Denkmälerschatz
der Villa Ludovisi jetzt sehr sorgfältig beschrieben worden in dem mit Unter¬
stützung des archäologische" Instituts herausgegebenen Buche von Th. Schreiber:
"Die antiken Bildwerke der Villa Ludovisi in Rom" (Leipzig, Engelmnnn, 1880),
und die zerstreuten Antiken Roms in dem, ebenfalls vom Institut subventivnirten
dreibändigen Buche von Fr. Matz, nach dessen Tode revidirt und vollendet von
Fr. von Dudu: "Antike Bildwerke in Rom, mit Ausschluß der größeren
Sammlungen" (Leipzig, Breitkopf und Härtel, 1881 fg.), einer außerordentlich
sorgfältigen Sammlung der so überaus zahlreichen in Roms Straßen, Palästen,
Vignen u. f. w. verstreuten Überreste antiker Skulptur. Was wir an diesen:
Buche freilich als durchaus verfehlt bezeichnen müssen, ist die Anordnung des
Stoffes. Es ist ja richtig und auch bereits genügend hervorgehoben worden,
daß solche Verzeichnisse noch einen höheren Zweck haben als den, bloß dem
studirenden Fachmanne als Handbuch und Begleiter bei seinen Wanderungen zu
dienen; aber immerhin ist auch dieser Zweck ein so wichtiger, daß er nicht ganz
und gar aus den Augen verloren werden darf. Das ist aber, wie ich behaupten
muß, bei diesem Buche geschehen, in dem mau deu ganzen Stoff nicht nach dem
lokalen Gesichtspunkte des gegenwärtigen Aufbewahrungsortes, sondern nach den
Gattungen und Gegenständen der Denkmäler gruppirt hat. Allerdings ist am
Schluß rede" verschiedenen andern praktischen Registern auch ein topographisches
gegeben worden; das kaun aber dem gerügten Übelstnnde nicht abhelfen. Denn
wer wird, wenn er in Rom herumwandelud die zerstreuten Antiken der ewigen
Stadt aufsucht, immer die drei starken Bände des Matzschen Werkes mit sich
herumschleppen wollen, um von der Unbequemlichkeit des beständigen Nach-


Die Fortschritte i» der antiken Kunstgeschichte während des letzten Jahrzehnts.

nicht am Orte der Sammlung selbst Meilen, die Autopsie bis auf einen gemissen
Grad zu ersetzen bestimmt ist. An Katalogen, welche dieser Aufgabe gerecht
werden, war bisher kein Reichtum; namentlich die großen Museen Italiens boten
hierfür, mit Ausnahme des von Beundorf und Schöne beschriebenen Laterau-
museums, so gut wie gar nichts. Inzwischen hat man in Italien von offizieller,
d. h. Verwaltungsseite bei dem Nusso im2iormlL den Anfang mit einem große»,
gründlichen Kataloge gemacht, welcher freilich sehr langsam vorschreitet und
meines Wissens noch nicht bis zu deu Skulpturen des Museums gediehen ist. (Auf
Hclbigs Verzeichnis der Wandgemälde kommen wir an andrer Stelle zu sprechen.)
Hingegen ist man für Rom immer noch gar übel daran: in den päpstlichen
Sammlungen des Vatikans wie in den städtischen des Kapitals ist man entweder
immer noch auf die alten, unbrauchbaren Verzeichnisse oder ganz ans sich selbst
angewiesen; es scheint da auch vorläufig noch wenig Aussicht auf Besserung
zu sein, zumal da weder Kurie noch Municipalität es gestatten, daß die von
ihrer Seite zwar beabsichtigte, aber auf die lauge Bank geschobene Ausführung
sorgfältiger Kataloge von andrer Seite, etwa vom archäologischen Institut, in
die Hand genommen werde. Ähnlich steht es mit den großen Privatsammlungen
der Villa Albani und der Villa Borghese. Hingegen ist der Denkmälerschatz
der Villa Ludovisi jetzt sehr sorgfältig beschrieben worden in dem mit Unter¬
stützung des archäologische» Instituts herausgegebenen Buche von Th. Schreiber:
„Die antiken Bildwerke der Villa Ludovisi in Rom" (Leipzig, Engelmnnn, 1880),
und die zerstreuten Antiken Roms in dem, ebenfalls vom Institut subventivnirten
dreibändigen Buche von Fr. Matz, nach dessen Tode revidirt und vollendet von
Fr. von Dudu: „Antike Bildwerke in Rom, mit Ausschluß der größeren
Sammlungen" (Leipzig, Breitkopf und Härtel, 1881 fg.), einer außerordentlich
sorgfältigen Sammlung der so überaus zahlreichen in Roms Straßen, Palästen,
Vignen u. f. w. verstreuten Überreste antiker Skulptur. Was wir an diesen:
Buche freilich als durchaus verfehlt bezeichnen müssen, ist die Anordnung des
Stoffes. Es ist ja richtig und auch bereits genügend hervorgehoben worden,
daß solche Verzeichnisse noch einen höheren Zweck haben als den, bloß dem
studirenden Fachmanne als Handbuch und Begleiter bei seinen Wanderungen zu
dienen; aber immerhin ist auch dieser Zweck ein so wichtiger, daß er nicht ganz
und gar aus den Augen verloren werden darf. Das ist aber, wie ich behaupten
muß, bei diesem Buche geschehen, in dem mau deu ganzen Stoff nicht nach dem
lokalen Gesichtspunkte des gegenwärtigen Aufbewahrungsortes, sondern nach den
Gattungen und Gegenständen der Denkmäler gruppirt hat. Allerdings ist am
Schluß rede» verschiedenen andern praktischen Registern auch ein topographisches
gegeben worden; das kaun aber dem gerügten Übelstnnde nicht abhelfen. Denn
wer wird, wenn er in Rom herumwandelud die zerstreuten Antiken der ewigen
Stadt aufsucht, immer die drei starken Bände des Matzschen Werkes mit sich
herumschleppen wollen, um von der Unbequemlichkeit des beständigen Nach-


