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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.

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Vakchen und Thyrsosträger.
Roman von August Niemaiiu
Das Recht der ÜbersetMng vvrbe-
halten. Nachdruck verboten. (Forest'szung )

it S
orge nahm die junge Schauspielerin, welche dasselbe Haus
mit Ephraim bewohnte, wahr, daß er am Abend nicht zurückkehrte,
Sie war mit der Rolle der Adrieuue Lecvnvrenr bis zwei Uhr
nachts nnfgeblieben, immer hoffend, er werde noch kommen und
sie werde noch ein belehrendes Wörtchen ans seinem Munde em¬
pfangen. Aber sie hörte die Gesellschaft Flörchens zurückkehren ohne ihn und
ging endlich zu Bett.

Als er auch um andern Morgen nicht zu erblicken war, bemächtigte sich
ihrer eine große Unruhe, denn ein Ausbleiben über Nacht war eine ganz un¬
erhörte Sache bei Ephraim, und sie entschloß sich endlich nach der Probe, als
er noch immer nicht heimgekehrt war, hinüberzugehen und Flörchen nach ihm
zu fragen.

Flörchen zeigte sich anfänglich trotzig und gleichgiltig. Es fuhr ihr durch
den Sinn, daß wahrscheinlich die Anziehungskraft der Schauspielerin es sei, die
ihren Geliebten so kalt mache, und sie fing mit dem Augenblick an, gegen diese
einen großen Zorn und für Ephraim eine neue Liebe und einen neuen Respekt
zu empfinden. Doch fiel ihr im Laufe des Gesprächs mit der Schauspielerin
allerhaud Bedenkliches ein, worauf sie gestern weniger Acht gegeben hatte. Ephraims
Gespräch mit dem preußischen Offizier, seine Ernsthaftigkeit, das Zusammen treffen
eben dieses Offiziers mit ihren: Tänzer, dem flotten Österreicher, diese Umstände
stellten sich ihr diesen Morgen in einem neuen Lichte vor und ließen verschiedene
Kombinationen bedrohlicher Natur vor ihrer Phantasie aufsteigen. In ihrer
Bedrängnis hierüber und von einem bösen Gewissen geplagt, äußerte sie mehr
über ihre gestrigen Erlebnisse mit Ephraim, als ihr sonst wohl die Klugheit
gestattet haben würde, und die Schauspielerin erriet gar bald den ganzen.Hergang.

Ich dachte mir lange, daß es. dahin kommen würde, sagte sie entrüstet.
Solch eine Person wie Sie, mein Fräulein, war ganz geeignet, diese mir zu




Vakchen und Thyrsosträger.
Roman von August Niemaiiu
Das Recht der ÜbersetMng vvrbe-
halten. Nachdruck verboten. (Forest'szung )

it S
orge nahm die junge Schauspielerin, welche dasselbe Haus
mit Ephraim bewohnte, wahr, daß er am Abend nicht zurückkehrte,
Sie war mit der Rolle der Adrieuue Lecvnvrenr bis zwei Uhr
nachts nnfgeblieben, immer hoffend, er werde noch kommen und
sie werde noch ein belehrendes Wörtchen ans seinem Munde em¬
pfangen. Aber sie hörte die Gesellschaft Flörchens zurückkehren ohne ihn und
ging endlich zu Bett.

Als er auch um andern Morgen nicht zu erblicken war, bemächtigte sich
ihrer eine große Unruhe, denn ein Ausbleiben über Nacht war eine ganz un¬
erhörte Sache bei Ephraim, und sie entschloß sich endlich nach der Probe, als
er noch immer nicht heimgekehrt war, hinüberzugehen und Flörchen nach ihm
zu fragen.

Flörchen zeigte sich anfänglich trotzig und gleichgiltig. Es fuhr ihr durch
den Sinn, daß wahrscheinlich die Anziehungskraft der Schauspielerin es sei, die
ihren Geliebten so kalt mache, und sie fing mit dem Augenblick an, gegen diese
einen großen Zorn und für Ephraim eine neue Liebe und einen neuen Respekt
zu empfinden. Doch fiel ihr im Laufe des Gesprächs mit der Schauspielerin
allerhaud Bedenkliches ein, worauf sie gestern weniger Acht gegeben hatte. Ephraims
Gespräch mit dem preußischen Offizier, seine Ernsthaftigkeit, das Zusammen treffen
eben dieses Offiziers mit ihren: Tänzer, dem flotten Österreicher, diese Umstände
stellten sich ihr diesen Morgen in einem neuen Lichte vor und ließen verschiedene
Kombinationen bedrohlicher Natur vor ihrer Phantasie aufsteigen. In ihrer
Bedrängnis hierüber und von einem bösen Gewissen geplagt, äußerte sie mehr
über ihre gestrigen Erlebnisse mit Ephraim, als ihr sonst wohl die Klugheit
gestattet haben würde, und die Schauspielerin erriet gar bald den ganzen.Hergang.

Ich dachte mir lange, daß es. dahin kommen würde, sagte sie entrüstet.
Solch eine Person wie Sie, mein Fräulein, war ganz geeignet, diese mir zu


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[0139] [Abbildung] Vakchen und Thyrsosträger. Roman von August Niemaiiu Das Recht der ÜbersetMng vvrbe- halten. Nachdruck verboten. (Forest'szung ) it S orge nahm die junge Schauspielerin, welche dasselbe Haus mit Ephraim bewohnte, wahr, daß er am Abend nicht zurückkehrte, Sie war mit der Rolle der Adrieuue Lecvnvrenr bis zwei Uhr nachts nnfgeblieben, immer hoffend, er werde noch kommen und sie werde noch ein belehrendes Wörtchen ans seinem Munde em¬ pfangen. Aber sie hörte die Gesellschaft Flörchens zurückkehren ohne ihn und ging endlich zu Bett. Als er auch um andern Morgen nicht zu erblicken war, bemächtigte sich ihrer eine große Unruhe, denn ein Ausbleiben über Nacht war eine ganz un¬ erhörte Sache bei Ephraim, und sie entschloß sich endlich nach der Probe, als er noch immer nicht heimgekehrt war, hinüberzugehen und Flörchen nach ihm zu fragen. Flörchen zeigte sich anfänglich trotzig und gleichgiltig. Es fuhr ihr durch den Sinn, daß wahrscheinlich die Anziehungskraft der Schauspielerin es sei, die ihren Geliebten so kalt mache, und sie fing mit dem Augenblick an, gegen diese einen großen Zorn und für Ephraim eine neue Liebe und einen neuen Respekt zu empfinden. Doch fiel ihr im Laufe des Gesprächs mit der Schauspielerin allerhaud Bedenkliches ein, worauf sie gestern weniger Acht gegeben hatte. Ephraims Gespräch mit dem preußischen Offizier, seine Ernsthaftigkeit, das Zusammen treffen eben dieses Offiziers mit ihren: Tänzer, dem flotten Österreicher, diese Umstände stellten sich ihr diesen Morgen in einem neuen Lichte vor und ließen verschiedene Kombinationen bedrohlicher Natur vor ihrer Phantasie aufsteigen. In ihrer Bedrängnis hierüber und von einem bösen Gewissen geplagt, äußerte sie mehr über ihre gestrigen Erlebnisse mit Ephraim, als ihr sonst wohl die Klugheit gestattet haben würde, und die Schauspielerin erriet gar bald den ganzen.Hergang. Ich dachte mir lange, daß es. dahin kommen würde, sagte sie entrüstet. Solch eine Person wie Sie, mein Fräulein, war ganz geeignet, diese mir zu

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/139>, abgerufen am 03.07.2024.