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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.

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Bakchen und Thyrsosträger.

im Geiste meine swlze Hyazinth im Wirtschaftsbuche rechnen und sehe sie durch
Küche und Keller wandern, um die Verrichtungen einer Köchin und einer einzigen
Magd zu überwachen. Und doch kann ich mir kein lieberes Bild ausmalen als
dies. Ich sehe dich strahlend wie den jungen Morgen in einem einfachen Ge¬
wände, das dich reizender macht als aller Schmuck, mir den Frühstückstisch bereiten,
ehe ich zu Pferde steige, und ich sehe dich mir entgegen kommen, wenn ich müde
vom Dienst nach Hanse zurückkehre. O, welch ein himmlisches Glück, mein ge¬
liebtes Weibchen! Diners mit indischen Vogelnestern werden wir nicht geben,
aber wir werden uns darum nur desto besser befinden.

Mit solchen Reden, halb Scherz und halb Ernst, brachten Graf Falkenfels
und seine Braut in Überlegung ihrer künftigen Häuslichkeit manche frohe Stunde
hin, und sie beschleunigten den Tag ihrer Hochzeit so viel es nur irgeud anging.

Es war eine ausgesuchte Gesellschaft, welche sich zur Feier dieses Ehren-
und Frendentages im Hause des Grafen von Hüningen zusammenfand, und
Comtesse Hyazinth sah im Brautschleier mit dem Myrthenkranz wunderbar schon
aus. Graf Falkenfels wußte sein Glück kaum zu fassen. Am Abend nach der
Hochzeit reiste das Paar, einer dringenden Einladung des Prinzen Meriadee
von Parolignae folgend, nach Monaco ab, um dort einige Wochen des schönen
Spätherbstes an Seegestade in südlicher Natur zu schwelgen.

Sie reisten langsam, über Frankfurt und Paris, und besahen sich mit der
lässigen Zufriedenheit innerlich glücklicher die Sehenswürdigkeiten am Wege. In
Paris gelangte zu ihnen eine Nachricht aus der Heimat, welche eine große Über¬
raschung in sich schloß. Der alte Freiherr von Lovendnl war gestorben, und
in seinem Testament fand sich die Verfügung, daß der gräflichen Familie von
Hüningen die Summe von einer halben Million Mark zufallen solle, unter der
einzigen Bedingung, daß ein würdiges Marmordenkmal seines Sohnes Amadeus
in deren altem Stammschloß errichtet werde. Durch diese Erbschaft wurden die
Hüningen aus allen ihren finanziellen Schwierigkeiten erlöst und kamen in eine
günstige Lage, welche auch dem neuvermählten Paar in höchst angenehmer Weise
zu gute kommen mußte.

Mit dem Gefühl aufrichtiger Dankbarkeit gegen den alten Herrn, der so
schweres erduldet und sich so gütig gegen die Familie gezeigt hatte, reisten sie
weiter und wurden in Monaco schon am Bahnhofe vom Prinzen Parolignae
empfangen, der ihnen ans der Fahrt nach seiner Villa mitteilte, daß Chepa und
er im Testamente des alten Freiherrn zu Universalerben eingesetzt worden seien,
wie er vor achtundvierzig Stunden telegraphisch erfahren habe, und daß sie nun
ein Vermögen besäßen, so groß, daß er gar nicht im Stande sei, es zu berechnen.

Das Paar sprach ihm seine Glückwünsche gleichzeitig mit seiner Teilnahme
an der Trauer um den Oheim seiner Frau aus und freute sich am Ende der
Fahrt über die reizende und romantisch gelegene Villa, wo ein üppiges Diner
ihrer harrte.


Bakchen und Thyrsosträger.

im Geiste meine swlze Hyazinth im Wirtschaftsbuche rechnen und sehe sie durch
Küche und Keller wandern, um die Verrichtungen einer Köchin und einer einzigen
Magd zu überwachen. Und doch kann ich mir kein lieberes Bild ausmalen als
dies. Ich sehe dich strahlend wie den jungen Morgen in einem einfachen Ge¬
wände, das dich reizender macht als aller Schmuck, mir den Frühstückstisch bereiten,
ehe ich zu Pferde steige, und ich sehe dich mir entgegen kommen, wenn ich müde
vom Dienst nach Hanse zurückkehre. O, welch ein himmlisches Glück, mein ge¬
liebtes Weibchen! Diners mit indischen Vogelnestern werden wir nicht geben,
aber wir werden uns darum nur desto besser befinden.

Mit solchen Reden, halb Scherz und halb Ernst, brachten Graf Falkenfels
und seine Braut in Überlegung ihrer künftigen Häuslichkeit manche frohe Stunde
hin, und sie beschleunigten den Tag ihrer Hochzeit so viel es nur irgeud anging.

Es war eine ausgesuchte Gesellschaft, welche sich zur Feier dieses Ehren-
und Frendentages im Hause des Grafen von Hüningen zusammenfand, und
Comtesse Hyazinth sah im Brautschleier mit dem Myrthenkranz wunderbar schon
aus. Graf Falkenfels wußte sein Glück kaum zu fassen. Am Abend nach der
Hochzeit reiste das Paar, einer dringenden Einladung des Prinzen Meriadee
von Parolignae folgend, nach Monaco ab, um dort einige Wochen des schönen
Spätherbstes an Seegestade in südlicher Natur zu schwelgen.

