Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal.Die Erziehung der deutscheu Jugend zur Nahrhaftigkeit. Lehrkräfte, und in erster Linie die jüngern derselben, bereits ans der Periode Die Schrift stützt sich auf thatsächliche Erfahrungen und will ihre Motive Wie uns scheint, treffen die Verfasser mit diesen Sätzen ziemlich nahe das, Die Erziehung der deutscheu Jugend zur Nahrhaftigkeit. Lehrkräfte, und in erster Linie die jüngern derselben, bereits ans der Periode Die Schrift stützt sich auf thatsächliche Erfahrungen und will ihre Motive Wie uns scheint, treffen die Verfasser mit diesen Sätzen ziemlich nahe das, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0074" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/194052"/> <fw type="header" place="top"> Die Erziehung der deutscheu Jugend zur Nahrhaftigkeit.</fw><lb/> <p xml:id="ID_247" prev="#ID_246"> Lehrkräfte, und in erster Linie die jüngern derselben, bereits ans der Periode<lb/> erhöhter Bildungsbestrebungen hervorgegangen sind und an erziehlicher Vor¬<lb/> bildung, außer dein, was das Haus in ihnen etwa gesäet hatte, was die Religion<lb/> oder ethische Schriften in ihnen erweckten, oder die bewußte und unbewußte Er¬<lb/> ziehungskraft, die noch immer in der deutschen Schule pulsirt, ihnen zu Teil<lb/> werden ließ, nur wenig besitzen. Da aber niemand einem andern etwas ein¬<lb/> impfen, anerziehen oder glauben machen kann, was er selbst nicht in sich trägt,<lb/> an sich erzogen oder zur eignen Überzeugung gemacht hat, so wird es ratsam<lb/> sein, anfänglich künstlich neue Wege anzubahnen, auf deuen die Bewegung nach<lb/> erhöhter Willensausbildnng ungestörte und sichere Bahn findet."</p><lb/> <p xml:id="ID_248"> Die Schrift stützt sich auf thatsächliche Erfahrungen und will ihre Motive<lb/> den Behörden und heimatlichen Lehrern zur Kritik unterbreiten. Diese Motive<lb/> lassen sich kurz in folgende Sätze zusammenfassen. Der Turm-, Spiel- und<lb/> Exerzierplatz bietet für die erziehlichen Kräfte der Lehrer den besten Untergrund.<lb/> Für die körperliche Erziehung unsrer Jugend genügt nicht das schematische<lb/> Hernmkliiumen an Tnrngerüsten, vielmehr muß im rüstigen Tummeln und in<lb/> einer, im guten Sinne gemeinten, sportmäßigen Bewegung mehr gethan werden.<lb/> Ebenso sind wichtige sittliche Eigenschaften durch rationelle Anordnung des Turn-<lb/> wesens zu entwickeln. Die Schaffung möglichst vieler, durch die Knaben zu ver¬<lb/> waltenden Ämter entwickelt das Gefühl der Verantwortlichkeit, stärkt und erweckt<lb/> von neuem das alte deutsche, leider verloren gegangene Uuabhäugigkeitsgefnhl.<lb/> Der Sinn für Ordnung wird gefördert und durch die Lust an körperlichem<lb/> Sport manchem Auswuchs der Tngeskultur, namentlich dem überhandnehmenden<lb/> Wirtshnnslebcn, gesteuert. Der Lehrer lernt seine Schüler und diese sich nnter<lb/> einander nach ihren Charaktereigenschaften besser kennen, wie der Umgang aller<lb/> ans dem Turnplätze den Gemeingeist und die Sicherheit im Auftreten des Ein¬<lb/> zelnen fördert. Die Verknüpfung des Lebens mit der Kunst kaun durch das<lb/> Turnwesen kultivirt werden, und wenn durch die harmonische Anordnung der<lb/> Übungen, das Durchziehen aller Spiele mit Gesang und Klang und den so<lb/> erweckten ästhetischen Sinn nichts weiter erreicht wird als unsre Studenten<lb/> aus dem gesunheitsschädigenden Kneipenleben mehr zur Liebe der gymnastischen<lb/> Übungen hinüberzuziehen, so wäre ein Vorteil erreicht, dessen Wichtigkeit der<lb/> gauzen Nation zu Gute käme. Endlich würde die Armee nicht die schlechtesten<lb/> Früchte von der Vorbereitung der Jugend einheimsen. Eine gestärkte Muskel¬<lb/> kraft und Ausdauer, ein an Strapatzen gewöhnter und gehärteter Körper, ein<lb/> zu Ordnung erzogener Sinn und ein in den militärischen Formen befestigter<lb/> Jüngling wird dem Stellungsplatze zugeschickt und die Anlagen zu manchem<lb/> militärischen Führer schon in der Jngend geweckt nud gepflegt.</p><lb/> <p xml:id="ID_249" next="#ID_250"> Wie uns scheint, treffen die Verfasser mit diesen Sätzen ziemlich nahe das,<lb/> was zur körperlichen Erziehung unsrer Jugend in der That notwendig scheint,<lb/> und nnr in dem einen Punkte möchten wir ihnen entgegentreten, welcher von</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0074]
Die Erziehung der deutscheu Jugend zur Nahrhaftigkeit.
