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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal.

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verbotene Blinder,

er werde an den Drucker nach Halle schreiben, der in zwei oder drei Tagen
ohne Zweifel sich selbst und auch Wohl die Autoren nennen würde? er für seine
Person könne dieselben nicht namhaft machen, wisse nichts von ihnen außer dem,
was insgemein geredet werde und man etwa mutmaßte. Wofer" er einen ohne
genügsamen Grund benennete, könnte es ihm schwere Verantwortung bringen.
Die Autoren aber würden schon bei Ihrer Kurfürstlichen Durchlaucht selbst ein¬
zukommen nicht unterlassen, worauf gewiß andrer gnädigster Befehl zu hoffen
wäre. Was das Verbot anlange, die Schrift zu vertreiben, so sei davon einer¬
seits in dem kurfürstlichen Befehl ausdrücklich nichts enthalten, daher Wohl auch
ein wohlweiser Rat die Grenzen desselben nicht überschreiten werde. Andrerseits
liege die Schrift in allen Buchläden, werde öffentlich verkauft, und wenn er als
Verleger allein diese Freiheit nicht haben sollte, so würde es ihm schimpflich
sein, zumal da große Nachfrage nach dem Büchlein wäre. Der Rat erklärte ihm
hierauf, es bleibe zur Zeit in jeder Beziehung bei der ihm gemachten Andeutung,
und stattete am folgenden Tage über beide Verhöre nach Dresden Bericht ab.

Am 21. Januar lief, abermals mit einem kurzen Begleitschreiben Dr. Albertis,
der noch in Dresden verweilte, ein neuer Befehl des Konsistoriums ein, worin
der Rat aufgefordert wurde, Weidmann anzuhalten, die Autoren und den Drucker
"eidlich anzuzeigen." So wurde denn der Verleger am 23. Januar abermals
vorgefordert und ihm der kurfürstliche Befehl eröffnet. Weidmann blieb dabei,
daß er mit gutem Gewissen den Autor nicht nennen könne. Insgemein werde
geredet von Herrn Dr. Thomcisio und einigen andern, aber wer in Wahrheit
der Autor sei, könne er nicht sagen. Der Freund, von dem er die Exemplare
zum Verkauf bekomme, habe ihn hoch gebeten, ihn nicht zu nennen; soviel wisse
er, daß die Schrift bei Saalfeld in Halle gedruckt werde.

Auf nochmaliges Drängen, denjenigen doch mir zu nennen, von dem er
die Schrift bekommen habe, überreichte er folgendes Schreiben von Thomas'
eigner Hand, welches sich im Original bei den Akten befindet.


NaAmtivi
Hoch- Wohl- und Edle, Beste, Hoch- und Wohlgelahrte
auch Hochweise
Großgönstige Hochgeehrte Herren,

Ich vernehme, daß Dieselben viZoro erhaltener eumnussion auß dem Hochlöb-
lichen Ober Lonsi-ztorio zu Dreßden bey Noritn 6001^0 Weidmänner wieder den
^-utoiLiu der ohnlängst herausgekommenen Schcrtz und Ernsthafften Gebannten über
ästige und nützliche Bücher und Fragen wgvii'ii'ot. Nun hat es damit kürtzlich
diese bewandtnüß. Alß ich ohnlängst von etlichen vornehmen Leuten, mit denen
>es die ehre habe zu eoiren"panäii-en, ersucht worden ein loui'rat als LcÄvans in
Rutscher Sprache oum iuäioiis alö imÄitoi'idus ssi^ zu schreiben, ich aber wegen meiner
evUvgWi'um und äispnt^tiouum die müßige Zeit, so aufs dergleichen Sachen gewendet
Werden muß nicht gefunden; habe ich etliche auswärtige gute Freunde vermocht,
welche wenig zu verrichten haben, dieses an meine Statt auff sich zu nehmen: auch


verbotene Blinder,

er werde an den Drucker nach Halle schreiben, der in zwei oder drei Tagen
ohne Zweifel sich selbst und auch Wohl die Autoren nennen würde? er für seine
Person könne dieselben nicht namhaft machen, wisse nichts von ihnen außer dem,
was insgemein geredet werde und man etwa mutmaßte. Wofer» er einen ohne
genügsamen Grund benennete, könnte es ihm schwere Verantwortung bringen.
Die Autoren aber würden schon bei Ihrer Kurfürstlichen Durchlaucht selbst ein¬
zukommen nicht unterlassen, worauf gewiß andrer gnädigster Befehl zu hoffen
wäre. Was das Verbot anlange, die Schrift zu vertreiben, so sei davon einer¬
seits in dem kurfürstlichen Befehl ausdrücklich nichts enthalten, daher Wohl auch
ein wohlweiser Rat die Grenzen desselben nicht überschreiten werde. Andrerseits
liege die Schrift in allen Buchläden, werde öffentlich verkauft, und wenn er als
Verleger allein diese Freiheit nicht haben sollte, so würde es ihm schimpflich
sein, zumal da große Nachfrage nach dem Büchlein wäre. Der Rat erklärte ihm
hierauf, es bleibe zur Zeit in jeder Beziehung bei der ihm gemachten Andeutung,
und stattete am folgenden Tage über beide Verhöre nach Dresden Bericht ab.

Am 21. Januar lief, abermals mit einem kurzen Begleitschreiben Dr. Albertis,
der noch in Dresden verweilte, ein neuer Befehl des Konsistoriums ein, worin
der Rat aufgefordert wurde, Weidmann anzuhalten, die Autoren und den Drucker
„eidlich anzuzeigen." So wurde denn der Verleger am 23. Januar abermals
vorgefordert und ihm der kurfürstliche Befehl eröffnet. Weidmann blieb dabei,
daß er mit gutem Gewissen den Autor nicht nennen könne. Insgemein werde
geredet von Herrn Dr. Thomcisio und einigen andern, aber wer in Wahrheit
der Autor sei, könne er nicht sagen. Der Freund, von dem er die Exemplare
zum Verkauf bekomme, habe ihn hoch gebeten, ihn nicht zu nennen; soviel wisse
er, daß die Schrift bei Saalfeld in Halle gedruckt werde.

