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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal.

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Die Lösung der Maria Stuart-Frage.

sich brachte, mit einer historischen Darstellung vertauschte, beruht im großen und
ganzen die spätere Darstellung der Geschichte Maria Stuarts. Es ist daher
notwendig, die wichtigsten Vorwürfe, die gegen die Königin darin erhoben wurden,
kurz aufzuzählen.

Die Dstootio schildert die Ereignisse vom April 1666 bis zur Heirat der
Königin mit Bvthwell am 15. Mai 1567. Maria tritt uns als Scheusal von
Weib entgegen. Seit der Ermordung Riecivs, welcher der Erbitterung der puri¬
tanischen schottischen Edelleute zum Opfer gefallen war, warf sie, nach der vstsotio,
einen unversöhnlichen Haß auf ihren Gemahl Darnley, der an dem schmählichen
Ende des Jtalieners Anteil gehabt. Sie übertrug alle ihre Gunst ans den
Grafen von Bothwcll. Kurze Zeit nach ihrer Niederkunft machte sie zum höchsten
Erstaunen der Edinburger in Begleitung Bothwclls eine Lustfahrt uach dem
Schlosse Ulloa. Der arme König wurde unterdessen fast mittellos gelassen und
lebte wie ein Verbannter, er wurde von dem königlichen Rat und von jedem
Staatsgeschäfte ferngehalten. Dennoch trieb ihn seine Liebe immer wieder an,
die Gesellschaft der grausamen Gattin aufzusuchen. Er folgte ihr denn auch zu
Land nach Ulloa, fand aber einen schlimmen Empfang. Nach wenigen Stunden
Aufenthalts wurde er gezwungen, so rasch als möglich zurückzukehren. Nachdem
die Königin noch von Ulloa aus mit ihrem Geliebten zahlreiche Landpartien
unternommen hatte, kehrte sie nach Edinburg zurück und führte dort mit Both¬
well einen höchst anstößigen Lebenswandel. Darulcy, heißt es, habe fast wie
in der Verbannung gelebt. Noch einmal habe er von Stirling aus, wo er
weilte, den Versuch gemacht, sich mit der Königin auszusöhnen. Vergeblich. Da
sei plötzlich die Nachricht eingetroffen, Bothwcll sei im Zweikampfe mit einem
Grenzräubcr verwundet worden und liege rettungslos in seinem Schlosse Hermi-
tage. Wie wahnsinnig sei Maria darauf mitten im Winter an das Lager des
verwundeten Geliebten geeilt. Infolge der Anstrengungen habe sie eine schwere
Krankheit befallen. Der König sei sogleich gekommen, um seiner Gemahlin seine
Liebe und Sorge zu zeigen, habe aber uur einen kalten Empfang und Abweisung
gefunden. Ja als Maria genesen, habe sie dem Grafen von Murray, Huntly
und dem Sekretär Maitland geklagt, sie könne, wenn sie nicht bald von dem
König befreit werde, nicht länger am Leben bleiben. Ehe sie dieses elende
Dasein weiterführe, wolle sie sich lieber mit eignen Händen umbringen. Sie
habe deshalb in Craigmillar den Grafen von Murray, Argylc, Huntly und dem
Sekretär Maitland den Vorschlag einer Ehescheidung von Darnley auf Grund
von Blutsverwandtschaft gemacht und sich erst dann von diesen: Plane abbringen
lassen, als die Lords darauf aufmerksam machten, daß dann ihr Sohn, als einer
unerlaubten Ehe entsprossen, seines Erbrechts verlustig gehen müsse.

Bei der Taufe des Prinzen im Dezember 1566 -- so heißt es weiter --
traf Bothwcll alle Anordnungen, und Marias Gatte wurde in der unehrerbie-
tigstcn Weise mißachtet. Als Darnley nach der Taufe Stirling verlassen "ut


Die Lösung der Maria Stuart-Frage.

sich brachte, mit einer historischen Darstellung vertauschte, beruht im großen und
ganzen die spätere Darstellung der Geschichte Maria Stuarts. Es ist daher
notwendig, die wichtigsten Vorwürfe, die gegen die Königin darin erhoben wurden,
kurz aufzuzählen.

