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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal.

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Aus der Bnugeschichte Leipzigs.

Im 17. Jahrchnndert, während des dreißigjährigen Krieges, kam die Bnulnst
begreiflicherweise auch in Leipzig ins Stocken, und nach nach dem Friedensschlüsse
verging noch einige Zeit, bis sie wieder erwachte. Gegen Ende des 17. Jahr-
hunderts aber entwickelte die Stadt wieder eine lebhafte Bauthätigkeit. Vor
allein dachte man an die Wiederherstellung der Kirchen. Schon 1668 begann
man die Nikolaikirche, 1671 die Thomaskirche, 1698 die Barfüßerkirche, 1710 die
Peterskirche zu restauriren; sie alle hatten bei den wiederholten Velagernngen
der Stadt gelitten, die beiden letztern hatten über anderthalb Jahrhunderte, seit
Einführung der Reformation in Leipzig ode gestanden, und waren schließlich zu
höchst profanen Zwecken benutzt worden, die Barfiißerkirche zu einer Blcmsarben-
niederlage, die Peterskirche zu einer Kalkhütte. Die Universität schloß 1716
mit Renovation der Paulinerkirche sich an. Zu gleicher Zeit aber entstanden
zahlreiche Neubauten. Von 1678 bis 1683 wurde die Börse auf dem Nasch¬
markte errichtet, von 1679 bis 1703 die sämtlichen vier an der Pleiße liegenden
Mühlen der Stadt von Grund aus nen erbaut, 1761 entstand das Georgen¬
hans im Brühl, das im Laufe der nächsten Jahrzehnte wiederholte Er¬
weiterungsbauten erfuhr, 1717 wurde auf Wunsch des Kurfürsten das Reithaus
erbaut, 1721 abermals die Thomaskirche erneuert und mit einem prächtigen
Altar versehen, 1723 die Petersstraße durch den stattlichen Petersthorball ab¬
geschlossen, nild auf zahlreichen Straßen und Plätzen der Stadt erhoben sich
schaltete Zierbrnnneu, während auch der schon ans dem 16. Jahrhundert stammende
statuengeschmückte Goldne Brunnen ans dem Markte am Eingange des Salz-
gäßchens erneuert und wieder über lind über vergoldet wurde. Weit überboten
aber noch wurde diese Vauthätigkeit, als, namentlich zu Anfange des 18. Jahr¬
hunderts, die Privatarchitektur einen glänzenden Aufschwung nahm und eine
Anzahl reich gewordener Kaufleute teils in der Stadt sich neue, prächtige Wohn¬
häuser errichteten, teils in der Vorstadt großartige Gärten mit Lusthäusern,
Springbrunnen und Statuen anlegten.

Als jedoch diese Vauthätigkeit begann, da knüpfte man nur theilweise noch
da wieder an, wo man Jahrzehnte früher abgebrochen hatte. Wenn auch die
nul Eilde des 17. Jahrhunderts neu entstandenen Privatbnnten an den Formen
des mittelalterlichen Hauses festhielten -- an Dentrichs Hof z. V. ans der
Nikvlaistraße, einem der interessantesten Leipziger Wohnhäuser jener Zeit, bauen
sich die drei antiken Säulenordnungen noch um der altübcrlieferteu hohen Giebel¬
fassade auf --, im allgemeinen war doch die deutsche Bauweise jetzt durch eine
zweite Strömung, die im Laufe des 17. Jahrhunderts von Welschland herein¬
gekommen war, völlig umgestaltet worden. Welch ein Abstand zwischen dem
ebengenannten Privathause und der etwa gleichzeitig entstandenen Börse mit
ihren: flachen, von einer Balustrade umzogenen und statueligeschmückten Dache,
ihren schlanken ionischen, mit Laubgewinden gefüllten Pilastern! Da stehen wir
mit einem Schlage mitten drin in der Barvckarchitektnr.


Aus der Bnugeschichte Leipzigs.

Im 17. Jahrchnndert, während des dreißigjährigen Krieges, kam die Bnulnst
begreiflicherweise auch in Leipzig ins Stocken, und nach nach dem Friedensschlüsse
verging noch einige Zeit, bis sie wieder erwachte. Gegen Ende des 17. Jahr-
hunderts aber entwickelte die Stadt wieder eine lebhafte Bauthätigkeit. Vor
allein dachte man an die Wiederherstellung der Kirchen. Schon 1668 begann
man die Nikolaikirche, 1671 die Thomaskirche, 1698 die Barfüßerkirche, 1710 die
Peterskirche zu restauriren; sie alle hatten bei den wiederholten Velagernngen
der Stadt gelitten, die beiden letztern hatten über anderthalb Jahrhunderte, seit
Einführung der Reformation in Leipzig ode gestanden, und waren schließlich zu
höchst profanen Zwecken benutzt worden, die Barfiißerkirche zu einer Blcmsarben-
niederlage, die Peterskirche zu einer Kalkhütte. Die Universität schloß 1716
mit Renovation der Paulinerkirche sich an. Zu gleicher Zeit aber entstanden
zahlreiche Neubauten. Von 1678 bis 1683 wurde die Börse auf dem Nasch¬
markte errichtet, von 1679 bis 1703 die sämtlichen vier an der Pleiße liegenden
Mühlen der Stadt von Grund aus nen erbaut, 1761 entstand das Georgen¬
hans im Brühl, das im Laufe der nächsten Jahrzehnte wiederholte Er¬
weiterungsbauten erfuhr, 1717 wurde auf Wunsch des Kurfürsten das Reithaus
erbaut, 1721 abermals die Thomaskirche erneuert und mit einem prächtigen
Altar versehen, 1723 die Petersstraße durch den stattlichen Petersthorball ab¬
geschlossen, nild auf zahlreichen Straßen und Plätzen der Stadt erhoben sich
schaltete Zierbrnnneu, während auch der schon ans dem 16. Jahrhundert stammende
statuengeschmückte Goldne Brunnen ans dem Markte am Eingange des Salz-
gäßchens erneuert und wieder über lind über vergoldet wurde. Weit überboten
aber noch wurde diese Vauthätigkeit, als, namentlich zu Anfange des 18. Jahr¬
hunderts, die Privatarchitektur einen glänzenden Aufschwung nahm und eine
Anzahl reich gewordener Kaufleute teils in der Stadt sich neue, prächtige Wohn¬
häuser errichteten, teils in der Vorstadt großartige Gärten mit Lusthäusern,
Springbrunnen und Statuen anlegten.

