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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal.

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Das Schnorrsche Kriegsspiel am sächsischen Hofe.

Wiederholt versichern, daß mau im Vereine mit Rußland vermittelnd auftreten
wolle, wofern Frankreich sich zu maßvolleren Friedensbedingungen bequemen wolle.

In eine neue Entwicklungsphase traten die Verhandlungen zwischen Frank¬
reich und Preuße" erst, als durch den Sieg bei Marengo Frankreich wieder
obenauf gekommen war. Am 30. Juni 1800 schon bot Friedrich Wilhelm dem
ersten Konsul abermals seine Vermittlung für eiuen Frieden an, wobei er an¬
deuten ließ, daß er bei seinen Bestrebungen auf den Kaiser von Rußland rechnen
könne. In Paris zeigte man nur geringe Neigung, auf dieses Anerbieten ein¬
zugehen. Man tadelte bitter die Politik der unbedingten Neutralität und ver¬
sprach sich von einer preußischen Vermittlung gegenüber den Österreichern
umsoweniger, als deren Widerstand bei Marengo gebrochen schien und dieselben
schon in Paris über den Frieden unterhandelten. Dagegen konnte Preußen den
Weg zur Verständigung mit Rußland weiter bahnen, dessen man gegen England
bedürfte, und so dankte man nach dieser Richtung sür den guten Willen Preußens
und bat dringend, dasselbe wolle sich für eine Aussöhnung zwischen Frankreich
und Rußland verwenden. Das entsprach aber auch vollständig den Gesinnungen
und Wünschen Friedrich Wilhelms, dem daran lag, sein politisches System ans
die freundschaftlichen Beziehungen zu den miteinander ausgesöhnten großen Nach¬
barstaaten zu begründen. Auf seiue Anregung kam es im Herbst des Jahres
1800 zwischen Rußland und Frankreich zu Verhandlungen, die für die allge¬
meinen Verhältnisse Europas wie für die besondern Beziehungen Preußens zu
Frankreich eine neue Epoche einleiteten.

Hierüber wird der zweite Band des hier besprochnen Werkes neue Auf¬
klärungen bringen. Inzwischen sei dasselbe als ein auch für andre als die hier
hervorgehobenen Ereignisse und Verhältnisse vielfach lehrreiches Werk Freunden
der Geschichte bestens empfohlen.




Das ^chnorrsche Kriegsspiel am sächsischen Hofe.

er handschriftlich im Besitz der Familie aufbewahrten Selbstbio¬
graphie des bekannten Direktors der Leipziger Akademie der bil¬
denden Künste, Veit Hans Schmorr von Carolsfeld, in die uns
kürzlich ein Einblick gestattet wurde, entnehmen wir die nachfolgende
kleine Episode, die außer dem lokalen Interesse in mehrfacher Hin¬
sicht einen gewissen historischen Wert beanspruchen darf.

Als im Frühjahr 1809 jener denkwürdige Krieg zwischen Napoleon und
Österreich entbrannte, der, hochherzig unternommen, trotz blutigen Einsatzes auf


Das Schnorrsche Kriegsspiel am sächsischen Hofe.

Wiederholt versichern, daß mau im Vereine mit Rußland vermittelnd auftreten
wolle, wofern Frankreich sich zu maßvolleren Friedensbedingungen bequemen wolle.

In eine neue Entwicklungsphase traten die Verhandlungen zwischen Frank¬
reich und Preuße» erst, als durch den Sieg bei Marengo Frankreich wieder
obenauf gekommen war. Am 30. Juni 1800 schon bot Friedrich Wilhelm dem
ersten Konsul abermals seine Vermittlung für eiuen Frieden an, wobei er an¬
deuten ließ, daß er bei seinen Bestrebungen auf den Kaiser von Rußland rechnen
könne. In Paris zeigte man nur geringe Neigung, auf dieses Anerbieten ein¬
zugehen. Man tadelte bitter die Politik der unbedingten Neutralität und ver¬
sprach sich von einer preußischen Vermittlung gegenüber den Österreichern
umsoweniger, als deren Widerstand bei Marengo gebrochen schien und dieselben
schon in Paris über den Frieden unterhandelten. Dagegen konnte Preußen den
Weg zur Verständigung mit Rußland weiter bahnen, dessen man gegen England
bedürfte, und so dankte man nach dieser Richtung sür den guten Willen Preußens
und bat dringend, dasselbe wolle sich für eine Aussöhnung zwischen Frankreich
und Rußland verwenden. Das entsprach aber auch vollständig den Gesinnungen
und Wünschen Friedrich Wilhelms, dem daran lag, sein politisches System ans
die freundschaftlichen Beziehungen zu den miteinander ausgesöhnten großen Nach¬
barstaaten zu begründen. Auf seiue Anregung kam es im Herbst des Jahres
1800 zwischen Rußland und Frankreich zu Verhandlungen, die für die allge¬
meinen Verhältnisse Europas wie für die besondern Beziehungen Preußens zu
Frankreich eine neue Epoche einleiteten.

