Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.Aarl der Zweite, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg. im August 1625 mit Herzog Anton Ulrich ausgestorben, während dies durch Auf S. 13 führt Braun die zahlreichen, ehemals um den Harz gelegenen Aarl der Zweite, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg. im August 1625 mit Herzog Anton Ulrich ausgestorben, während dies durch Auf S. 13 führt Braun die zahlreichen, ehemals um den Harz gelegenen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0356" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/151078"/> <fw type="header" place="top"> Aarl der Zweite, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1182" prev="#ID_1181"> im August 1625 mit Herzog Anton Ulrich ausgestorben, während dies durch<lb/> den Tod des Herzogs Friedrich Ulrich nicht 1625, sondern 1634 geschah; Herzog<lb/> Anton Ulrich ist im Jahre 1714 gestorben. Unter Herzog Karl I. soll (S. 17)<lb/> „der Versailler Größenwahn" in Braunschweig eingezogen sein. Dies war aber<lb/> bereits etwa fünfzig Jahre früher unter Herzog Anton Ulrich der Fall gewesen,<lb/> der eins der getreuesten Nachbilder Ludwigs XIV. in Deutschland war, in Salz-<lb/> dahlum ein braunschweigisches Versailles erbaute, eine glänzende Hofhaltung<lb/> hielt u. s. w. Herzog Karl I. war gerade im Gegentheil einer von den Fürsten,<lb/> die zuerst der neuen, nationalen Bildung des achtzehnten Jahrhunderts ein klares<lb/> Verständniß und eine liebevolle Pflege zuwandten. Er gründete zu diesem<lb/> Zweck in Braunschweig das Collegium Carolinum; um die Verwaltung<lb/> seines Landes hat er sich sehr bedeutende Verdienste erworben. Daß das Land<lb/> bei seinem Tode „am Hungertuche nagte," ist eine arge Uebertreibung Brauns.<lb/> Auch wenn er die schlechte Finanzlage des Landes, die jedoch damals schon auf<lb/> den Weg gesunder Reform geleitet war, dem angeblich übergroßen Leichtsinn<lb/> des Herzogs aufbürden will, so ist das eine Unrichtigkeit, die sich allerdings<lb/> anch bei manchem andern Schriftsteller findet. Uebrigens starb Karl I. nicht<lb/> 1770, sondern 1780; seine Residenz verlegte er nicht 1752, sondern 1753 nach<lb/> Braunschweig; sein Sohn wurde niemals Wilhelm Ferdinand, sondern stets Karl<lb/> Wilhelm Ferdinand genannt (S. 17).</p><lb/> <p xml:id="ID_1183" next="#ID_1184"> Auf S. 13 führt Braun die zahlreichen, ehemals um den Harz gelegenen<lb/> Territorien auf. Er bereichert hier die Geschichte um einige territoriale Bil¬<lb/> dungen. Ein „Fürstenthum Quedlinburg," eine „Herrschaft Strötterlingenberg,"<lb/> eine „Herrschaft Staufenburg" siud bisher nicht bekannt gewesen. Auch die<lb/> „Herrschaft Wolfenbüttel" (S. 19) ist eine Braunsche Entdeckung. Der kühne<lb/> Zug des Herzogs Friedrich Wilhelm von Böhmen bis zur Nordsee endete nicht<lb/> in Bremerlehe (S. 108), sondern in Elsfleth und Brakes. Ferner ist dem<lb/> Herzogthum Braunschweig auf dem Wiener Kongresse nichts genommen worden,<lb/> wie Vrauu S. 14 angiebt. Es behielt ganz seine alten Grenzen, für deren<lb/> verzwickte Lage ein abrundender Zuwachs allerdings sehr wünschenswert!) ge¬<lb/> wesen wäre. Daß der Geheimrath von Schmidt-Phiseldeck, der Braunschweig<lb/> in Wien vertrat, einen solchen nicht erreichen konnte, ist nicht zu verwundern,<lb/> wenn man bedenkt, daß er nur im Auftrage des Vormunds des Herzogs, König<lb/> Georgs IV. von England, handeln konnte, der natürlich das ganze Gebiet, von<lb/> dem Braunschweig etwas hätte erhalten können, lieber zu seinem Königreiche<lb/> Hannover schlug. Konnte doch selbst ein Staat wie Preußen damals seine ge¬<lb/> rechten Wünsche nicht durchsetzen; um wie viel mehr mußte hier der Minister<lb/> eines Kleinstaates, dessen Fürst nnter Vormundschaft stand, zu einer reinen<lb/> Figurantenrolle verurtheilt werden! Ihn deshalb, wie Braun S. 14 sich für<lb/> berechtigt hält, „dreist als ein Werkzeug des Grafen Münster zu bezeichnen,"<lb/> dazu ist wie auch sonst keine Veranlassung. Auch die spätere Beurtheilung</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0356]
Aarl der Zweite, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg.