Als jedoch diese Vauthätigkeit begann, da knüpfte man nur theilweise noch
da wieder an, wo man Jahrzehnte früher abgebrochen hatte. Wenn auch die
nul Eilde des 17. Jahrhunderts neu entstandenen Privatbnnten an den Formen
des mittelalterlichen Hauses festhielten — an Dentrichs Hof z. V. ans der
Nikvlaistraße, einem der interessantesten Leipziger Wohnhäuser jener Zeit, bauen
sich die drei antiken Säulenordnungen noch um der altübcrlieferteu hohen Giebel¬
fassade auf —, im allgemeinen war doch die deutsche Bauweise jetzt durch eine
zweite Strömung, die im Laufe des 17. Jahrhunderts von Welschland herein¬
gekommen war, völlig umgestaltet worden. Welch ein Abstand zwischen dem
ebengenannten Privathause und der etwa gleichzeitig entstandenen Börse mit
ihren: flachen, von einer Balustrade umzogenen und statueligeschmückten Dache,
ihren schlanken ionischen, mit Laubgewinden gefüllten Pilastern! Da stehen wir
mit einem Schlage mitten drin in der Barvckarchitektnr.


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[0556] Aus der Bnugeschichte Leipzigs. Im 17. Jahrchnndert, während des dreißigjährigen Krieges, kam die Bnulnst begreiflicherweise auch in Leipzig ins Stocken, und nach nach dem Friedensschlüsse verging noch einige Zeit, bis sie wieder erwachte. Gegen Ende des 17. Jahr- hunderts aber entwickelte die Stadt wieder eine lebhafte Bauthätigkeit. Vor allein dachte man an die Wiederherstellung der Kirchen. Schon 1668 begann man die Nikolaikirche, 1671 die Thomaskirche, 1698 die Barfüßerkirche, 1710 die Peterskirche zu restauriren; sie alle hatten bei den wiederholten Velagernngen der Stadt gelitten, die beiden letztern hatten über anderthalb Jahrhunderte, seit Einführung der Reformation in Leipzig ode gestanden, und waren schließlich zu höchst profanen Zwecken benutzt worden, die Barfiißerkirche zu einer Blcmsarben- niederlage, die Peterskirche zu einer Kalkhütte. Die Universität schloß 1716 mit Renovation der Paulinerkirche sich an. Zu gleicher Zeit aber entstanden zahlreiche Neubauten. Von 1678 bis 1683 wurde die Börse auf dem Nasch¬ markte errichtet, von 1679 bis 1703 die sämtlichen vier an der Pleiße liegenden Mühlen der Stadt von Grund aus nen erbaut, 1761 entstand das Georgen¬ hans im Brühl, das im Laufe der nächsten Jahrzehnte wiederholte Er¬ weiterungsbauten erfuhr, 1717 wurde auf Wunsch des Kurfürsten das Reithaus erbaut, 1721 abermals die Thomaskirche erneuert und mit einem prächtigen Altar versehen, 1723 die Petersstraße durch den stattlichen Petersthorball ab¬ geschlossen, nild auf zahlreichen Straßen und Plätzen der Stadt erhoben sich schaltete Zierbrnnneu, während auch der schon ans dem 16. Jahrhundert stammende statuengeschmückte Goldne Brunnen ans dem Markte am Eingange des Salz- gäßchens erneuert und wieder über lind über vergoldet wurde. Weit überboten aber noch wurde diese Vauthätigkeit, als, namentlich zu Anfange des 18. Jahr¬ hunderts, die Privatarchitektur einen glänzenden Aufschwung nahm und eine Anzahl reich gewordener Kaufleute teils in der Stadt sich neue, prächtige Wohn¬ häuser errichteten, teils in der Vorstadt großartige Gärten mit Lusthäusern, Springbrunnen und Statuen anlegten. Als jedoch diese Vauthätigkeit begann, da knüpfte man nur theilweise noch da wieder an, wo man Jahrzehnte früher abgebrochen hatte. Wenn auch die nul Eilde des 17. Jahrhunderts neu entstandenen Privatbnnten an den Formen des mittelalterlichen Hauses festhielten — an Dentrichs Hof z. V. ans der Nikvlaistraße, einem der interessantesten Leipziger Wohnhäuser jener Zeit, bauen sich die drei antiken Säulenordnungen noch um der altübcrlieferteu hohen Giebel¬ fassade auf —, im allgemeinen war doch die deutsche Bauweise jetzt durch eine zweite Strömung, die im Laufe des 17. Jahrhunderts von Welschland herein¬ gekommen war, völlig umgestaltet worden. Welch ein Abstand zwischen dem ebengenannten Privathause und der etwa gleichzeitig entstandenen Börse mit ihren: flachen, von einer Balustrade umzogenen und statueligeschmückten Dache, ihren schlanken ionischen, mit Laubgewinden gefüllten Pilastern! Da stehen wir mit einem Schlage mitten drin in der Barvckarchitektnr.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_359176/556>, abgerufen am 29.06.2024.