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[0396] Die Fortschritte i» der antiken Kunstgeschichte während des letzten Jahrzehnts. nicht am Orte der Sammlung selbst Meilen, die Autopsie bis auf einen gemissen Grad zu ersetzen bestimmt ist. An Katalogen, welche dieser Aufgabe gerecht werden, war bisher kein Reichtum; namentlich die großen Museen Italiens boten hierfür, mit Ausnahme des von Beundorf und Schöne beschriebenen Laterau- museums, so gut wie gar nichts. Inzwischen hat man in Italien von offizieller, d. h. Verwaltungsseite bei dem Nusso im2iormlL den Anfang mit einem große», gründlichen Kataloge gemacht, welcher freilich sehr langsam vorschreitet und meines Wissens noch nicht bis zu deu Skulpturen des Museums gediehen ist. (Auf Hclbigs Verzeichnis der Wandgemälde kommen wir an andrer Stelle zu sprechen.) Hingegen ist man für Rom immer noch gar übel daran: in den päpstlichen Sammlungen des Vatikans wie in den städtischen des Kapitals ist man entweder immer noch auf die alten, unbrauchbaren Verzeichnisse oder ganz ans sich selbst angewiesen; es scheint da auch vorläufig noch wenig Aussicht auf Besserung zu sein, zumal da weder Kurie noch Municipalität es gestatten, daß die von ihrer Seite zwar beabsichtigte, aber auf die lauge Bank geschobene Ausführung sorgfältiger Kataloge von andrer Seite, etwa vom archäologischen Institut, in die Hand genommen werde. Ähnlich steht es mit den großen Privatsammlungen der Villa Albani und der Villa Borghese. Hingegen ist der Denkmälerschatz der Villa Ludovisi jetzt sehr sorgfältig beschrieben worden in dem mit Unter¬ stützung des archäologische» Instituts herausgegebenen Buche von Th. Schreiber: „Die antiken Bildwerke der Villa Ludovisi in Rom" (Leipzig, Engelmnnn, 1880), und die zerstreuten Antiken Roms in dem, ebenfalls vom Institut subventivnirten dreibändigen Buche von Fr. Matz, nach dessen Tode revidirt und vollendet von Fr. von Dudu: „Antike Bildwerke in Rom, mit Ausschluß der größeren Sammlungen" (Leipzig, Breitkopf und Härtel, 1881 fg.), einer außerordentlich sorgfältigen Sammlung der so überaus zahlreichen in Roms Straßen, Palästen, Vignen u. f. w. verstreuten Überreste antiker Skulptur. Was wir an diesen: Buche freilich als durchaus verfehlt bezeichnen müssen, ist die Anordnung des Stoffes. Es ist ja richtig und auch bereits genügend hervorgehoben worden, daß solche Verzeichnisse noch einen höheren Zweck haben als den, bloß dem studirenden Fachmanne als Handbuch und Begleiter bei seinen Wanderungen zu dienen; aber immerhin ist auch dieser Zweck ein so wichtiger, daß er nicht ganz und gar aus den Augen verloren werden darf. Das ist aber, wie ich behaupten muß, bei diesem Buche geschehen, in dem mau deu ganzen Stoff nicht nach dem lokalen Gesichtspunkte des gegenwärtigen Aufbewahrungsortes, sondern nach den Gattungen und Gegenständen der Denkmäler gruppirt hat. Allerdings ist am Schluß rede» verschiedenen andern praktischen Registern auch ein topographisches gegeben worden; das kaun aber dem gerügten Übelstnnde nicht abhelfen. Denn wer wird, wenn er in Rom herumwandelud die zerstreuten Antiken der ewigen Stadt aufsucht, immer die drei starken Bände des Matzschen Werkes mit sich herumschleppen wollen, um von der Unbequemlichkeit des beständigen Nach-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89804/396>, abgerufen am 29.06.2024.