Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.pietro Löffel, logische Schöpfung. Die Unmittelbarkeit, mit welcher die wildesten Leidenschaften Auf seine Usssaling,, deren materieller Ertrag ihn in den Stand setzte, sich
pietro Löffel, logische Schöpfung. Die Unmittelbarkeit, mit welcher die wildesten Leidenschaften Auf seine Usssaling,, deren materieller Ertrag ihn in den Stand setzte, sich
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0090" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/150812"/> <fw type="header" place="top"> pietro Löffel,</fw><lb/> <p xml:id="ID_234" prev="#ID_233"> logische Schöpfung. Die Unmittelbarkeit, mit welcher die wildesten Leidenschaften<lb/> zum Ausdruck gebracht sind, sowie die Meisterschaft, mit der ein in vielfacher<lb/> Beziehung so bedenklicher Stoff bewältigt ist, tritt in recht Helles Licht, wen»<lb/> man zeitgenössische Producte, wie das Wilbrandtsche, welches denselben Gegen¬<lb/> stand behandelt, zum Vergleich heranzieht.</p><lb/> <p xml:id="ID_235" next="#ID_236"> Auf seine Usssaling,, deren materieller Ertrag ihn in den Stand setzte, sich<lb/> ausschließlich der Kunst, für die er glühte, zu widmen, ließ der Dichter noch<lb/> zwei Tragödien folgen, deren Inhalt aus der römischen Geschichte geschöpft ist.<lb/> In (ÄMÄiw l'^xost^ta, der in mancher Hinsicht für sein reifstes, in jedem Falle<lb/> für sein gedankenticfstes Werk gelten darf, gelang es ihm, die philosophisch an¬<lb/> gelegte Gestalt des „Romantikers auf dem Throne der Cäsaren" zum Mittel¬<lb/> punkte einer spannenden, bewegten Handlung zu machen und am Ende eine Klippe<lb/> sür die Komposition geschickt zu vermeiden, indem er den Untergang des Kaisers<lb/> dadurch, daß er ihn durch christliche Rache herbeigeführt werden läßt, in strengen<lb/> causalen Zusammenhang mit dem vorausgehenden zu setzen wußte. Die Frei¬<lb/> heit des religiösen Standpunktes, die sich in diesem Drama ebenso rückhaltslos<lb/> wie schwungvoll zu erkennen giebt, könnte befremdlich erscheinen bei einem Poeten,<lb/> der unter streng katholischen Einflüssen aufgewachsen war; man muß jedoch<lb/> wissen, daß Cossa bereits in jungen Jahren aus dem von Jesuiten geleiteten<lb/> Collegio Romano, in welchem er seine erste Ausbildung erhielt, wegen „Ketzerei"<lb/> und allzu prononcirter italienischer Gesinnung relegirt wurde. So erklären sich<lb/> Stellen wie die glanzvolle Rede, in welcher der kaiserliche Neuplatoniker den<lb/> fanatischen Mithraspriester, der den Sturz der alten Götter an den Christen<lb/> blutig zu rächen fordert, energisch zurechtweist:</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_3" type="poem"> <l> Laß ab von deinem Eifer,<lb/> Dem grausamen, und wähne nicht, ein Thor,<lb/> Blut sei im Stand zu tödten den Gedanken!<lb/> Falls er gerecht, so treibt er leicht dahin,<lb/> Ein unversehrtes Schifflein auf dem Meere<lb/> Des Bluts dahin, das deine Hand vergießt,<lb/> Und findet droben stets den freundlichen<lb/> Strahl eines Sterns, der ihn zum Hafen führt;<lb/> Falls ungerecht er ist — was kümmert's dich?<lb/> Er ist ja todt schon beim Entstehn . . . ,</l> <l> .... Den Göttern laß<lb/> Die Sorg' um Alles, was die Sterblichen<lb/> An ihnen Uebles thun. Ich sage Dir,<lb/> Obwohl's dich schmerzen mag: sobald als Mittler<lb/> Steht zwischen Gott und Mensch ein andrer Mensch,<lb/> So wird der Tempel eine Trödlerbude,<lb/> Und an der Kasse hat der Priester Sitz.<lb/> Glückselige Zeit, in welcher Jeglicher,<lb/> Sich selber Priester, auf des eignen Herzens<lb/> Altar wird niederlegen, besser traun</l> </lg> </quote><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0090]
pietro Löffel,
logische Schöpfung. Die Unmittelbarkeit, mit welcher die wildesten Leidenschaften
zum Ausdruck gebracht sind, sowie die Meisterschaft, mit der ein in vielfacher
Beziehung so bedenklicher Stoff bewältigt ist, tritt in recht Helles Licht, wen»
man zeitgenössische Producte, wie das Wilbrandtsche, welches denselben Gegen¬
stand behandelt, zum Vergleich heranzieht.
Auf seine Usssaling,, deren materieller Ertrag ihn in den Stand setzte, sich
ausschließlich der Kunst, für die er glühte, zu widmen, ließ der Dichter noch
zwei Tragödien folgen, deren Inhalt aus der römischen Geschichte geschöpft ist.
In (ÄMÄiw l'^xost^ta, der in mancher Hinsicht für sein reifstes, in jedem Falle
für sein gedankenticfstes Werk gelten darf, gelang es ihm, die philosophisch an¬
gelegte Gestalt des „Romantikers auf dem Throne der Cäsaren" zum Mittel¬
punkte einer spannenden, bewegten Handlung zu machen und am Ende eine Klippe
sür die Komposition geschickt zu vermeiden, indem er den Untergang des Kaisers
dadurch, daß er ihn durch christliche Rache herbeigeführt werden läßt, in strengen
causalen Zusammenhang mit dem vorausgehenden zu setzen wußte. Die Frei¬
heit des religiösen Standpunktes, die sich in diesem Drama ebenso rückhaltslos
wie schwungvoll zu erkennen giebt, könnte befremdlich erscheinen bei einem Poeten,
der unter streng katholischen Einflüssen aufgewachsen war; man muß jedoch
wissen, daß Cossa bereits in jungen Jahren aus dem von Jesuiten geleiteten
Collegio Romano, in welchem er seine erste Ausbildung erhielt, wegen „Ketzerei"
und allzu prononcirter italienischer Gesinnung relegirt wurde. So erklären sich
Stellen wie die glanzvolle Rede, in welcher der kaiserliche Neuplatoniker den
fanatischen Mithraspriester, der den Sturz der alten Götter an den Christen
blutig zu rächen fordert, energisch zurechtweist:
Laß ab von deinem Eifer,
Dem grausamen, und wähne nicht, ein Thor,
Blut sei im Stand zu tödten den Gedanken!
Falls er gerecht, so treibt er leicht dahin,
Ein unversehrtes Schifflein auf dem Meere
Des Bluts dahin, das deine Hand vergießt,
Und findet droben stets den freundlichen
Strahl eines Sterns, der ihn zum Hafen führt;
Falls ungerecht er ist — was kümmert's dich?
Er ist ja todt schon beim Entstehn . . . , .... Den Göttern laß
Die Sorg' um Alles, was die Sterblichen
An ihnen Uebles thun. Ich sage Dir,
Obwohl's dich schmerzen mag: sobald als Mittler
Steht zwischen Gott und Mensch ein andrer Mensch,
So wird der Tempel eine Trödlerbude,
Und an der Kasse hat der Priester Sitz.
Glückselige Zeit, in welcher Jeglicher,
Sich selber Priester, auf des eignen Herzens
Altar wird niederlegen, besser traun
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