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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal.

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Die Fremdwörterst-nahe.

und gebrochen, sondern aufrecht bleibe und nach ihrer ursprünglichen Art ge¬
sprochen werde,"

Das alles paßt anch auf das Hochdeutsche und auf die heutige Zeit.
Übrigens wurde zu derselben Zeit, als Ampzing lebte, und anch schon früher
in Deutschland selbst die Sucht, dem Ausländischen nachzulaufen und die Sprache
mit fremden Wörtern zu entstellen, vielfach schmerzlich empfunden. Aus dem
Wunsche, dem Übel entgegenzuwirken, entstand die "Fruchtbriugeude Gesellschaft,"
deren Stiftung bereits im Jahre 1617 erfolgte. Einer ihrer wesentlichen Zwecke
bestand nach den Satzungen der Gesellschaft darin, daß "man die hochgeehrte
Muttersprache in ihrem gründliche:: Wesen und rechten Verstände, ohne Ein¬
mischung frembder außländischer Flikkwörter, aufs möglichste und thunlichste
erhalte, und sich so wol der besten auSsprache im reden, als der reinesten art
im schreiben und Reime-dichten befleißige." Dieser Zweck wurde festgehalten.
Im Jahre 1640 gab der Fürst zu Anhalt-Köthen in Frankfurt am Main ein
jetzt sehr selten gewordenes Kupferwerk "Der fruchtbringenden Gesellschaft
Nahmen und Vorhaben u. s. w." heraus, in welchem ein "Knrtzer Bericht von
der fruchtbringenden Gesellschaft Zwecke und Vorhaben" den Kupfern vorangeht.
In diesem Vorbericht liest man beinahe wörtlich die oben mitgeteilte Stelle und
dann noch folgende Erörterung: " . . . weil unsere weitgeehrete hochdeutsche
Muttersprache so wol an alten, schönen und zierlichen Reden, als auch am
Überflusse eigentlicher und wvlbedeütlicher Wort, so lebe fachen besser, als die
frembden recht zu verstehen geben können, einen nicht geringen Vorzug hat: Das
ebener gestalt darauf möchte gedacht werden, wie eine sothane Gesellschaft zu er¬
wecken und anzustellen, darinnen man in gut rein deutsch reden, schreiben, auch
anders, so bey dergleichen Zusammensetzung und erhebnng der Muttersprache,
(darzu leder von Natur verpflichtet) gebräuchlich und dienlich, vvrnemen möchte."

Deutlicher und derber drückt sich Georg Neumark in seiner zu Weimar
1668 unter dem Titel "Der Um-sprossende Teutsche Palmbaum" heraus¬
gegebenen Geschichte der Fruchtbringenden Gesellschaft aus, indem er den be¬
zeichneten Zweck derselben dahin erläutert, "daß wir unsre Muttersprache vor
allen Dingen, von den: Unflat bettlerischer Wortbesndelnng, so viel jedem möglich,
ausreüten, säubern, auszieren, nud keineswegs damit ferner behelligen: Sondern
dieselbe dagegen in ihrer Grundfeste und rechtem Verstände erhalten, behalten,
und fortzupflautzeu, uns höchlich angelegen seyn lassen."

Nach dem Beispiele der "fruchtbringenden" bildeten sich nach und nach
verschiedene andre Gesellschaften zu denselben löblichen Zwecken, doch war ihnen
allen, wie der "fruchtbringenden" selbst, das schwülstige, überladene Beiwerk,
womit sie, dein allgemeinen Geschmacke der Zeit gemäß, ihr Thun und Treiben
nmgnben, vielfach hinderlich. Jnnnerhin aber wirkten sie anregend und heilsam.

