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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal.

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Balladen "ut ThyrsosKAger,

Er reichte ihr mit diesen Worten den Schmuck, da er eine entgegenkommende
Handbewegung von ihr wahrzunehmen glaubte, aber ihre schlanken, weißen Finger
hielten das Gold nicht fest, die Kette fiel auf das seidene Kleid und rollte mit
leisem Klirren ans den Teppich hinab.

Die Katze schoß mit einem Satze hinterher und schien überzeugt zu sein,
dies sei ein Spielzeug für sie.

Er Preßte die Lippen zusammen "ut sah finster dem Spiele des Thieres
zu, welches mit graziöser Pfote nach den Kugeln schlug, um sich daun znsammcn-
znkaueru und mit einem eleganten Sprunge über sie hinwegzusetzen,

Dn bist ein unterhaltender Besuch, sagte Lilli nach einer langen, stummen Pause.

Es kommt mir so vor, entgegnete er, als hätte ich mehr gesprochen als dn.

Ah, mein Freund, sagte sie schnell, wenn es dir irgend welche Mühe macht,
mit mir zu reden, so wäre es klüger gewesen, du hättest von deiner Fran gnr
nicht die Erlaubnis erbeten, hierher zu kommen.

Pah! rief er ärgerlich. Es scheint dir mir um eine Szene zu thun zu sein!

Wirklich! sagte sie lachend und richtete sich halb auf. Aber, mein Freund,
das läßt du dir gefallen? Du vernachlässigst wichtige Geschäfte, um dir Szenen
machen zu lassen?

Er zuckte die Achseln, Dn könntest Recht haben, versetzte er bitter, wenn
dn mich für thöricht hältst.

El, Balduin, wer hält dich denn? Die Thür ist offen. Ich weiß es schon
lange, daß du meiner überdrüssig bist. Ich begreife nur nicht, daß du es für
schwer hältst, mich los zu werden. Du suchst nach einer Gelegenheit zum Bruch.
Gütiger Himmel, du hast emvarms alö riodessös! Geh dn, mein Freund, geh
ans Nimmerwiedersehen!

Wahrhaftig, sagte er aufstehend, wenn das deine Meinung ist, so leb denn wohl!

Bleich vor Zorn nahm er seinen Hut, verneigte sich und ging entschlossen
der Thür zu.

Sie folgte seinen Bewegungen mit lauerndem Blick, und als er die Thür¬
klinke ergriff, hatte sie ihn mit einem Sprunge erreicht und packte ihn um der
Schulter, indem ihre Augen gleich Flammen in die seinigen leuchteten.

Du gehst, Balduin? fragte sie mit zischender Stimme.

Dn hast es nur nahe genug gelegt, entgegnete er unwillig und sich losreißend.

Geh nicht!

Ich will nicht dein Narr sein, antwortete er, ihre Hände znrückstoßend.
Und er öffnete die Thür.

Sie folgte ihm.

Ohne auf das verwunderte Gesicht ihrer Zofe zu achten, welche höflich die
Korridorthür öffnete, folgte sie ihm.nach und blieb die Treppe hinab Stufe
nach Stufe seinem Schatten gleich dicht hinter ihm.

Auf dem ersten Treppenabsatz blieb er stehen.

Bist du den ganz verrückt? fragte er leise und ingrimmig. Wie magst du


Balladen »ut ThyrsosKAger,

Er reichte ihr mit diesen Worten den Schmuck, da er eine entgegenkommende
Handbewegung von ihr wahrzunehmen glaubte, aber ihre schlanken, weißen Finger
hielten das Gold nicht fest, die Kette fiel auf das seidene Kleid und rollte mit
leisem Klirren ans den Teppich hinab.

Die Katze schoß mit einem Satze hinterher und schien überzeugt zu sein,
dies sei ein Spielzeug für sie.

Er Preßte die Lippen zusammen »ut sah finster dem Spiele des Thieres
zu, welches mit graziöser Pfote nach den Kugeln schlug, um sich daun znsammcn-
znkaueru und mit einem eleganten Sprunge über sie hinwegzusetzen,

Dn bist ein unterhaltender Besuch, sagte Lilli nach einer langen, stummen Pause.

Es kommt mir so vor, entgegnete er, als hätte ich mehr gesprochen als dn.

Ah, mein Freund, sagte sie schnell, wenn es dir irgend welche Mühe macht,
mit mir zu reden, so wäre es klüger gewesen, du hättest von deiner Fran gnr
nicht die Erlaubnis erbeten, hierher zu kommen.

Pah! rief er ärgerlich. Es scheint dir mir um eine Szene zu thun zu sein!

Wirklich! sagte sie lachend und richtete sich halb auf. Aber, mein Freund,
das läßt du dir gefallen? Du vernachlässigst wichtige Geschäfte, um dir Szenen
machen zu lassen?

Er zuckte die Achseln, Dn könntest Recht haben, versetzte er bitter, wenn
dn mich für thöricht hältst.

