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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.

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Zur Lhu'aktcnstik des Mcinchesterthums.

sichern und wachsenden Markt für britische Erzeugnisse geschaffen haben.

Niemand wird unter den obwaltenden Umständen einen Zoll auf rohe Baum¬
wolle befürworten. Aber gesetzt den Fall, Britisch-Jndien lieferte hinreichend viel
Baumwolle, sie wäre aber ein Procent theurer als amerikanische, so würde die
populäre Volkswirthschaft sagen: "Kauft amerikanische." Man sehe die Folge. Das
britische Reich verliert zehn Millionen und gewinnt hunderttausend Pfund, d. h.
es verliert 9,900,000 Pfund jährlich und überdies einen Markt von diesem Jahres-
betragc. Und das ist noch nicht alles. Wenn die amerikanische Baumwolle in
amerikanischen Schiffen fortgebracht wird, so bedeutet die Fracht Einkommen ameri¬
kanischer Rheder, einen Markt für die Arbeitskraft amerikanischer Seeleute und
eine Schule für solche. Käme die Baumwolle aus Britisch-Jndien, so würde die
Fracht Einkommen britischer Schiffsbesitzer, einen Markt für die Arbeitskraft bri¬
tischer Matrosen und Kapitäne und eine Schule für solche bedeuten.

Wir sagen nichts von der Unsicherheit amerikanischer Zufuhr, als daß ein
Wegfall derselben volkreiche englische Städte und ganze Grafschaften zu Grunde
richten oder doch schwer gefährden muß joie man 1862 bei der großen "Baum¬
wollen-Hungersnoth" gewahr wurdeZ, nichts von der rasch wachsenden Banmwollen-
manufactur der Vereinigten Staaten, die uus auf ihren eignen Märkten die Baum¬
wolle wegläuft und durch unsre Politik dazu befähigt worden ist, nichts von
französischen und andern Concurrenten beim Ankauf amerikanischer Baumwolle.
Wir sagen nichts von der auf der Hand liegenden und echt englischen Politik,
welche eine enge Verbindung mit unserm Besitz im Osten auräth, der größer als
das Reich Alexanders und imstande ist, das Gedeihen und die Größe des bri¬
tischen Reiches zu verzehnfachen, mit einem Besitze, der, so lange er uns verbleibt,
uns davor bewahrt, von jenen riesigen Staaten und Confödcrationen in Schatten
gestellt zu werden, welche die verbesserten Verkehrsmittel in Amerika und Rußland
entstehen lassen werden. Wir sagen nichts von dem Gedeihen und der Wohlfahrt
der hundert Millionen indischer Unterthanen, die nichts von den Segnungen des
Friedens und der Ordnung wußten, bis sie der britischen Macht unterworfen
wurden, und deren Wohlergehen und schließliche Civilisation allein in ihrer Ver¬
bindung mit Großbritannien gesichert ist.

Wirft man ein, daß eine Preissteigerung des Rohmaterials die Ausfuhr der
verarbeiteten Waare beeinträchtigen werde, so läßt sich darauf verschiednes erwiedern.
Erstens wird ans die Dauer überhaupt keine Steigerung des Preises der Roh¬
stoffe stattfinden. Es ist sogar wahrscheinlich, daß infolge des Baues von Eisen¬
bahnen und der Verbesserung der Apparate zur Reinigung der Baumwolle unsre
indische Baumwolle wohlfeiler und zugleich besser werden wird, als die ameri¬
kanische je gewesen ist. Sodann aber, wenn selbst für eine kurze Zeit ein ge¬
ringes Steigen des Preises des Rohmaterials eintreten sollte, so würde das auf
den Preis der verarbeiteten Waare kaum merklich einwirken; denn dieser Preis
setzt sich nicht nur aus dem Werthe des Rohmaterials, sondern auch aus dem


Zur Lhu'aktcnstik des Mcinchesterthums.

sichern und wachsenden Markt für britische Erzeugnisse geschaffen haben.

Niemand wird unter den obwaltenden Umständen einen Zoll auf rohe Baum¬
wolle befürworten. Aber gesetzt den Fall, Britisch-Jndien lieferte hinreichend viel
Baumwolle, sie wäre aber ein Procent theurer als amerikanische, so würde die
populäre Volkswirthschaft sagen: »Kauft amerikanische.« Man sehe die Folge. Das
britische Reich verliert zehn Millionen und gewinnt hunderttausend Pfund, d. h.
es verliert 9,900,000 Pfund jährlich und überdies einen Markt von diesem Jahres-
betragc. Und das ist noch nicht alles. Wenn die amerikanische Baumwolle in
amerikanischen Schiffen fortgebracht wird, so bedeutet die Fracht Einkommen ameri¬
kanischer Rheder, einen Markt für die Arbeitskraft amerikanischer Seeleute und
eine Schule für solche. Käme die Baumwolle aus Britisch-Jndien, so würde die
Fracht Einkommen britischer Schiffsbesitzer, einen Markt für die Arbeitskraft bri¬
tischer Matrosen und Kapitäne und eine Schule für solche bedeuten.

