Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal.Die Fortschritte in der antiken Kunstgeschichte während des letzten Jahrzehnts, Das Hauptgewicht liegt hier in der Darstellung der archaischen Kunst. Phidias Endlich dürfen wir hier, bei Besprechung der historischen Behandlung der Die Fortschritte in der antiken Kunstgeschichte während des letzten Jahrzehnts, Das Hauptgewicht liegt hier in der Darstellung der archaischen Kunst. Phidias Endlich dürfen wir hier, bei Besprechung der historischen Behandlung der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0344" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/86465"/> <fw type="header" place="top"> Die Fortschritte in der antiken Kunstgeschichte während des letzten Jahrzehnts,</fw><lb/> <p xml:id="ID_1425" prev="#ID_1424"> Das Hauptgewicht liegt hier in der Darstellung der archaischen Kunst. Phidias<lb/> selbst ist nicht mehr behandelt, wohl aber seine beiden Mitschüler Myron und<lb/> Polyklet, von denen freilich letzterer nach der gewöhnlichen Annahme etwas jünger<lb/> ist als Phidias; der Verfasser hat ihn vermutlich noch mit herübergenommen,<lb/> weil ihm Polhtlets Kunstcharakter dem reife» Archaismus noch näher zu stehen<lb/> scheinen mochte, als die Kunst des Phidias, obgleich ja auch bei diesem an ge¬<lb/> wissen Kennzeichen sich immer noch das archaische Element verrät. Das Werk,<lb/> in welchem selbstverständlich die neuesten Resultate der Ausgrabungen und<lb/> Forschungen Verwendung gefunden haben, obgleich sich der Verfasser auf Dis¬<lb/> kussion streitiger Punkte oder Polemik nicht einläßt, scheint zwar wesentlich für<lb/> das gebildete Laienpublikum berechnet zu sei», bietet aber auch für den Fachmann<lb/> manches von Interesse. Freunde Homers und des Lessingschen „Laokoon" wird<lb/> namentlich Mnrrays Rekonstruktion des Achillesschildcs interessiren, in welcher<lb/> nicht nur die gewöhnliche runde Form des Schildes verändert, sondern auch,<lb/> gemäß den heutigen Ansichten über die Kunst des homerischen Zeitalters, den<lb/> Darstellungen des Schildes Werke phönizischer, assyrischer und ägyptischer Kunst<lb/> zu Grunde gelegt sind. Die Abbildungen, unter denen manche, die man sonst selten<lb/> zu Gesicht bekommt, sind von sehr ungleichem Werte: neben manchen recht brauch¬<lb/> baren stehen total mißlungene (man vgl. z. V. die Metope von Selinus S. 253<lb/> oder den Diskobvl S. 232).</p><lb/> <p xml:id="ID_1426" next="#ID_1427"> Endlich dürfen wir hier, bei Besprechung der historischen Behandlung der<lb/> griechische» Kunst, nicht unerwähnt lassen Karl Wörmanns Malerei des Alter¬<lb/> tums, welche deu ersten Abschnitt der „Geschichte der Malerei" von Alfred Wolt-<lb/> mann (Leipzig, Seemann, 1878) bildet. Es ist allerdings nur ein kurzer Abriß,<lb/> der hier gegeben ist: nach einem Abschnitte über die Malerei im alten Orient<lb/> wird zunächst die griechische und römische Malerei nach den Schriftquellen be¬<lb/> handelt, und hierauf die erhaltenen Werke der griechisch-römischen Malerei,<lb/> Vasenbilder, gravirte Metallarbeiten, Mosaiken, Gemälde auf Stein, Miniaturen,<lb/> Wandgemälde. Zu einer solche» Trennung der Schriftquelle» von de» Denk¬<lb/> mälern sind wir ja leider in der antiken Malerei genötigt; innerhalb der Denk¬<lb/> mäler selbst freilich erscheint uus die Trennung nach der Technik, wie sie Wör-<lb/> mcmn durchgeführt hat, etwas zu weit getrieben; hier würde sich eine stilistische Be¬<lb/> Handlungsweise nach unserm Dafürhalten mehr empfohlen haben. Die Geschichte<lb/> der Vasenmalerei ist auch etwas zu aphoristisch behandelt; und Auswahl sowie<lb/> Ausführung der Abbildungen (unter denen man auffallenderweise eine Probe<lb/> der attischen Lekythen ganz vermißt) sind kaum imstande, auch nur einigermaßen<lb/> die historische Entwicklung der Vasenmalerei darzulegen. Da die Vasenmalerei<lb/> gerade so vortrefflich wie außer der Numismatik kein andrer Zweig der<lb/> Denkmäler sich historisch verfolgen läßt, wäre eine eingehendere Berücksich¬<lb/> tigung derselben wohl am Platze gewesen. Beiläufig: Wann werden wir<lb/> einmal eine Geschichte der Vasenmalerei erhalten? O. Jcchns für seine Zeit</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0344]
