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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal.

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Giuseppe Ganbaltn.

rechtigung bestreiten zu wollen, und mir mit der Hoffnung, daß die schöne"
Dinge, die England nach dem Londoner Blatte in Ägypten vorhat, unter der
Wahrung dieses Interesses nicht leiden.




Giuseppe Gcrribaldi.
(Schluß.)

le Charaktereigenschaften, welche in Garibaldi, dem Privatmanne,
neben Mut, Treue und Sündhaftigkeit am hellsten leuchten, sind
Herzensgüte, Uneigennützigkeit und Wahrhaftigkeit. Die erstere
erklärte er selbst für ein Erbteil seiner geliebten, im Leben wie
im Tode von ihm hochverehrten Mutter. Es war nicht etwa
jene schwächliche, passive Gutmütigkeit, welche mehr eine Temperaments- als
eine Charaktereigenschaft, sich trefflich mit dein schlimmsten Egoismus verträgt
und doch nicht selten mißbräuchlich mit dem Namen jener hohen Tilgend geehrt
wird; sie offenbarte sich vielmehr als eine solche bei jeder Gelegenheit dnrch
Thaten, auch durch solche, die mit Gefahren und Opfern verknüpft waren.
Notleidenden Hilfe zu spenden war ihm lebhaftes Bedürfnis, er unterstützte sie
mit Rat und That oft über seine Mittel hinaus, ohne zu beachten, daß seine
allzugroße Freigebigkeit ihn selbst und die Semen zuweilen in bittere Verlegen¬
heit zu bringen drohte. Er tröstete die Armen und Bedrängten, denen er uicht
zu helfen vermochte, und vertrat ihre Sache mächtigen Bedrängern gegenüber
mit glühendem Eifer. Er, der nie eine Gunst für sich erbat, bestürmte die Be¬
hörden mit Bitten, wo es sich um die Befreiung eines seiner Überzeugung nach
unschuldig Verfolgten, um die Unterstützung eiues Unglücklichen oder die Be¬
lohnung eines verkannten Verdienstes handelte. Wo ein Menschenleben in Gesahr
schwebte, zögerte er nie, das eigne aufs Spiel zu setzen, um das fremde zu er¬
halten. Schon als siebenjähriger Knabe rettete er schwimmend eine dem Er¬
trinken nahe Fran und später nach und nach noch zwölf Personen zum Teil
mit dringender Gefahr des eignen Lebens vom Wnssertvde. Für sich selbst
beanspruchte er keinen Lohn, weder Ehren noch Schätze. Als Befehlshaber der
italienischen Legion in Montevideo war er, "der einzige Uneigennützige unter
lauter habsüchtigen Egoisten," wie ihn der englische Vermittler Lord Howden
nannte, so arm, daß er abends mit seiner Gattin im Dunkeln saß, weil er kein
Geld hatte, sich ein Licht zu kaufen. Der Eroberer und Diktator Unteritaliens
kehrte mit 1200 Franken Vermögen nach Cnprera zurück und lebte dort mit
den Seinen von harter Arbeit seiner Hände. Äußere Ehrenzeichen waren nicht


Giuseppe Ganbaltn.

rechtigung bestreiten zu wollen, und mir mit der Hoffnung, daß die schöne»
Dinge, die England nach dem Londoner Blatte in Ägypten vorhat, unter der
Wahrung dieses Interesses nicht leiden.




Giuseppe Gcrribaldi.
(Schluß.)

