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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.

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Ali den Durchstich wieder zugedämmt, allmählich wieder verdurstete. Doch soll
es immer noch 40 000 Hektaren ehedem kultivirten Bodens bedecken.

Sehenswürdigkeiten ans dem Altertum, die auch andre als Archäologen
interessiren, hat Alexandrien nicht viele auszuweisen. Die wichtigsten sind die
Pompejussäule und die sogenannte Nadel der Klevpatrn, gewissermaßen die Wahr¬
zeichen der Stadt, und die .Katakomben mit Malereien und Stuckdekorationen
aus altchristlicher Zeit. Die Pompejussäule steht inmitten eines weitgestreckten
Trümmer- und Schneefeldes auf einer Erhöhung, ist aus dem roten Granit von
Assuan gemeißelt und hat mit Kapital nud Sockel eine Höhe von etwas mehr
als 31 und am Schaft einen Durchmesser von etwa 2 Metern. Das Denkmal
hat mit dem großen Pompejus, der nach der Schlacht bei Pharsalus an der
ägyptischen Küste ermordet wurde, nichts zu thun, sondern wurde" wie die In¬
schrift besagt, vom römischen Präfekten Pompejus, der sein Amt 302 n. Chr.
antrat, zu Ehren des "allerheiligsten Selbstherrschers, des Stadtgenius von
Alexandrien, des unbesiegten Wohlthäters Ägyptens Diocletian" errichtet. Die
Nadel der Kleopatra ist ein ungefähr 21 Meter hoher Obelisk aus Syenit, der
aus der Sonnenstadt On (Heliopolis) stammt, wo ihn der König Tutmes der
Dritte aufgestellt hatte. Derselbe wurde unter Tiberius hierher gebracht, um
mit einem andern, der vor einigen Jahren nach London verschifft worden ist,
den Eingang zum Sebasteion, einem Prachtgebäude mit Gemälden, Statuen und
Bücherschätzen, zu schmücken.

Die Stadt zerfällt in ein ägyptisches und in ein fränkisches Quartier. Im
letztern kaun man in einer südeuropäischen Stadt zu sein glauben. Dieselben
Häuser, dieselben Firmen, dieselben Trachten, elegante Läden, Kaffees und Hotels.
Der Mittelpunkt ist die 576 Schritt lange und "5 Schritt breite l^lirov N61r6usa
^.ki mit Baumpflanzungen und zwei Springbrunnen, zwischen denen sich auf
einem Sockel von toskanischen Marmor die Reiterstatue des Reformators er¬
hebt, dessen Ruinen der Platz trägt. Ein Stück davon steht die englische Kapelle,
wieder eine Strecke davon, an dem dreieckigen Sauare Ibrahim, zu dem man
durch eine nach Bismarck genannte Gasse gelangt, die den Katholiken gehörige
Katharinenkirche. Arabisches Leben trifft man nördlich vom Mehemed-Ali-Platze
auf dem Landstncke zwischen den beiden Häfen; noch weiter nach Norden auf
der frühern Insel Pharus wohnen meist Türken in Straßen, die weniger eng
als die der Araber sind, oft in recht hübschen, ja stattlichen Häusern mit Gärten.
Man gelangt von jenein Platze nach diesen Quartieren auf der längsten Straße
Alexandriens, der 1^3 M lin, die, nachdem sie einen weiten Bogen be¬
schrieben, vor dem vizeköniglichen Palaste auf dem Ras Et Tim (Feigenkap)
endigt. Dieses Schloß, in dem gegenwärtig der Chedive Tewfik residirt, hat
kaum etwas andres bemerkenswertes als die prächtige Aussicht, die sein Altan
auf den Hafen gewährt. In der Nahe befindet sich der Leuchtthurm des letztern
und ein Arsenal. Eines Besuchs wert ist der Volksgarten Alexandriens, Ginenet


Ali den Durchstich wieder zugedämmt, allmählich wieder verdurstete. Doch soll
es immer noch 40 000 Hektaren ehedem kultivirten Bodens bedecken.

Sehenswürdigkeiten ans dem Altertum, die auch andre als Archäologen
interessiren, hat Alexandrien nicht viele auszuweisen. Die wichtigsten sind die
Pompejussäule und die sogenannte Nadel der Klevpatrn, gewissermaßen die Wahr¬
zeichen der Stadt, und die .Katakomben mit Malereien und Stuckdekorationen
aus altchristlicher Zeit. Die Pompejussäule steht inmitten eines weitgestreckten
Trümmer- und Schneefeldes auf einer Erhöhung, ist aus dem roten Granit von
Assuan gemeißelt und hat mit Kapital nud Sockel eine Höhe von etwas mehr
als 31 und am Schaft einen Durchmesser von etwa 2 Metern. Das Denkmal
hat mit dem großen Pompejus, der nach der Schlacht bei Pharsalus an der
ägyptischen Küste ermordet wurde, nichts zu thun, sondern wurde» wie die In¬
schrift besagt, vom römischen Präfekten Pompejus, der sein Amt 302 n. Chr.
antrat, zu Ehren des „allerheiligsten Selbstherrschers, des Stadtgenius von
Alexandrien, des unbesiegten Wohlthäters Ägyptens Diocletian" errichtet. Die
Nadel der Kleopatra ist ein ungefähr 21 Meter hoher Obelisk aus Syenit, der
aus der Sonnenstadt On (Heliopolis) stammt, wo ihn der König Tutmes der
Dritte aufgestellt hatte. Derselbe wurde unter Tiberius hierher gebracht, um
mit einem andern, der vor einigen Jahren nach London verschifft worden ist,
den Eingang zum Sebasteion, einem Prachtgebäude mit Gemälden, Statuen und
Bücherschätzen, zu schmücken.

