Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.Das Ministerium Gambetta. gegeben, sodaß auf einen derselben ein Leben von etwa sechs Monaten kommt, Ans der Liste der neuen Minister vermißt man die Namen verschiedener Die vielgenannte Novus ?out,ious, die 1868 unterdrückt wurde, zählte unter Das Ministerium Gambetta. gegeben, sodaß auf einen derselben ein Leben von etwa sechs Monaten kommt, Ans der Liste der neuen Minister vermißt man die Namen verschiedener Die vielgenannte Novus ?out,ious, die 1868 unterdrückt wurde, zählte unter <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0386" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/151108"/> <fw type="header" place="top"> Das Ministerium Gambetta.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1275" prev="#ID_1274"> gegeben, sodaß auf einen derselben ein Leben von etwa sechs Monaten kommt,<lb/> Vielleicht wäre es der beste Weg zur Befriedigung des jugendlichen Ehrgeizes<lb/> der republikanischen Partei, wenn man erklärte, jedes Mitglied solle für einen<lb/> Monat sich eines Portefeuilles erfreuen, und zwar solle um die Reihenfolge ge-<lb/> loost werden. Dann wäre das schöne Vorrecht, auf seine Visitenkarte a-nvisn<lb/> mimstrv drucken zu lasse», so reichlich vertheilt, daß keiner der Herren Abge¬<lb/> ordneten sich mehr über Zurücksetzung beklagen könnte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1276"> Ans der Liste der neuen Minister vermißt man die Namen verschiedener<lb/> hervorragenden Persönlichkeiten, von denen in den letzten Tagen viel die Rede<lb/> war, und man hat daraus geschlossen, das neue Cabinet sei schwach und werde<lb/> kein langes Leben haben. In der That haben Leon Sah, Jules Ferrh und<lb/> Freycinet den Eintritt in dasselbe abgelehnt, aber sie wurden dazu nicht durch<lb/> Unglauben an dessen Dauerhaftigkeit bewogen. Die Regierung strebt nach der<lb/> Verstaatlichung der Eisenbahnen, und Sah ist Vorsitzender des Directoriums<lb/> der Nordbahn und mit den Rothschilds, den Hnuptbesitzern dieser Bahnlinie,<lb/> eng verbunden. Ferry war geneigt, unter Gambetta ans seinem Posten zu<lb/> bleiben, aber er scheint sich, zumal da dieser ihn nicht sehr drängte, überlegt<lb/> zu haben, daß das Verbleiben eines Mannes, der das Haupt eines zum Rück¬<lb/> tritt gezwungenen Cabinets gewesen ist, immer etwas peinliches hat, Frehcinet<lb/> endlich hat Anstoß daran genommen, daß sputter unter ihm Staatsseeretür sein<lb/> sollte. Vielleicht ist auch die Behauptung bis zu einem gewissen Grade richtig,<lb/> er habe nicht gewünscht, das Ministerium zu stark werden zu sehen. Wie dem<lb/> auch sei, es ist Gambetta gelungen, ein homogeneres Cabinet zu bilden, als<lb/> irgend eines seit dem Kriege in Frankreich existirte. Er findet sich jetzt um¬<lb/> geben von den Leuten, mit denen er seit Jahren offen und hinter dem Vorhang<lb/> Opposition getrieben hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_1277"> Die vielgenannte Novus ?out,ious, die 1868 unterdrückt wurde, zählte unter<lb/> ihren Mitarbeitern Gambetta, Main - Targö, Antoine Proust, Brisson und<lb/> Challcmel-Lacour. Alle diese machten sich während des Krieges bemerklich. Als<lb/> die monarchischen Parteien die Oberhand hatten, gründeten jene die Ü.vpod1i<zu<!<lb/> ssrMyai««, deren Partei in der Reactionszeit des 16, Mai die republikanische<lb/> Staatsform auf sichere Grundlage stellte. Jeder von diesen Politikern ist genan<lb/> bekannt mit den Grundsätzen und Theorien, den Leidenschaften und Schwächen<lb/> seiner College», und alle betrachte» ihren Meister, den glänzenden Rhetor Gambetta,<lb/> als das gegebene Haupt der Nation. Sie sind der Mehrzahl nach ebenso ge¬<lb/> wandte Redner als geschickte Schriftsteller, und sie wissen, daß sie sich ans die<lb/> Beredsamkeit ihres Präsidenten im Ministerrathe verlassen können. Ein solches<lb/> Cabinet besitzt eine sehr wichtige und Werthbolle Eigenschaft: Zusammenhalt.<lb/> Nichts ans Erden ist so stark als eine Gruppe von Politikern, die einander er¬<lb/> geben sind, genan wissen, was sie wollen, und entschlossen sind, es mit allen<lb/> Mitteln zu erreichen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0386]
Das Ministerium Gambetta.
