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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal.

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Adolf Gntbiers Rcifael-Werk.

mißklängen Zweck ist, durchaus dem allerseits voll anerkannten Grundsätze, daß
der natürlichen Bestimmung des Weibes gemäß die Familie -- auch kein Sur¬
rogat derselben! -- der Brennpunkt der weiblichen Erziehung sein muß, zu
welchem sich die Schule mir als zuleitender Strahl verhalten darf.

Es will uns bedünken, als ob, wenn die Wege, welche wir angedeutet
haben, in der Erziehung unsrer Töchter eingeschlagen werden, auch das weib¬
liche Geschlecht zu jener realen und reellen Idealität gelangen könne, welche
allein den Menschen wahrhaft beglückt. Zur unverdrossenen Ausführung der
zahlreichen kleinen und kleinlichen Geschäfte, welche die Häuslichkeit auferlegt,
zum sichern Halt in Tage" des Unglücks und zur harmonischen Führung des
Lebens überhaupt bedarf die Frau der steten Erfrischung des höher" Zuges
einer frommen und schönen Seele; auf der andern Seite lehren sie der Wahr¬
heitssinn und die Ordnungsliebe mit deu Dingen der Außenwelt, welche kein
vernünftiger Mensch bei Stellung der Rechnung für sein Dasein außer Acht
läßt, in geregeltem Zusammenhange bleiben und behüten sie, daß sie nicht von
ungesunden Auswüchsen der Idealität heimgesucht werde und vor lauter Sphären¬
musik deu Schlüssel der ihr im Erdeukouzert anvertrauten Stimme zu lesen
verlerne.


L. Lang.


Adolf Gutbiers Rafael-N)ert.

in Prachtwerk ersten Ranges -- diese viel mißbrauchte und ver¬
schwendete buchhündlerische Phrase, wenn sie jemals Sinn und
Berechtigung gehabt hätte, so wäre es dem wundervollen, einzig
in seiner Art dastehenden Werke gegenüber, das in der Überschrift
dieser Zeilen genannt ist, und das, in Stille und Bescheidenheit
vorbereitet, ohne alle tönenden Reklamephrasen unlängst ans Licht getreten ist.
Wenige Sätze werden genügen, von der Bedeutung und Schönheit dieses Werkes
einen Begriff zu gebe".

Die Kunsthandlung von Adolf Gutbier in Dresden veranstaltete im Sommer
1879 eine Ausstellung von Nachbildungen sämtlicher Werke Rafaels. Das
Unternehmen -- wohl das erste dieser Art in Deutschland -- fand ungelenke An¬
erkennung und wirkte in hohem Grade anregend und belehrend. Die Schöpfungen
Rafaels, in alle Welt zerstreut, nicht nur in den verschiedensten öffentlichen Galerien
Europas, sondern zum Teil auch in schwer zugüuglicheu Privatsammlungen be¬
findlich, waren hier sammt und sonders in den besten Reproduktionen des


Adolf Gntbiers Rcifael-Werk.

mißklängen Zweck ist, durchaus dem allerseits voll anerkannten Grundsätze, daß
der natürlichen Bestimmung des Weibes gemäß die Familie — auch kein Sur¬
rogat derselben! — der Brennpunkt der weiblichen Erziehung sein muß, zu
welchem sich die Schule mir als zuleitender Strahl verhalten darf.

Es will uns bedünken, als ob, wenn die Wege, welche wir angedeutet
haben, in der Erziehung unsrer Töchter eingeschlagen werden, auch das weib¬
liche Geschlecht zu jener realen und reellen Idealität gelangen könne, welche
allein den Menschen wahrhaft beglückt. Zur unverdrossenen Ausführung der
zahlreichen kleinen und kleinlichen Geschäfte, welche die Häuslichkeit auferlegt,
zum sichern Halt in Tage» des Unglücks und zur harmonischen Führung des
Lebens überhaupt bedarf die Frau der steten Erfrischung des höher» Zuges
einer frommen und schönen Seele; auf der andern Seite lehren sie der Wahr¬
heitssinn und die Ordnungsliebe mit deu Dingen der Außenwelt, welche kein
vernünftiger Mensch bei Stellung der Rechnung für sein Dasein außer Acht
läßt, in geregeltem Zusammenhange bleiben und behüten sie, daß sie nicht von
ungesunden Auswüchsen der Idealität heimgesucht werde und vor lauter Sphären¬
musik deu Schlüssel der ihr im Erdeukouzert anvertrauten Stimme zu lesen
verlerne.