El, Balduin, wer hält dich denn? Die Thür ist offen. Ich weiß es schon
lange, daß du meiner überdrüssig bist. Ich begreife nur nicht, daß du es für
schwer hältst, mich los zu werden. Du suchst nach einer Gelegenheit zum Bruch.
Gütiger Himmel, du hast emvarms alö riodessös! Geh dn, mein Freund, geh
ans Nimmerwiedersehen!

Wahrhaftig, sagte er aufstehend, wenn das deine Meinung ist, so leb denn wohl!

Bleich vor Zorn nahm er seinen Hut, verneigte sich und ging entschlossen
der Thür zu.

Sie folgte seinen Bewegungen mit lauerndem Blick, und als er die Thür¬
klinke ergriff, hatte sie ihn mit einem Sprunge erreicht und packte ihn um der
Schulter, indem ihre Augen gleich Flammen in die seinigen leuchteten.

Du gehst, Balduin? fragte sie mit zischender Stimme.

Dn hast es nur nahe genug gelegt, entgegnete er unwillig und sich losreißend.

Geh nicht!

Ich will nicht dein Narr sein, antwortete er, ihre Hände znrückstoßend.
Und er öffnete die Thür.

Sie folgte ihm.

Ohne auf das verwunderte Gesicht ihrer Zofe zu achten, welche höflich die
Korridorthür öffnete, folgte sie ihm.nach und blieb die Treppe hinab Stufe
nach Stufe seinem Schatten gleich dicht hinter ihm.

Auf dem ersten Treppenabsatz blieb er stehen.

Bist du den ganz verrückt? fragte er leise und ingrimmig. Wie magst du


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[0205] Balladen »ut ThyrsosKAger, Er reichte ihr mit diesen Worten den Schmuck, da er eine entgegenkommende Handbewegung von ihr wahrzunehmen glaubte, aber ihre schlanken, weißen Finger hielten das Gold nicht fest, die Kette fiel auf das seidene Kleid und rollte mit leisem Klirren ans den Teppich hinab. Die Katze schoß mit einem Satze hinterher und schien überzeugt zu sein, dies sei ein Spielzeug für sie. Er Preßte die Lippen zusammen »ut sah finster dem Spiele des Thieres zu, welches mit graziöser Pfote nach den Kugeln schlug, um sich daun znsammcn- znkaueru und mit einem eleganten Sprunge über sie hinwegzusetzen, Dn bist ein unterhaltender Besuch, sagte Lilli nach einer langen, stummen Pause. Es kommt mir so vor, entgegnete er, als hätte ich mehr gesprochen als dn. Ah, mein Freund, sagte sie schnell, wenn es dir irgend welche Mühe macht, mit mir zu reden, so wäre es klüger gewesen, du hättest von deiner Fran gnr nicht die Erlaubnis erbeten, hierher zu kommen. Pah! rief er ärgerlich. Es scheint dir mir um eine Szene zu thun zu sein! Wirklich! sagte sie lachend und richtete sich halb auf. Aber, mein Freund, das läßt du dir gefallen? Du vernachlässigst wichtige Geschäfte, um dir Szenen machen zu lassen? Er zuckte die Achseln, Dn könntest Recht haben, versetzte er bitter, wenn dn mich für thöricht hältst. El, Balduin, wer hält dich denn? Die Thür ist offen. Ich weiß es schon lange, daß du meiner überdrüssig bist. Ich begreife nur nicht, daß du es für schwer hältst, mich los zu werden. Du suchst nach einer Gelegenheit zum Bruch. Gütiger Himmel, du hast emvarms alö riodessös! Geh dn, mein Freund, geh ans Nimmerwiedersehen! Wahrhaftig, sagte er aufstehend, wenn das deine Meinung ist, so leb denn wohl! Bleich vor Zorn nahm er seinen Hut, verneigte sich und ging entschlossen der Thür zu. Sie folgte seinen Bewegungen mit lauerndem Blick, und als er die Thür¬ klinke ergriff, hatte sie ihn mit einem Sprunge erreicht und packte ihn um der Schulter, indem ihre Augen gleich Flammen in die seinigen leuchteten. Du gehst, Balduin? fragte sie mit zischender Stimme. Dn hast es nur nahe genug gelegt, entgegnete er unwillig und sich losreißend. Geh nicht! Ich will nicht dein Narr sein, antwortete er, ihre Hände znrückstoßend. Und er öffnete die Thür. Sie folgte ihm. Ohne auf das verwunderte Gesicht ihrer Zofe zu achten, welche höflich die Korridorthür öffnete, folgte sie ihm.nach und blieb die Treppe hinab Stufe nach Stufe seinem Schatten gleich dicht hinter ihm. Auf dem ersten Treppenabsatz blieb er stehen. Bist du den ganz verrückt? fragte er leise und ingrimmig. Wie magst du

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89804/205>, abgerufen am 22.07.2024.