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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal.

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Die Fischerin v"it Malamocco.

Nun und nimmer, Margarete, rief Graf Friedrich heftig dagegen, und in
seinem Gesichte malte sich die wilde Erregung, die ihn überkommen hatte, als
er zuerst von Pater Girolamo vernahm, wer das junge Weib hier sei, ans deren
Zügen ihn sein Verlornes Kind anschaute. Wähust dn, daß ich acht Jahre in
Leid und bangem Kummer um dich verbracht habe, um dich nnn in dem Elend
zu lassen, in das deine Kindesthorheit dich gestürzt hat? Wer es anch sei, der
ein Recht auf dich zu haben meint, er trete vor mich und fordre dich von mir!
Wie ich dich hier fasse und halte, bist dir jetzt zu mir heimgekehrt und von
Stund an wieder mein! Ich trage dich auf diesen Armen in meine Herberge,
wo mein Wappenschild hängt und meine Knechte um mich sind, da ist mein
Haus. Vor Rat und Volk vou Venedig null ichs bringen, daß du mein Kind
bist, daß ich dich wieder gewonnen und dich keinem aus meiner Hand gegeben
habe!

Herr, Herr! bedenkt Wohl, was Ihr thun wollt, rief Pater Girolamo in
voller Seelenangst drein. Euer Kind ist in rechter christlicher Ehe mit Mare-
antvnio, dem Sohne Mareos, des Fischers, der die Hilflose bei sich aufgenommen,
getraut. Ich, der Pfarrer von Malamoeeo stehe Euch als Zeuge und Bürge
dafür. Kein andrer als Tonio kann Margheritas Mann sein.

Der Graf von Thann preßte mit seinem linken Arme die erschrocken drein¬
schauende junge Frau fester an sich und legte zugleich die Rechte wieder ans
sein Schwert. Seid ohne Sorge, Pater, entgegnete er laut, allen vernehmlich:
ich denke meine Tochter keinem Manne zu geben, sondern sie mit mir zu führen,
daß sie an ihres Vaters Seite Unglück und Schmach ihrer Jugend vergesse.
Euer Sakrament soll nicht angetastet werden, aber Graf Friedrichs Tochter soll
von dem Augenblick an uicht eines Fischers Weib sein, wo sie wieder im Schutze
ihres Vaters steht! Wollt Ihr mehr mit mir reden, Pater, so sucht mich in
meiner Herberge zum goldnen Delphin, keine tausend Schritt von hier am Ufer,
das Schiff, anf dem mein Banner steht, liegt davor. Jetzt aber -- gebt Raum
da vorn! -- jetzt nehme ich mein Kind mit mir! Gott hat sie mir nicht in
den Arm geführt, um sie mir in der nächsten Stunde wieder zu rauben!

Wirre Rufe der Zustimmung und des Widerspruchs durchtvnten die Halle,
Pater Girolamo sah sich von zwei Waffenknechten des deutschen Grafen, die
an der großen Pforte nach dem Hofe geharrt hatten, von der Gruppe, der er
folgen wollte, hinweggedrängt. Und als in der gleichen Minute Hedwig wahr¬
nahm, daß Margherita nnr unsicher den Fuß auf den Boden setzte und aber¬
mals wankte, da lächelte Graf Friedrich nnr trotzig vor sich hin, winkte der
Warnerin, umfaßte die schlanke Gestalt Margheritas und trug sie, wie er eben
verheißen, auf seinen Armen über den Hof, dem großen Thore zu, hinter dem
die Lagune im Lichte des Sommermorgens blan schimmerte.

Pater Girolamo eilte hinter deu Wegziehenden drein und rief von der
großen Pforte aus bekümmert nach Margherita und beschwor deu deutschen


Die Fischerin v»it Malamocco.

Nun und nimmer, Margarete, rief Graf Friedrich heftig dagegen, und in
seinem Gesichte malte sich die wilde Erregung, die ihn überkommen hatte, als
er zuerst von Pater Girolamo vernahm, wer das junge Weib hier sei, ans deren
Zügen ihn sein Verlornes Kind anschaute. Wähust dn, daß ich acht Jahre in
Leid und bangem Kummer um dich verbracht habe, um dich nnn in dem Elend
zu lassen, in das deine Kindesthorheit dich gestürzt hat? Wer es anch sei, der
ein Recht auf dich zu haben meint, er trete vor mich und fordre dich von mir!
Wie ich dich hier fasse und halte, bist dir jetzt zu mir heimgekehrt und von
Stund an wieder mein! Ich trage dich auf diesen Armen in meine Herberge,
wo mein Wappenschild hängt und meine Knechte um mich sind, da ist mein
Haus. Vor Rat und Volk vou Venedig null ichs bringen, daß du mein Kind
bist, daß ich dich wieder gewonnen und dich keinem aus meiner Hand gegeben
habe!

Herr, Herr! bedenkt Wohl, was Ihr thun wollt, rief Pater Girolamo in
voller Seelenangst drein. Euer Kind ist in rechter christlicher Ehe mit Mare-
antvnio, dem Sohne Mareos, des Fischers, der die Hilflose bei sich aufgenommen,
getraut. Ich, der Pfarrer von Malamoeeo stehe Euch als Zeuge und Bürge
dafür. Kein andrer als Tonio kann Margheritas Mann sein.

Der Graf von Thann preßte mit seinem linken Arme die erschrocken drein¬
schauende junge Frau fester an sich und legte zugleich die Rechte wieder ans
sein Schwert. Seid ohne Sorge, Pater, entgegnete er laut, allen vernehmlich:
ich denke meine Tochter keinem Manne zu geben, sondern sie mit mir zu führen,
daß sie an ihres Vaters Seite Unglück und Schmach ihrer Jugend vergesse.
Euer Sakrament soll nicht angetastet werden, aber Graf Friedrichs Tochter soll
von dem Augenblick an uicht eines Fischers Weib sein, wo sie wieder im Schutze
ihres Vaters steht! Wollt Ihr mehr mit mir reden, Pater, so sucht mich in
meiner Herberge zum goldnen Delphin, keine tausend Schritt von hier am Ufer,
das Schiff, anf dem mein Banner steht, liegt davor. Jetzt aber — gebt Raum
da vorn! — jetzt nehme ich mein Kind mit mir! Gott hat sie mir nicht in
den Arm geführt, um sie mir in der nächsten Stunde wieder zu rauben!

Wirre Rufe der Zustimmung und des Widerspruchs durchtvnten die Halle,
Pater Girolamo sah sich von zwei Waffenknechten des deutschen Grafen, die
an der großen Pforte nach dem Hofe geharrt hatten, von der Gruppe, der er
folgen wollte, hinweggedrängt. Und als in der gleichen Minute Hedwig wahr¬
nahm, daß Margherita nnr unsicher den Fuß auf den Boden setzte und aber¬
mals wankte, da lächelte Graf Friedrich nnr trotzig vor sich hin, winkte der
Warnerin, umfaßte die schlanke Gestalt Margheritas und trug sie, wie er eben
verheißen, auf seinen Armen über den Hof, dem großen Thore zu, hinter dem
die Lagune im Lichte des Sommermorgens blan schimmerte.

Pater Girolamo eilte hinter deu Wegziehenden drein und rief von der
großen Pforte aus bekümmert nach Margherita und beschwor deu deutschen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_359176/680>, abgerufen am 29.06.2024.