im August 1625 mit Herzog Anton Ulrich ausgestorben, während dies durch
den Tod des Herzogs Friedrich Ulrich nicht 1625, sondern 1634 geschah; Herzog
Anton Ulrich ist im Jahre 1714 gestorben. Unter Herzog Karl I. soll (S. 17)
„der Versailler Größenwahn" in Braunschweig eingezogen sein. Dies war aber
bereits etwa fünfzig Jahre früher unter Herzog Anton Ulrich der Fall gewesen,
der eins der getreuesten Nachbilder Ludwigs XIV. in Deutschland war, in Salz-
dahlum ein braunschweigisches Versailles erbaute, eine glänzende Hofhaltung
hielt u. s. w. Herzog Karl I. war gerade im Gegentheil einer von den Fürsten,
die zuerst der neuen, nationalen Bildung des achtzehnten Jahrhunderts ein klares
Verständniß und eine liebevolle Pflege zuwandten. Er gründete zu diesem
Zweck in Braunschweig das Collegium Carolinum; um die Verwaltung
seines Landes hat er sich sehr bedeutende Verdienste erworben. Daß das Land
bei seinem Tode „am Hungertuche nagte," ist eine arge Uebertreibung Brauns.
Auch wenn er die schlechte Finanzlage des Landes, die jedoch damals schon auf
den Weg gesunder Reform geleitet war, dem angeblich übergroßen Leichtsinn
des Herzogs aufbürden will, so ist das eine Unrichtigkeit, die sich allerdings
anch bei manchem andern Schriftsteller findet. Uebrigens starb Karl I. nicht
1770, sondern 1780; seine Residenz verlegte er nicht 1752, sondern 1753 nach
Braunschweig; sein Sohn wurde niemals Wilhelm Ferdinand, sondern stets Karl
Wilhelm Ferdinand genannt (S. 17).
Auf S. 13 führt Braun die zahlreichen, ehemals um den Harz gelegenen
Territorien auf. Er bereichert hier die Geschichte um einige territoriale Bil¬
dungen. Ein „Fürstenthum Quedlinburg," eine „Herrschaft Strötterlingenberg,"
eine „Herrschaft Staufenburg" siud bisher nicht bekannt gewesen. Auch die
„Herrschaft Wolfenbüttel" (S. 19) ist eine Braunsche Entdeckung. Der kühne
Zug des Herzogs Friedrich Wilhelm von Böhmen bis zur Nordsee endete nicht
in Bremerlehe (S. 108), sondern in Elsfleth und Brakes. Ferner ist dem
Herzogthum Braunschweig auf dem Wiener Kongresse nichts genommen worden,
wie Vrauu S. 14 angiebt. Es behielt ganz seine alten Grenzen, für deren
verzwickte Lage ein abrundender Zuwachs allerdings sehr wünschenswert!) ge¬
wesen wäre. Daß der Geheimrath von Schmidt-Phiseldeck, der Braunschweig
in Wien vertrat, einen solchen nicht erreichen konnte, ist nicht zu verwundern,
wenn man bedenkt, daß er nur im Auftrage des Vormunds des Herzogs, König
Georgs IV. von England, handeln konnte, der natürlich das ganze Gebiet, von
dem Braunschweig etwas hätte erhalten können, lieber zu seinem Königreiche
Hannover schlug. Konnte doch selbst ein Staat wie Preußen damals seine ge¬
rechten Wünsche nicht durchsetzen; um wie viel mehr mußte hier der Minister
eines Kleinstaates, dessen Fürst nnter Vormundschaft stand, zu einer reinen
Figurantenrolle verurtheilt werden! Ihn deshalb, wie Braun S. 14 sich für
berechtigt hält, „dreist als ein Werkzeug des Grafen Münster zu bezeichnen,"
dazu ist wie auch sonst keine Veranlassung. Auch die spätere Beurtheilung
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