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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal.

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Die Fortschritte in der antiken Annstaeschichtc während des letzten Jahrzehnts.

Vortreffliche Behandlung dieses Gegenstandes genügt heute doch längst nicht
mehr.

Das ist alles, was wir von zusammenhängenden Darstellungen über antike
Kunstgeschichte hier anzuführen hätten. Man sieht, die Zahl derer, welche sich
an solche umfassende Aufgabe" wage", ist vorläufig noch sehr klein. Um so
größer ist dafür die Zahl derer, welche mit Herbeischaffung des Materials oder
mit Spezialuutcrsuchungcn darüber beschäftigt sind. Wenn weiterhin dargelegt
werden soll, welchen Gewinn die Geschichte der alten Kunst, insbesondre die der
bildenden Künste, aus den wissenschaftlichen Entdeckungen und Forschungen des
letzten Jahrzehnts davongetragen hat, so muß ich von vornherein bemerken,
daß ich entsprechend dem Charakter dieser Zeitschrift und gemäß dem mir ver¬
gönnten Raume mich auf das wichtigste beschränken und eine Menge Details,
die nur für den Fachmann von Interesse sind, übergehen muß. Dabei ist aller¬
dings nicht der Umfang der zu nennenden oder zu übergehenden Untersuchungen
maßgebend; denn umfangreiche Arbeiten werden wir verschweigen müssen, weil
sie zu spezielle Gebiete der Wissenschaft beschlagen, während bisweilen ganz kurze
Aufsätze namhaft zu machen sein werden, wenn ihnen ein wesentlicher Fortschritt
in der Kunstgeschichte, der auch für den Laien von Interesse sein muß, ver¬
dankt wird. ,

Ehe ich jedoch zu diesem eigentlichem Thema übergehe, sei es mir verstattet,
in möglichster Kürze noch der Vermehrung zu gedenken, welche die archäologischen
Hilfsmittel in diesen zehn Jahren erfahren haben. Bekanntlich teilt sich das
Material, mir dessen Hilfe der Bau der Kunstgeschichte aufgeführt werden muß,
in zwei große Teile: in einen literarischen, d. h. die Schriftsteller der Alten,
welche uns von Kunst, Kunstwerken und Künstlern berichten, und in einen monu¬
mentalen, d. h. die noch erhaltenen Denkmäler. Jener erste Teil ist der Be¬
reicherung im allgemeinen nicht mehr fähig; neues kann hier mir hinzukommen
entweder durch dankenswerte Zusammenstellung von Schriftsteller unter neuen
Gesichtspunkten, oder durch "cuc Erklärungen, Quellenuntersnchungen und der¬
gleichen. Was in dieser Hinsicht in den letzten Jahren geleistet worden, namentlich
die mannigfachen Arbeiten über Plinins und Pausanias, muß ich hier, als zu
streng philologischer Natur, übergehe,?. Der Denkmälerschatz hingegen erfährt
nicht nur tagtäglich Bereicherung und hat namentlich in der jüngsten Zeit eine
ungeahnte Vermehrung durch Werke vou höchster kunsthistvrischer Bedeutung er¬
fahre", sondern hier handelt es sich auch des weiteren darum, daß das seit
längerer oder kürzerer Zeit vorhandene, aber überall in öffentlichen und Privat¬
sammlungen zerstreute Material gesammelt, beschrieben, in seinen wichtigsten Be¬
standteilen much durch gute Abbildungen und Besprechungen der allgemeinen
Benutzung zugänglich gemacht werde. Namentlich diese letzteren Aufgaben, welche
hänfig die Kräfte eines einzelnen übersteigen und zu ihrer Ausführung oft be¬
deutende Mittel erfordern, fallen großenteils den gelehrten Körperschaften, wie


Grenzboten I. 1832. 43
Die Fortschritte in der antiken Annstaeschichtc während des letzten Jahrzehnts.

Vortreffliche Behandlung dieses Gegenstandes genügt heute doch längst nicht
mehr.

Das ist alles, was wir von zusammenhängenden Darstellungen über antike
Kunstgeschichte hier anzuführen hätten. Man sieht, die Zahl derer, welche sich
an solche umfassende Aufgabe» wage», ist vorläufig noch sehr klein. Um so
größer ist dafür die Zahl derer, welche mit Herbeischaffung des Materials oder
mit Spezialuutcrsuchungcn darüber beschäftigt sind. Wenn weiterhin dargelegt
werden soll, welchen Gewinn die Geschichte der alten Kunst, insbesondre die der
bildenden Künste, aus den wissenschaftlichen Entdeckungen und Forschungen des
letzten Jahrzehnts davongetragen hat, so muß ich von vornherein bemerken,
daß ich entsprechend dem Charakter dieser Zeitschrift und gemäß dem mir ver¬
gönnten Raume mich auf das wichtigste beschränken und eine Menge Details,
die nur für den Fachmann von Interesse sind, übergehen muß. Dabei ist aller¬
dings nicht der Umfang der zu nennenden oder zu übergehenden Untersuchungen
maßgebend; denn umfangreiche Arbeiten werden wir verschweigen müssen, weil
sie zu spezielle Gebiete der Wissenschaft beschlagen, während bisweilen ganz kurze
Aufsätze namhaft zu machen sein werden, wenn ihnen ein wesentlicher Fortschritt
in der Kunstgeschichte, der auch für den Laien von Interesse sein muß, ver¬
dankt wird. ,

