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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.

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Börse und Publikum.

die "Frankfurter Zeitung" Tag für Tag noch das Publikum ein, seine Finanz¬
geschäfte "unentgeltlich" von Gebrüder Sachs besorgen zu lassen! Selbst um dein
Tage, wo die Zeitung melden mußte, daß die Gebrüder Sachs davongegangen
waren -- was sie that, ebenfalls ohne den Namen zu nennen! -- prangte auf
derselben Seite noch die Einladung der Gebrüder Sachs an das Publikum, seine
Geldgeschäfte bei ihnen "unentgeltlich" besorgen zu lassen!

Man wird zugeben, daß das Licht, welches hier ans die Verquickung der
Finanzprcsse mit dem Schwindel geworfen wird, ein krasses ist. Jeder Abonnent
einer derartigen Zeitung, der auf ihren Inhalt nur das mindeste giebt -- und
er muß wohl etwas darauf geben, sonst würde er nicht sein schweres Geld dafür
aufwenden --, ist verraten und verkauft. In der Erwartung, daß er nur das
Empfehlenswerte und Solide dort empfohlen finden werde, ist er von vornherein
betrogen, für Geld wird dort alles untergebracht. Die Anzeigegebühren für die
neunundzwanzig Anzeigen -- Einladungen zu unentgeltlicher Besorgung von Geld¬
geschäften -- der Gebrüder Sachs, welche die Zeitung Sonnemanns noch nach der
"Warnung" und bis zur Flucht jener brachte, betragen nahezu sechshundert Mark!
Nur die eine täglich erscheinende Hauptanzeige kostete täglich neunzehn Mark, was
für die letzten 4 ^ Monate allein fast dreitausend Mark ausmacht. Da nun das
Jnserircn der Gebrüder Sachs -- die auch sonst ihre Inserate massenhaft über ganz
Deutschland schleuderten -- während der ganzen sechs Jahre ihres Schwindel¬
betriebes in der "Frankfurter Zeitung" unausgesetzt und in nicht geringerm Durch¬
schnitt als zuletzt stattfand, so kann man den Betrag, den der Reichstagsabgevrdnete
Sonnemann aus dem erschwindelten Gelde der Gebrüder Sachs an sich zog,
getrost auf 50 -- 60 000 Mark veranschlagen -- wonach wohl für jedermann
hinsichtlich der Geschäftsfreundschaft, die zwischen Schwindel und Finanzpresse
besteht, und über die letzte Ursache dieser Freundschaft ein Licht aufgehen wird.
Der Charakter dieser "Geschäftsfreundschaft" ist aber immer derselbe. Die Be¬
teiligung der Finanzpresse an den Ausbeutungsresultaten, die mit ihrer Hilfe
erreicht werden, ist allgemein üblich, und als im vorigen Jahre durch die Presse
eine Notiz lief, daß soeben eine Veteiligungsverteilung durch ein Berliner Grün¬
dungshaus stattgefunden habe, fanden sich nur einige Blätter, die erklärten, daß
sie mit dieser Verteilung nichts zu schaffen Hütten!

Die Gebrüder Sachs verloren während der letzten zwei Jahre ihres
Treibens, wie schon bemerkt, nahezu 1000 000 Mark im Börsenspiel, wovon
sie nur die Hälfte deckten, und die Makler verdienten an diesen "Geschäften"
ungeheure Beträge. Es gab Spekulationstage, wo sich die Maklergebühr auf
tausende von Mark belief. Ebenso begreiflich wie die Freundschaft der Börsen¬
presse ist daher die Beflissenheit der Makler, den Gebrüdern dienstlich zu sein.
Daß es sich bei allen Spekulationen der letzteren nicht um eignes Geld, sondern
um fremdes handelte, darüber konnten die Makler keinen Zweifel haben; denn
die Firma Sachs u. Co. hatte am Platze selbst keinen Kredit.




Börse und Publikum.

die „Frankfurter Zeitung" Tag für Tag noch das Publikum ein, seine Finanz¬
geschäfte „unentgeltlich" von Gebrüder Sachs besorgen zu lassen! Selbst um dein
Tage, wo die Zeitung melden mußte, daß die Gebrüder Sachs davongegangen
waren — was sie that, ebenfalls ohne den Namen zu nennen! — prangte auf
derselben Seite noch die Einladung der Gebrüder Sachs an das Publikum, seine
Geldgeschäfte bei ihnen „unentgeltlich" besorgen zu lassen!

Man wird zugeben, daß das Licht, welches hier ans die Verquickung der
Finanzprcsse mit dem Schwindel geworfen wird, ein krasses ist. Jeder Abonnent
einer derartigen Zeitung, der auf ihren Inhalt nur das mindeste giebt — und
er muß wohl etwas darauf geben, sonst würde er nicht sein schweres Geld dafür
aufwenden —, ist verraten und verkauft. In der Erwartung, daß er nur das
Empfehlenswerte und Solide dort empfohlen finden werde, ist er von vornherein
betrogen, für Geld wird dort alles untergebracht. Die Anzeigegebühren für die
neunundzwanzig Anzeigen — Einladungen zu unentgeltlicher Besorgung von Geld¬
geschäften — der Gebrüder Sachs, welche die Zeitung Sonnemanns noch nach der
„Warnung" und bis zur Flucht jener brachte, betragen nahezu sechshundert Mark!
Nur die eine täglich erscheinende Hauptanzeige kostete täglich neunzehn Mark, was
für die letzten 4 ^ Monate allein fast dreitausend Mark ausmacht. Da nun das
Jnserircn der Gebrüder Sachs — die auch sonst ihre Inserate massenhaft über ganz
Deutschland schleuderten — während der ganzen sechs Jahre ihres Schwindel¬
betriebes in der „Frankfurter Zeitung" unausgesetzt und in nicht geringerm Durch¬
schnitt als zuletzt stattfand, so kann man den Betrag, den der Reichstagsabgevrdnete
Sonnemann aus dem erschwindelten Gelde der Gebrüder Sachs an sich zog,
getrost auf 50 — 60 000 Mark veranschlagen — wonach wohl für jedermann
hinsichtlich der Geschäftsfreundschaft, die zwischen Schwindel und Finanzpresse
besteht, und über die letzte Ursache dieser Freundschaft ein Licht aufgehen wird.
Der Charakter dieser „Geschäftsfreundschaft" ist aber immer derselbe. Die Be¬
teiligung der Finanzpresse an den Ausbeutungsresultaten, die mit ihrer Hilfe
erreicht werden, ist allgemein üblich, und als im vorigen Jahre durch die Presse
eine Notiz lief, daß soeben eine Veteiligungsverteilung durch ein Berliner Grün¬
dungshaus stattgefunden habe, fanden sich nur einige Blätter, die erklärten, daß
sie mit dieser Verteilung nichts zu schaffen Hütten!

