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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal.

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Der jüngste Tag.
von Edward Egg leston.

(Fortsetzung.)
Zweiundvierzigstes Tiapitel.
Die letzten stunden.

is alle wieder in die Burg getreten waren, bat Andrew sie, sich
niederzusetzen. Der alte Geistliche sah keinen Ausweg ans der
Verlegenheit, in der man sich infolge des Mangels an einem
obrigkeitlichen Erlanbnisschein befand, aber Andrew that sehr ge¬
heimnisvoll.

Tilgend belohnt sich selbst, sagte der Philosoph, aber sie findet
auch manchmal einen zufälligen Lohn. Nun aber bist du, Julia, meines Er-
achtens das edelste Weib in dieser entarteten Zeit.

Das ist so wahr wie die Predigt in der Kirche, wenn "sie eine gewisse
andre ausnehmen wollen, sagte Joncis mit einem bezeichnenden Seitenblick auf
seine Cynthy Ann. Julia errötete, und der alte Geistliche sah Andren, nud Julia
fragend an. Dieses übertriebene Lob von selten eines so menschenfeindlich ge¬
stimmten Mannes wie Andrew erregte seine Neugier.

Ohne Ausnahme, erwiederte Andrew mit Betonung, indem er zuerst Jonas,
dann Herrn Williams ansah, meine Nichte ist das edelste Weib, das ich je kennen
gelernt habe.

O nicht doch, bitte, Onkel Andrew! bat Julia, fast sprachlos vor Scham.
Lob war etwas, was sie nicht vertragen konnte, sie war an Tadel gewöhnt.

Erinnerst du dich jeuer dunkeln Nacht -- natürlich wirst dn dich erinnern --,
als dn alles wagtest nud hierher kamst, um August zu besuche", der gestorben
sein würde, wenn du nicht gekommen wärest? Andrew sah jetzt Julien an, die
ihm fast unhörbar antwortete.

Und besinnst du dich darauf, was du bei deiner Rückkehr uach Hause an
euerm Hofthore zu mir sagtest?

Ja, Onkel, antwortete Julia.

Natürlich besinnst du dich, und ich werde nie ihre Worte vergessen. Hier
wandte er sich zu August. Sie sagte, wenn es schlimmer mit ihn, werden
sollte, so möchte ich, daß er als mein Gatte stürbe, wenn es auch sein Wunsch


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Der jüngste Tag.
von Edward Egg leston.

(Fortsetzung.)
Zweiundvierzigstes Tiapitel.
Die letzten stunden.

is alle wieder in die Burg getreten waren, bat Andrew sie, sich
niederzusetzen. Der alte Geistliche sah keinen Ausweg ans der
Verlegenheit, in der man sich infolge des Mangels an einem
obrigkeitlichen Erlanbnisschein befand, aber Andrew that sehr ge¬
heimnisvoll.

Tilgend belohnt sich selbst, sagte der Philosoph, aber sie findet
auch manchmal einen zufälligen Lohn. Nun aber bist du, Julia, meines Er-
achtens das edelste Weib in dieser entarteten Zeit.

Das ist so wahr wie die Predigt in der Kirche, wenn «sie eine gewisse
andre ausnehmen wollen, sagte Joncis mit einem bezeichnenden Seitenblick auf
seine Cynthy Ann. Julia errötete, und der alte Geistliche sah Andren, nud Julia
fragend an. Dieses übertriebene Lob von selten eines so menschenfeindlich ge¬
stimmten Mannes wie Andrew erregte seine Neugier.

Ohne Ausnahme, erwiederte Andrew mit Betonung, indem er zuerst Jonas,
dann Herrn Williams ansah, meine Nichte ist das edelste Weib, das ich je kennen
gelernt habe.

O nicht doch, bitte, Onkel Andrew! bat Julia, fast sprachlos vor Scham.
Lob war etwas, was sie nicht vertragen konnte, sie war an Tadel gewöhnt.

Erinnerst du dich jeuer dunkeln Nacht — natürlich wirst dn dich erinnern —,
als dn alles wagtest nud hierher kamst, um August zu besuche», der gestorben
sein würde, wenn du nicht gekommen wärest? Andrew sah jetzt Julien an, die
ihm fast unhörbar antwortete.

Und besinnst du dich darauf, was du bei deiner Rückkehr uach Hause an
euerm Hofthore zu mir sagtest?

Ja, Onkel, antwortete Julia.

Natürlich besinnst du dich, und ich werde nie ihre Worte vergessen. Hier
wandte er sich zu August. Sie sagte, wenn es schlimmer mit ihn, werden
sollte, so möchte ich, daß er als mein Gatte stürbe, wenn es auch sein Wunsch


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[0309] [Abbildung] Der jüngste Tag. von Edward Egg leston. (Fortsetzung.) Zweiundvierzigstes Tiapitel. Die letzten stunden. is alle wieder in die Burg getreten waren, bat Andrew sie, sich niederzusetzen. Der alte Geistliche sah keinen Ausweg ans der Verlegenheit, in der man sich infolge des Mangels an einem obrigkeitlichen Erlanbnisschein befand, aber Andrew that sehr ge¬ heimnisvoll. Tilgend belohnt sich selbst, sagte der Philosoph, aber sie findet auch manchmal einen zufälligen Lohn. Nun aber bist du, Julia, meines Er- achtens das edelste Weib in dieser entarteten Zeit. Das ist so wahr wie die Predigt in der Kirche, wenn «sie eine gewisse andre ausnehmen wollen, sagte Joncis mit einem bezeichnenden Seitenblick auf seine Cynthy Ann. Julia errötete, und der alte Geistliche sah Andren, nud Julia fragend an. Dieses übertriebene Lob von selten eines so menschenfeindlich ge¬ stimmten Mannes wie Andrew erregte seine Neugier. Ohne Ausnahme, erwiederte Andrew mit Betonung, indem er zuerst Jonas, dann Herrn Williams ansah, meine Nichte ist das edelste Weib, das ich je kennen gelernt habe. O nicht doch, bitte, Onkel Andrew! bat Julia, fast sprachlos vor Scham. Lob war etwas, was sie nicht vertragen konnte, sie war an Tadel gewöhnt. Erinnerst du dich jeuer dunkeln Nacht — natürlich wirst dn dich erinnern —, als dn alles wagtest nud hierher kamst, um August zu besuche», der gestorben sein würde, wenn du nicht gekommen wärest? Andrew sah jetzt Julien an, die ihm fast unhörbar antwortete. Und besinnst du dich darauf, was du bei deiner Rückkehr uach Hause an euerm Hofthore zu mir sagtest? Ja, Onkel, antwortete Julia. Natürlich besinnst du dich, und ich werde nie ihre Worte vergessen. Hier wandte er sich zu August. Sie sagte, wenn es schlimmer mit ihn, werden sollte, so möchte ich, daß er als mein Gatte stürbe, wenn es auch sein Wunsch Grmzl'oll'ii ,V. 1882. !i!>

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_359176/309>, abgerufen am 26.06.2024.