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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.

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Sofort übte dieser militärische Mißerfolg um wieder seine Wirkung auf
die politische Haltung des Königs, Es ist ja begreiflich, daß er die Lust verlor,
sich noch weiter für eine Vergrößerung Sachsens zu interessiren, eher hielt
er noch daran fest, daß eine Verstärkung des Kurfürsten von Baiern und nun¬
mehrigen Kaisers dnrch den Besitz von Böhmen für Deutschland im allgemeinen,
wie speciell auch für Preußen vortheilhaft sei; doch ließ er auch dies bald fallen.
Wiederum aus der Hyndfordscheu Correspondenz weist Grünhagen darauf hin, daß
nicht erst nach seinem Rückzüge aus Mähren nach Böhmen, sondern bereits ehe
er sich dazu entschloß, und zwar um dem militärisch verunglückten Unternehmen
doch noch diplomatisch einen Erfolg abzugewinnen, ihn der Gedanke eines
Separatfriedens lebhaft beschäftigte, und daß es nicht an ihm gelegen hat, wenn
es nicht schon im Mürz 1742 zu einer Verständigung mit Oesterreich kam.
Aber der von seiner Regierung wiederum mit Vermittelungsversuchen betraute
Lord Hyndford zögerte diesmal, weil er dem König wegen seines Abspringens
von den Klcinschnellendorfer Verabredungen persönlich grollte, überaus lauge,
seinem Auftrage nachzukommen, und beobachtete auch bei den seit dem 17. April
in Breslau mit Podewils geführten Verhandlungen eine so kühle Reserve, daß
nichts daraus wurde, obwohl der König in seiner Ungeduld aufs lebhafteste
einen Abschluß erstrebte. Freilich fügte er jetzt zu der Forderung von Glntz
noch die des Königgrätzer Kreises von Böhmen hinzu, und wenn er zeitweilig
dafür Oberschlesien nehmen wollte, kam er doch zu Podewils' Kummer immer
wieder ans diese Idee zurück, die Hhndfvrd nimmermehr dem österreichischen
Hofe plausibel machen zu können glaubte. Da schnitt letzterer selbst durch einen
Rückfall in den alten hochmüthigen Standpunkt die Aussicht ab, daß die Unter-
handlungen vor dem Gewinn einer neuen Schlacht irgend einen befriedigenden
Erfolg haben könnten. Schneller als beide Parteien es gedacht, führte der
Versuch des Prinzen Karl von Lothringen, bei dem König vorbei, von dem er
nicht ahnte, daß er bereits eine größere Truppenmasse an der Elbe um sich
concentrirt hatte, gegen Prag zu marschiren, diese Entscheidungsschlacht herbei,
bei Chvtusitz, unweit Czaslau, am 17. Mai, und in ihr einen glänzenden Er¬
folg für Friedrich.

Jetzt hielt diesen nichts mehr an der Seite seiner Verbündeten fest, deren
immer deutlicher zu Tage tretende Schwäche und Leistungsunfähigkeit ihn, statt
ihm Vortheile zu gewähren, höchstens in den gemeinsamen Verlust hineinzu¬
ziehen drohte, während er glauben konnte, den Wiener Hos endlich zu der Ueber¬
zeugung gebracht zu haben, daß man diesen Feind ohne ein empfindliches Opfer
nicht loswerde. Nur müsse er, lauteten jetzt seine Instructionen nu Podewils
nach Breslau, außer Glatz auch uoch deu Königgrätzer Kreis haben, und der
Friede müsse in kürzester Zeit zustande kommen. Nachrichten von der schlechten
Lage der Franzosen, die in Prag immer gefährdeter wurden, und die Befürch-
tvng, dieselben könnten einen plötzlichen Friede" machen, ließen ihn dann doch


Sofort übte dieser militärische Mißerfolg um wieder seine Wirkung auf
die politische Haltung des Königs, Es ist ja begreiflich, daß er die Lust verlor,
sich noch weiter für eine Vergrößerung Sachsens zu interessiren, eher hielt
er noch daran fest, daß eine Verstärkung des Kurfürsten von Baiern und nun¬
mehrigen Kaisers dnrch den Besitz von Böhmen für Deutschland im allgemeinen,
wie speciell auch für Preußen vortheilhaft sei; doch ließ er auch dies bald fallen.
Wiederum aus der Hyndfordscheu Correspondenz weist Grünhagen darauf hin, daß
nicht erst nach seinem Rückzüge aus Mähren nach Böhmen, sondern bereits ehe
er sich dazu entschloß, und zwar um dem militärisch verunglückten Unternehmen
doch noch diplomatisch einen Erfolg abzugewinnen, ihn der Gedanke eines
Separatfriedens lebhaft beschäftigte, und daß es nicht an ihm gelegen hat, wenn
es nicht schon im Mürz 1742 zu einer Verständigung mit Oesterreich kam.
Aber der von seiner Regierung wiederum mit Vermittelungsversuchen betraute
Lord Hyndford zögerte diesmal, weil er dem König wegen seines Abspringens
von den Klcinschnellendorfer Verabredungen persönlich grollte, überaus lauge,
seinem Auftrage nachzukommen, und beobachtete auch bei den seit dem 17. April
in Breslau mit Podewils geführten Verhandlungen eine so kühle Reserve, daß
nichts daraus wurde, obwohl der König in seiner Ungeduld aufs lebhafteste
einen Abschluß erstrebte. Freilich fügte er jetzt zu der Forderung von Glntz
noch die des Königgrätzer Kreises von Böhmen hinzu, und wenn er zeitweilig
dafür Oberschlesien nehmen wollte, kam er doch zu Podewils' Kummer immer
wieder ans diese Idee zurück, die Hhndfvrd nimmermehr dem österreichischen
Hofe plausibel machen zu können glaubte. Da schnitt letzterer selbst durch einen
Rückfall in den alten hochmüthigen Standpunkt die Aussicht ab, daß die Unter-
handlungen vor dem Gewinn einer neuen Schlacht irgend einen befriedigenden
Erfolg haben könnten. Schneller als beide Parteien es gedacht, führte der
Versuch des Prinzen Karl von Lothringen, bei dem König vorbei, von dem er
nicht ahnte, daß er bereits eine größere Truppenmasse an der Elbe um sich
concentrirt hatte, gegen Prag zu marschiren, diese Entscheidungsschlacht herbei,
bei Chvtusitz, unweit Czaslau, am 17. Mai, und in ihr einen glänzenden Er¬
folg für Friedrich.

