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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.

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sich finden, ein gutes Mittel wäre, um über die Fähigkeit des Examinanden,
sich über Kontroversen seiner SpezialWissenschaft kurz und bündig zu äußern,
ein Urteil zu gewinnen. Die ziemlich bedeutungslosen Nummern und ebenso
die uumotivirt hohen Gebühren würden dagegen in Wegfall kommen können,
die mit einem Anspruch ans Examengebiihren angestellten (die Examinatoren)
müßten dagegen eine entsprechende Entschädigung für den Ausfall derselben er¬
halten.

Eine andre Frage, welche eine eingehende Behandlung verdient, eingehender,
als wir sie ihr hier zu Teil werden lassen köunen, betrifft die Kollegieuhouorare.
Man wird denen nicht ganz Unrecht geben können, welche in der Stundung der
Honorare "eine erste Einleitung zum Schuldenmachen" sehen und auf die Ver¬
legenheiten hinweisen, welche für einen ebeu erst in ein Amt gekommenen erwachsen
müssen, wenn er einen bedeutenden Prozentsatz seines Einkommens auf die nach¬
trägliche Bezahlung von Kollegiengeldern verwenden soll. Andrerseits wird man
anzuerkennen haben, daß ein teilweiser oder ganzer Erlaß der Honorare eine zu
große Zumutung an diejenigen stellt, welche ans den Bezug derselben angewiesen
sind, und doch wird nun wiederum den Ärmeren eine möglichst große und mög¬
lichst wenig demütigende Erleichterung in ihren Studien wünschen müssen. Es
entwickeln sich hier so einschneidende und schwer zu entscheidende Fragen, daß
wir uns deren Behandlung für eine Zeit vorbehalten uüiffen, in welcher der
Erlaß eiues Uuterrichtsgesetzes, das auch hier Wandel schassen muß, in größerer
Nähe steht. Für heute begnügen wir uns damit, auf ein schon älteres, treff¬
liches Buch eines Anonymus zu verweisen,*) welches, wie uus scheint, mit
Recht für die gänzliche Aufhebung der Honorare platirt, ohne darum die.ge¬
summte Studentenschaft von jeglicher Beitragspflicht entbinden zu wollen.

Die vorstehenden Zeiten hatten wir ebeu nbgeschlosseu, als uus eine Broschüre
"Der Kapitalismus in der Gelehrtenwelt"^) zu Händen kam, an welche wir
hier um so lieber uoch einige Bemerkungen anknüpfen, als wir uns mit dem
Herrn Verfasser in einer Reihe wichtiger Punkte zwar eins wissen, in anderen
Punkten dagegen aufs entschiedenste von ihm abweichen müssen.

Wir halten es von vornherein für keinen glücklichen Griff, wenn der Autor
in die Debatte über Neugestaltung unsrer Universitäten das die politischen Kreise
in zwei Lager spaltende Schlagwort vom "Manchestertnm" einführen will. Die
Reformfrage wird dadurch in den Staub und Wirbel des politischen Partei-
gezüukes hinabgezogen, welches nüchterner Beurteilung noch nie zu ihrem Rechte
verholfen hat und am wenigsten den Universitäten nützen würde, an deren




Von deutschen Hochschulen; allerlei, was dn ist und was dasein sollte. Von einem
deutschen Professor. Berlin, 1869.
" ) Der Kapitalismus in der Gek ehrt euwelt. Von Adolph Mnyer, Professor
in Waqenin.qen. Heidewera,, 1381.
Greuzvoteu III. I8L!-!. 22

sich finden, ein gutes Mittel wäre, um über die Fähigkeit des Examinanden,
sich über Kontroversen seiner SpezialWissenschaft kurz und bündig zu äußern,
ein Urteil zu gewinnen. Die ziemlich bedeutungslosen Nummern und ebenso
die uumotivirt hohen Gebühren würden dagegen in Wegfall kommen können,
die mit einem Anspruch ans Examengebiihren angestellten (die Examinatoren)
müßten dagegen eine entsprechende Entschädigung für den Ausfall derselben er¬
halten.

Eine andre Frage, welche eine eingehende Behandlung verdient, eingehender,
als wir sie ihr hier zu Teil werden lassen köunen, betrifft die Kollegieuhouorare.
Man wird denen nicht ganz Unrecht geben können, welche in der Stundung der
Honorare „eine erste Einleitung zum Schuldenmachen" sehen und auf die Ver¬
legenheiten hinweisen, welche für einen ebeu erst in ein Amt gekommenen erwachsen
müssen, wenn er einen bedeutenden Prozentsatz seines Einkommens auf die nach¬
trägliche Bezahlung von Kollegiengeldern verwenden soll. Andrerseits wird man
anzuerkennen haben, daß ein teilweiser oder ganzer Erlaß der Honorare eine zu
große Zumutung an diejenigen stellt, welche ans den Bezug derselben angewiesen
sind, und doch wird nun wiederum den Ärmeren eine möglichst große und mög¬
lichst wenig demütigende Erleichterung in ihren Studien wünschen müssen. Es
entwickeln sich hier so einschneidende und schwer zu entscheidende Fragen, daß
wir uns deren Behandlung für eine Zeit vorbehalten uüiffen, in welcher der
Erlaß eiues Uuterrichtsgesetzes, das auch hier Wandel schassen muß, in größerer
Nähe steht. Für heute begnügen wir uns damit, auf ein schon älteres, treff¬
liches Buch eines Anonymus zu verweisen,*) welches, wie uus scheint, mit
Recht für die gänzliche Aufhebung der Honorare platirt, ohne darum die.ge¬
summte Studentenschaft von jeglicher Beitragspflicht entbinden zu wollen.

Die vorstehenden Zeiten hatten wir ebeu nbgeschlosseu, als uus eine Broschüre
„Der Kapitalismus in der Gelehrtenwelt"^) zu Händen kam, an welche wir
hier um so lieber uoch einige Bemerkungen anknüpfen, als wir uns mit dem
Herrn Verfasser in einer Reihe wichtiger Punkte zwar eins wissen, in anderen
Punkten dagegen aufs entschiedenste von ihm abweichen müssen.

Wir halten es von vornherein für keinen glücklichen Griff, wenn der Autor
in die Debatte über Neugestaltung unsrer Universitäten das die politischen Kreise
in zwei Lager spaltende Schlagwort vom „Manchestertnm" einführen will. Die
Reformfrage wird dadurch in den Staub und Wirbel des politischen Partei-
gezüukes hinabgezogen, welches nüchterner Beurteilung noch nie zu ihrem Rechte
verholfen hat und am wenigsten den Universitäten nützen würde, an deren




Von deutschen Hochschulen; allerlei, was dn ist und was dasein sollte. Von einem
deutschen Professor. Berlin, 1869.
» ) Der Kapitalismus in der Gek ehrt euwelt. Von Adolph Mnyer, Professor
in Waqenin.qen. Heidewera,, 1381.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/177>, abgerufen am 22.07.2024.