Hierüber wird der zweite Band des hier besprochnen Werkes neue Auf¬
klärungen bringen. Inzwischen sei dasselbe als ein auch für andre als die hier
hervorgehobenen Ereignisse und Verhältnisse vielfach lehrreiches Werk Freunden
der Geschichte bestens empfohlen.




Das ^chnorrsche Kriegsspiel am sächsischen Hofe.

er handschriftlich im Besitz der Familie aufbewahrten Selbstbio¬
graphie des bekannten Direktors der Leipziger Akademie der bil¬
denden Künste, Veit Hans Schmorr von Carolsfeld, in die uns
kürzlich ein Einblick gestattet wurde, entnehmen wir die nachfolgende
kleine Episode, die außer dem lokalen Interesse in mehrfacher Hin¬
sicht einen gewissen historischen Wert beanspruchen darf.

Als im Frühjahr 1809 jener denkwürdige Krieg zwischen Napoleon und
Österreich entbrannte, der, hochherzig unternommen, trotz blutigen Einsatzes auf


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[0283] Das Schnorrsche Kriegsspiel am sächsischen Hofe. Wiederholt versichern, daß mau im Vereine mit Rußland vermittelnd auftreten wolle, wofern Frankreich sich zu maßvolleren Friedensbedingungen bequemen wolle. In eine neue Entwicklungsphase traten die Verhandlungen zwischen Frank¬ reich und Preuße» erst, als durch den Sieg bei Marengo Frankreich wieder obenauf gekommen war. Am 30. Juni 1800 schon bot Friedrich Wilhelm dem ersten Konsul abermals seine Vermittlung für eiuen Frieden an, wobei er an¬ deuten ließ, daß er bei seinen Bestrebungen auf den Kaiser von Rußland rechnen könne. In Paris zeigte man nur geringe Neigung, auf dieses Anerbieten ein¬ zugehen. Man tadelte bitter die Politik der unbedingten Neutralität und ver¬ sprach sich von einer preußischen Vermittlung gegenüber den Österreichern umsoweniger, als deren Widerstand bei Marengo gebrochen schien und dieselben schon in Paris über den Frieden unterhandelten. Dagegen konnte Preußen den Weg zur Verständigung mit Rußland weiter bahnen, dessen man gegen England bedürfte, und so dankte man nach dieser Richtung sür den guten Willen Preußens und bat dringend, dasselbe wolle sich für eine Aussöhnung zwischen Frankreich und Rußland verwenden. Das entsprach aber auch vollständig den Gesinnungen und Wünschen Friedrich Wilhelms, dem daran lag, sein politisches System ans die freundschaftlichen Beziehungen zu den miteinander ausgesöhnten großen Nach¬ barstaaten zu begründen. Auf seiue Anregung kam es im Herbst des Jahres 1800 zwischen Rußland und Frankreich zu Verhandlungen, die für die allge¬ meinen Verhältnisse Europas wie für die besondern Beziehungen Preußens zu Frankreich eine neue Epoche einleiteten. Hierüber wird der zweite Band des hier besprochnen Werkes neue Auf¬ klärungen bringen. Inzwischen sei dasselbe als ein auch für andre als die hier hervorgehobenen Ereignisse und Verhältnisse vielfach lehrreiches Werk Freunden der Geschichte bestens empfohlen. Das ^chnorrsche Kriegsspiel am sächsischen Hofe. er handschriftlich im Besitz der Familie aufbewahrten Selbstbio¬ graphie des bekannten Direktors der Leipziger Akademie der bil¬ denden Künste, Veit Hans Schmorr von Carolsfeld, in die uns kürzlich ein Einblick gestattet wurde, entnehmen wir die nachfolgende kleine Episode, die außer dem lokalen Interesse in mehrfacher Hin¬ sicht einen gewissen historischen Wert beanspruchen darf. Als im Frühjahr 1809 jener denkwürdige Krieg zwischen Napoleon und Österreich entbrannte, der, hochherzig unternommen, trotz blutigen Einsatzes auf

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_359176/283>, abgerufen am 29.06.2024.