Die Kauen der italienischen Renaissance. von Paul SchSnfeld.
E>"^^ MM ^t^-". ^""^!?^meer denjenigen Culturepochen, in denen das Weib eins der Ver¬ borgenheit des engen häuslichen Lebens heraustretend als aus¬ geprägte Persönlichkeit sich geltend macht und die Aufmerksamkeit der Welt auf sich zieht, wird stets das Zeitalter der italienischen Renaissance in erster Linie zu nennen sein. Wie dasselbe im allgemeinen einer freien und originellen Entwicklung der Individualität die gün¬ stigsten Vorbedingungen bot und den weitesten Spielraum gewährte, so erweiterte es auch in beträchtlichem Maße die Grenzen, innerhalb deren sich nach der Meinung andrer Zeiten das Leben des Weibes, vor allem sein geistiges, zu halten hat.
Die Stellung der Frau wird eine andre mit der neuen Auffassung ihres Wesens und ihrer Bestimmung, die an Stelle der im Mittelalter geläufigen Vorurtheile sich einbürgerte. Nie hatte auf italischen Boden jener schwär¬ merische Cultus der Frauen Wurzel geschlagen, wie er dem Germanenthum von den ersten Zeiten an eigen war, aus denen wir historische Ueberlieferungen besitzen. Daß selbst Petrarcas Liebesergüsse, die vielbewunderten und allzuviel nachgeahmten, nicht ohne weiteres als ausschlaggebende Documente betrachtet werden dürfen, wenn man darnach fragt, wie der Laurasänger über das weibliche Geschlecht dachte, sondern lediglich als poetische Stilübungen, wenn auch noch so glänzende, gelten können, wird durch so manche Stellen seiner Prosaschriften bewiesen, in denen er seiner Geringschätzung der Frauen in unzweideutiger Weise Ausdruck leiht. Auch in den nächsten Jahrhunderten begegnet man zahlreichen absprechender Urtheilen über die Frauen, nicht nur in vereinzelten lateinischen Epigrammen, sondern auch in selbständigen Abhandlungen, wie sie z. B. der witzige Poggio Bracciolini*) oder der in Bologna docirende berühmte Philolog Antonio Urceo genannt Codro**) und der große Architekt Leo Battista Alberti***) verfaßten. Man würde jedoch sehr irren, wenn man diese und ähnliche Aeußerungen, wie die bekannte Satire, die Ariost gegen die Frauen richtete, für mehr als subjective Meinungen nehmen wollte, da ihnen ebensoviele Schriftwerke gegen¬ überstehen, welche sich die Vertheidigung und Verherrlichung des weiblichen Geschlechts zur Aufgabe machen.
^ri soni 8it uxor änooriäg..
""") ^ uxor sit auesnäi" (0xsr-" 1506, tot. 13-21).
***) ^vverrimonri mitirimoni-i.le (1. Theil in Bonuceis Ausgabe der Opgrs volMri S. 191 ff.) und der Dialog Sokrorm (ehb. S. 229).
Grenzboten VI. 1831. 46
Die Kauen der italienischen Renaissance. von Paul SchSnfeld.
E>«^^ MM ^t^-». ^«»^!?^meer denjenigen Culturepochen, in denen das Weib eins der Ver¬ borgenheit des engen häuslichen Lebens heraustretend als aus¬ geprägte Persönlichkeit sich geltend macht und die Aufmerksamkeit der Welt auf sich zieht, wird stets das Zeitalter der italienischen Renaissance in erster Linie zu nennen sein. Wie dasselbe im allgemeinen einer freien und originellen Entwicklung der Individualität die gün¬ stigsten Vorbedingungen bot und den weitesten Spielraum gewährte, so erweiterte es auch in beträchtlichem Maße die Grenzen, innerhalb deren sich nach der Meinung andrer Zeiten das Leben des Weibes, vor allem sein geistiges, zu halten hat.