Da ist zunächst Philipp von Zehen zu neunen, der 1643 zu Hamburg eine
"Dentschgesinnte Genossenschaft" stiftete und gleichzeitig eine "Hooch-Deutsche


Die Fremdwörterst-nahe.

und gebrochen, sondern aufrecht bleibe und nach ihrer ursprünglichen Art ge¬
sprochen werde,"

Das alles paßt anch auf das Hochdeutsche und auf die heutige Zeit.
Übrigens wurde zu derselben Zeit, als Ampzing lebte, und anch schon früher
in Deutschland selbst die Sucht, dem Ausländischen nachzulaufen und die Sprache
mit fremden Wörtern zu entstellen, vielfach schmerzlich empfunden. Aus dem
Wunsche, dem Übel entgegenzuwirken, entstand die „Fruchtbriugeude Gesellschaft,"
deren Stiftung bereits im Jahre 1617 erfolgte. Einer ihrer wesentlichen Zwecke
bestand nach den Satzungen der Gesellschaft darin, daß „man die hochgeehrte
Muttersprache in ihrem gründliche:: Wesen und rechten Verstände, ohne Ein¬
mischung frembder außländischer Flikkwörter, aufs möglichste und thunlichste
erhalte, und sich so wol der besten auSsprache im reden, als der reinesten art
im schreiben und Reime-dichten befleißige." Dieser Zweck wurde festgehalten.
Im Jahre 1640 gab der Fürst zu Anhalt-Köthen in Frankfurt am Main ein
jetzt sehr selten gewordenes Kupferwerk „Der fruchtbringenden Gesellschaft
Nahmen und Vorhaben u. s. w." heraus, in welchem ein „Knrtzer Bericht von
der fruchtbringenden Gesellschaft Zwecke und Vorhaben" den Kupfern vorangeht.
In diesem Vorbericht liest man beinahe wörtlich die oben mitgeteilte Stelle und
dann noch folgende Erörterung: „ . . . weil unsere weitgeehrete hochdeutsche
Muttersprache so wol an alten, schönen und zierlichen Reden, als auch am
Überflusse eigentlicher und wvlbedeütlicher Wort, so lebe fachen besser, als die
frembden recht zu verstehen geben können, einen nicht geringen Vorzug hat: Das
ebener gestalt darauf möchte gedacht werden, wie eine sothane Gesellschaft zu er¬
wecken und anzustellen, darinnen man in gut rein deutsch reden, schreiben, auch
anders, so bey dergleichen Zusammensetzung und erhebnng der Muttersprache,
(darzu leder von Natur verpflichtet) gebräuchlich und dienlich, vvrnemen möchte."

Deutlicher und derber drückt sich Georg Neumark in seiner zu Weimar
1668 unter dem Titel „Der Um-sprossende Teutsche Palmbaum" heraus¬
gegebenen Geschichte der Fruchtbringenden Gesellschaft aus, indem er den be¬
zeichneten Zweck derselben dahin erläutert, „daß wir unsre Muttersprache vor
allen Dingen, von den: Unflat bettlerischer Wortbesndelnng, so viel jedem möglich,
ausreüten, säubern, auszieren, nud keineswegs damit ferner behelligen: Sondern
dieselbe dagegen in ihrer Grundfeste und rechtem Verstände erhalten, behalten,
und fortzupflautzeu, uns höchlich angelegen seyn lassen."

Nach dem Beispiele der „fruchtbringenden" bildeten sich nach und nach
verschiedene andre Gesellschaften zu denselben löblichen Zwecken, doch war ihnen
allen, wie der „fruchtbringenden" selbst, das schwülstige, überladene Beiwerk,
womit sie, dein allgemeinen Geschmacke der Zeit gemäß, ihr Thun und Treiben
nmgnben, vielfach hinderlich. Jnnnerhin aber wirkten sie anregend und heilsam.

Da ist zunächst Philipp von Zehen zu neunen, der 1643 zu Hamburg eine
„Dentschgesinnte Genossenschaft" stiftete und gleichzeitig eine „Hooch-Deutsche


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_359176/488>, abgerufen am 29.06.2024.