Lehrkräfte, und in erster Linie die jüngern derselben, bereits ans der Periode
erhöhter Bildungsbestrebungen hervorgegangen sind und an erziehlicher Vor¬
bildung, außer dein, was das Haus in ihnen etwa gesäet hatte, was die Religion
oder ethische Schriften in ihnen erweckten, oder die bewußte und unbewußte Er¬
ziehungskraft, die noch immer in der deutschen Schule pulsirt, ihnen zu Teil
werden ließ, nur wenig besitzen. Da aber niemand einem andern etwas ein¬
impfen, anerziehen oder glauben machen kann, was er selbst nicht in sich trägt,
an sich erzogen oder zur eignen Überzeugung gemacht hat, so wird es ratsam
sein, anfänglich künstlich neue Wege anzubahnen, auf deuen die Bewegung nach
erhöhter Willensausbildnng ungestörte und sichere Bahn findet."
Die Schrift stützt sich auf thatsächliche Erfahrungen und will ihre Motive
den Behörden und heimatlichen Lehrern zur Kritik unterbreiten. Diese Motive
lassen sich kurz in folgende Sätze zusammenfassen. Der Turm-, Spiel- und
Exerzierplatz bietet für die erziehlichen Kräfte der Lehrer den besten Untergrund.
Für die körperliche Erziehung unsrer Jugend genügt nicht das schematische
Hernmkliiumen an Tnrngerüsten, vielmehr muß im rüstigen Tummeln und in
einer, im guten Sinne gemeinten, sportmäßigen Bewegung mehr gethan werden.
Ebenso sind wichtige sittliche Eigenschaften durch rationelle Anordnung des Turn-
wesens zu entwickeln. Die Schaffung möglichst vieler, durch die Knaben zu ver¬
waltenden Ämter entwickelt das Gefühl der Verantwortlichkeit, stärkt und erweckt
von neuem das alte deutsche, leider verloren gegangene Uuabhäugigkeitsgefnhl.
Der Sinn für Ordnung wird gefördert und durch die Lust an körperlichem
Sport manchem Auswuchs der Tngeskultur, namentlich dem überhandnehmenden
Wirtshnnslebcn, gesteuert. Der Lehrer lernt seine Schüler und diese sich nnter
einander nach ihren Charaktereigenschaften besser kennen, wie der Umgang aller
ans dem Turnplätze den Gemeingeist und die Sicherheit im Auftreten des Ein¬
zelnen fördert. Die Verknüpfung des Lebens mit der Kunst kaun durch das
Turnwesen kultivirt werden, und wenn durch die harmonische Anordnung der
Übungen, das Durchziehen aller Spiele mit Gesang und Klang und den so
erweckten ästhetischen Sinn nichts weiter erreicht wird als unsre Studenten
aus dem gesunheitsschädigenden Kneipenleben mehr zur Liebe der gymnastischen
Übungen hinüberzuziehen, so wäre ein Vorteil erreicht, dessen Wichtigkeit der
gauzen Nation zu Gute käme. Endlich würde die Armee nicht die schlechtesten
Früchte von der Vorbereitung der Jugend einheimsen. Eine gestärkte Muskel¬
kraft und Ausdauer, ein an Strapatzen gewöhnter und gehärteter Körper, ein
zu Ordnung erzogener Sinn und ein in den militärischen Formen befestigter
Jüngling wird dem Stellungsplatze zugeschickt und die Anlagen zu manchem
militärischen Führer schon in der Jngend geweckt nud gepflegt.
Wie uns scheint, treffen die Verfasser mit diesen Sätzen ziemlich nahe das,
was zur körperlichen Erziehung unsrer Jugend in der That notwendig scheint,
und nnr in dem einen Punkte möchten wir ihnen entgegentreten, welcher von
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