Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal.

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ames in das Peelsche Kabinet ein. Als Minister der Krone, hat er von den
fünfzig Jahren seiner parlamentarischen Laufbahn zweiundzwanzig seinem Lande
gedient, darmlter acht als Premier. Die Abteilungen, in denen er thätig war,
sind das Kolvuialamt, das Schatzamt, die königliche Münze und das Handelsamt.
Das Jahr 1853 war sein erstes Jahr als Schatzkanzler. Die nationalen Ausgaben
betrugen unter seiner damaligen Verwaltung nur 54 Millionen Pfund Sterling,
während sie jetzt sich auf 62 Millionen belaufen. Die "Daily News" stellt
Gladstone nnter allen englischen Staatsmännern Palmerston um nächsten, andre
bezeichnen ihn als den größten konstitutionellen Reformator der neuesten Zeit.
Wir möchten sagen: er fand reichlich Gelegenheit zu reformiren, namentlich in
Irland, und er benutzte sie mit Energie "ut Geschick. Dagegen ist nichts ein¬
zuwenden, wenn man ihn den größten finanziellen Reformator nennen will, den
England in diesem Jahrhundert gesehen hat.

Wenn das Ministerium Gladstone sich den Angriffen der konservativen
Opposition gegenüber gut behauptet und auch durch die letzte" Ergäuzuugs-
wnhlen keine Einbuße erlitten hat, so machte sich doch neuerdings das Bedürfnis
neuer Kräfte in demselben geltend, und zunächst wurde dabei an einen Politiker
gedacht, der eine ähnliche Wandlung wie der jetzige Premier durchgemacht hat,
d. h. ebenfalls ans dem Lager der Konservativen in das der Liberalen über¬
gegangen ist. Wir meinen Lord Derby. Er verließ jenes im Frühling von
1878 durch seinen Austritt aus dem Ministerium BeaevuSfield und blieb dann
fast fünf Jahre ohne Amt. Näher betrachtet, ist er kein Liberaler im vollen
Sinne des Wortes, sondern ein Staatsmann, der gleichsam mit dem einen Fuße
anf liberalem, mit dem andern auf konservativem Boden steht. Als er noch
zur konservativen Partei gehörte, bekundete er liberale Neigungen, einen weiten
Blick in öffentlichen Angelegenheiten und gänzliches Freisein von Standes- und
Klassenvornrteilen, sodaß niemand ihn den Stvcktories beizählen konnte. Im
liberalen Ministerium wird diese vermittelnde Natur die andre Seite ihres
Wesens Heranskehren. Der vorsichtige Konservatismus seiner Anschauungen
wird bei deu Veratungen der Minister, d. h. der Leiter und Exekutoren der
liberalen Partei, in die Wage fallen und beunruhigten Whigs auf der einen,
ängstlichen Tories auf der andern Seite Gewißheit geben, daß das radikale
Millennium in England doch noch nicht so nahe ist als sie glauben. Wenn
er unter Beaconsfield bisweilen anf zu hitzige Ansichten und Absichten nach
rückwärts strebender Kollegen kaltes Wasser gegossen hat, so wird er dies jetzt
wahrscheinlich gegenüber den Demokraten im Kabinet wiederholen und so aber¬
mals das mäßigende Element spielen. War er früher konservativ-liberal, so
wird er jetzt liberal-konservativ sein.

So menigstens urteilen die konservativen Blätter Londons über seine nächste
Zukunft. "Die gegenwärtige Krisis in unsrer Politik, sagt der "Daily Tele¬
graph," läßt seine Heranziehung zur Mitregierung als besonders zeitgemäß er-

ames in das Peelsche Kabinet ein. Als Minister der Krone, hat er von den
fünfzig Jahren seiner parlamentarischen Laufbahn zweiundzwanzig seinem Lande
gedient, darmlter acht als Premier. Die Abteilungen, in denen er thätig war,
sind das Kolvuialamt, das Schatzamt, die königliche Münze und das Handelsamt.
Das Jahr 1853 war sein erstes Jahr als Schatzkanzler. Die nationalen Ausgaben
betrugen unter seiner damaligen Verwaltung nur 54 Millionen Pfund Sterling,
während sie jetzt sich auf 62 Millionen belaufen. Die „Daily News" stellt
Gladstone nnter allen englischen Staatsmännern Palmerston um nächsten, andre
bezeichnen ihn als den größten konstitutionellen Reformator der neuesten Zeit.
Wir möchten sagen: er fand reichlich Gelegenheit zu reformiren, namentlich in
Irland, und er benutzte sie mit Energie »ut Geschick. Dagegen ist nichts ein¬
zuwenden, wenn man ihn den größten finanziellen Reformator nennen will, den
England in diesem Jahrhundert gesehen hat.

Wenn das Ministerium Gladstone sich den Angriffen der konservativen
Opposition gegenüber gut behauptet und auch durch die letzte» Ergäuzuugs-
wnhlen keine Einbuße erlitten hat, so machte sich doch neuerdings das Bedürfnis
neuer Kräfte in demselben geltend, und zunächst wurde dabei an einen Politiker
gedacht, der eine ähnliche Wandlung wie der jetzige Premier durchgemacht hat,
d. h. ebenfalls ans dem Lager der Konservativen in das der Liberalen über¬
gegangen ist. Wir meinen Lord Derby. Er verließ jenes im Frühling von
1878 durch seinen Austritt aus dem Ministerium BeaevuSfield und blieb dann
fast fünf Jahre ohne Amt. Näher betrachtet, ist er kein Liberaler im vollen
Sinne des Wortes, sondern ein Staatsmann, der gleichsam mit dem einen Fuße
anf liberalem, mit dem andern auf konservativem Boden steht. Als er noch
zur konservativen Partei gehörte, bekundete er liberale Neigungen, einen weiten
Blick in öffentlichen Angelegenheiten und gänzliches Freisein von Standes- und
Klassenvornrteilen, sodaß niemand ihn den Stvcktories beizählen konnte. Im
liberalen Ministerium wird diese vermittelnde Natur die andre Seite ihres
Wesens Heranskehren. Der vorsichtige Konservatismus seiner Anschauungen
wird bei deu Veratungen der Minister, d. h. der Leiter und Exekutoren der
liberalen Partei, in die Wage fallen und beunruhigten Whigs auf der einen,
ängstlichen Tories auf der andern Seite Gewißheit geben, daß das radikale
Millennium in England doch noch nicht so nahe ist als sie glauben. Wenn
er unter Beaconsfield bisweilen anf zu hitzige Ansichten und Absichten nach
rückwärts strebender Kollegen kaltes Wasser gegossen hat, so wird er dies jetzt
wahrscheinlich gegenüber den Demokraten im Kabinet wiederholen und so aber¬
mals das mäßigende Element spielen. War er früher konservativ-liberal, so
wird er jetzt liberal-konservativ sein.

So menigstens urteilen die konservativen Blätter Londons über seine nächste
Zukunft. „Die gegenwärtige Krisis in unsrer Politik, sagt der »Daily Tele¬
graph,« läßt seine Heranziehung zur Mitregierung als besonders zeitgemäß er-

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Zitationshilfe:	Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_359176/639>, abgerufen am 01.07.2024.

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