Die Stadt zerfällt in ein ägyptisches und in ein fränkisches Quartier. Im
letztern kaun man in einer südeuropäischen Stadt zu sein glauben. Dieselben
Häuser, dieselben Firmen, dieselben Trachten, elegante Läden, Kaffees und Hotels.
Der Mittelpunkt ist die 576 Schritt lange und »5 Schritt breite l^lirov N61r6usa
^.ki mit Baumpflanzungen und zwei Springbrunnen, zwischen denen sich auf
einem Sockel von toskanischen Marmor die Reiterstatue des Reformators er¬
hebt, dessen Ruinen der Platz trägt. Ein Stück davon steht die englische Kapelle,
wieder eine Strecke davon, an dem dreieckigen Sauare Ibrahim, zu dem man
durch eine nach Bismarck genannte Gasse gelangt, die den Katholiken gehörige
Katharinenkirche. Arabisches Leben trifft man nördlich vom Mehemed-Ali-Platze
auf dem Landstncke zwischen den beiden Häfen; noch weiter nach Norden auf
der frühern Insel Pharus wohnen meist Türken in Straßen, die weniger eng
als die der Araber sind, oft in recht hübschen, ja stattlichen Häusern mit Gärten.
Man gelangt von jenein Platze nach diesen Quartieren auf der längsten Straße
Alexandriens, der 1^3 M lin, die, nachdem sie einen weiten Bogen be¬
schrieben, vor dem vizeköniglichen Palaste auf dem Ras Et Tim (Feigenkap)
endigt. Dieses Schloß, in dem gegenwärtig der Chedive Tewfik residirt, hat
kaum etwas andres bemerkenswertes als die prächtige Aussicht, die sein Altan
auf den Hafen gewährt. In der Nahe befindet sich der Leuchtthurm des letztern
und ein Arsenal. Eines Besuchs wert ist der Volksgarten Alexandriens, Ginenet


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[0168] Ali den Durchstich wieder zugedämmt, allmählich wieder verdurstete. Doch soll es immer noch 40 000 Hektaren ehedem kultivirten Bodens bedecken. Sehenswürdigkeiten ans dem Altertum, die auch andre als Archäologen interessiren, hat Alexandrien nicht viele auszuweisen. Die wichtigsten sind die Pompejussäule und die sogenannte Nadel der Klevpatrn, gewissermaßen die Wahr¬ zeichen der Stadt, und die .Katakomben mit Malereien und Stuckdekorationen aus altchristlicher Zeit. Die Pompejussäule steht inmitten eines weitgestreckten Trümmer- und Schneefeldes auf einer Erhöhung, ist aus dem roten Granit von Assuan gemeißelt und hat mit Kapital nud Sockel eine Höhe von etwas mehr als 31 und am Schaft einen Durchmesser von etwa 2 Metern. Das Denkmal hat mit dem großen Pompejus, der nach der Schlacht bei Pharsalus an der ägyptischen Küste ermordet wurde, nichts zu thun, sondern wurde» wie die In¬ schrift besagt, vom römischen Präfekten Pompejus, der sein Amt 302 n. Chr. antrat, zu Ehren des „allerheiligsten Selbstherrschers, des Stadtgenius von Alexandrien, des unbesiegten Wohlthäters Ägyptens Diocletian" errichtet. Die Nadel der Kleopatra ist ein ungefähr 21 Meter hoher Obelisk aus Syenit, der aus der Sonnenstadt On (Heliopolis) stammt, wo ihn der König Tutmes der Dritte aufgestellt hatte. Derselbe wurde unter Tiberius hierher gebracht, um mit einem andern, der vor einigen Jahren nach London verschifft worden ist, den Eingang zum Sebasteion, einem Prachtgebäude mit Gemälden, Statuen und Bücherschätzen, zu schmücken. Die Stadt zerfällt in ein ägyptisches und in ein fränkisches Quartier. Im letztern kaun man in einer südeuropäischen Stadt zu sein glauben. Dieselben Häuser, dieselben Firmen, dieselben Trachten, elegante Läden, Kaffees und Hotels. Der Mittelpunkt ist die 576 Schritt lange und »5 Schritt breite l^lirov N61r6usa ^.ki mit Baumpflanzungen und zwei Springbrunnen, zwischen denen sich auf einem Sockel von toskanischen Marmor die Reiterstatue des Reformators er¬ hebt, dessen Ruinen der Platz trägt. Ein Stück davon steht die englische Kapelle, wieder eine Strecke davon, an dem dreieckigen Sauare Ibrahim, zu dem man durch eine nach Bismarck genannte Gasse gelangt, die den Katholiken gehörige Katharinenkirche. Arabisches Leben trifft man nördlich vom Mehemed-Ali-Platze auf dem Landstncke zwischen den beiden Häfen; noch weiter nach Norden auf der frühern Insel Pharus wohnen meist Türken in Straßen, die weniger eng als die der Araber sind, oft in recht hübschen, ja stattlichen Häusern mit Gärten. Man gelangt von jenein Platze nach diesen Quartieren auf der längsten Straße Alexandriens, der 1^3 M lin, die, nachdem sie einen weiten Bogen be¬ schrieben, vor dem vizeköniglichen Palaste auf dem Ras Et Tim (Feigenkap) endigt. Dieses Schloß, in dem gegenwärtig der Chedive Tewfik residirt, hat kaum etwas andres bemerkenswertes als die prächtige Aussicht, die sein Altan auf den Hafen gewährt. In der Nahe befindet sich der Leuchtthurm des letztern und ein Arsenal. Eines Besuchs wert ist der Volksgarten Alexandriens, Ginenet

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/168>, abgerufen am 24.08.2024.