Die Gebrüder Sachs verloren während der letzten zwei Jahre ihres
Treibens, wie schon bemerkt, nahezu 1000 000 Mark im Börsenspiel, wovon
sie nur die Hälfte deckten, und die Makler verdienten an diesen „Geschäften"
ungeheure Beträge. Es gab Spekulationstage, wo sich die Maklergebühr auf
tausende von Mark belief. Ebenso begreiflich wie die Freundschaft der Börsen¬
presse ist daher die Beflissenheit der Makler, den Gebrüdern dienstlich zu sein.
Daß es sich bei allen Spekulationen der letzteren nicht um eignes Geld, sondern
um fremdes handelte, darüber konnten die Makler keinen Zweifel haben; denn
die Firma Sachs u. Co. hatte am Platze selbst keinen Kredit.




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[0551] Börse und Publikum. die „Frankfurter Zeitung" Tag für Tag noch das Publikum ein, seine Finanz¬ geschäfte „unentgeltlich" von Gebrüder Sachs besorgen zu lassen! Selbst um dein Tage, wo die Zeitung melden mußte, daß die Gebrüder Sachs davongegangen waren — was sie that, ebenfalls ohne den Namen zu nennen! — prangte auf derselben Seite noch die Einladung der Gebrüder Sachs an das Publikum, seine Geldgeschäfte bei ihnen „unentgeltlich" besorgen zu lassen! Man wird zugeben, daß das Licht, welches hier ans die Verquickung der Finanzprcsse mit dem Schwindel geworfen wird, ein krasses ist. Jeder Abonnent einer derartigen Zeitung, der auf ihren Inhalt nur das mindeste giebt — und er muß wohl etwas darauf geben, sonst würde er nicht sein schweres Geld dafür aufwenden —, ist verraten und verkauft. In der Erwartung, daß er nur das Empfehlenswerte und Solide dort empfohlen finden werde, ist er von vornherein betrogen, für Geld wird dort alles untergebracht. Die Anzeigegebühren für die neunundzwanzig Anzeigen — Einladungen zu unentgeltlicher Besorgung von Geld¬ geschäften — der Gebrüder Sachs, welche die Zeitung Sonnemanns noch nach der „Warnung" und bis zur Flucht jener brachte, betragen nahezu sechshundert Mark! Nur die eine täglich erscheinende Hauptanzeige kostete täglich neunzehn Mark, was für die letzten 4 ^ Monate allein fast dreitausend Mark ausmacht. Da nun das Jnserircn der Gebrüder Sachs — die auch sonst ihre Inserate massenhaft über ganz Deutschland schleuderten — während der ganzen sechs Jahre ihres Schwindel¬ betriebes in der „Frankfurter Zeitung" unausgesetzt und in nicht geringerm Durch¬ schnitt als zuletzt stattfand, so kann man den Betrag, den der Reichstagsabgevrdnete Sonnemann aus dem erschwindelten Gelde der Gebrüder Sachs an sich zog, getrost auf 50 — 60 000 Mark veranschlagen — wonach wohl für jedermann hinsichtlich der Geschäftsfreundschaft, die zwischen Schwindel und Finanzpresse besteht, und über die letzte Ursache dieser Freundschaft ein Licht aufgehen wird. Der Charakter dieser „Geschäftsfreundschaft" ist aber immer derselbe. Die Be¬ teiligung der Finanzpresse an den Ausbeutungsresultaten, die mit ihrer Hilfe erreicht werden, ist allgemein üblich, und als im vorigen Jahre durch die Presse eine Notiz lief, daß soeben eine Veteiligungsverteilung durch ein Berliner Grün¬ dungshaus stattgefunden habe, fanden sich nur einige Blätter, die erklärten, daß sie mit dieser Verteilung nichts zu schaffen Hütten! Die Gebrüder Sachs verloren während der letzten zwei Jahre ihres Treibens, wie schon bemerkt, nahezu 1000 000 Mark im Börsenspiel, wovon sie nur die Hälfte deckten, und die Makler verdienten an diesen „Geschäften" ungeheure Beträge. Es gab Spekulationstage, wo sich die Maklergebühr auf tausende von Mark belief. Ebenso begreiflich wie die Freundschaft der Börsen¬ presse ist daher die Beflissenheit der Makler, den Gebrüdern dienstlich zu sein. Daß es sich bei allen Spekulationen der letzteren nicht um eignes Geld, sondern um fremdes handelte, darüber konnten die Makler keinen Zweifel haben; denn die Firma Sachs u. Co. hatte am Platze selbst keinen Kredit.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/551>, abgerufen am 22.07.2024.