Die Dstootio schildert die Ereignisse vom April 1666 bis zur Heirat der
Königin mit Bvthwell am 15. Mai 1567. Maria tritt uns als Scheusal von
Weib entgegen. Seit der Ermordung Riecivs, welcher der Erbitterung der puri¬
tanischen schottischen Edelleute zum Opfer gefallen war, warf sie, nach der vstsotio,
einen unversöhnlichen Haß auf ihren Gemahl Darnley, der an dem schmählichen
Ende des Jtalieners Anteil gehabt. Sie übertrug alle ihre Gunst ans den
Grafen von Bothwcll. Kurze Zeit nach ihrer Niederkunft machte sie zum höchsten
Erstaunen der Edinburger in Begleitung Bothwclls eine Lustfahrt uach dem
Schlosse Ulloa. Der arme König wurde unterdessen fast mittellos gelassen und
lebte wie ein Verbannter, er wurde von dem königlichen Rat und von jedem
Staatsgeschäfte ferngehalten. Dennoch trieb ihn seine Liebe immer wieder an,
die Gesellschaft der grausamen Gattin aufzusuchen. Er folgte ihr denn auch zu
Land nach Ulloa, fand aber einen schlimmen Empfang. Nach wenigen Stunden
Aufenthalts wurde er gezwungen, so rasch als möglich zurückzukehren. Nachdem
die Königin noch von Ulloa aus mit ihrem Geliebten zahlreiche Landpartien
unternommen hatte, kehrte sie nach Edinburg zurück und führte dort mit Both¬
well einen höchst anstößigen Lebenswandel. Darulcy, heißt es, habe fast wie
in der Verbannung gelebt. Noch einmal habe er von Stirling aus, wo er
weilte, den Versuch gemacht, sich mit der Königin auszusöhnen. Vergeblich. Da
sei plötzlich die Nachricht eingetroffen, Bothwcll sei im Zweikampfe mit einem
Grenzräubcr verwundet worden und liege rettungslos in seinem Schlosse Hermi-
tage. Wie wahnsinnig sei Maria darauf mitten im Winter an das Lager des
verwundeten Geliebten geeilt. Infolge der Anstrengungen habe sie eine schwere
Krankheit befallen. Der König sei sogleich gekommen, um seiner Gemahlin seine
Liebe und Sorge zu zeigen, habe aber uur einen kalten Empfang und Abweisung
gefunden. Ja als Maria genesen, habe sie dem Grafen von Murray, Huntly
und dem Sekretär Maitland geklagt, sie könne, wenn sie nicht bald von dem
König befreit werde, nicht länger am Leben bleiben. Ehe sie dieses elende
Dasein weiterführe, wolle sie sich lieber mit eignen Händen umbringen. Sie
habe deshalb in Craigmillar den Grafen von Murray, Argylc, Huntly und dem
Sekretär Maitland den Vorschlag einer Ehescheidung von Darnley auf Grund
von Blutsverwandtschaft gemacht und sich erst dann von diesen: Plane abbringen
lassen, als die Lords darauf aufmerksam machten, daß dann ihr Sohn, als einer
unerlaubten Ehe entsprossen, seines Erbrechts verlustig gehen müsse.

Bei der Taufe des Prinzen im Dezember 1566 — so heißt es weiter —
traf Bothwcll alle Anordnungen, und Marias Gatte wurde in der unehrerbie-
tigstcn Weise mißachtet. Als Darnley nach der Taufe Stirling verlassen »ut


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[0128] Die Lösung der Maria Stuart-Frage. sich brachte, mit einer historischen Darstellung vertauschte, beruht im großen und ganzen die spätere Darstellung der Geschichte Maria Stuarts. Es ist daher notwendig, die wichtigsten Vorwürfe, die gegen die Königin darin erhoben wurden, kurz aufzuzählen. Die Dstootio schildert die Ereignisse vom April 1666 bis zur Heirat der Königin mit Bvthwell am 15. Mai 1567. Maria tritt uns als Scheusal von Weib entgegen. Seit der Ermordung Riecivs, welcher der Erbitterung der puri¬ tanischen schottischen Edelleute zum Opfer gefallen war, warf sie, nach der vstsotio, einen unversöhnlichen Haß auf ihren Gemahl Darnley, der an dem schmählichen Ende des Jtalieners Anteil gehabt. Sie übertrug alle ihre Gunst ans den Grafen von Bothwcll. Kurze Zeit nach ihrer Niederkunft machte sie zum höchsten Erstaunen der Edinburger in Begleitung Bothwclls eine Lustfahrt uach dem Schlosse Ulloa. Der arme König wurde unterdessen fast mittellos gelassen und lebte wie ein Verbannter, er wurde von dem königlichen Rat und von jedem Staatsgeschäfte ferngehalten. Dennoch trieb ihn seine Liebe immer wieder an, die Gesellschaft der grausamen Gattin aufzusuchen. Er folgte ihr denn auch zu Land nach Ulloa, fand aber einen schlimmen Empfang. Nach wenigen Stunden Aufenthalts wurde er gezwungen, so rasch als möglich zurückzukehren. Nachdem die Königin noch von Ulloa aus mit ihrem Geliebten zahlreiche Landpartien unternommen hatte, kehrte sie nach Edinburg zurück und führte dort mit Both¬ well einen höchst anstößigen Lebenswandel. Darulcy, heißt es, habe fast wie in der Verbannung gelebt. Noch einmal habe er von Stirling aus, wo er weilte, den Versuch gemacht, sich mit der Königin auszusöhnen. Vergeblich. Da sei plötzlich die Nachricht eingetroffen, Bothwcll sei im Zweikampfe mit einem Grenzräubcr verwundet worden und liege rettungslos in seinem Schlosse Hermi- tage. Wie wahnsinnig sei Maria darauf mitten im Winter an das Lager des verwundeten Geliebten geeilt. Infolge der Anstrengungen habe sie eine schwere Krankheit befallen. Der König sei sogleich gekommen, um seiner Gemahlin seine Liebe und Sorge zu zeigen, habe aber uur einen kalten Empfang und Abweisung gefunden. Ja als Maria genesen, habe sie dem Grafen von Murray, Huntly und dem Sekretär Maitland geklagt, sie könne, wenn sie nicht bald von dem König befreit werde, nicht länger am Leben bleiben. Ehe sie dieses elende Dasein weiterführe, wolle sie sich lieber mit eignen Händen umbringen. Sie habe deshalb in Craigmillar den Grafen von Murray, Argylc, Huntly und dem Sekretär Maitland den Vorschlag einer Ehescheidung von Darnley auf Grund von Blutsverwandtschaft gemacht und sich erst dann von diesen: Plane abbringen lassen, als die Lords darauf aufmerksam machten, daß dann ihr Sohn, als einer unerlaubten Ehe entsprossen, seines Erbrechts verlustig gehen müsse. Bei der Taufe des Prinzen im Dezember 1566 — so heißt es weiter — traf Bothwcll alle Anordnungen, und Marias Gatte wurde in der unehrerbie- tigstcn Weise mißachtet. Als Darnley nach der Taufe Stirling verlassen »ut

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89804/128>, abgerufen am 22.07.2024.