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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.

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Der ägyptische Kriegsschauplatz.

Zeit das Land vor der Front seiner Stellung bei Kafr Ed Dauar (eine Meile
von Alexandrien entfernt) unter Wasser gesetzt habe, wobei ihm die vor einigen
Wochen eingetretene Nilschwelle, die bis zum Oktober dauert, wesentlich zu statten
gekommen sein würde. Dieselbe erstreckt sich beinahe über das gesammre Delta;
mir im Süden der Stadt Damanhur liegt das Terrain zu hoch, als daß es
sich durch Stauungen oder Durchstiche leicht überschwemmen ließe. Sonst würden
die britischen Streitkräfte auf jeder Linie innerhalb des Deltas, die ihre Führer
für den Bormarsch wählen könnten, durch Jnuudation in Bedrängnis gebracht
werden können. Das Wasser steigt, wenn die Bewässerungskauäle, um deu Zufluß
zu regeln, geschlossen werden, nicht sehr hoch über das Niveau der Felder, aber
es überflutet immerhin genug, um die betreffende Gegend mit ihrem fetten,
zähen Thonboden in einen schlüpfrigen, jedem Tritte und Rade tief nachgebenden
Sumpf zu verwandeln, welcher angreifenden Truppen und namentlich ihrer Ar¬
tillerie das Vorwärtskommen aufs äußerste erschweren würde. Arabi könnte
auf diesem Wege einen Marsch von einer Meile zu einem solchen von einem
vollen Tage verlängern, er könnte seine Gegner zwingen, weite Umwege zu
machen, er könnte sie nötigen, ans einem schmalen Pfade vorzurücken, wo nur
wenige von thuen ihre Waffen auf einmal wirken zu lassen imstande sind, während
seine Leute, hinter Schanzen gesichert, in Masse auf die mit dein Schlamme
kämpfenden, nur langsam weiter kommenden und dabei ein gutes Ziel darbietenden
Angreifer feuern können.

Aus alledem ergiebt sich mit Notwendigkeit, daß, wenn Arabi fest bleibt,
wenn er die Umstünde geschickt benutzt, und wenn seine Leute ihre Schuldigkeit
thun, die Euglüuder ihren Vormarsch nicht durch das Delta und das östlich
und westlich von demselben gelegene bewässerte und überschwemmbare Laud be¬
werkstelligen können, sondern sich entschließen müssen, von Alexandrien, Jsmailia
oder Suez aus oder von allen drei Punkten zugleich durch die Wüste vorzu¬
rücken, zumal da Arabi es selbstverständlich nicht unterlassen wird, die von jenen
Orten nach der Hauptstadt führenden Eisenbahnlinien durch Entführung der
Lokomotiven und Zerstörung der Geleise und Brücken für die nächste Zeit un¬
benützbar zu machen. In den Wüsten aber wird die Versorgung mit Wasser
besondre Schwierigkeiten haben. Ist man doch in Alexandrien mit schwerster
Verlegenheit dieser Art bedroht. Zwar haben die Engländer neuerdings ihre
Lage in dieser Beziehung insofern etwas verbessert, als sie Nantes besetzt haben,
wo sich die Pumpstation für die Alexandrien versorgende Wasserleitung befindet,
bevor es Arabis Truppen gelang, die betreffenden Maschinen zu zerstören; anch
haben sie den Ausfluß des Mahmudijekauals in die See abgedämmt, um das
dorthin abfließende süße Wasser aufzustauen, und die alten Zisternen allsgeräumt
und mit Wasser zu füllen begonnen. Aber dauernden und ausreichenden Er-
folg versprechen diese Maßregeln nicht, solange Arabi den genannten Kanal in
seinem obern Laufe beherrscht und folglich imstande ist, den weitern Zufluß von


Der ägyptische Kriegsschauplatz.

Zeit das Land vor der Front seiner Stellung bei Kafr Ed Dauar (eine Meile
von Alexandrien entfernt) unter Wasser gesetzt habe, wobei ihm die vor einigen
Wochen eingetretene Nilschwelle, die bis zum Oktober dauert, wesentlich zu statten
gekommen sein würde. Dieselbe erstreckt sich beinahe über das gesammre Delta;
mir im Süden der Stadt Damanhur liegt das Terrain zu hoch, als daß es
sich durch Stauungen oder Durchstiche leicht überschwemmen ließe. Sonst würden
die britischen Streitkräfte auf jeder Linie innerhalb des Deltas, die ihre Führer
für den Bormarsch wählen könnten, durch Jnuudation in Bedrängnis gebracht
werden können. Das Wasser steigt, wenn die Bewässerungskauäle, um deu Zufluß
zu regeln, geschlossen werden, nicht sehr hoch über das Niveau der Felder, aber
es überflutet immerhin genug, um die betreffende Gegend mit ihrem fetten,
zähen Thonboden in einen schlüpfrigen, jedem Tritte und Rade tief nachgebenden
Sumpf zu verwandeln, welcher angreifenden Truppen und namentlich ihrer Ar¬
tillerie das Vorwärtskommen aufs äußerste erschweren würde. Arabi könnte
auf diesem Wege einen Marsch von einer Meile zu einem solchen von einem
vollen Tage verlängern, er könnte seine Gegner zwingen, weite Umwege zu
machen, er könnte sie nötigen, ans einem schmalen Pfade vorzurücken, wo nur
wenige von thuen ihre Waffen auf einmal wirken zu lassen imstande sind, während
seine Leute, hinter Schanzen gesichert, in Masse auf die mit dein Schlamme
kämpfenden, nur langsam weiter kommenden und dabei ein gutes Ziel darbietenden
Angreifer feuern können.