Wir sagen nichts von der Unsicherheit amerikanischer Zufuhr, als daß ein
Wegfall derselben volkreiche englische Städte und ganze Grafschaften zu Grunde
richten oder doch schwer gefährden muß joie man 1862 bei der großen „Baum¬
wollen-Hungersnoth" gewahr wurdeZ, nichts von der rasch wachsenden Banmwollen-
manufactur der Vereinigten Staaten, die uus auf ihren eignen Märkten die Baum¬
wolle wegläuft und durch unsre Politik dazu befähigt worden ist, nichts von
französischen und andern Concurrenten beim Ankauf amerikanischer Baumwolle.
Wir sagen nichts von der auf der Hand liegenden und echt englischen Politik,
welche eine enge Verbindung mit unserm Besitz im Osten auräth, der größer als
das Reich Alexanders und imstande ist, das Gedeihen und die Größe des bri¬
tischen Reiches zu verzehnfachen, mit einem Besitze, der, so lange er uns verbleibt,
uns davor bewahrt, von jenen riesigen Staaten und Confödcrationen in Schatten
gestellt zu werden, welche die verbesserten Verkehrsmittel in Amerika und Rußland
entstehen lassen werden. Wir sagen nichts von dem Gedeihen und der Wohlfahrt
der hundert Millionen indischer Unterthanen, die nichts von den Segnungen des
Friedens und der Ordnung wußten, bis sie der britischen Macht unterworfen
wurden, und deren Wohlergehen und schließliche Civilisation allein in ihrer Ver¬
bindung mit Großbritannien gesichert ist.

Wirft man ein, daß eine Preissteigerung des Rohmaterials die Ausfuhr der
verarbeiteten Waare beeinträchtigen werde, so läßt sich darauf verschiednes erwiedern.
Erstens wird ans die Dauer überhaupt keine Steigerung des Preises der Roh¬
stoffe stattfinden. Es ist sogar wahrscheinlich, daß infolge des Baues von Eisen¬
bahnen und der Verbesserung der Apparate zur Reinigung der Baumwolle unsre
indische Baumwolle wohlfeiler und zugleich besser werden wird, als die ameri¬
kanische je gewesen ist. Sodann aber, wenn selbst für eine kurze Zeit ein ge¬
ringes Steigen des Preises des Rohmaterials eintreten sollte, so würde das auf
den Preis der verarbeiteten Waare kaum merklich einwirken; denn dieser Preis
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[0468] Zur Lhu'aktcnstik des Mcinchesterthums. sichern und wachsenden Markt für britische Erzeugnisse geschaffen haben. Niemand wird unter den obwaltenden Umständen einen Zoll auf rohe Baum¬ wolle befürworten. Aber gesetzt den Fall, Britisch-Jndien lieferte hinreichend viel Baumwolle, sie wäre aber ein Procent theurer als amerikanische, so würde die populäre Volkswirthschaft sagen: »Kauft amerikanische.« Man sehe die Folge. Das britische Reich verliert zehn Millionen und gewinnt hunderttausend Pfund, d. h. es verliert 9,900,000 Pfund jährlich und überdies einen Markt von diesem Jahres- betragc. Und das ist noch nicht alles. Wenn die amerikanische Baumwolle in amerikanischen Schiffen fortgebracht wird, so bedeutet die Fracht Einkommen ameri¬ kanischer Rheder, einen Markt für die Arbeitskraft amerikanischer Seeleute und eine Schule für solche. Käme die Baumwolle aus Britisch-Jndien, so würde die Fracht Einkommen britischer Schiffsbesitzer, einen Markt für die Arbeitskraft bri¬ tischer Matrosen und Kapitäne und eine Schule für solche bedeuten. Wir sagen nichts von der Unsicherheit amerikanischer Zufuhr, als daß ein Wegfall derselben volkreiche englische Städte und ganze Grafschaften zu Grunde richten oder doch schwer gefährden muß joie man 1862 bei der großen „Baum¬ wollen-Hungersnoth" gewahr wurdeZ, nichts von der rasch wachsenden Banmwollen- manufactur der Vereinigten Staaten, die uus auf ihren eignen Märkten die Baum¬ wolle wegläuft und durch unsre Politik dazu befähigt worden ist, nichts von französischen und andern Concurrenten beim Ankauf amerikanischer Baumwolle. Wir sagen nichts von der auf der Hand liegenden und echt englischen Politik, welche eine enge Verbindung mit unserm Besitz im Osten auräth, der größer als das Reich Alexanders und imstande ist, das Gedeihen und die Größe des bri¬ tischen Reiches zu verzehnfachen, mit einem Besitze, der, so lange er uns verbleibt, uns davor bewahrt, von jenen riesigen Staaten und Confödcrationen in Schatten gestellt zu werden, welche die verbesserten Verkehrsmittel in Amerika und Rußland entstehen lassen werden. Wir sagen nichts von dem Gedeihen und der Wohlfahrt der hundert Millionen indischer Unterthanen, die nichts von den Segnungen des Friedens und der Ordnung wußten, bis sie der britischen Macht unterworfen wurden, und deren Wohlergehen und schließliche Civilisation allein in ihrer Ver¬ bindung mit Großbritannien gesichert ist. Wirft man ein, daß eine Preissteigerung des Rohmaterials die Ausfuhr der verarbeiteten Waare beeinträchtigen werde, so läßt sich darauf verschiednes erwiedern. Erstens wird ans die Dauer überhaupt keine Steigerung des Preises der Roh¬ stoffe stattfinden. Es ist sogar wahrscheinlich, daß infolge des Baues von Eisen¬ bahnen und der Verbesserung der Apparate zur Reinigung der Baumwolle unsre indische Baumwolle wohlfeiler und zugleich besser werden wird, als die ameri¬ kanische je gewesen ist. Sodann aber, wenn selbst für eine kurze Zeit ein ge¬ ringes Steigen des Preises des Rohmaterials eintreten sollte, so würde das auf den Preis der verarbeiteten Waare kaum merklich einwirken; denn dieser Preis setzt sich nicht nur aus dem Werthe des Rohmaterials, sondern auch aus dem

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157968/468>, abgerufen am 01.09.2024.