Die Stellung der Frau wird eine andre mit der neuen Auffassung ihres Wesens und ihrer Bestimmung, die an Stelle der im Mittelalter geläufigen Vorurtheile sich einbürgerte. Nie hatte auf italischen Boden jener schwär¬ merische Cultus der Frauen Wurzel geschlagen, wie er dem Germanenthum von den ersten Zeiten an eigen war, aus denen wir historische Ueberlieferungen besitzen. Daß selbst Petrarcas Liebesergüsse, die vielbewunderten und allzuviel nachgeahmten, nicht ohne weiteres als ausschlaggebende Documente betrachtet werden dürfen, wenn man darnach fragt, wie der Laurasänger über das weibliche Geschlecht dachte, sondern lediglich als poetische Stilübungen, wenn auch noch so glänzende, gelten können, wird durch so manche Stellen seiner Prosaschriften bewiesen, in denen er seiner Geringschätzung der Frauen in unzweideutiger Weise Ausdruck leiht. Auch in den nächsten Jahrhunderten begegnet man zahlreichen absprechender Urtheilen über die Frauen, nicht nur in vereinzelten lateinischen Epigrammen, sondern auch in selbständigen Abhandlungen, wie sie z. B. der witzige Poggio Bracciolini*) oder der in Bologna docirende berühmte Philolog Antonio Urceo genannt Codro**) und der große Architekt Leo Battista Alberti***) verfaßten. Man würde jedoch sehr irren, wenn man diese und ähnliche Aeußerungen, wie die bekannte Satire, die Ariost gegen die Frauen richtete, für mehr als subjective Meinungen nehmen wollte, da ihnen ebensoviele Schriftwerke gegen¬ überstehen, welche sich die Vertheidigung und Verherrlichung des weiblichen Geschlechts zur Aufgabe machen.
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***) ^vverrimonri mitirimoni-i.le (1. Theil in Bonuceis Ausgabe der Opgrs volMri S. 191 ff.) und der Dialog Sokrorm (ehb. S. 229).
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Renaissance in erster Linie zu nennen sein. Wie dasselbe im
allgemeinen einer freien und originellen Entwicklung der Individualität die gün¬
stigsten Vorbedingungen bot und den weitesten Spielraum gewährte, so erweiterte
es auch in beträchtlichem Maße die Grenzen, innerhalb deren sich nach der
Meinung andrer Zeiten das Leben des Weibes, vor allem sein geistiges, zu
halten hat.
Die Stellung der Frau wird eine andre mit der neuen Auffassung ihres
Wesens und ihrer Bestimmung, die an Stelle der im Mittelalter geläufigen
Vorurtheile sich einbürgerte. Nie hatte auf italischen Boden jener schwär¬
merische Cultus der Frauen Wurzel geschlagen, wie er dem Germanenthum von
den ersten Zeiten an eigen war, aus denen wir historische Ueberlieferungen
besitzen. Daß selbst Petrarcas Liebesergüsse, die vielbewunderten und allzuviel
nachgeahmten, nicht ohne weiteres als ausschlaggebende Documente betrachtet
werden dürfen, wenn man darnach fragt, wie der Laurasänger über das weibliche
Geschlecht dachte, sondern lediglich als poetische Stilübungen, wenn auch noch
so glänzende, gelten können, wird durch so manche Stellen seiner Prosaschriften
bewiesen, in denen er seiner Geringschätzung der Frauen in unzweideutiger Weise
Ausdruck leiht. Auch in den nächsten Jahrhunderten begegnet man zahlreichen
absprechender Urtheilen über die Frauen, nicht nur in vereinzelten lateinischen
Epigrammen, sondern auch in selbständigen Abhandlungen, wie sie z. B. der
witzige Poggio Bracciolini*) oder der in Bologna docirende berühmte Philolog
Antonio Urceo genannt Codro**) und der große Architekt Leo Battista Alberti***)
verfaßten. Man würde jedoch sehr irren, wenn man diese und ähnliche Aeußerungen,
wie die bekannte Satire, die Ariost gegen die Frauen richtete, für mehr als
subjective Meinungen nehmen wollte, da ihnen ebensoviele Schriftwerke gegen¬
überstehen, welche sich die Vertheidigung und Verherrlichung des weiblichen
Geschlechts zur Aufgabe machen.
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""") ^ uxor sit auesnäi» (0xsr-» 1506, tot. 13-21).
***) ^vverrimonri mitirimoni-i.le (1. Theil in Bonuceis Ausgabe der Opgrs volMri
S. 191 ff.) und der Dialog Sokrorm (ehb. S. 229).
Grenzboten VI. 1831. 46
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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157970/363>, abgerufen am 25.01.2025.
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