Ehe ich jedoch zu diesem eigentlichem Thema übergehe, sei es mir verstattet,
in möglichster Kürze noch der Vermehrung zu gedenken, welche die archäologischen
Hilfsmittel in diesen zehn Jahren erfahren haben. Bekanntlich teilt sich das
Material, mir dessen Hilfe der Bau der Kunstgeschichte aufgeführt werden muß,
in zwei große Teile: in einen literarischen, d. h. die Schriftsteller der Alten,
welche uns von Kunst, Kunstwerken und Künstlern berichten, und in einen monu¬
mentalen, d. h. die noch erhaltenen Denkmäler. Jener erste Teil ist der Be¬
reicherung im allgemeinen nicht mehr fähig; neues kann hier mir hinzukommen
entweder durch dankenswerte Zusammenstellung von Schriftsteller unter neuen
Gesichtspunkten, oder durch »cuc Erklärungen, Quellenuntersnchungen und der¬
gleichen. Was in dieser Hinsicht in den letzten Jahren geleistet worden, namentlich
die mannigfachen Arbeiten über Plinins und Pausanias, muß ich hier, als zu
streng philologischer Natur, übergehe,?. Der Denkmälerschatz hingegen erfährt
nicht nur tagtäglich Bereicherung und hat namentlich in der jüngsten Zeit eine
ungeahnte Vermehrung durch Werke vou höchster kunsthistvrischer Bedeutung er¬
fahre», sondern hier handelt es sich auch des weiteren darum, daß das seit
längerer oder kürzerer Zeit vorhandene, aber überall in öffentlichen und Privat¬
sammlungen zerstreute Material gesammelt, beschrieben, in seinen wichtigsten Be¬
standteilen much durch gute Abbildungen und Besprechungen der allgemeinen
Benutzung zugänglich gemacht werde. Namentlich diese letzteren Aufgaben, welche
hänfig die Kräfte eines einzelnen übersteigen und zu ihrer Ausführung oft be¬
deutende Mittel erfordern, fallen großenteils den gelehrten Körperschaften, wie


Grenzboten I. 1832. 43
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[0345] Die Fortschritte in der antiken Annstaeschichtc während des letzten Jahrzehnts. Vortreffliche Behandlung dieses Gegenstandes genügt heute doch längst nicht mehr. Das ist alles, was wir von zusammenhängenden Darstellungen über antike Kunstgeschichte hier anzuführen hätten. Man sieht, die Zahl derer, welche sich an solche umfassende Aufgabe» wage», ist vorläufig noch sehr klein. Um so größer ist dafür die Zahl derer, welche mit Herbeischaffung des Materials oder mit Spezialuutcrsuchungcn darüber beschäftigt sind. Wenn weiterhin dargelegt werden soll, welchen Gewinn die Geschichte der alten Kunst, insbesondre die der bildenden Künste, aus den wissenschaftlichen Entdeckungen und Forschungen des letzten Jahrzehnts davongetragen hat, so muß ich von vornherein bemerken, daß ich entsprechend dem Charakter dieser Zeitschrift und gemäß dem mir ver¬ gönnten Raume mich auf das wichtigste beschränken und eine Menge Details, die nur für den Fachmann von Interesse sind, übergehen muß. Dabei ist aller¬ dings nicht der Umfang der zu nennenden oder zu übergehenden Untersuchungen maßgebend; denn umfangreiche Arbeiten werden wir verschweigen müssen, weil sie zu spezielle Gebiete der Wissenschaft beschlagen, während bisweilen ganz kurze Aufsätze namhaft zu machen sein werden, wenn ihnen ein wesentlicher Fortschritt in der Kunstgeschichte, der auch für den Laien von Interesse sein muß, ver¬ dankt wird. , Ehe ich jedoch zu diesem eigentlichem Thema übergehe, sei es mir verstattet, in möglichster Kürze noch der Vermehrung zu gedenken, welche die archäologischen Hilfsmittel in diesen zehn Jahren erfahren haben. Bekanntlich teilt sich das Material, mir dessen Hilfe der Bau der Kunstgeschichte aufgeführt werden muß, in zwei große Teile: in einen literarischen, d. h. die Schriftsteller der Alten, welche uns von Kunst, Kunstwerken und Künstlern berichten, und in einen monu¬ mentalen, d. h. die noch erhaltenen Denkmäler. Jener erste Teil ist der Be¬ reicherung im allgemeinen nicht mehr fähig; neues kann hier mir hinzukommen entweder durch dankenswerte Zusammenstellung von Schriftsteller unter neuen Gesichtspunkten, oder durch »cuc Erklärungen, Quellenuntersnchungen und der¬ gleichen. Was in dieser Hinsicht in den letzten Jahren geleistet worden, namentlich die mannigfachen Arbeiten über Plinins und Pausanias, muß ich hier, als zu streng philologischer Natur, übergehe,?. Der Denkmälerschatz hingegen erfährt nicht nur tagtäglich Bereicherung und hat namentlich in der jüngsten Zeit eine ungeahnte Vermehrung durch Werke vou höchster kunsthistvrischer Bedeutung er¬ fahre», sondern hier handelt es sich auch des weiteren darum, daß das seit längerer oder kürzerer Zeit vorhandene, aber überall in öffentlichen und Privat¬ sammlungen zerstreute Material gesammelt, beschrieben, in seinen wichtigsten Be¬ standteilen much durch gute Abbildungen und Besprechungen der allgemeinen Benutzung zugänglich gemacht werde. Namentlich diese letzteren Aufgaben, welche hänfig die Kräfte eines einzelnen übersteigen und zu ihrer Ausführung oft be¬ deutende Mittel erfordern, fallen großenteils den gelehrten Körperschaften, wie Grenzboten I. 1832. 43

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89804/345>, abgerufen am 28.09.2024.