Sie reisten langsam, über Frankfurt und Paris, und besahen sich mit der
lässigen Zufriedenheit innerlich glücklicher die Sehenswürdigkeiten am Wege. In
Paris gelangte zu ihnen eine Nachricht aus der Heimat, welche eine große Über¬
raschung in sich schloß. Der alte Freiherr von Lovendnl war gestorben, und
in seinem Testament fand sich die Verfügung, daß der gräflichen Familie von
Hüningen die Summe von einer halben Million Mark zufallen solle, unter der
einzigen Bedingung, daß ein würdiges Marmordenkmal seines Sohnes Amadeus
in deren altem Stammschloß errichtet werde. Durch diese Erbschaft wurden die
Hüningen aus allen ihren finanziellen Schwierigkeiten erlöst und kamen in eine
günstige Lage, welche auch dem neuvermählten Paar in höchst angenehmer Weise
zu gute kommen mußte.

Mit dem Gefühl aufrichtiger Dankbarkeit gegen den alten Herrn, der so
schweres erduldet und sich so gütig gegen die Familie gezeigt hatte, reisten sie
weiter und wurden in Monaco schon am Bahnhofe vom Prinzen Parolignae
empfangen, der ihnen ans der Fahrt nach seiner Villa mitteilte, daß Chepa und
er im Testamente des alten Freiherrn zu Universalerben eingesetzt worden seien,
wie er vor achtundvierzig Stunden telegraphisch erfahren habe, und daß sie nun
ein Vermögen besäßen, so groß, daß er gar nicht im Stande sei, es zu berechnen.

Das Paar sprach ihm seine Glückwünsche gleichzeitig mit seiner Teilnahme
an der Trauer um den Oheim seiner Frau aus und freute sich am Ende der
Fahrt über die reizende und romantisch gelegene Villa, wo ein üppiges Diner
ihrer harrte.


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[0044] Bakchen und Thyrsosträger. im Geiste meine swlze Hyazinth im Wirtschaftsbuche rechnen und sehe sie durch Küche und Keller wandern, um die Verrichtungen einer Köchin und einer einzigen Magd zu überwachen. Und doch kann ich mir kein lieberes Bild ausmalen als dies. Ich sehe dich strahlend wie den jungen Morgen in einem einfachen Ge¬ wände, das dich reizender macht als aller Schmuck, mir den Frühstückstisch bereiten, ehe ich zu Pferde steige, und ich sehe dich mir entgegen kommen, wenn ich müde vom Dienst nach Hanse zurückkehre. O, welch ein himmlisches Glück, mein ge¬ liebtes Weibchen! Diners mit indischen Vogelnestern werden wir nicht geben, aber wir werden uns darum nur desto besser befinden. Mit solchen Reden, halb Scherz und halb Ernst, brachten Graf Falkenfels und seine Braut in Überlegung ihrer künftigen Häuslichkeit manche frohe Stunde hin, und sie beschleunigten den Tag ihrer Hochzeit so viel es nur irgeud anging. Es war eine ausgesuchte Gesellschaft, welche sich zur Feier dieses Ehren- und Frendentages im Hause des Grafen von Hüningen zusammenfand, und Comtesse Hyazinth sah im Brautschleier mit dem Myrthenkranz wunderbar schon aus. Graf Falkenfels wußte sein Glück kaum zu fassen. Am Abend nach der Hochzeit reiste das Paar, einer dringenden Einladung des Prinzen Meriadee von Parolignae folgend, nach Monaco ab, um dort einige Wochen des schönen Spätherbstes an Seegestade in südlicher Natur zu schwelgen. Sie reisten langsam, über Frankfurt und Paris, und besahen sich mit der lässigen Zufriedenheit innerlich glücklicher die Sehenswürdigkeiten am Wege. In Paris gelangte zu ihnen eine Nachricht aus der Heimat, welche eine große Über¬ raschung in sich schloß. Der alte Freiherr von Lovendnl war gestorben, und in seinem Testament fand sich die Verfügung, daß der gräflichen Familie von Hüningen die Summe von einer halben Million Mark zufallen solle, unter der einzigen Bedingung, daß ein würdiges Marmordenkmal seines Sohnes Amadeus in deren altem Stammschloß errichtet werde. Durch diese Erbschaft wurden die Hüningen aus allen ihren finanziellen Schwierigkeiten erlöst und kamen in eine günstige Lage, welche auch dem neuvermählten Paar in höchst angenehmer Weise zu gute kommen mußte. Mit dem Gefühl aufrichtiger Dankbarkeit gegen den alten Herrn, der so schweres erduldet und sich so gütig gegen die Familie gezeigt hatte, reisten sie weiter und wurden in Monaco schon am Bahnhofe vom Prinzen Parolignae empfangen, der ihnen ans der Fahrt nach seiner Villa mitteilte, daß Chepa und er im Testamente des alten Freiherrn zu Universalerben eingesetzt worden seien, wie er vor achtundvierzig Stunden telegraphisch erfahren habe, und daß sie nun ein Vermögen besäßen, so groß, daß er gar nicht im Stande sei, es zu berechnen. Das Paar sprach ihm seine Glückwünsche gleichzeitig mit seiner Teilnahme an der Trauer um den Oheim seiner Frau aus und freute sich am Ende der Fahrt über die reizende und romantisch gelegene Villa, wo ein üppiges Diner ihrer harrte.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/44>, abgerufen am 03.07.2024.