Jetzt hielt diesen nichts mehr an der Seite seiner Verbündeten fest, deren
immer deutlicher zu Tage tretende Schwäche und Leistungsunfähigkeit ihn, statt
ihm Vortheile zu gewähren, höchstens in den gemeinsamen Verlust hineinzu¬
ziehen drohte, während er glauben konnte, den Wiener Hos endlich zu der Ueber¬
zeugung gebracht zu haben, daß man diesen Feind ohne ein empfindliches Opfer
nicht loswerde. Nur müsse er, lauteten jetzt seine Instructionen nu Podewils
nach Breslau, außer Glatz auch uoch deu Königgrätzer Kreis haben, und der
Friede müsse in kürzester Zeit zustande kommen. Nachrichten von der schlechten
Lage der Franzosen, die in Prag immer gefährdeter wurden, und die Befürch-
tvng, dieselben könnten einen plötzlichen Friede» machen, ließen ihn dann doch


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[0463] Sofort übte dieser militärische Mißerfolg um wieder seine Wirkung auf die politische Haltung des Königs, Es ist ja begreiflich, daß er die Lust verlor, sich noch weiter für eine Vergrößerung Sachsens zu interessiren, eher hielt er noch daran fest, daß eine Verstärkung des Kurfürsten von Baiern und nun¬ mehrigen Kaisers dnrch den Besitz von Böhmen für Deutschland im allgemeinen, wie speciell auch für Preußen vortheilhaft sei; doch ließ er auch dies bald fallen. Wiederum aus der Hyndfordscheu Correspondenz weist Grünhagen darauf hin, daß nicht erst nach seinem Rückzüge aus Mähren nach Böhmen, sondern bereits ehe er sich dazu entschloß, und zwar um dem militärisch verunglückten Unternehmen doch noch diplomatisch einen Erfolg abzugewinnen, ihn der Gedanke eines Separatfriedens lebhaft beschäftigte, und daß es nicht an ihm gelegen hat, wenn es nicht schon im Mürz 1742 zu einer Verständigung mit Oesterreich kam. Aber der von seiner Regierung wiederum mit Vermittelungsversuchen betraute Lord Hyndford zögerte diesmal, weil er dem König wegen seines Abspringens von den Klcinschnellendorfer Verabredungen persönlich grollte, überaus lauge, seinem Auftrage nachzukommen, und beobachtete auch bei den seit dem 17. April in Breslau mit Podewils geführten Verhandlungen eine so kühle Reserve, daß nichts daraus wurde, obwohl der König in seiner Ungeduld aufs lebhafteste einen Abschluß erstrebte. Freilich fügte er jetzt zu der Forderung von Glntz noch die des Königgrätzer Kreises von Böhmen hinzu, und wenn er zeitweilig dafür Oberschlesien nehmen wollte, kam er doch zu Podewils' Kummer immer wieder ans diese Idee zurück, die Hhndfvrd nimmermehr dem österreichischen Hofe plausibel machen zu können glaubte. Da schnitt letzterer selbst durch einen Rückfall in den alten hochmüthigen Standpunkt die Aussicht ab, daß die Unter- handlungen vor dem Gewinn einer neuen Schlacht irgend einen befriedigenden Erfolg haben könnten. Schneller als beide Parteien es gedacht, führte der Versuch des Prinzen Karl von Lothringen, bei dem König vorbei, von dem er nicht ahnte, daß er bereits eine größere Truppenmasse an der Elbe um sich concentrirt hatte, gegen Prag zu marschiren, diese Entscheidungsschlacht herbei, bei Chvtusitz, unweit Czaslau, am 17. Mai, und in ihr einen glänzenden Er¬ folg für Friedrich. Jetzt hielt diesen nichts mehr an der Seite seiner Verbündeten fest, deren immer deutlicher zu Tage tretende Schwäche und Leistungsunfähigkeit ihn, statt ihm Vortheile zu gewähren, höchstens in den gemeinsamen Verlust hineinzu¬ ziehen drohte, während er glauben konnte, den Wiener Hos endlich zu der Ueber¬ zeugung gebracht zu haben, daß man diesen Feind ohne ein empfindliches Opfer nicht loswerde. Nur müsse er, lauteten jetzt seine Instructionen nu Podewils nach Breslau, außer Glatz auch uoch deu Königgrätzer Kreis haben, und der Friede müsse in kürzester Zeit zustande kommen. Nachrichten von der schlechten Lage der Franzosen, die in Prag immer gefährdeter wurden, und die Befürch- tvng, dieselben könnten einen plötzlichen Friede» machen, ließen ihn dann doch

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157970/463>, abgerufen am 26.09.2024.