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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.

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e" Nuzha, auch .1ar,Il". I^feix', genannt, welcher vor dein Nosettethore liegt, und
in welchen? tropische Pflanzen im Freien wachsen. Freitags und Sonntags
spielt hier in den Abendstunden Militärmusik, zu der sich die elegante Welt der
Stadt zu Pferd und zu Wagen einzufinden pflegt. Kehrt man von hier am
Kanal entlang zurück, so hat man rechts eine ununterbrochene Reihe von Villen
und Gärten ueben sich, unter denen ein andres Schloß des Chedive, Niare
Telate (Nnnnncr Drei) und der Garten Moharrem Bei hervorzuheben sind.

Consulate unterhalten in Alexandrien die Staaten England, Frankreich,
Italien, Rußland, Belgien, Holland, Schweden, Dänemark, Spanien, die nord--
amerikanische Union, Österreich-Ungarn und das deutsche Reich. Das letztere
wird jetzt von dem Generalkonsul von Saurma und dem Vizekvnsnl Arendt ver
treten. Christliche Kirchen giebt es nicht weniger als neun: eine recht hübsche
protestantische, in welcher abwechselnd deutsch und französisch gepredigt wird,
eine anglikanische, eine presbyterianische, zwei römisch-katholische, eine griechisch-
orthodoxe, eine für Armenier, eine für Maroniten und eine für Kopten. Die
Moscheen der Stadt Wollen verglichen mit denen von Kairo wenig bedeuten,
auch die Bazare bieten nicht viel bemerkenswertes. Die Freimaurer besitzen hier
acht Logen, darunter auch eine italienisch arbeitende. Von den verschiedenen
Klubs erwähnen wir die Deutsche Gesellschaft, der sich anch viele Schweizer
angeschlossen haben, und die ein wohl ausgestattetes Lesezimmer besitzt. In den
Kaffeehäusern, unter denen sich mehrere (üsls" vlmutÄirt," befinden, ist auch Bier,
vorzüglich Grazer, zu bekommen. Die großen Gnfthöfe find nach unsern Be¬
griffen teuer, aber mit allem europäischen Luxus eingerichtet und in allem, was
Küche und.Keller anlangt, aufs beste versehen. Man speist hier weit reichlicher
und besser als in den ersten Hotels Berlins und Wiens. Auch sür geistige
Speise ist in Alexandrien gesorgt; denn es besitzt eine englische und eine fran¬
zösische Buchhandlung und sechs Zeitungen, sowie zwei Anstalten für die mimische
Kunst, das Zizinia-Theater in der Rup as Nosstts, dem deutschen Consulate
gegenüber, ein großes Gebäude, das aber häufig und selbst im Winter geschlossen
ist, und das kleine Alfierithenter, in welchem italienische Schauspiele gegeben werden.

Wir bemerken noch, daß große Schiffe für gewöhnlich nur in den westliche"
Hafen einlaufen, der eine völlig geschützte Rhede von 700 Hektaren bildet, von
denen 400 eine Wassertiefe vou 7 bis 18 Metern haben, daß der Osthafen stark
versandet ist und nur kleinen Fahrzeuge", Fischerbooten gefahrlose Zuflucht bietet,
und daß beide Häfen von stehenden Befestigungen aus, zu denen in neuester
Zeit uoch verschiedene passagere gekommen sind, unter Geschützfeuer genommen
werden können. Nach den letzten Nachrichten haben diese Forts und Schanzen
die Probe gegenüber den schweren Geschützen Admiral Sehmours nicht bestanden.
Das Bombardement brachte sie nach wenigen Stunden zum Schweigen, und die
Stadt ist jetzt zu einem große" Teil eine menschenleere Vrandrnine. Darüber
und über die jetzige Lage der ägyptische" Angelegenheit im nächsten Heft.




Grmizlwtei, 111. 1882.^1

e» Nuzha, auch .1ar,Il». I^feix', genannt, welcher vor dein Nosettethore liegt, und
in welchen? tropische Pflanzen im Freien wachsen. Freitags und Sonntags
spielt hier in den Abendstunden Militärmusik, zu der sich die elegante Welt der
Stadt zu Pferd und zu Wagen einzufinden pflegt. Kehrt man von hier am
Kanal entlang zurück, so hat man rechts eine ununterbrochene Reihe von Villen
und Gärten ueben sich, unter denen ein andres Schloß des Chedive, Niare
Telate (Nnnnncr Drei) und der Garten Moharrem Bei hervorzuheben sind.

Consulate unterhalten in Alexandrien die Staaten England, Frankreich,
Italien, Rußland, Belgien, Holland, Schweden, Dänemark, Spanien, die nord--
amerikanische Union, Österreich-Ungarn und das deutsche Reich. Das letztere
wird jetzt von dem Generalkonsul von Saurma und dem Vizekvnsnl Arendt ver
treten. Christliche Kirchen giebt es nicht weniger als neun: eine recht hübsche
protestantische, in welcher abwechselnd deutsch und französisch gepredigt wird,
eine anglikanische, eine presbyterianische, zwei römisch-katholische, eine griechisch-
orthodoxe, eine für Armenier, eine für Maroniten und eine für Kopten. Die
Moscheen der Stadt Wollen verglichen mit denen von Kairo wenig bedeuten,
auch die Bazare bieten nicht viel bemerkenswertes. Die Freimaurer besitzen hier
acht Logen, darunter auch eine italienisch arbeitende. Von den verschiedenen
Klubs erwähnen wir die Deutsche Gesellschaft, der sich anch viele Schweizer
angeschlossen haben, und die ein wohl ausgestattetes Lesezimmer besitzt. In den
Kaffeehäusern, unter denen sich mehrere (üsls» vlmutÄirt,« befinden, ist auch Bier,
vorzüglich Grazer, zu bekommen. Die großen Gnfthöfe find nach unsern Be¬
griffen teuer, aber mit allem europäischen Luxus eingerichtet und in allem, was
Küche und.Keller anlangt, aufs beste versehen. Man speist hier weit reichlicher
und besser als in den ersten Hotels Berlins und Wiens. Auch sür geistige
Speise ist in Alexandrien gesorgt; denn es besitzt eine englische und eine fran¬
zösische Buchhandlung und sechs Zeitungen, sowie zwei Anstalten für die mimische
Kunst, das Zizinia-Theater in der Rup as Nosstts, dem deutschen Consulate
gegenüber, ein großes Gebäude, das aber häufig und selbst im Winter geschlossen
ist, und das kleine Alfierithenter, in welchem italienische Schauspiele gegeben werden.