le Charaktereigenschaften, welche in Garibaldi, dem Privatmanne,
neben Mut, Treue und Sündhaftigkeit am hellsten leuchten, sind
Herzensgüte, Uneigennützigkeit und Wahrhaftigkeit. Die erstere
erklärte er selbst für ein Erbteil seiner geliebten, im Leben wie
im Tode von ihm hochverehrten Mutter. Es war nicht etwa
jene schwächliche, passive Gutmütigkeit, welche mehr eine Temperaments- als
eine Charaktereigenschaft, sich trefflich mit dein schlimmsten Egoismus verträgt
und doch nicht selten mißbräuchlich mit dem Namen jener hohen Tilgend geehrt
wird; sie offenbarte sich vielmehr als eine solche bei jeder Gelegenheit dnrch
Thaten, auch durch solche, die mit Gefahren und Opfern verknüpft waren.
Notleidenden Hilfe zu spenden war ihm lebhaftes Bedürfnis, er unterstützte sie
mit Rat und That oft über seine Mittel hinaus, ohne zu beachten, daß seine
allzugroße Freigebigkeit ihn selbst und die Semen zuweilen in bittere Verlegen¬
heit zu bringen drohte. Er tröstete die Armen und Bedrängten, denen er uicht
zu helfen vermochte, und vertrat ihre Sache mächtigen Bedrängern gegenüber
mit glühendem Eifer. Er, der nie eine Gunst für sich erbat, bestürmte die Be¬
hörden mit Bitten, wo es sich um die Befreiung eines seiner Überzeugung nach
unschuldig Verfolgten, um die Unterstützung eiues Unglücklichen oder die Be¬
lohnung eines verkannten Verdienstes handelte. Wo ein Menschenleben in Gesahr
schwebte, zögerte er nie, das eigne aufs Spiel zu setzen, um das fremde zu er¬
halten. Schon als siebenjähriger Knabe rettete er schwimmend eine dem Er¬
trinken nahe Fran und später nach und nach noch zwölf Personen zum Teil
mit dringender Gefahr des eignen Lebens vom Wnssertvde. Für sich selbst
beanspruchte er keinen Lohn, weder Ehren noch Schätze. Als Befehlshaber der
italienischen Legion in Montevideo war er, „der einzige Uneigennützige unter
lauter habsüchtigen Egoisten," wie ihn der englische Vermittler Lord Howden
nannte, so arm, daß er abends mit seiner Gattin im Dunkeln saß, weil er kein
Geld hatte, sich ein Licht zu kaufen. Der Eroberer und Diktator Unteritaliens
kehrte mit 1200 Franken Vermögen nach Cnprera zurück und lebte dort mit
den Seinen von harter Arbeit seiner Hände. Äußere Ehrenzeichen waren nicht


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[0372] Giuseppe Ganbaltn. rechtigung bestreiten zu wollen, und mir mit der Hoffnung, daß die schöne» Dinge, die England nach dem Londoner Blatte in Ägypten vorhat, unter der Wahrung dieses Interesses nicht leiden. Giuseppe Gcrribaldi. (Schluß.) le Charaktereigenschaften, welche in Garibaldi, dem Privatmanne, neben Mut, Treue und Sündhaftigkeit am hellsten leuchten, sind Herzensgüte, Uneigennützigkeit und Wahrhaftigkeit. Die erstere erklärte er selbst für ein Erbteil seiner geliebten, im Leben wie im Tode von ihm hochverehrten Mutter. Es war nicht etwa jene schwächliche, passive Gutmütigkeit, welche mehr eine Temperaments- als eine Charaktereigenschaft, sich trefflich mit dein schlimmsten Egoismus verträgt und doch nicht selten mißbräuchlich mit dem Namen jener hohen Tilgend geehrt wird; sie offenbarte sich vielmehr als eine solche bei jeder Gelegenheit dnrch Thaten, auch durch solche, die mit Gefahren und Opfern verknüpft waren. Notleidenden Hilfe zu spenden war ihm lebhaftes Bedürfnis, er unterstützte sie mit Rat und That oft über seine Mittel hinaus, ohne zu beachten, daß seine allzugroße Freigebigkeit ihn selbst und die Semen zuweilen in bittere Verlegen¬ heit zu bringen drohte. Er tröstete die Armen und Bedrängten, denen er uicht zu helfen vermochte, und vertrat ihre Sache mächtigen Bedrängern gegenüber mit glühendem Eifer. Er, der nie eine Gunst für sich erbat, bestürmte die Be¬ hörden mit Bitten, wo es sich um die Befreiung eines seiner Überzeugung nach unschuldig Verfolgten, um die Unterstützung eiues Unglücklichen oder die Be¬ lohnung eines verkannten Verdienstes handelte. Wo ein Menschenleben in Gesahr schwebte, zögerte er nie, das eigne aufs Spiel zu setzen, um das fremde zu er¬ halten. Schon als siebenjähriger Knabe rettete er schwimmend eine dem Er¬ trinken nahe Fran und später nach und nach noch zwölf Personen zum Teil mit dringender Gefahr des eignen Lebens vom Wnssertvde. Für sich selbst beanspruchte er keinen Lohn, weder Ehren noch Schätze. Als Befehlshaber der italienischen Legion in Montevideo war er, „der einzige Uneigennützige unter lauter habsüchtigen Egoisten," wie ihn der englische Vermittler Lord Howden nannte, so arm, daß er abends mit seiner Gattin im Dunkeln saß, weil er kein Geld hatte, sich ein Licht zu kaufen. Der Eroberer und Diktator Unteritaliens kehrte mit 1200 Franken Vermögen nach Cnprera zurück und lebte dort mit den Seinen von harter Arbeit seiner Hände. Äußere Ehrenzeichen waren nicht

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_359176/372>, abgerufen am 26.06.2024.