Die Fortschritte in der antiken Kunstgeschichte während des letzten Jahrzehnts,
Das Hauptgewicht liegt hier in der Darstellung der archaischen Kunst. Phidias
selbst ist nicht mehr behandelt, wohl aber seine beiden Mitschüler Myron und
Polyklet, von denen freilich letzterer nach der gewöhnlichen Annahme etwas jünger
ist als Phidias; der Verfasser hat ihn vermutlich noch mit herübergenommen,
weil ihm Polhtlets Kunstcharakter dem reife» Archaismus noch näher zu stehen
scheinen mochte, als die Kunst des Phidias, obgleich ja auch bei diesem an ge¬
wissen Kennzeichen sich immer noch das archaische Element verrät. Das Werk,
in welchem selbstverständlich die neuesten Resultate der Ausgrabungen und
Forschungen Verwendung gefunden haben, obgleich sich der Verfasser auf Dis¬
kussion streitiger Punkte oder Polemik nicht einläßt, scheint zwar wesentlich für
das gebildete Laienpublikum berechnet zu sei», bietet aber auch für den Fachmann
manches von Interesse. Freunde Homers und des Lessingschen „Laokoon" wird
namentlich Mnrrays Rekonstruktion des Achillesschildcs interessiren, in welcher
nicht nur die gewöhnliche runde Form des Schildes verändert, sondern auch,
gemäß den heutigen Ansichten über die Kunst des homerischen Zeitalters, den
Darstellungen des Schildes Werke phönizischer, assyrischer und ägyptischer Kunst
zu Grunde gelegt sind. Die Abbildungen, unter denen manche, die man sonst selten
zu Gesicht bekommt, sind von sehr ungleichem Werte: neben manchen recht brauch¬
baren stehen total mißlungene (man vgl. z. V. die Metope von Selinus S. 253
oder den Diskobvl S. 232).
Endlich dürfen wir hier, bei Besprechung der historischen Behandlung der
griechische» Kunst, nicht unerwähnt lassen Karl Wörmanns Malerei des Alter¬
tums, welche deu ersten Abschnitt der „Geschichte der Malerei" von Alfred Wolt-
mann (Leipzig, Seemann, 1878) bildet. Es ist allerdings nur ein kurzer Abriß,
der hier gegeben ist: nach einem Abschnitte über die Malerei im alten Orient
wird zunächst die griechische und römische Malerei nach den Schriftquellen be¬
handelt, und hierauf die erhaltenen Werke der griechisch-römischen Malerei,
Vasenbilder, gravirte Metallarbeiten, Mosaiken, Gemälde auf Stein, Miniaturen,
Wandgemälde. Zu einer solche» Trennung der Schriftquelle» von de» Denk¬
mälern sind wir ja leider in der antiken Malerei genötigt; innerhalb der Denk¬
mäler selbst freilich erscheint uus die Trennung nach der Technik, wie sie Wör-
mcmn durchgeführt hat, etwas zu weit getrieben; hier würde sich eine stilistische Be¬
Handlungsweise nach unserm Dafürhalten mehr empfohlen haben. Die Geschichte
der Vasenmalerei ist auch etwas zu aphoristisch behandelt; und Auswahl sowie
Ausführung der Abbildungen (unter denen man auffallenderweise eine Probe
der attischen Lekythen ganz vermißt) sind kaum imstande, auch nur einigermaßen
die historische Entwicklung der Vasenmalerei darzulegen. Da die Vasenmalerei
gerade so vortrefflich wie außer der Numismatik kein andrer Zweig der
Denkmäler sich historisch verfolgen läßt, wäre eine eingehendere Berücksich¬
tigung derselben wohl am Platze gewesen. Beiläufig: Wann werden wir
einmal eine Geschichte der Vasenmalerei erhalten? O. Jcchns für seine Zeit
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