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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.

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Äer jüngste Tag.

Aber gesetzt, man wäre -- gleichviel ob Dutchmcm oder nicht -- gnr nicht
zum Narreii gehalten worden? Gesetzt den Fall, es wäre alles nur eitle optische
Täuschung von Ihnen? Da haben Sie ein Wort nach Ihrem Geschmack,
Andrew, das weder ambignös noch peri -- wie heißt's nnr gleich? -- ist.

Aber, versetzte August, Betsey Malcolm --

Ach was Vetsey Malcolm, sagte Jonas. Schlag' der Donner in Betsey
Malcolm! und dann pfiff er sich eins. Machen Sie doch einen Hund zum
Wächter eines Korbes mit Fleisch, wenn ihm das Wasser im Maule darnach
znsnmmenla'uft. Lassen Sie einen Reiher einen Fischteich in seine Obhut nehmen.
Beauftragen Sie eine Katze, Ihre verwaisten Küchlein mit der Milchflasche auf¬
zuziehen. Wählen Sie eine Spinne zur Wärterin einer kränkelt Fliege, die sich
Hartleibigkeit zugezogen, weil sie zuviel Syrup gefressen hat. Lieber will ich
einem Hühnerweih ein Volk Rebhühner anvertrauen, als Vetsey Malcolm in
Ihren Angelegenheiten Vertrauen schenken. Ich bin nicht umsonst auf dem
Heimweg aus der Erbauungsstunde hinter Ihnen hergegangen und habe nicht
umsonst gesehen, wie sie ihren Kopf drehte wie eine Blauelster und wie ihre
Angen funkelten und so weiter, 's ist so gewiß wie was, Betsey ist mehr als
die Hälfte schuld an der Geschichte.

Aber sie sagte doch --

Ich Scheere mich den Henker um das, was sie gesagt hat, mein uuerfnhreuer
Freund. Sie macht sich nichts daraus, was sie sagt, wenn es auch noch so
weit von der Wahrheit entfernt ist, wenn es nur in ihren Kram paßt. Und
sie hat auf beiden Seiten bedrückte Paleutlügen erzählt, die nach dieser wie nach
rechts und links ihre Wirkung thaten. Was denken Sie denn, was Julia
Anderson dachte, als sie davon erzählen hörte, daß Sie Betsey den Hof machten,
wie Betsey ihr selber mit Nicken und Ducker und Kickericki über ihr Glück be¬
richtete. Nun sehen Sie mal her, August, ich bin Ihr Freund, wie der Bär
zum Jrländer sagte, als er ihn in seine Arme schloß, und ich möchte Ihnen
sagen zu all dem Zeug, das Betsey Ihnen gesagt hat, spucken Sie anf die Tafel
und wischen Sie's weg. Es war alles gelogen.

Diese rauhen Worte ließen August ein wunderbares Licht aufgehen. In
einem Allgenblicke sah er eine Menge Dinge, die er vorher nicht bemerkt hatte.

Es liegt viel rauhe Weisheit in Ihrer Rede, Jonas, sagte Andrew.

Das ist wahr, erwiederte Jonas. Sie und ich wir gingen mit einander
beim alten Venefield in die Schule, als ich ein kleiner Junge und Sie schon
größer waren. Sie waren immer der erste in Büchern und Übungen im Recht¬
schreiben. Aber ich glaube, ich kriegte meine Weisheitszähne ebenso zeitig als
einige von euch, die sich mehr Gelehrsamkeit in den Kopf gepfropft hatten. Nun
aber sage ich zu unserm jungen Freund und Mitbürger, gehen Sie uicht fort,
bevor Sie ein tröstendes Wort zu einem Mädel gesprochen bilden, das bis in die


Äer jüngste Tag.

Aber gesetzt, man wäre — gleichviel ob Dutchmcm oder nicht — gnr nicht
zum Narreii gehalten worden? Gesetzt den Fall, es wäre alles nur eitle optische
Täuschung von Ihnen? Da haben Sie ein Wort nach Ihrem Geschmack,
Andrew, das weder ambignös noch peri — wie heißt's nnr gleich? — ist.

Aber, versetzte August, Betsey Malcolm —

Ach was Vetsey Malcolm, sagte Jonas. Schlag' der Donner in Betsey
Malcolm! und dann pfiff er sich eins. Machen Sie doch einen Hund zum
Wächter eines Korbes mit Fleisch, wenn ihm das Wasser im Maule darnach
znsnmmenla'uft. Lassen Sie einen Reiher einen Fischteich in seine Obhut nehmen.
Beauftragen Sie eine Katze, Ihre verwaisten Küchlein mit der Milchflasche auf¬
zuziehen. Wählen Sie eine Spinne zur Wärterin einer kränkelt Fliege, die sich
Hartleibigkeit zugezogen, weil sie zuviel Syrup gefressen hat. Lieber will ich
einem Hühnerweih ein Volk Rebhühner anvertrauen, als Vetsey Malcolm in
Ihren Angelegenheiten Vertrauen schenken. Ich bin nicht umsonst auf dem
Heimweg aus der Erbauungsstunde hinter Ihnen hergegangen und habe nicht
umsonst gesehen, wie sie ihren Kopf drehte wie eine Blauelster und wie ihre
Angen funkelten und so weiter, 's ist so gewiß wie was, Betsey ist mehr als
die Hälfte schuld an der Geschichte.