gegeben, sodaß auf einen derselben ein Leben von etwa sechs Monaten kommt,
Vielleicht wäre es der beste Weg zur Befriedigung des jugendlichen Ehrgeizes
der republikanischen Partei, wenn man erklärte, jedes Mitglied solle für einen
Monat sich eines Portefeuilles erfreuen, und zwar solle um die Reihenfolge ge-
loost werden. Dann wäre das schöne Vorrecht, auf seine Visitenkarte a-nvisn
mimstrv drucken zu lasse», so reichlich vertheilt, daß keiner der Herren Abge¬
ordneten sich mehr über Zurücksetzung beklagen könnte.
Ans der Liste der neuen Minister vermißt man die Namen verschiedener
hervorragenden Persönlichkeiten, von denen in den letzten Tagen viel die Rede
war, und man hat daraus geschlossen, das neue Cabinet sei schwach und werde
kein langes Leben haben. In der That haben Leon Sah, Jules Ferrh und
Freycinet den Eintritt in dasselbe abgelehnt, aber sie wurden dazu nicht durch
Unglauben an dessen Dauerhaftigkeit bewogen. Die Regierung strebt nach der
Verstaatlichung der Eisenbahnen, und Sah ist Vorsitzender des Directoriums
der Nordbahn und mit den Rothschilds, den Hnuptbesitzern dieser Bahnlinie,
eng verbunden. Ferry war geneigt, unter Gambetta ans seinem Posten zu
bleiben, aber er scheint sich, zumal da dieser ihn nicht sehr drängte, überlegt
zu haben, daß das Verbleiben eines Mannes, der das Haupt eines zum Rück¬
tritt gezwungenen Cabinets gewesen ist, immer etwas peinliches hat, Frehcinet
endlich hat Anstoß daran genommen, daß sputter unter ihm Staatsseeretür sein
sollte. Vielleicht ist auch die Behauptung bis zu einem gewissen Grade richtig,
er habe nicht gewünscht, das Ministerium zu stark werden zu sehen. Wie dem
auch sei, es ist Gambetta gelungen, ein homogeneres Cabinet zu bilden, als
irgend eines seit dem Kriege in Frankreich existirte. Er findet sich jetzt um¬
geben von den Leuten, mit denen er seit Jahren offen und hinter dem Vorhang
Opposition getrieben hat.
Die vielgenannte Novus ?out,ious, die 1868 unterdrückt wurde, zählte unter
ihren Mitarbeitern Gambetta, Main - Targö, Antoine Proust, Brisson und
Challcmel-Lacour. Alle diese machten sich während des Krieges bemerklich. Als
die monarchischen Parteien die Oberhand hatten, gründeten jene die Ü.vpod1i<zu<!
ssrMyai««, deren Partei in der Reactionszeit des 16, Mai die republikanische
Staatsform auf sichere Grundlage stellte. Jeder von diesen Politikern ist genan
bekannt mit den Grundsätzen und Theorien, den Leidenschaften und Schwächen
seiner College», und alle betrachte» ihren Meister, den glänzenden Rhetor Gambetta,
als das gegebene Haupt der Nation. Sie sind der Mehrzahl nach ebenso ge¬
wandte Redner als geschickte Schriftsteller, und sie wissen, daß sie sich ans die
Beredsamkeit ihres Präsidenten im Ministerrathe verlassen können. Ein solches
Cabinet besitzt eine sehr wichtige und Werthbolle Eigenschaft: Zusammenhalt.
Nichts ans Erden ist so stark als eine Gruppe von Politikern, die einander er¬
geben sind, genan wissen, was sie wollen, und entschlossen sind, es mit allen
Mitteln zu erreichen.
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