Aus alledem ergiebt sich mit Notwendigkeit, daß, wenn Arabi fest bleibt,
wenn er die Umstünde geschickt benutzt, und wenn seine Leute ihre Schuldigkeit
thun, die Euglüuder ihren Vormarsch nicht durch das Delta und das östlich
und westlich von demselben gelegene bewässerte und überschwemmbare Laud be¬
werkstelligen können, sondern sich entschließen müssen, von Alexandrien, Jsmailia
oder Suez aus oder von allen drei Punkten zugleich durch die Wüste vorzu¬
rücken, zumal da Arabi es selbstverständlich nicht unterlassen wird, die von jenen
Orten nach der Hauptstadt führenden Eisenbahnlinien durch Entführung der
Lokomotiven und Zerstörung der Geleise und Brücken für die nächste Zeit un¬
benützbar zu machen. In den Wüsten aber wird die Versorgung mit Wasser
besondre Schwierigkeiten haben. Ist man doch in Alexandrien mit schwerster
Verlegenheit dieser Art bedroht. Zwar haben die Engländer neuerdings ihre
Lage in dieser Beziehung insofern etwas verbessert, als sie Nantes besetzt haben,
wo sich die Pumpstation für die Alexandrien versorgende Wasserleitung befindet,
bevor es Arabis Truppen gelang, die betreffenden Maschinen zu zerstören; anch
haben sie den Ausfluß des Mahmudijekauals in die See abgedämmt, um das
dorthin abfließende süße Wasser aufzustauen, und die alten Zisternen allsgeräumt
und mit Wasser zu füllen begonnen. Aber dauernden und ausreichenden Er-
folg versprechen diese Maßregeln nicht, solange Arabi den genannten Kanal in
seinem obern Laufe beherrscht und folglich imstande ist, den weitern Zufluß von


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[0279] Der ägyptische Kriegsschauplatz. Zeit das Land vor der Front seiner Stellung bei Kafr Ed Dauar (eine Meile von Alexandrien entfernt) unter Wasser gesetzt habe, wobei ihm die vor einigen Wochen eingetretene Nilschwelle, die bis zum Oktober dauert, wesentlich zu statten gekommen sein würde. Dieselbe erstreckt sich beinahe über das gesammre Delta; mir im Süden der Stadt Damanhur liegt das Terrain zu hoch, als daß es sich durch Stauungen oder Durchstiche leicht überschwemmen ließe. Sonst würden die britischen Streitkräfte auf jeder Linie innerhalb des Deltas, die ihre Führer für den Bormarsch wählen könnten, durch Jnuudation in Bedrängnis gebracht werden können. Das Wasser steigt, wenn die Bewässerungskauäle, um deu Zufluß zu regeln, geschlossen werden, nicht sehr hoch über das Niveau der Felder, aber es überflutet immerhin genug, um die betreffende Gegend mit ihrem fetten, zähen Thonboden in einen schlüpfrigen, jedem Tritte und Rade tief nachgebenden Sumpf zu verwandeln, welcher angreifenden Truppen und namentlich ihrer Ar¬ tillerie das Vorwärtskommen aufs äußerste erschweren würde. Arabi könnte auf diesem Wege einen Marsch von einer Meile zu einem solchen von einem vollen Tage verlängern, er könnte seine Gegner zwingen, weite Umwege zu machen, er könnte sie nötigen, ans einem schmalen Pfade vorzurücken, wo nur wenige von thuen ihre Waffen auf einmal wirken zu lassen imstande sind, während seine Leute, hinter Schanzen gesichert, in Masse auf die mit dein Schlamme kämpfenden, nur langsam weiter kommenden und dabei ein gutes Ziel darbietenden Angreifer feuern können. Aus alledem ergiebt sich mit Notwendigkeit, daß, wenn Arabi fest bleibt, wenn er die Umstünde geschickt benutzt, und wenn seine Leute ihre Schuldigkeit thun, die Euglüuder ihren Vormarsch nicht durch das Delta und das östlich und westlich von demselben gelegene bewässerte und überschwemmbare Laud be¬ werkstelligen können, sondern sich entschließen müssen, von Alexandrien, Jsmailia oder Suez aus oder von allen drei Punkten zugleich durch die Wüste vorzu¬ rücken, zumal da Arabi es selbstverständlich nicht unterlassen wird, die von jenen Orten nach der Hauptstadt führenden Eisenbahnlinien durch Entführung der Lokomotiven und Zerstörung der Geleise und Brücken für die nächste Zeit un¬ benützbar zu machen. In den Wüsten aber wird die Versorgung mit Wasser besondre Schwierigkeiten haben. Ist man doch in Alexandrien mit schwerster Verlegenheit dieser Art bedroht. Zwar haben die Engländer neuerdings ihre Lage in dieser Beziehung insofern etwas verbessert, als sie Nantes besetzt haben, wo sich die Pumpstation für die Alexandrien versorgende Wasserleitung befindet, bevor es Arabis Truppen gelang, die betreffenden Maschinen zu zerstören; anch haben sie den Ausfluß des Mahmudijekauals in die See abgedämmt, um das dorthin abfließende süße Wasser aufzustauen, und die alten Zisternen allsgeräumt und mit Wasser zu füllen begonnen. Aber dauernden und ausreichenden Er- folg versprechen diese Maßregeln nicht, solange Arabi den genannten Kanal in seinem obern Laufe beherrscht und folglich imstande ist, den weitern Zufluß von

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/279>, abgerufen am 22.07.2024.