Aber sie sagte doch —

Ich Scheere mich den Henker um das, was sie gesagt hat, mein uuerfnhreuer
Freund. Sie macht sich nichts daraus, was sie sagt, wenn es auch noch so
weit von der Wahrheit entfernt ist, wenn es nur in ihren Kram paßt. Und
sie hat auf beiden Seiten bedrückte Paleutlügen erzählt, die nach dieser wie nach
rechts und links ihre Wirkung thaten. Was denken Sie denn, was Julia
Anderson dachte, als sie davon erzählen hörte, daß Sie Betsey den Hof machten,
wie Betsey ihr selber mit Nicken und Ducker und Kickericki über ihr Glück be¬
richtete. Nun sehen Sie mal her, August, ich bin Ihr Freund, wie der Bär
zum Jrländer sagte, als er ihn in seine Arme schloß, und ich möchte Ihnen
sagen zu all dem Zeug, das Betsey Ihnen gesagt hat, spucken Sie anf die Tafel
und wischen Sie's weg. Es war alles gelogen.

Diese rauhen Worte ließen August ein wunderbares Licht aufgehen. In
einem Allgenblicke sah er eine Menge Dinge, die er vorher nicht bemerkt hatte.

Es liegt viel rauhe Weisheit in Ihrer Rede, Jonas, sagte Andrew.

Das ist wahr, erwiederte Jonas. Sie und ich wir gingen mit einander
beim alten Venefield in die Schule, als ich ein kleiner Junge und Sie schon
größer waren. Sie waren immer der erste in Büchern und Übungen im Recht¬
schreiben. Aber ich glaube, ich kriegte meine Weisheitszähne ebenso zeitig als
einige von euch, die sich mehr Gelehrsamkeit in den Kopf gepfropft hatten. Nun
aber sage ich zu unserm jungen Freund und Mitbürger, gehen Sie uicht fort,
bevor Sie ein tröstendes Wort zu einem Mädel gesprochen bilden, das bis in die


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[0480] Äer jüngste Tag. Aber gesetzt, man wäre — gleichviel ob Dutchmcm oder nicht — gnr nicht zum Narreii gehalten worden? Gesetzt den Fall, es wäre alles nur eitle optische Täuschung von Ihnen? Da haben Sie ein Wort nach Ihrem Geschmack, Andrew, das weder ambignös noch peri — wie heißt's nnr gleich? — ist. Aber, versetzte August, Betsey Malcolm — Ach was Vetsey Malcolm, sagte Jonas. Schlag' der Donner in Betsey Malcolm! und dann pfiff er sich eins. Machen Sie doch einen Hund zum Wächter eines Korbes mit Fleisch, wenn ihm das Wasser im Maule darnach znsnmmenla'uft. Lassen Sie einen Reiher einen Fischteich in seine Obhut nehmen. Beauftragen Sie eine Katze, Ihre verwaisten Küchlein mit der Milchflasche auf¬ zuziehen. Wählen Sie eine Spinne zur Wärterin einer kränkelt Fliege, die sich Hartleibigkeit zugezogen, weil sie zuviel Syrup gefressen hat. Lieber will ich einem Hühnerweih ein Volk Rebhühner anvertrauen, als Vetsey Malcolm in Ihren Angelegenheiten Vertrauen schenken. Ich bin nicht umsonst auf dem Heimweg aus der Erbauungsstunde hinter Ihnen hergegangen und habe nicht umsonst gesehen, wie sie ihren Kopf drehte wie eine Blauelster und wie ihre Angen funkelten und so weiter, 's ist so gewiß wie was, Betsey ist mehr als die Hälfte schuld an der Geschichte. Aber sie sagte doch — Ich Scheere mich den Henker um das, was sie gesagt hat, mein uuerfnhreuer Freund. Sie macht sich nichts daraus, was sie sagt, wenn es auch noch so weit von der Wahrheit entfernt ist, wenn es nur in ihren Kram paßt. Und sie hat auf beiden Seiten bedrückte Paleutlügen erzählt, die nach dieser wie nach rechts und links ihre Wirkung thaten. Was denken Sie denn, was Julia Anderson dachte, als sie davon erzählen hörte, daß Sie Betsey den Hof machten, wie Betsey ihr selber mit Nicken und Ducker und Kickericki über ihr Glück be¬ richtete. Nun sehen Sie mal her, August, ich bin Ihr Freund, wie der Bär zum Jrländer sagte, als er ihn in seine Arme schloß, und ich möchte Ihnen sagen zu all dem Zeug, das Betsey Ihnen gesagt hat, spucken Sie anf die Tafel und wischen Sie's weg. Es war alles gelogen. Diese rauhen Worte ließen August ein wunderbares Licht aufgehen. In einem Allgenblicke sah er eine Menge Dinge, die er vorher nicht bemerkt hatte. Es liegt viel rauhe Weisheit in Ihrer Rede, Jonas, sagte Andrew. Das ist wahr, erwiederte Jonas. Sie und ich wir gingen mit einander beim alten Venefield in die Schule, als ich ein kleiner Junge und Sie schon größer waren. Sie waren immer der erste in Büchern und Übungen im Recht¬ schreiben. Aber ich glaube, ich kriegte meine Weisheitszähne ebenso zeitig als einige von euch, die sich mehr Gelehrsamkeit in den Kopf gepfropft hatten. Nun aber sage ich zu unserm jungen Freund und Mitbürger, gehen Sie uicht fort, bevor Sie ein tröstendes Wort zu einem Mädel gesprochen bilden, das bis in die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/480>, abgerufen am 24.08.2024.