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Adolf Gutbiers Rafael-N)ert.

in Prachtwerk ersten Ranges — diese viel mißbrauchte und ver¬
schwendete buchhündlerische Phrase, wenn sie jemals Sinn und
Berechtigung gehabt hätte, so wäre es dem wundervollen, einzig
in seiner Art dastehenden Werke gegenüber, das in der Überschrift
dieser Zeilen genannt ist, und das, in Stille und Bescheidenheit
vorbereitet, ohne alle tönenden Reklamephrasen unlängst ans Licht getreten ist.
Wenige Sätze werden genügen, von der Bedeutung und Schönheit dieses Werkes
einen Begriff zu gebe».

Die Kunsthandlung von Adolf Gutbier in Dresden veranstaltete im Sommer
1879 eine Ausstellung von Nachbildungen sämtlicher Werke Rafaels. Das
Unternehmen — wohl das erste dieser Art in Deutschland — fand ungelenke An¬
erkennung und wirkte in hohem Grade anregend und belehrend. Die Schöpfungen
Rafaels, in alle Welt zerstreut, nicht nur in den verschiedensten öffentlichen Galerien
Europas, sondern zum Teil auch in schwer zugüuglicheu Privatsammlungen be¬
findlich, waren hier sammt und sonders in den besten Reproduktionen des


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[0403] Adolf Gntbiers Rcifael-Werk. mißklängen Zweck ist, durchaus dem allerseits voll anerkannten Grundsätze, daß der natürlichen Bestimmung des Weibes gemäß die Familie — auch kein Sur¬ rogat derselben! — der Brennpunkt der weiblichen Erziehung sein muß, zu welchem sich die Schule mir als zuleitender Strahl verhalten darf. Es will uns bedünken, als ob, wenn die Wege, welche wir angedeutet haben, in der Erziehung unsrer Töchter eingeschlagen werden, auch das weib¬ liche Geschlecht zu jener realen und reellen Idealität gelangen könne, welche allein den Menschen wahrhaft beglückt. Zur unverdrossenen Ausführung der zahlreichen kleinen und kleinlichen Geschäfte, welche die Häuslichkeit auferlegt, zum sichern Halt in Tage» des Unglücks und zur harmonischen Führung des Lebens überhaupt bedarf die Frau der steten Erfrischung des höher» Zuges einer frommen und schönen Seele; auf der andern Seite lehren sie der Wahr¬ heitssinn und die Ordnungsliebe mit deu Dingen der Außenwelt, welche kein vernünftiger Mensch bei Stellung der Rechnung für sein Dasein außer Acht läßt, in geregeltem Zusammenhange bleiben und behüten sie, daß sie nicht von ungesunden Auswüchsen der Idealität heimgesucht werde und vor lauter Sphären¬ musik deu Schlüssel der ihr im Erdeukouzert anvertrauten Stimme zu lesen verlerne. L. Lang. Adolf Gutbiers Rafael-N)ert. in Prachtwerk ersten Ranges — diese viel mißbrauchte und ver¬ schwendete buchhündlerische Phrase, wenn sie jemals Sinn und Berechtigung gehabt hätte, so wäre es dem wundervollen, einzig in seiner Art dastehenden Werke gegenüber, das in der Überschrift dieser Zeilen genannt ist, und das, in Stille und Bescheidenheit vorbereitet, ohne alle tönenden Reklamephrasen unlängst ans Licht getreten ist. Wenige Sätze werden genügen, von der Bedeutung und Schönheit dieses Werkes einen Begriff zu gebe». Die Kunsthandlung von Adolf Gutbier in Dresden veranstaltete im Sommer 1879 eine Ausstellung von Nachbildungen sämtlicher Werke Rafaels. Das Unternehmen — wohl das erste dieser Art in Deutschland — fand ungelenke An¬ erkennung und wirkte in hohem Grade anregend und belehrend. Die Schöpfungen Rafaels, in alle Welt zerstreut, nicht nur in den verschiedensten öffentlichen Galerien Europas, sondern zum Teil auch in schwer zugüuglicheu Privatsammlungen be¬ findlich, waren hier sammt und sonders in den besten Reproduktionen des

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_359176/403>, abgerufen am 29.06.2024.