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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal.

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Die Fremdwörterseuche.

weise und ernste Anweisungen hier sehr viel gutes stiften, schon für die lebenden,
noch mehr aber für die künftigen Geschlechter. Möchten sie der trefflichen Worte
Uhlcmds eingedenk sein:


Verpflanz' auf deine Jugend
Die deutsche Treu und Tugend
Zugleich mit deutschem Wort.

3. Die Akademie. Schon Leibniz hat sich von einer "unter höherm Schutz
stehenden Teutsch-gesinnten Gesellschaft" viel des guten versprochen, und er hat
dann der Berliner Akademie die von ihm dieser Gesellschaft zugedachte Aufgabe
mit in die Wiege gelegt, wie im vorigen Aufsatz bereits ausgeführt wurde.
Seitdem ist man wiederholt auf diese" oder einen ähnlichen Gedanken zurück¬
gekommen; man wünschte auch bei uus eine Einrichtung zu haben, welche die
Sprache überwachen möchte, ähnlich wie es in Italien die ^vÄclvuaiiZ, <1kUii erring.,
in Frankreich die ^."ZÄÄerQik trg,neM8" und in Spanien die ^,<ZÄÄ<zniig> gspÄnol^
thut. Der letzte, welcher diesen Wunsch öffentlich und nachdrücklich ausgesprochen
hat, war Emil DuBois-Reymond, der ständige Sekretär der Berliner Akademie
der Wissenschaften, der als Festredner am Geburtstage des Kaisers im Jahre
1874 in dieser gelehrten Körperschaft "über eine Akademie der deutschen Sprache"
(Berlin, 1874) handelte. Die Berliner Akademie selbst ist dem Wunsche ihres
Sekretärs bisher nicht näher getreten, vielleicht bloß deshalb, weil er sich nicht
unmittelbar um sie selbst gewandt hatte. DuBois-Reymond hat allerdings zu¬
nächst das Leben und die Verhältnisse der Sprache überhaupt, aber auch die
Befreiung derselben von den fremden Mischungen im Auge gehabt, und er hat
das, was zu erstreben sei, ausführlich dargelegt. Er verlangte eine über Deutsch¬
land verbreitete, durch Wahl unter kaiserlicher Bestätigung sich ergänzende Aka¬
demie der deutschen Sprache, welche die ersten Schriftsteller und Sprachkenner
in sich vereint und in der Reichshauptstadt ihren Sitz oder geschäftlichen Mittel¬
punkt hat. Dieser Wunsch wird auch jetzt festzuhalten sein, und wir nehmen
ihn auf, wenn auch dem Zwecke, den wir hier verfolgen, vielleicht noch auf eine
einfachere Weise zu dienen wäre. Aber die sprachlichen Dinge hängen eng zu¬
sammen, und so fände diese Akademie ein weites und einheitliches Arbeitsfeld.
Die Stiftung und Einrichtung einer solchen Akademie kann natürlich nur von
Rcichswegen geschehen, und es soll uns gleich sein, ob der Kanzler, der Bundes¬
rat oder der Reichstag den Anstoß giebt, wenn dieser Anstoß nur erfolgt.

Arbeiten könnte diese Akademie ungefähr nach Art der in München durch
König Maximilian II. eingerichteten "Historischen Kommission." Sie könnte
sich an die Berliner Akademie äußerlich anlehnen, doch könnte sie auch für sich
bestehen. Die Akademien zu Berlin und München, sowie die wichtigern Hoch¬
schulen könnten leicht den Stamm gelehrter Männer liefern, an welchen sich
dann einige Dichter und Schriftsteller, als die Künstler der Sprache, anschlössen.
Doch wäre es gewiß anch notwendig, Männer aus den verschiednen Berufs-


Die Fremdwörterseuche.

weise und ernste Anweisungen hier sehr viel gutes stiften, schon für die lebenden,
noch mehr aber für die künftigen Geschlechter. Möchten sie der trefflichen Worte
Uhlcmds eingedenk sein:


Verpflanz' auf deine Jugend
Die deutsche Treu und Tugend
Zugleich mit deutschem Wort.

3. Die Akademie. Schon Leibniz hat sich von einer „unter höherm Schutz
stehenden Teutsch-gesinnten Gesellschaft" viel des guten versprochen, und er hat
dann der Berliner Akademie die von ihm dieser Gesellschaft zugedachte Aufgabe
mit in die Wiege gelegt, wie im vorigen Aufsatz bereits ausgeführt wurde.
Seitdem ist man wiederholt auf diese» oder einen ähnlichen Gedanken zurück¬
gekommen; man wünschte auch bei uus eine Einrichtung zu haben, welche die
Sprache überwachen möchte, ähnlich wie es in Italien die ^vÄclvuaiiZ, <1kUii erring.,
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thut. Der letzte, welcher diesen Wunsch öffentlich und nachdrücklich ausgesprochen
hat, war Emil DuBois-Reymond, der ständige Sekretär der Berliner Akademie
der Wissenschaften, der als Festredner am Geburtstage des Kaisers im Jahre
1874 in dieser gelehrten Körperschaft „über eine Akademie der deutschen Sprache"
(Berlin, 1874) handelte. Die Berliner Akademie selbst ist dem Wunsche ihres
Sekretärs bisher nicht näher getreten, vielleicht bloß deshalb, weil er sich nicht
unmittelbar um sie selbst gewandt hatte. DuBois-Reymond hat allerdings zu¬
nächst das Leben und die Verhältnisse der Sprache überhaupt, aber auch die
Befreiung derselben von den fremden Mischungen im Auge gehabt, und er hat
das, was zu erstreben sei, ausführlich dargelegt. Er verlangte eine über Deutsch¬
land verbreitete, durch Wahl unter kaiserlicher Bestätigung sich ergänzende Aka¬
demie der deutschen Sprache, welche die ersten Schriftsteller und Sprachkenner
in sich vereint und in der Reichshauptstadt ihren Sitz oder geschäftlichen Mittel¬
punkt hat. Dieser Wunsch wird auch jetzt festzuhalten sein, und wir nehmen
ihn auf, wenn auch dem Zwecke, den wir hier verfolgen, vielleicht noch auf eine
einfachere Weise zu dienen wäre. Aber die sprachlichen Dinge hängen eng zu¬
sammen, und so fände diese Akademie ein weites und einheitliches Arbeitsfeld.
Die Stiftung und Einrichtung einer solchen Akademie kann natürlich nur von
Rcichswegen geschehen, und es soll uns gleich sein, ob der Kanzler, der Bundes¬
rat oder der Reichstag den Anstoß giebt, wenn dieser Anstoß nur erfolgt.

Arbeiten könnte diese Akademie ungefähr nach Art der in München durch
König Maximilian II. eingerichteten „Historischen Kommission." Sie könnte
sich an die Berliner Akademie äußerlich anlehnen, doch könnte sie auch für sich
bestehen. Die Akademien zu Berlin und München, sowie die wichtigern Hoch¬
schulen könnten leicht den Stamm gelehrter Männer liefern, an welchen sich
dann einige Dichter und Schriftsteller, als die Künstler der Sprache, anschlössen.
Doch wäre es gewiß anch notwendig, Männer aus den verschiednen Berufs-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_359176/538>, abgerufen am 28.09.2024.