Wir bemerken noch, daß große Schiffe für gewöhnlich nur in den westliche»
Hafen einlaufen, der eine völlig geschützte Rhede von 700 Hektaren bildet, von
denen 400 eine Wassertiefe vou 7 bis 18 Metern haben, daß der Osthafen stark
versandet ist und nur kleinen Fahrzeuge», Fischerbooten gefahrlose Zuflucht bietet,
und daß beide Häfen von stehenden Befestigungen aus, zu denen in neuester
Zeit uoch verschiedene passagere gekommen sind, unter Geschützfeuer genommen
werden können. Nach den letzten Nachrichten haben diese Forts und Schanzen
die Probe gegenüber den schweren Geschützen Admiral Sehmours nicht bestanden.
Das Bombardement brachte sie nach wenigen Stunden zum Schweigen, und die
Stadt ist jetzt zu einem große» Teil eine menschenleere Vrandrnine. Darüber
und über die jetzige Lage der ägyptische» Angelegenheit im nächsten Heft.




Grmizlwtei, 111. 1882.^1
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[0169] e» Nuzha, auch .1ar,Il». I^feix', genannt, welcher vor dein Nosettethore liegt, und in welchen? tropische Pflanzen im Freien wachsen. Freitags und Sonntags spielt hier in den Abendstunden Militärmusik, zu der sich die elegante Welt der Stadt zu Pferd und zu Wagen einzufinden pflegt. Kehrt man von hier am Kanal entlang zurück, so hat man rechts eine ununterbrochene Reihe von Villen und Gärten ueben sich, unter denen ein andres Schloß des Chedive, Niare Telate (Nnnnncr Drei) und der Garten Moharrem Bei hervorzuheben sind. Consulate unterhalten in Alexandrien die Staaten England, Frankreich, Italien, Rußland, Belgien, Holland, Schweden, Dänemark, Spanien, die nord-- amerikanische Union, Österreich-Ungarn und das deutsche Reich. Das letztere wird jetzt von dem Generalkonsul von Saurma und dem Vizekvnsnl Arendt ver treten. Christliche Kirchen giebt es nicht weniger als neun: eine recht hübsche protestantische, in welcher abwechselnd deutsch und französisch gepredigt wird, eine anglikanische, eine presbyterianische, zwei römisch-katholische, eine griechisch- orthodoxe, eine für Armenier, eine für Maroniten und eine für Kopten. Die Moscheen der Stadt Wollen verglichen mit denen von Kairo wenig bedeuten, auch die Bazare bieten nicht viel bemerkenswertes. Die Freimaurer besitzen hier acht Logen, darunter auch eine italienisch arbeitende. Von den verschiedenen Klubs erwähnen wir die Deutsche Gesellschaft, der sich anch viele Schweizer angeschlossen haben, und die ein wohl ausgestattetes Lesezimmer besitzt. In den Kaffeehäusern, unter denen sich mehrere (üsls» vlmutÄirt,« befinden, ist auch Bier, vorzüglich Grazer, zu bekommen. Die großen Gnfthöfe find nach unsern Be¬ griffen teuer, aber mit allem europäischen Luxus eingerichtet und in allem, was Küche und.Keller anlangt, aufs beste versehen. Man speist hier weit reichlicher und besser als in den ersten Hotels Berlins und Wiens. Auch sür geistige Speise ist in Alexandrien gesorgt; denn es besitzt eine englische und eine fran¬ zösische Buchhandlung und sechs Zeitungen, sowie zwei Anstalten für die mimische Kunst, das Zizinia-Theater in der Rup as Nosstts, dem deutschen Consulate gegenüber, ein großes Gebäude, das aber häufig und selbst im Winter geschlossen ist, und das kleine Alfierithenter, in welchem italienische Schauspiele gegeben werden. Wir bemerken noch, daß große Schiffe für gewöhnlich nur in den westliche» Hafen einlaufen, der eine völlig geschützte Rhede von 700 Hektaren bildet, von denen 400 eine Wassertiefe vou 7 bis 18 Metern haben, daß der Osthafen stark versandet ist und nur kleinen Fahrzeuge», Fischerbooten gefahrlose Zuflucht bietet, und daß beide Häfen von stehenden Befestigungen aus, zu denen in neuester Zeit uoch verschiedene passagere gekommen sind, unter Geschützfeuer genommen werden können. Nach den letzten Nachrichten haben diese Forts und Schanzen die Probe gegenüber den schweren Geschützen Admiral Sehmours nicht bestanden. Das Bombardement brachte sie nach wenigen Stunden zum Schweigen, und die Stadt ist jetzt zu einem große» Teil eine menschenleere Vrandrnine. Darüber und über die jetzige Lage der ägyptische» Angelegenheit im nächsten Heft. Grmizlwtei, 111. 1882.^1

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/169>, abgerufen am 24.08.2024.