Auf nochmaliges Drängen, denjenigen doch mir zu nennen, von dem er
die Schrift bekommen habe, überreichte er folgendes Schreiben von Thomas'
eigner Hand, welches sich im Original bei den Akten befindet.


NaAmtivi
Hoch- Wohl- und Edle, Beste, Hoch- und Wohlgelahrte
auch Hochweise
Großgönstige Hochgeehrte Herren,

Ich vernehme, daß Dieselben viZoro erhaltener eumnussion auß dem Hochlöb-
lichen Ober Lonsi-ztorio zu Dreßden bey Noritn 6001^0 Weidmänner wieder den
^-utoiLiu der ohnlängst herausgekommenen Schcrtz und Ernsthafften Gebannten über
ästige und nützliche Bücher und Fragen wgvii'ii'ot. Nun hat es damit kürtzlich
diese bewandtnüß. Alß ich ohnlängst von etlichen vornehmen Leuten, mit denen
>es die ehre habe zu eoiren«panäii-en, ersucht worden ein loui'rat als LcÄvans in
Rutscher Sprache oum iuäioiis alö imÄitoi'idus ssi^ zu schreiben, ich aber wegen meiner
evUvgWi'um und äispnt^tiouum die müßige Zeit, so aufs dergleichen Sachen gewendet
Werden muß nicht gefunden; habe ich etliche auswärtige gute Freunde vermocht,
welche wenig zu verrichten haben, dieses an meine Statt auff sich zu nehmen: auch


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[0275] verbotene Blinder, er werde an den Drucker nach Halle schreiben, der in zwei oder drei Tagen ohne Zweifel sich selbst und auch Wohl die Autoren nennen würde? er für seine Person könne dieselben nicht namhaft machen, wisse nichts von ihnen außer dem, was insgemein geredet werde und man etwa mutmaßte. Wofer» er einen ohne genügsamen Grund benennete, könnte es ihm schwere Verantwortung bringen. Die Autoren aber würden schon bei Ihrer Kurfürstlichen Durchlaucht selbst ein¬ zukommen nicht unterlassen, worauf gewiß andrer gnädigster Befehl zu hoffen wäre. Was das Verbot anlange, die Schrift zu vertreiben, so sei davon einer¬ seits in dem kurfürstlichen Befehl ausdrücklich nichts enthalten, daher Wohl auch ein wohlweiser Rat die Grenzen desselben nicht überschreiten werde. Andrerseits liege die Schrift in allen Buchläden, werde öffentlich verkauft, und wenn er als Verleger allein diese Freiheit nicht haben sollte, so würde es ihm schimpflich sein, zumal da große Nachfrage nach dem Büchlein wäre. Der Rat erklärte ihm hierauf, es bleibe zur Zeit in jeder Beziehung bei der ihm gemachten Andeutung, und stattete am folgenden Tage über beide Verhöre nach Dresden Bericht ab. Am 21. Januar lief, abermals mit einem kurzen Begleitschreiben Dr. Albertis, der noch in Dresden verweilte, ein neuer Befehl des Konsistoriums ein, worin der Rat aufgefordert wurde, Weidmann anzuhalten, die Autoren und den Drucker „eidlich anzuzeigen." So wurde denn der Verleger am 23. Januar abermals vorgefordert und ihm der kurfürstliche Befehl eröffnet. Weidmann blieb dabei, daß er mit gutem Gewissen den Autor nicht nennen könne. Insgemein werde geredet von Herrn Dr. Thomcisio und einigen andern, aber wer in Wahrheit der Autor sei, könne er nicht sagen. Der Freund, von dem er die Exemplare zum Verkauf bekomme, habe ihn hoch gebeten, ihn nicht zu nennen; soviel wisse er, daß die Schrift bei Saalfeld in Halle gedruckt werde. Auf nochmaliges Drängen, denjenigen doch mir zu nennen, von dem er die Schrift bekommen habe, überreichte er folgendes Schreiben von Thomas' eigner Hand, welches sich im Original bei den Akten befindet. NaAmtivi Hoch- Wohl- und Edle, Beste, Hoch- und Wohlgelahrte auch Hochweise Großgönstige Hochgeehrte Herren, Ich vernehme, daß Dieselben viZoro erhaltener eumnussion auß dem Hochlöb- lichen Ober Lonsi-ztorio zu Dreßden bey Noritn 6001^0 Weidmänner wieder den ^-utoiLiu der ohnlängst herausgekommenen Schcrtz und Ernsthafften Gebannten über ästige und nützliche Bücher und Fragen wgvii'ii'ot. Nun hat es damit kürtzlich diese bewandtnüß. Alß ich ohnlängst von etlichen vornehmen Leuten, mit denen >es die ehre habe zu eoiren«panäii-en, ersucht worden ein loui'rat als LcÄvans in Rutscher Sprache oum iuäioiis alö imÄitoi'idus ssi^ zu schreiben, ich aber wegen meiner evUvgWi'um und äispnt^tiouum die müßige Zeit, so aufs dergleichen Sachen gewendet Werden muß nicht gefunden; habe ich etliche auswärtige gute Freunde vermocht, welche wenig zu verrichten haben, dieses an meine Statt auff sich zu nehmen: auch

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89804/275>, abgerufen am 29.06.2024.